VwGH vom 23.10.2014, 2011/07/0198
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Dr. Helmut Atzl, Mag. Christian Dillersberger, Mag. Karin Bronauer in 6330 Kufstein, Maderspergstraße 8/I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS- 711/-01, betreffend einen Antrag auf Aufhebung eines Beschlusses der Vollversammlung einer Agrargemeinschaft (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft B, vertreten durch den Obmann P G in A), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer der Stammsitzliegenschaft EZ 57 GB U, mit welcher die Mitgliedschaft an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft zu 16 Anteilsrechten verbunden ist.
Im Protokoll der am abgehaltenen außerordentlichen Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft, bei der der Beschwerdeführer durch seinen Sohn vertreten wurde, wurde zum Tagesordnungspunkt 4. festgehalten:
"Gegen die Abstimmung der Verlegung des H-Schrankens unterhalb der Abzweigung S und Fahrverbot der H-Jäger zwischen W und westlicher Grundgrenze und der auszugebenden 3 Schlüssel an Obmann (G.), (S.) und (H.) (weil ihr Weidegebiet unmittelbar hinter dem Schranken ist) hat (der Sohn des Beschwerdeführers) Einspruch erhoben. Ein Mitglied der Agrargemeinschaft kann jederzeit mit Angabe des Grundes bei den drei oben genannten Mitgliedern einen Schlüssel ausleihen.
Es wird daher nochmals abgestimmt, wer mit der Verlegung
einverstanden ist.
Abstimmung: 128 Anteile dafür
16 Anteile dagegen, (Beschwerdeführer)
16 Anteile nicht anwesend
Einwand (Sohn des Beschwerdeführers):
Ich als Mitglied der (mitbeteiligtenAgrargemeinschaft) fühle mich ausgeschlossen, wenn ich keinen Schlüssel bekomme. Außerdem ist es komisch, mitten im Weidegebiet einen Schranken aufzustellen, denn die Weidegebiete gehen weiter als bis zu diesem Schranken.
Einwand (Ga.): Auch unsere Weidegebiete gehen weiter als bis zu dem scheinbar vom Forst errichteten Schranken und auch wir bekommen dort keinen Schlüssel.
(H.) stellt fest, dass der Weg der abgesperrt ist ein GSLG-Weg ist und nur widmungsgemäß benützt werden kann, keinesfalls aber für Jäger.
Der Richtigkeit halber muss festgestellt werden, dass die H-Jagd eine Bundesforstejagd ist, und die rechtmäßige Zufahrt über T führt."
Mit an das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) gerichteter Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer, "1.) den Vollversammlungsbeschluss insoweit zu beheben, als Schlüssel des H-Schrankens nur drei Agrargemeinschaftsmitgliedern ausgefolgt werden, bei denen dann die anderen Agrargemeinschaftsmitglieder unter Angabe des Grundes Schlüssel ausleihen können, gegebenenfalls 2.) in eventu, den gesamten zu Pkt. 4. gefassten Beschluss der Generalversammlung vom zu beheben und der Agrargemeinschaft aufzutragen, einen klaren Beschluss mit klarem Inhalt zu fassen, und 3.) in eventu der Agrargemeinschaft aufzutragen, zu veranlassen, dass jedes Agrargemeinschaftsmitglied über einen eigenen Schlüssel zur Betätigung der Sperrvorrichtung des H-Schrankens verfügen kann".
Begründend führte der Beschwerdeführer aus, der aus dem Protokoll ersichtliche Beschluss betreffe lediglich die Verlegung des Schrankens. Die Ausgabe von nur drei Schlüsseln an die drei genannten Agrargemeinschaftsmitglieder, von denen andere Mitglieder der Agrargemeinschaft diese Schlüssel mit Angabe des Grundes ausleihen könnten, sei sachlich nicht gerechtfertigt und stelle eine Ungleichbehandlung dar. Der Beschwerdeführer werde zu einem Bittsteller degradiert und sei nicht mehr in der Lage, spontan sein Almgebiet aufzusuchen. Einzelne Agrargemeinschaftsmitglieder (die "Schlüsselverwahrer") hätten kein Anrecht darauf zu erfahren, warum ein anderes Mitglied einen Almweg benutzen wolle. Offensichtlich solle der Schlüsselverwahrer bestimmen, ob ein genannter Grund für die Schlüsselhingabe ausreiche oder nicht. Es bestehe kein Sachzusammenhang zwischen der Verlegung des (bisher bestandenen) Schrankens mit dem Verbot der Wegbenutzung durch die H-Jäger. Dem Beschwerdeführer gehe es um sein Recht als Mitglied der Agrargemeinschaft bzw. realrechtlicher Miteigentümer der Almwege, diese ohne Beschränkung benutzen zu können, zumal nicht ersichtlich sei, inwieweit diese Beschränkung zu irgendwelchen Beeinträchtigungen anderer Agrargemeinschaftsmitglieder bzw. der Agrargemeinschaft als solcher führen sollte.
In der dazu seitens des Obmannes für die mitbeteiligte Agrargemeinschaft erstatteten Stellungnahme vom wurde ausgeführt, es handle sich um keinen willkürlichen Beschluss der Vollversammlung, sondern es gehe darum, das Gesamteigentum der Agrargemeinschaft zu schützen. Eine sehr wichtige Einkommensquelle der Agrargemeinschaft seien die Einkünfte im Zusammenhang mit der Jagdpacht und den Straßenbeiträgen der Jäger. Da es durch "die (tägliche, abends/morgens bis zu drei Autos) Durchfahrt" des Beschwerdeführers zu dessen von der Österreichischen Bundesforste AG (ÖBF AG) gepachteten Revier H automatisch zu Jagdstörungen und Beschwerden von praktisch allen bisherigen Jagdpächtern gekommen sei und diese Situation den Wert der Jagd negativ beeinflusse, habe man sich entschlossen, vor der anstehenden Neuverpachtung des Jagdrevieres dieses Dauerproblem aus der Welt zu schaffen. Die Zufahrt zum Jagdgebiet H führe über T und werde von der Familie des Beschwerdeführers auch im Winter genutzt, was demnach auch im Sommer zumutbar sei.
Alle Mitglieder der Agrargemeinschaft würden gleich behandelt, weil sie gegen Angabe eines almwirtschaftlich relevanten Grundes den Schlüssel des Obmannes benützen könnten. Es würde noch an zwei weitere Mitglieder je ein Schlüssel ausgefolgt, weil deren vollbewirtschaftete Almhütten und de facto Alpviehweiden unmittelbar vor und hinter dem Schranken gelegen seien. Der Beschwerdeführer könne seine derzeit wie ein Freizeitwohnsitz vorhandene und almwirtschaftlich ungenutzte Almhütte jederzeit ohne Einschränkungen erreichen bzw. er könnte, wenn er Almvieh auftreiben würde, dieses wie die anderen Mitglieder ohne Einschränkung auch in Anbetracht des ausgesprochenen Fahrverbotes bewirtschaften.
In weiterer Folge wurde von einem landwirtschaftlichen Amtssachverständigen der Abteilung Agrarwirtschaft des Amtes der Tiroler Landesregierung - nach Erhebung vor Ort und Besprechung unter anderem mit dem Obmann der Agrargemeinschaft und einem einstündigen Telefonat mit dem Sohn des Beschwerdeführers - eine mit datierte Stellungnahme abgegeben. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass die Mitbeteiligte eine regulierte Agrargemeinschaft mit einer Gesamtfläche von 156,5 ha, davon 106,4 ha Alpe und 50,0 ha Wald, sei. Die neun Anteilsberechtigten und derzeit sechs aktiven Mitglieder versorgten im eigenen Almgebäude selbst ihr Vieh. Bei der Weideausübung gebe es keine strengen Nutzungsteilungen. Es habe sich im Laufe der Zeit eine schriftlich nicht festgelegte Bestoßung der Weide in der Nähe der jeweiligen Almgebäude ergeben.
Die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft sei mit der Liegenschaft EZ 57 verbunden, die nach Angaben des Obmannes vor ca. 40 bis 50 Jahren gekauft worden sei. Seit damals sei vom Eigentümer dieser Liegenschaft kein Vieh auf die B-Alpe gegeben worden. Es habe hauptsächlich ein jagdliches Interesse in diesem Gebiet bestanden. Im Jahr 1999 sei dann das kombinierte Almgebäude gebaut, aber nie für landwirtschaftliche Zwecke verwendet worden; der Innenausbau sei noch nicht abgeschlossen.
Der Beschwerdeführer fahre über die öffentliche Straßeninteressentschaft und den anschließenden B-Almweg zu seinem kombinierten Almgebäude und den angrenzenden Weideflächen der B-Alm. Sein Sohn sei der Pächter des Jagdgebietes H, das an das B-Jagdgebiet angrenze. Dabei habe er bis einschließlich 2008 für eine jährliche Entschädigung von EUR 300,-- den B-Almweg benutzt. Die rechtlich eingeräumte Zufahrt zum Jagdgebiet H verlaufe über T und dem H.
Abschließend führte der landwirtschaftliche Amtssachverständige aus, dass mit dem gegenständlichen Schranken und der beschlossenen Lösung mit drei Schlüsseln die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft durch den Beschwerdeführer und seinen Sohn mit Ausnahme vom LKW-Transporten über T kaum beeinträchtigt werde. Im konkreten Fall gehe es vielmehr um die Durchfahrtsmöglichkeit für den Sohn des Beschwerdeführers als Jagdpächter der H-Jagd bzw. den Transport von Futtermitteln über das Jagdgebiet der B-Alm, weil die rechtlich eingeräumte Wegzufahrt zu dieser Jagd über T und einen Umweg von ca. 30 km führe.
Der Beschwerdeführer entgegnete in seiner sowohl auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen als auch auf die Eingabe der Mitbeteiligten Bezug nehmenden Stellungnahme vom , es könne nicht angenommen werden, dass die schlüsselverwahrenden Mitglieder immer anwesend seien, wenn er spontan einen Schlüssel benötige. Der Amtssachverständige habe entgegen seiner Aufgabe eine Beweiswürdigung vorgenommen und parteiische Feststellungen getroffen. Er habe auch nicht mit dem Beschwerdeführer, sondern nur mit dessen Sohn gesprochen. Den Ausführungen des Amtssachverständigen sei Parteilichkeit zu entnehmen; er werde als befangen abgelehnt.
Zur Stellungnahme der Agrargemeinschaft hielt der Beschwerdeführer im Wesentlichen fest, es werde von ihm nicht beansprucht, dass sein Sohn (als Pächter des H-Reviers) den in Rede stehenden Weg zur freien Durchfahrt über den Schranken benützen könne. Dem Pächter des H-Reviers sei klar, dass für den Zweck der Jagdausübung im H kein Fahrtrecht bestehe. Durch die Maßnahme der Agrargemeinschaft werde dem Beschwerdeführer jedoch eine von zwei Zufahrtsmöglichkeiten zu seiner Almhütte genommen. Es treffe zu, dass der Beschwerdeführer bislang die Alm nicht mit eigenem Vieh beschickt habe, wobei sich dies nach Durchführung diverser Maßnahmen in Zukunft ändern solle, was aber für die Beurteilung der derzeitigen Situation grundsätzlich keine Rolle spiele. Es gebe keinen objektiven Grund seitens der Agrargemeinschaft, ihm als Mitglied die Zufahrt zu seiner Alm von T-Seite zu verwehren.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG.
Die belangte Behörde gab nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides vom gemäß § 73 Abs. 2 AVG dem Devolutionsantrag teilweise statt und stellte fest, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag 1.) laut Schriftsatz vom auf die belangte Behörde übergegangen sei. Hinsichtlich der Eventualanträge 2.) und 3.) laut Schriftsatz vom wurde der Devolutionsantrag abgewiesen.
Unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 37 Abs. 1, 2 und 7 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996) iVm § 8 AVG der Antrag 1.) laut Eingabe vom , nämlich, den Vollversammlungsbeschluss vom , TOP 4, insoweit zu beheben, als Schlüssel des H-Schrankens nur drei Agrargemeinschaftsmitgliedern ausgefolgt werden, bei denen dann die anderen Agrargemeinschaftsmitglieder unter Angabe des Grundes Schlüssel ausleihen können, abgewiesen.
Zu Spruchpunkt 1. führte die belangte Behörde begründend aus, dass zwar die Entscheidungsfrist in Bezug auf den Primärantrag des Beschwerdeführers vom , nicht jedoch hinsichtlich der beiden Eventualanträge abgelaufen sei, weil die Entscheidungsfrist hinsichtlich Eventualbegehren erst mit rechtskräftiger, abweisender Entscheidung über die Voranträge zu laufen beginne.
Zu Spruchpunkt 2. hielt die belangte Behörde in ihren Erwägungen fest, dass die Willensbildung einer Agrargemeinschaft grundsätzlich dem Sachlichkeitsgebot unterliege. Dieses verlange, dass die Agrargemeinschaft bei ihren Maßnahmen die Agrargemeinschaftsmitglieder gleich zu behandeln habe, es seien jedoch Differenzierungen hinsichtlich der Bedürfnisse der berechtigten Liegenschaft möglich.
Der Beschwerdeführer besitze im Agrargemeinschaftsgebiet ein kombiniertes Almgebäude, welches jedoch seit Errichtung nicht für die Unterbringung von Vieh genutzt worden sei. Weiters seien seit 40 Jahren die Anteilsrechte des Beschwerdeführers an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft nicht ausgeübt worden, weil die Alm nicht bestoßen worden sei. Die Anteilsrechte des Beschwerdeführers seien an die Agrargemeinschaft verpachtet. Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom habe der Beschwerdeführer angegeben, dass auf sein Anteilsrecht seit dem heurigen Jahr einige Schafe aufgetrieben worden seien, weswegen Fahrten zu landwirtschaftlichen Zwecken notwendig wären.
In Würdigung aller Umstände des Falles - so die belangte Behörde - könne der Beschwerdeführer in der Ausübung seiner Mitgliedschaft "nicht wirklich beeinträchtigt" sein, weil aus dem gesamten Verwaltungsakt einschließlich dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht erkennbar sei, inwiefern dieser tatsächlich in der Ausübung seiner aus der Mitgliedschaft erfließenden Rechte gehindert sein sollte. Die Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft berechtige ihn nicht dazu, über Agrargemeinschaftsgrund auf eine gepachtete Jagdhütte auf Fremdgrund zuzufahren, zumal deren rechtlich gesicherte Zufahrt ohne Benützung der im Agrargemeinschaftsgrund liegenden Wege, wenn auch durch einen Umweg beschwerlicher, gesichert sei. Für Fahrten zu landwirtschaftlichen Zwecken stehe es dem Beschwerdeführer jederzeit frei, einen der drei (für alle Agrargemeinschaftsmitglieder) hinterlegten Schlüssel bei den dazu bestimmten Mitgliedern zu beheben und zu verwenden.
Es sei auch nicht von vornherein anzunehmen, dass die Herausgabe des Schlüssels an den Beschwerdeführer zur Ausübung seiner aus dem Mitgliedschaftsrecht erwachsenden Fahrtrechte verweigert werde. Im Übrigen wäre ein solches Verhalten als Streit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis gemäß § 37 Abs. 7 TFLG 1996 bei der Agrarbehörde auf Antrag im Anlassfall zu prüfen. Ein solcher Anlassfall werde jedoch nicht dargetan, sondern es beschränke sich der gegenständliche Antrag auf die Anfechtung des dem Beschwerdeführer unliebigen Beschlusses, der jedoch zusammengefasst nicht als relevant im Sinne des § 37 Abs. 7 letzter Satz TFLG 1996 angesehen werden könne.
Schließlich merkte die belangte Behörde an, es sei gar nicht Gegenstand der bekämpften Beschlussfassung gewesen, dass die drei die Schrankenschlüssel verwahrenden Agrargemeinschaftsmitglieder die Herausgabe der Schlüssel zu verwehren hätten, wenn ihnen der genannte Grund für die Fahrt nicht ausreichend erscheinen sollte. Gefordert sei vielmehr allein die Angabe eines Grundes, weswegen der Schlüssel benötigt werde; hingegen seien mit der Beschlussfassung keinerlei Voraussetzungen festgelegt worden, unter welchen die Herausgabe der Schlüssel zu verweigern wäre.
Die getroffene "Schlüsselregelung" verstoße weder gegen das Gesetz noch gegen den Regulierungsplan oder die Satzung. Sie möge für einzelne Mitglieder beschwerlicher als die bisherige Regelung sein, beeinträchtige aber keine wesentlichen Interessen des Beschwerdeführers. Die Entscheidung, ob alle Agrargemeinschaftsmitglieder, nur der Obmann oder zusätzlich ein paar weitere Agrargemeinschaftsmitglieder einen Schlüssel erhielten, liege in der Selbstverwaltungsautonomie einer Agrargemeinschaft.
Der Beschwerdeführer sei in keinem wesentlichen Interesse verletzt worden, und es sei zudem eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht festzustellen gewesen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 1114/10-4, ab und trat die Beschwerde mit Beschluss vom , B 1114/10-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In seiner ergänzten Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Die mitbeteiligte Partei äußerte sich zur Beschwerdeergänzung nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Vorweg ist festzuhalten, dass sich die gegenständliche Beschwerde inhaltlich nicht gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides, mit dem dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers nur teilweise stattgegeben wurde, sondern ausschließlich gegen Spruchpunkt 2. richtet.
Gemäß § 37 Abs. 7 TFLG 1996, LGBl. Nr. 74/1996, hat auf Antrag die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sowie über Streitigkeiten zwischen einer Gemeinde und einer Agrargemeinschaft nach § 33 Abs. 2 lit. c in Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, zu entscheiden.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf eine Aufhebung der Beschlüsse von Organen einer Agrargemeinschaft durch die Agrarbehörde nur dann erfolgen, wenn die Beschlüsse zum einen gegen das TFLG 1996 oder gegen den Regulierungsplan einschließlich eines Wirtschaftsplanes oder einer Satzung verstoßen und zum anderen dabei wesentliche Interessen des Beschwerdeführers verletzt werden. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/07/0036, mwN).
Nach § 2 der im Verwaltungsakt aufliegenden, mit Bescheid vom erlassenen Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft hat diese den Zweck, durch pflegliche Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens die nachhaltige Erfüllung der berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder sicherzustellen, das Gemeinschaftsvermögen zu erhalten und zu verbessern. Gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung ist jedes Mitglied berechtigt, die Nutzung im Ausmaß seiner Anteilsberechtigung auszuüben und an der Verwaltung, wie es diese Satzung vorsieht, teilzunehmen. Nach § 3 Abs. 2 lit. a der Satzung sind die Mitglieder verpflichtet, die Vorschriften über die Ausübung der Nutzungen einzuhalten.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, der in Rede stehende Beschluss der Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft wäre schon deshalb zu beheben gewesen, weil er undeutlich und widersprüchlich sei. Gemäß dem Beschlusstext seien als Beschlussgegenstand einmal die Verlegung des H-Schrankens, zum anderen ein Fahrverbot der H-Jäger und "der auszugebenden drei Schlüssel an Obmann (G.), (S.) und (H.) angeführt worden, um sodann festzuhalten, dass nochmals abgestimmt wird, wer mit der Verlegung einverstanden ist." In der Begründung und Protokollierung von Einwänden sei aber vorzugsweise die Vergabe der drei Schlüssel als vermeintlicher Beschlussgegenstand behandelt worden. Die Mitglieder bzw. der Obmann hätten offensichtlich gar nicht gewusst, worüber eigentlich abgestimmt werde. Im Hinblick darauf, dass in der Folge unstrittig der Schranken nicht nur verlegt, sondern verschlossen und die drei Schlüssel an die bezeichneten Personen ausgehändigt worden seien, ergebe sich, dass letztlich entgegen der Protokollierung über diese Schlüsselvergabe und die Einschränkung der Wegbenutzung durch die Mitglieder abgestimmt werden sollte und auch abgestimmt worden sei.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass - worauf auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend verwies - der protokollierte Hergang bei der Beschlussfassung zwar Hintergrundwissen erfordert, dieses jedoch bei den Agrargemeinschaftsmitgliedern - und somit auch beim Beschwerdeführer selbst - zweifellos vorhanden war. Der Tagesordnungspunkt 4. der außerordentlichen Vollversammlung der Agrargemeinschaft vom wurde eingangs des Protokolls mit "Abstimmung wegen Verlegung des H-Schrankens, - Fahrverbot - H-Jäger" bezeichnet. Unter dem Punkt 4. des Protokolls wurde in weiterer Folge ausgeführt, dass der Sohn des Beschwerdeführers gegen die Abstimmung "der Verlegung des H-Schrankens (...) und Fahrverbot der H-Jäger (...) und der auszugebenden 3 Schlüssel an Obmann (G.), (S.) und (H.) (weil ihr Weidegebiet unmittelbar hinter dem Schranken ist)" Einspruch erhoben habe. Nach einem weiteren Satz über die Möglichkeit der jederzeitigen Ausleihe eines Schlüssels wurde sodann festgehalten, dass "daher nochmals abgestimmt (werde), wer mit der Verlegung einverstanden ist".
Daraus ergibt sich zum einen unzweifelhaft, dass Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes 4. sowohl die Verlegung des Schrankens und das Fahrverbot für die H-Jäger als auch die Ausgabe von Schrankenschlüssel an drei näher bezeichnete Mitglieder der Agrargemeinschaft waren. Aus der unmittelbar vor dem im Protokoll festgehaltenen Abstimmungsergebnis verwendeten (lediglich zusammenfassenden) Formulierung, es werde daher nochmals abgestimmt, "wer mit der Verlegung einverstanden ist", ist nach dem Vorgesagten nicht zu schließen, dass lediglich über die Verlegung des Schrankens abgestimmt wurde, sondern es bezog sich die Abstimmung auf den gesamten Inhalt des Tagesordnungspunktes 4. Die in diesem Zusammenhang verwendete Wortfolge, es werde daher "nochmals abgestimmt", ist damit erklärbar, dass ein entsprechender, bereits in der Vollversammlung vom zum damaligen Tagesordnungspunkt 9. gefasster Beschluss auf Grund eines Einspruchs des Beschwerdeführers mit Bescheid der AB vom aus formalen Gründen aufgehoben worden war.
Dass somit unter anderem auch die Ausfolgung von Schlüsseln des H-Schrankens an drei Agrargemeinschaftsmitglieder Gegenstand des Beschlusses zum Tagesordnungspunkt 4. der Vollversammlung vom war, war offenkundig auch dem Beschwerdeführer bekannt, hat er doch seinen in der Eingabe vom formulierten Primärantrag gerade gegen diesen Inhalt des Beschlusses gerichtet. In der Beschwerde wird daher weder eine Unklarheit hinsichtlich des Inhalts des in Rede stehenden Beschlusses aufgezeigt noch dargetan, dass durch die Formulierung des Tagesordnungspunktes 4. im Protokoll für den Beschwerdeführer ein Nachteil eingetreten wäre.
Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, er sei entgegen dem für die Willensbildung einer Agrargemeinschaft geforderten Sachlichkeitsgebot gegenüber anderen Mitgliedern benachteiligt worden. Die Vollversammlung habe eine Einschränkung der Wegbenutzung durch einzelne Mitglieder vorgenommen, ohne dies sachlich zu begründen. Eine solche sachliche Begründung stelle auch der Hinweis, dass die Mitglieder S. und H. deshalb einen Schlüssel erhielten, weil ihr Weidegebiet unmittelbar hinter dem Schranken sei, nicht dar. Der Beschwerdeführer müsse sich jeweils darum bemühen, einen der "Schlüsselverwahrer" ausfindig zu machen. Es sei Aufgabe der Agrargemeinschaft darzulegen, worin die sachliche Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung von Mitgliedern der Agrargemeinschaft liege.
Wie den insoweit unbekämpften Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, soll mit der in Rede stehenden Schrankenregelung verhindert werden, dass die im Agrargemeinschaftsgebiet liegenden betroffenen Wege zu land- und forstwirtschaftsfremden Zwecken benutzt werden. Insbesondere soll damit das unberechtigte Zufahren über Agrargemeinschaftsgrund zu einem (vom Sohn des Beschwerdeführers gepachteten) Jagdgebiet auf Fremdgrund und einer sich dort befindlichen Jagdhütte verhindert werden.
Der Beschwerdeführer hat im durchgeführten Verfahren zwar nicht bestritten, dass dem Pächter des H-Reviers für den Zweck der Jagdausübung kein Fahrtrecht auf der in Rede stehenden Weganlage der mitbeteiligten Agrargemeinschaft zukommt. Gleichzeitig trat er aber weder in seiner Stellungnahme vom noch in der vorliegenden Beschwerde dem von der Agrargemeinschaft bzw. deren Obmann im Schreiben vom erhobenen Vorwurf, der Beschwerdeführer habe die Weganlage bis zu dreimal täglich benutzt, um zur Jagdhütte auf der fremden Liegenschaft zuzufahren, konkret entgegen.
Zunächst ist daher festzuhalten, dass die Ergebnisse des durchgeführten Verwaltungsverfahrens nicht gegen die grundsätzliche Eignung der beschlossenen Errichtung bzw. Verlegung und Absperrung des Schrankens sprechen, um die Benützung der Wege auf Agrargemeinschaftsgrund für land- und forstwirtschaftsfremde Zwecke, insbesondere durch dazu nicht befugte Jagdausübungsberechtigte des benachbarten Jagdgebietes, zu verhindern.
Dass der von der Vollversammlung - im Rahmen der Selbstverwaltungsautonomie der Agrargemeinschaft - gefasste Beschluss und die damit verbundene Regelung, Schlüssel für den Schranken (nur) beim Obmann und bei zwei weiteren Mitgliedern, deren Weidegebiet sich in unmittelbarer Nähe des Schrankens befindet, zu hinterlegen, bei jedoch gleichzeitiger Möglichkeit für die anderen Agrargemeinschaftsmitglieder, einen Schlüssel im Bedarfsfall für landwirtschaftliche Zwecke zu beheben, gegen die eingangs der Erwägungen zitierten oder anderen Bestimmungen der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft verstoßen, ist nicht hervorgekommen und wurde auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Die beschlossene Vorgangsweise erweist sich - entgegen der Beschwerdeansicht - auch nicht als unsachlich. Ebenso wenig werden dadurch - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat und nachfolgend näher dargestellt wird - wesentliche Interessen des Beschwerdeführers verletzt.
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer seine Anteilsrechte an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft an diese verpachtet hat und diese Rechte von ihm seit 40 Jahren nicht ausgeübt werden. Auf die in der Verhandlungsschrift zu der vor der belangten Behörde am durchgeführten mündlichen Verhandlung festgehaltene, jedoch nicht weiter konkretisierte Erklärung des Beschwerdeführers, "dass seit heuer Schafe auf sein Anteilsrecht aufgetrieben worden seien", stützt sich die Beschwerde nicht. Sie legt auch nicht konkret dar, inwiefern allenfalls in diesem Zusammenhang durch die getroffene Beschlussfassung wesentliche Interessen des Beschwerdeführers verletzt würden.
Auch nach der Beurteilung des mit der Angelegenheit befassten landwirtschaftlichen Amtssachverständigen werde durch die mit dem Beschluss der Vollversammlung getroffene Lösung die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte an der mitbeteiligten Agrargemeinschaft durch den Beschwerdeführer und seinen Sohn mit Ausnahme von LKW-Transporten über T kaum beeinträchtigt. Eine Verletzung wesentlicher Interessen des Beschwerdeführers ergibt sich somit auch nicht aus dieser gutachtlichen Stellungnahme, der der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.
Soweit der Beschwerdeführer in der Begründung seiner Beschwerdeergänzung zur Darlegung der Unrichtigkeit der Ausführungen des Amtssachverständigen und der vom Beschwerdeführer behaupteten Befangenheit desselben auf seinen Schriftsatz vom verweist, ist ihm zu entgegnen, dass die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeiten stützt, in der Beschwerde selbst auszuführen sind. Der Verweis auf Schriftsätze in anderen Verfahren - wie etwa dem Verwaltungsverfahren - ist nicht ausreichend (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/07/0153, mwN). Inwiefern die Ausführungen des Amtssachverständigen unvollständig und unrichtig seien und zu welchen anderen Schlussfolgerungen der Amtssachverständige hätte kommen können, wenn er vor der Gutachtenserstellung nicht nur mit dem Sohn des Beschwerdeführers, sondern mit diesem selbst gesprochen hätte, wird in der Beschwerdeergänzung aber ebenso wenig konkret und nachvollziehbar dargelegt wie die Gründe für die behauptete Befangenheit des Amtssachverständigen.
Nach dem Vorgesagten und vor dem Hintergrund des dargestellten, von der Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft mit dem in Rede stehenden Beschluss verfolgten Zweck ist es dem Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage somit zumutbar, für die Zufahrten zu seiner Almhütte - wie auch alle anderen, nicht als "Schlüsselverwahrer" bestimmten Agrargemeinschaftsmitglieder - den etwas beschwerlicheren Weg des Ausleihens eines Schlüssels in Kauf nehmen zu müssen.
Der Beschwerdeargumentation, die Agrargemeinschaftsmitglieder, denen ein Schlüssel ausgehändigt worden sei, seien nicht ständig erreichbar, es werde vom Beschwerdeführer oftmals auch spontan die Entscheidung getroffen, welcher Weg zur Alm genommen werde, und er müsse sich jeweils zuvor bemühen, einen der Schlüsselverwahrer ausfindig zu machen, hat bereits die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend unter Hinweis auf die heutigen Möglichkeiten der Kommunikation entgegnet, dass es dem Beschwerdeführer in den meisten Fällen möglich sein werde, zumindest einen der Schlüsselinhaber per Mobiltelefon zu erreichen, um einen Schlüssel zu erhalten. Durch diese Vorgangsweise würden - im Fall des telefonischen Nichterreichens sämtlicher Schlüsselverwahrer - auch frustrierte, weil vergebliche Fahrten zu diesen bzw. deren Hofstellen vermieden.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich bemängelt, dass bei der Ausleihe eines Schlüssels ein Grund angegeben werden müsse, ist darauf hinzuweisen, dass dies nach den Ergebnissen des durchgeführten Verfahrens eben die Konsequenz aus dem - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Umstand ist, dass die Weganlage in der Vergangenheit auch ohne Berechtigung zu land- und forstwirtschaftsfremden Zwecken benutzt wurde. Die beschlossene Regelung ermöglicht der Agrargemeinschaft im Ergebnis einen besseren Überblick über die Benutzung ihrer Wege, um auf dieser Grundlage gegebenenfalls auf unberechtigte Benutzungen entsprechend reagieren zu können.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-85708