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VwGH vom 28.02.2014, 2013/16/0174

VwGH vom 28.02.2014, 2013/16/0174

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Mag. Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes St. Pölten vom , Zl. Jv 1496/13b-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist der Sohn von M S. Mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichtes vom war der Nachlass des am verstorbenen A S zur Hälfte E S und zu je einem Viertel N und M S eingeantwortet worden.

In seiner am beim Bezirksgericht Neulengbach eingebrachten Klage wegen "Geltendmachung der Anrechnung von Vorschüssen im gestzl. Erbrecht und Abtretung des entsprechenden Nachlaßteiles Streitwert 256,33-Euro" gegen E S brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass insbesondere E S, aber auch andere Kinder von A S, seit den Fünfziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts verschiedene Vorschüsse und Vorausempfänge erhalten hätten. M S habe das "Recht, Anrechnung und Herausgabe der entsprechenden Nachlassgegenstände zu verlangen", dem Beschwerdeführer abgetreten. Abschließend stellte er folgendes Begehren:

"1.) Hinsichtlich des herauszugebenden Liegenschaftsanteiles an der Liegenschaft EZ 390 B ... von 1/32 Anteile stelle ich den Antrag auf Anmerkung der Streitanhängigkeit gem § 61 ABGB im Grundbuch

2,) Ich stelle den Antrag das Gericht möge aussprechen:

Der Beklagte ist schuldig binnen 14 Tagen die Hälfte des aufgrund seines eigenen Erbrechtes ihm zugefallenen Teiles des

Nachlasses nach dem am verstorbenen A S ... sowie die

Hälfte des ihm durch den schenkungsweisen Verzicht der I S zugefallenen Teiles desselbigen Nachlasses dem Kläger abzutreten,

Sowie sämtliche Übertragungsakte und Willenserklärungen vorzunehmen um dem Kläger Eigentum und Besitz an den Nachlaßgegenständen zu verschaffen, insbesondere ist er zur Durchführung der grundbücherlichen Einverleibung des durch den vorigen Teil des Spruches mitumfaßten abzutretenden Teiles der Liegenschaft EZ 390 Grundbuch B ... im Ausmaß von 1/32 Anteile durch Abgabe der Einwilligungserklärung zu obgenannter grundbücherlicher Durchführung der Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten des Klägers verpflichtet."

Mit Beschluss vom wies das Bezirskgericht die Klage zurück, weil - so die wesentliche Begründung - der Kläger die Anrechnung von Vorschüssen im gesetzlichen Erbrecht und die Abtretung des entsprechenden Nachlassteiles begehrt habe. Das Gericht bewerte dieses Klagebegehren mit EUR 5.256,33, da es sich um zwei Begehren handle, von denen lediglich das erste mit EUR 256,33, das zweite nicht bewertet worden sei. Unter Heranziehung des Streitwertes nach § 56 Abs. 2 JN sei somit das zweite Begehren mit EUR 5.000,-- zu bewerten. Der Kläger sei der Aufforderung des Gerichtes, die Klage durch Anbringung einer Anwaltsunterschrift zu verbessern, nicht nachgekommen, weshalb diese zurückzuweisen sei.

Dieser Beschluss erwuchs in Rechtskraft.

Mit Zahlungsauftrag vom schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Neulengbach dem Beschwerdeführer Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 257,-- in der Höhe von EUR 41,-- sowie eine weitere Pauschalgebühr von EUR 244,-- nach § 18 GGG (sohin insgesamt EUR 285,-- bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 5.256,33) sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG vor, wogegen der Beschwerdeführer Berichtigungsantrag erhob.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes St. Pölten (die belangte Behörde) dem Berichtigungsantrag teilweise Folge und berichtigte den Zahlungsauftrag vom dahingehend, dass die vorgeschriebene Gebühr nach Tarifpost 1 GGG auf EUR 155,-- verringert werde, wodurch sich der Gesamtbetrag des Zahlungsauftrages auf EUR 163,-- ermäßige. Bei der Einhebung sei die bereits erfolgte Entrichtung der Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 41,-- zu berücksichtigen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens sowie Zitierung der von ihr angewendeten Bestimmungen der §§ 14 und 15 Abs. 1 GGG aus, angewendet auf die gegenständliche Klage sei die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren mit dem vom Kläger bewerteten Interesse von EUR 256,33 für das Begehren auf Anrechnung von Vorschüssen und der Bemessungsgrundlage gemäß § 15 Abs. 1 GGG für die Übertragung des Eigentumsrechtes des 1/32 Anteiles an der Liegenschaft mit EUR 1.805,56 - der Einheitswert für die gesamte Liegenschaft betrage laut Auskunft des Finanzamtes Lilienfeld-St. Pölten EUR 19.258,30, der 1/32 Anteil daher EUR 601,82, wozu der Berichtigungswerber im Verwaltungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben habe - festzusetzen. Die Klage sei daher gemäß den Bestimmungen des GGG gerundet mit EUR 2.062,-- zu bewerten. Bei diesem Streitwert betrage die Pauschalgebühr nach Tarifpost 1 GGG EUR 155,--.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten, über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer u.a. in seinem Recht auf Vorschreibung einer Gerichtsgebühr, offensichtlich nur auf Basis des von ihm in seiner Klage bezifferten Streitwertes, verletzt; er beantragt, den angefochtenen Bescheid - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 122/2013 sind auf das mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf dieses Tages geltenden Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes weiter anzuwenden.

Der Beschwerdeführer vertritt vor dem Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst den Standpunkt, die Unterscheidung der belangten Behörde zwischen der Anrechnung von Vorschüssen und der Abtretung des entsprechenden Nachlassteiles und die Wertung als zwei Klagebegehren sei unrichtig. Streitgegenstand sei die Aufteilung, also die entsprechende Abtretung. Nur der Streitgegenstand könne bewertet werden, nicht jedoch der Rechtsgrund des Begehrens. Aufgrund des Klagebegehrens liege nur ein Antrag auf Abtretung des entsprechenden Nachlassteiles vor. Ein zweites Begehren, welches nicht bewertet worden wäre, liege nicht vor.

Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Nach § 15 Abs. 1 GGG ist als Wert einer unbeweglichen Sache das Dreifache des Einheitswerts anzusehen. Wird vom Zahlungspflichtigen nachgewiesen, dass der Verkehrswert der Sache geringer ist als das Dreifache des Einheitswerts, so ist der Verkehrswert maßgebend; Gleiches gilt, wenn für die Sache kein Einheitswert festgestellt ist.

Mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von einem Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche sind nach Abs. 2 leg. cit. zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die Frage zu beantworten, ob der Beschwerdeführer in der von ihm verfassten Klage lediglich ein, von ihm nach § 14 GGG iVm § 56 Abs. 2 JN bewertetes Begehren oder (zumindest) zwei Ansprüche erhob, von denen er einen einer Bewertung unterzog, dessen andere Bemessungsgrundlage sich jedoch aus § 15 Abs. 1 GGG ergibt und gemäß § 15 Abs. 2 GGG zum bezifferten Streitwert hinzuzurechnen ist.

Obzwar für die Bemessungsgrundlage nach dem Gerichtsgebührengesetz die Schlüssigkeit des Klagebegehrens, daher die Berechtigung des Anspruches nicht maßgeblich ist, sind im Hinblick auf das Verständnis der gegenständlichen Klage, insbesondere ihres Begehrens, folgende Bemerkungen angebracht: Mit der Rechtskraft der Einantwortung tritt die Universalsukzession der Erben nach dem Erblasser ein. Besitz, Eigentum, Forderungen und sonstige Rechte gehen auf die Erben über. Die Einantwortung bewirkt den Übergang von Besitz, Eigentum und Forderungen eo ipso, ohne dass es weiterer Übertragungsakte bedarf (vgl. etwa Welser in Koziol-Welser , Grundriss des Bürgerlichen Rechts Bd. II12, S 527 f und 533 f mwN). Entgegen der offenbaren Ansicht des Beschwerdeführers erwerben Miterben durch die Einantwortung nicht Miteigentum am gesamten Nachlass, sondern an den einzelnen Gegenständen, sodass nach der Einantwortung, d.h. mit dem Erwerb des (Mit )Eigentums an den einzelnen Sachen grundsätzlich - von der Erbschaftsklage einmal abgesehen - nicht mehr der Nachlass als Ganzes oder in Quoten Gegenstand einer Übertragung oder Herausgabe sein kann.

Schließlich steht dem durch Vorschüsse oder Vorausempfänge behaupteter Maßen verkürzten Pflichtteilsberechtigten - oder wie hier Rechtsnachfolger eines Pflichtteilsberechtigten - nicht ein Anspruch auf Herausgabe einer Quote der (eingeantworteten) Verlassenschaft zu, sondern ein solcher auf Ausgleich in Geld (vgl. Welser in Rummel , Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band3, Rz 6 zu §§ 762 bis 764).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund und den danach der Klage vom erkennbar zu Grunde liegenden Missverständnissen ist dem Klagebegehren eine - wenn auch rechtlich zweifelhafte, so doch aus dem Verständnis des Beschwerdeführers heraus erklärbare - Zweiteilung zu entnehmen, und zwar einerseits in ein Begehren auf "Abtretung" einer Quote der Verlassenschaft und andererseits in ein solches auf Setzung einzelner Übertragungsakte und Willenserklärungen hinsichtlich einzelner Sachen, insbesondere durch grundbücherliche Einverleibung seines Miteigentums an einer Liegenschaft. Damit teilt sich das Klagebegehren in ein solches auf Abgabe einer Abtretungserklärung in toto einerseits und auf Setzung von Übertragungsakten, insbesondere an einem Liegenschaftsanteil, andererseits.

Der belangten Behörde kann damit nicht entgegen getreten werden, wenn sie im wiedergegebenen Klagebegehren die Geltendmachung von mehreren Ansprüchen im Sinn des § 15 Abs. 2 GGG erblickte.

Auch der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass der von ihm bezifferte Streitwert von EUR 256,33 in einem Zusammenhang mit dem Wert der Liegenschaft oder des 1/32 Anteiles der Liegenschaft stünde. Damit verletzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer aber nicht in dem von ihm geltend gemachten Recht, wenn sie sein Begehren auf Einverleibung nach § 15 Abs. 1 GGG anhand des - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Einheitswertes bewertete und im Übrigen den vom Beschwerdeführer bezifferten Streitwert dem anderen Begehren zuordnete.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Hiebei konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, angefügt durch die Änderung dieser Verordnung durch die Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am