zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 29.03.2007, 2006/15/0297

VwGH vom 29.03.2007, 2006/15/0297

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des W W in G, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , RV/0240-S/05, betreffend Einkommensteuer 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war Handelsvertreter. Mit ist er in den Ruhestand getreten und hat seine Gewerbeberechtigung zurückgelegt. Seither bezieht er eine Pension der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Aufgrund der Beendigung des Handelsvertretungsverhältnisses hat er mit Beleg vom einen Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 in der Höhe von EUR 166.620,95 zugestanden bekommen.

In der Einkommensteuererklärung für 2003 setzte der Beschwerdeführer die Ausgleichszahlung bei der Ermittlung eines Betriebsaufgabegewinnes an und beantragte die Anwendung des Hälftesteuersatzes nach § 37 EStG 1988.

Das Finanzamt führte eine abgabenbehördliche Prüfung durch, bei welcher u.a. festgestellt wurden, dass der Beschwerdeführer ab April 2003 Geschäftsführer der W-GmbH sei, "laut unwiderruflicher Erklärung" aber für diese Tätigkeit keine Bezahlung erhalte. Ab April 2003 seien die Versicherungsprovisionen bei der Firma W-GmbH steuerlich erfasst. Bezüglich der Ausgleichszahlung gemäß § 24 HVertrG vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass der Hälftesteuersatz nach § 37 EStG EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen könne, da die Zahlung dem laufenden Gewinn zuzurechnen sei.

In der Folge setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Einkommensteuer 2003 ohne Anwendung des Hälftesteuersatzes fest.

In der Berufung wurde eingewendet, gemäß § 37 Abs 1 iVm Abs 5 EStG 1988 seien außerordentliche Einkünfte mit der Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes zu versteuern. Die Betriebsaufgabe zum habe einen Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG zu jener nach § 4 Abs 1 EStG bedingt. Wenn nun die Übergangsgewinne bei Steuerpflichtigen, die das 60. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit einstellten, mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern sei, so gelte dies auch für Handelsvertreter.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 37 Abs 1 zweiter Teilstrich EStG 1998 idF BGBl I 2003/71 ermäßige sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte iSd Abs 5 auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittsteuersatzes. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , 97/13/0195, ÖStZB 2003/530, die Rechtsansicht vertreten, ein Handelsvertreter bewirke durch seine Tätigkeit nicht den Aufbau eines eigenen Kundenstocks, der Kundenstock entstehe vielmehr beim Unternehmer. Im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer komme es somit zu keiner Übertragung eines Kundenstockes. Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG 1993 stelle nicht ein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstocks des Handelsvertreters dar, er gelte in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters ab. Der dem Handelsvertreter in Erfüllung des Ausgleichsanspruchs zugekommene Betrag sei daher nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsaufgabe anzusehen.

Die Bestimmung des § 24 EStG 1988 wolle die im Zuge einer Betriebsaufgabe aufgedeckten stillen Reserven begünstigen und setze einen Gewinn voraus, welcher sich aus der Aufgabe des Betriebes ergebe. Die Ausgleichszahlung nach § 24 HVertrG 1993 könne nicht unter diese Bestimmung eingereiht werden, weil es sich nicht um einen besonderen, sich aus der Betriebsaufgabe ergebenden Gewinn handle.

Die Aufgabe des Betriebes setzt auf jeden Fall einen einheitlichen Vorgang voraus, durch den zumindest die wesentlichen Grundlagen des Betriebes an verschiedene Personen oder ins Privatvermögen des Betriebsinhabers übertragen würden. Die wesentlichen Betriebsgrundlagen seien für jeden Betrieb dadurch bestimmt, dass im Fall der Veräußerung eines Betriebes der Erwerber mit den übertragenen Wirtschaftsgütern die Tätigkeit des Veräußerers ohne weiteres fortsetzen könne. Im Beschwerdefall fehle es an einem übertragenen Wirtschaftsgut. Der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters sei nicht das Entgelt für einen Kundenstock oder ein anderes Wirtschaftsgut und daher nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsaufgabe anzusehen.

Anzumerken sei, dass die begünstigte Besteuerung der Betriebsaufgabe im EStG an die Aufdeckung stiller Reserven anknüpfe und gerade diese wesentliche Voraussetzung bei einer Ausgleichszahlung im Sinne des § 23 HVertrG 1993 nicht gegeben sei.

Das Finanzamt sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausgleichszahlung als laufender Gewinn zu versteuern sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom , B 1477/06, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Anwendung des Hälftesteuersatzes nach § 37 Abs 5 EStG 1988 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abs 1 und 5 des § 37 EStG 1988 idF BGBl I 2003/71 lauten.

"(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Einkünfte auf Grund von Beteiligungen (Abs. 4),
-
außerordentliche Einkünfte (Abs. 5),
-
Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (Abs. 6), soweit diese vorrangig den Verlust aus anderen Holznutzungen und sodann einen weiteren Verlust aus demselben forstwirtschaftlichen Betriebszweig, in dem die Einkünfte aus besonderer Waldnutzung angefallen sind, übersteigen,
-
Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38)
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes."

"(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
gestorben ist,
-
erwerbsunfähig ist oder
-
das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.
Für Veräußerungsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind."
§ 24 Abs 2 EStG 1988 sieht vor, dass ein Veräußerungsgewinn für den Zeitpunkt der Veräußerung (Aufgabe) nach § 4 Abs 1 oder § 5 zu ermitteln ist. Wurde der Gewinn bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988 ermittelt, so ist ein Wechsel der Gewinnermittlungsart auf § 4 Abs 1 EStG 1988 vorzunehmen. Nach § 4 Abs 10 EStG 1988 ist dabei durch Zu- und Abschläge beim Gewinn des letzten Gewinnermittlungszeitraumes vor Veräußerung oder Aufgabe auszuschließen, dass Veränderungen des Betriebsvermögens (Betriebseinnahmen, Betriebsausgaben) nicht oder doppelt berücksichtigt werden.
§ 24 Handelsvertretergesetz, BGBl 88/1993, lautet:
"Augleichsanspruch

(1) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit

1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,

2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und

3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

(2) Der Ausgleichsanspruch besteht auch dann, wenn das Vertragsverhältnis durch Tod des Handelsvertreters endet und die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen vorliegen.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hiezu begründeten Anlass gegeben haben oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann, oder

2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder

3. der Handelsvertreter gemäß einer aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffenen Vereinbarung mit dem Unternehmer, die Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überbindet.

(4) Der Ausgleichsanspruch beträgt mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich.

(5) Der Handelsvertreter verliert den Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer nicht innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mitgeteilt hat, dass er seine Rechte geltend macht."

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe zum seinen Betrieb aufgegeben. Er habe vorher den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG 1988 ermittelt, durch die Betriebsaufgabe sei es zu einem Wechsel auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1988 gekommen. Da der Beschwerdeführer das 60. Lebensjahr vollendet gehabt und seine Erwerbstätigkeit eingestellt habe, seien für den Übergangsgewinn die Voraussetzungen für den Hälftesteuersatz iSd § 37 Abs 5 EStG 1988 gegeben gewesen. Der Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG 1993 sei nicht eine Abgeltung für dem Handelsvertreter künftig entgehende Provisionen, sondern eine Abgeltung für den Gewinn, der aus den vom Handelsvertreter geschaffenen Geschäftsverbindungen künftig zu erwarten sei. Der Anspruch bezieht sich "auch (auf) künftig entgehende Provisionen".

Der Verwaltungsgerichthof hat im Erkenntnis vom , 97/13/0195, den Erlös aus dem Ausgleichsanspruch nicht dem Veräußerungs- bzw Aufgabegewinn des Handelsvertreters zugerechnet und ausgesprochen, aus dem Wortlaut des § 24 HVertrG 1993 ergebe sich, dass der Ausgleichsanspruch nicht ein Entgelt für die Übertragung eines Kundenstocks des Handelsvertreters darstelle, sondern dass der Ausgleichsanspruch in erster Linie künftig entgehende Provisionen des Handelsvertreters abgelten solle. Da es sich beim Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG 1993 nicht um das Entgelt für einen Kundenstock oder ein anderes Wirtschaftsgut handele, sei der dem Handelsvertreter in Erfüllung des Ausgleichsanspruchs zugekommene Betrag nicht als Erlös aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsaufgabe anzusehen.

Die "Aufgabe des Betriebes" im Sinne des § 24 EStG liegt vor, wenn sich im Rahmen eines einheitlichen Vorganges in einem Zuge mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit der Betriebsinhaber sich des Betriebsvermögens entweder begibt oder es in sein Privatvermögen überführt (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0222). Für den Fall, dass an wesentlichen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nur Mietrechte vorhanden sind, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2666/77, 5235 F/1978, ausgesprochen, dass es genügt, wenn diese aufgegeben werden.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass eine Betriebsaufgabe schon deshalb nicht vorliege, weil im Beschwerdefall keine wesentlichen Betriebsgrundlagen auf Dritte übertragen oder ins Privatvermögen überführt worden seien.

Der Beschwerdeführer zeigt in der Beschwerde nicht auf, worin im Konkreten die von ihm mit angenommene Betriebsaufgabe bestanden habe. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann allerdings dahin gestellt bleiben, ob insbesondere im Vertrag mit dem Unternehmen über die Vermittlung von Geschäften als Handelsvertreter die wesentliche Betriebsgrundlage gelegen gewesen ist und die Beendigung dieses Vertrages als Betriebsaufgabe zu werten ist. Das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG 1993 ist nämlich jedenfalls erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits in den Erkenntnissen vom , 94/13/0005, und vom , 94/14/0053, zum Ausdruck gebracht, dass Zahlungen, die im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderungen bestehen, nicht zum Übergangsgewinn zählen. Ist der Tatbestand, der das Entstehen einer Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert bzw aufgegeben ist, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden. Der Beschwerdeführer ist sohin nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die belangte Behörde den Ausgleichsanspruch nicht in einen auf den ermittelten Übergangsgewinn einbezogen hat.

Der Beschwerdeführer rügt in der Beschwerde auch, § 24 HVertrG 1993 sei verfassungswidrig, weil diese Bestimmung einen Ausgleichsanspruch nicht auch für den Fall einräume, dass der Handelsvertreter das 60. Lebensjahr vollendet und seine Erwerbstätigkeit eingestellt habe. Hiezu ist auf die Ausführungen in Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom zu verweisen, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer ohnedies eine Ausgleichzahlung nach § 24 HVertrG erhalten hat und Gegenstand des angefochtenen Bescheides lediglich die steuerliche Behandlung dieser Zahlung ist.

Im Hinblick auf den auf § 37 Abs 5 EStG abgestellten Beschwerdepunkt braucht im Beschwerdefall nicht geprüft zu werden, ob es sich bei dem in Rede stehenden Ausgleichsanspruch um eine Entschädigung im Sinne des § 32 Z 1 lit a EStG 1988 handelt.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am