VwGH vom 28.05.2009, 2006/15/0350
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des AB in S, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zlen. RV/0039-F/04, RV/0040-F/04, RV/0118- F/05, betreffend u.a. Einkommensteuer 1999 bis 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über die Einkommensteuer für die Jahre 1993 bis 2002 entschieden. Die Beschwerde betrifft lediglich die Jahre 1999 bis 2002; strittig ist hiebei, ob die vom Beschwerdeführer bezogenen Leistungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit sind.
Die belangte Behörde führte hiezu in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, der Beschwerdeführer sei bis zu seinem Schiunfall im Jahr 1999 in der Schweiz tätig gewesen. In seiner Berufung habe er geltend gemacht, es stehe außer Zweifel, dass der im Jahr 1999 erlittene Unfall im Zusammenhang mit der damaligen Erwerbstätigkeit gestanden sei. Der damalige Arbeitgeber habe einen Firmenschitag organisiert, zu welchem alle Mitarbeiter eingeladen gewesen seien. Das Unternehmen habe die Kosten für Fahrt, Schiliftbenützung und Verpflegung übernommen. Die auf Grund dieses Unfalles erlittene Versehrtheit sei Auslöser der erhaltenen Bezüge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspreche, gewesen.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung (vom betreffend Einkommensteuer 1993 bis 2001) habe das Finanzamt ausgeführt, die Unfallrente resultiere aus einem "Nichtbetriebsunfall", was bedeute, dass diese Leistungen nicht einer inländischen gesetzlichen Unfallrente entsprechen würden. In der weiteren abweisenden Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2002 habe das Finanzamt ausgeführt, um in den Genuss der Steuerfreiheit der SUVA-Taggelder und der SUVA-Rente zu kommen, müssten diese Leistungen im Grunde und der Höhe nach der österreichischen Rechtslage entsprechen. Da diese Leistungen auf Grund eines außerberuflichen Unfalls gewährt worden seien, entsprächen diese Bezüge nicht einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung.
Der Beschwerdeführer habe sowohl im Vorlageantrag als auch in der Berufungsverhandlung darauf hingewiesen, dass es sich beim Schiunfall vom um einen Arbeitsunfall im Sinne der §§ 175 ff ASVG handle.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde hiezu aus, im Gegensatz zum Schweizerischen Unfallversicherungsrecht, in das auch Nichtbetriebsunfälle einbezogen seien, nenne das österreichische ASVG im Zusammenhang mit der Unfallversicherung ausdrücklich nur zwei Versicherungsfälle der Gesundheitsschädigung, nämlich den Arbeitsunfall und die Berufskrankheit. Die österreichische Unfallversicherung schütze den Versicherten in seiner Rolle als Erwerbstätigen. Zum geschützten Lebensbereich gehörten daher alle Risken, denen ein Versicherter in seiner Rolle als Erwerbstätiger ausgesetzt sei. Außerhalb dieses Schutzbereiches liege die Privatsphäre des Versicherten. Weiters sehe der Gesetzgeber ausdrücklich vor, dass die Unfallversicherung nur einzustehen habe, wenn sich der Unfall im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ereignet habe. Wenn dies nicht der Fall sei, sei die gesetzliche Krankenversicherung zuständig.
Die Arbeitgeberin des Beschwerdeführers habe im Schreiben vom bestätigt, dass der durchgeführte Schitag auf freiwilliger Basis unter Anleitung des Arbeitgebers durchgeführt worden sei. Es habe kein Schirennen stattgefunden, sondern es sei dieser Schitag als "Plauschtag" für alle Beteiligten durchgeführt worden. Die Arbeitgeberin habe sich dabei anteilsweise an den Kosten wie Schikarte, Bustransfer in das Schigebiet und Verpflegung beteiligt. Stattgefunden habe der Schitag an einem arbeitsfreien Samstag.
Die belangte Behörde gehe daher - wie bereits das Finanzamt - davon aus, dass dieser Schiunfall bei dem freiwilligen Betriebsausflug keinen "Betriebsunfall im Sinne der §§ 175 und 176 ASVG" darstelle. Es fehle der ursächliche Zusammenhang mit der eigentlichen Beschäftigung und es sei der Unfall auch nicht von einem der Sondertatbestände erfasst. Eine andere Betrachtungsweise könnte nur dann greifen, wenn der Schitag an einem Arbeitstag, ohne die Verpflichtung der Teilnehmer, dafür extra einen Urlaubstag zu nehmen, stattfinde und als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu werten sei. Dies sei im gegenständlichen Fall jedoch auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes eindeutig zu verneinen. Die SUVA-Taggelder und die SUVA-Rente seien daher auf Grund eines privaten, nicht betrieblichen Unfalles gewährt worden und werde ein derartiger Unfall in Österreich von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht abgedeckt. Die SUVA-Bezüge entsprächen dem Grunde nach der Leistung aus der inländischen gesetzlichen Krankenversicherung, die den durch die Arbeitsunfähigkeit bewirkten Einkommensausfall zumindest teilweise ausgleichen solle und seien damit einem Einkommen aus der Arbeitstätigkeit gleich gestellt. Der Beschwerdeführer würde bei einer steuerfreien Behandlung seiner SUVA-Bezüge besser gestellt sein als ein inländischer Arbeitnehmer, der nach dem ASVG entsprechende steuerpflichtige Leistungen erhalte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) die Auffassung, die SUVA-Bezüge seien steuerfrei.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG 1988 sind von der Einkommensteuer u.a. befreit Geldleistungen aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht. Der Beschwerdeführer bezieht von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Leistungen auf Grund des Unfalles vom . Die belangte Behörde verneint das Vorliegen eines Arbeitsunfalles, weil der Beschwerdeführer bei einem freiwilligen Betriebsausflug teilgenommen habe, der Betriebsausflug an keinem Arbeitstag abgehalten worden sei und nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu werten sei.
Nach ständiger Rechtsprechung des OGH (vgl. etwa die Urteile vom , 10 Ob S 121/05z, vom , 10 Ob S 113/07a) stehen betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen insoweit unter Versicherungsschutz, als die Teilnahme an ihnen ein Ausfluss der Ausübung der Erwerbstätigkeit ist. Hiefür sind in jedem konkreten Fall eine Reihe von Faktoren in ihrem Zusammenhang und in ihrer ausschlaggebenden Bedeutung als Beurteilungskriterien heranzuziehen. Es muss sich um eine Gemeinschaftsveranstaltung handeln, die allen Betriebsangehörigen oder, wenn die Größe oder die Erfordernisse des Betriebes keine gemeinsame Veranstaltung erlauben, wenigstens den Angehörigen der Abteilungen oder Gruppen, bei denen dies möglich ist, offen steht, an der, wenn auch ohne ausdrücklichen Zwang, alle teilnehmen sollen und die eine gewisse Mindestbeteiligung aufweist. Die Gemeinschaftsveranstaltung muss vom Betriebsleiter selbst veranstaltet, zumindest aber bei der Planung und Durchführung von seiner Autorität getragen werden. Hiefür sind die Anwesenheit des Betriebsinhabers oder eines Organs, die gänzliche oder teilweise Übernahme der Kosten, die Durchführung der Veranstaltung während der Arbeitszeit oder die Gewährung arbeitsfreier Zeit wichtige Anhaltspunkte. Wenn nicht alle Kriterien vorliegen, so muss dies noch keinen Versicherungsausschluss bedeuten, doch kommt es darauf an, in welcher Intensität die Gemeinschaftsveranstaltung betrieblichen Zwecken dient und in welchem Umfang außerbetriebliche private Interessen beteiligt sind.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der von der belangten Behörde hervorgehobene Umstand, dass der Betriebsausflug an keinem Arbeitstag abgehalten worden ist, für sich allein nicht ausschlaggebend sein. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer freiwillig teilgenommen hat und nach dem Schreiben des Dienstgebers des Beschwerdeführers der Betriebsausflug auf freiwilliger Basis durchgeführt worden sei, kann letztlich entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes der Unfallversicherung führen. Der Beschwerdeführer hat nämlich - von der belangten Behörde unwidersprochen - ausgeführt, dass der Arbeitgeber alle Mitarbeiter eingeladen hat. Damit ist aber das Erfordernis, dass die Teilnahme an der Gemeinschaftsveranstaltung allen Betriebsangehörigen offen steht, erfüllt. Die Auffassung der belangten Behörde, der Schitag sei nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zu werten, ist auf Grund des von ihr angenommenen Sachverhaltes nicht nachvollziehbar. Wie oben ausgeführt, ist es nach der Judikatur des OGH entscheidend, in welcher Intensität die Gemeinschaftsveranstaltung betrieblichen Zwecken dient und in welchem Umfang außerbetriebliche, private Interessen beteiligt sind. Hiezu hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Schitag unter Anleitung des Arbeitgebers durchgeführt worden ist, dieser hat die Organisation und die Abwicklung wie das Programm und den Tagesablauf festgelegt. Der Arbeitgeber hat sich anteilsweise an den Kosten der Schikarte, dem Bustransfer in das Schigebiet und der Verpflegung beteiligt. Auf Grund dieser Umstände ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde vom Vorliegen einer ihrer Art nach unter Versicherungsschutz nach der österreichischen gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Gemeinschaftsveranstaltung auszugehen. Diese diente wohl auch betrieblichen Interessen, nämlich der Förderung des Gemeinschaftsgefühls und der Verbundenheit mit dem Betrieb. Die gegenständliche Veranstaltung kann daher in ihrer Gesamtheit als Betriebsausflug angesehen werden, sodass das gemeinsame Schifahren und der hiebei vom Beschwerdeführer erlittene Unfall nicht aus dem unfallversicherungsgeschützten Bereich herausfiel. Die belangte Behörde durfte aus dem von ihr angenommenen Grund die Gleichartigkeit der Bezüge nicht verneinen (vgl. zur Gleichartigkeit einer solchen Leistung die hg. Erkenntnisse vom , 2004/15/0169, und vom , 2007/15/0022).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am