VwGH vom 28.05.2008, 2006/15/0280
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der A GmbH in G, vertreten durch Dr. Maximilian Schludermann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 32/12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/552-06/2001, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Bei der beschwerdeführenden GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin), die sich mit der Sammlung und Behandlung von Abfall, gefährlichen Abfällen und Altölen, sowie von Senkgrubenräumgut, Fäkalschlämmen und Kanalräumungen sowie Straßenreinigungen befasst, wurde eine Lohnsteuerprüfung hinsichtlich der Zeiträume Jänner 1998 bis Dezember 2000 vorgenommen. Im Bericht gemäß § 151 BAO und § 86 EStG 1988 hielt der Prüfer fest, als lohngestaltende Vorschrift sei ein Kollektivvertrag anzuwenden. An mehrere Arbeitnehmer ausbezahlte Beträge seien von der Beschwerdeführerin nach § 26 Z. 4 EStG 1988 behandelt worden, wegen eines Mangels der Aufzeichnungen jedoch der Besteuerung zu unterziehen. Die Bezüge des Geschäftsführers seien nicht gemäß § 41 FLAG in die Bemessungsgrundlagen für Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden.
1.2. Mit Bescheid vom nahm das Finanzamt die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin für die Einhaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn zu entrichtenden Lohnsteuer in Anspruch und setzte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag fest.
1.3. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den genannten Bescheid Berufung mit dem Antrag, die Lohnsteuer sowie den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Streitzeiträume auf S 0,-- zu setzen. Das Finanzamt habe auf Grund "mangelhafter Aufzeichnungen" die ausgezahlten Bezüge gemäß § 26 Z. 4 EStG der Besteuerung unterzogen. Auf Grund der laufend geführten Aufzeichnungen sei jedoch jederzeit ersichtlich, wie sich die ausbezahlten Beträge errechneten und für welchen Zeitraum sie gewährt worden seien. Zur Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag sei festzuhalten, dass der Geschäftsführer keine dienstnehmerähnliche Tätigkeit ausübe.
1.4. Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
1.5. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde nach einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, wie bereits in der Berufungsvorentscheidung dargelegt, gelte für die Reisekostenersätze der Grundsatz, dass sie nachzuweisen seien. Mit den vorgelegten Aufzeichnungen werde diesem Grundsatz nicht Rechnung getragen. Es sei zwar handschriftlich eine Namensliste der Abkürzungen der Chauffeure beigelegt worden, aus den Aufzeichnungen seien jedoch kein Ziel und Zweck der Reise ersichtlich und sei auch keine Dauer angegeben. Dies sei bereits in den Prüfungsfeststellungen enthalten gewesen (schließlich finde sich die Unterschrift des Geschäftsführers zum Nachweis darüber, dass der Prüfer mit ihm die Feststellungen durchbesprochen habe, im Arbeitsbogen des Prüfers) und sei auch in der Berufungsvorentscheidung nochmals mitgeteilt worden. Für den beantragten Abzug sei jedenfalls ein Nachweis der einzelnen Dienstreise erforderlich. Eine bloße Glaubhaftmachung reiche nicht aus.
Der Dienstgeberbeitrag sei von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Zu den Arbeitslöhnen zählten auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z. 2 EStG 1988. Nach dieser Gesetzesstelle gehörten zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Solche Einkünfte würden vom wesentlich beteiligten Gesellschafter einer GmbH dann bezogen, wenn feststehe, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert sei, dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben treffe und dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhalte. Diese Voraussetzungen seien in der Berufung nicht bestritten worden.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
3.1. Geschäftsführerbezüge:
In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0018, durch einen verstärkten Senat für den Fall eines mehr als 50 % an der GmbH beteiligten Geschäftsführers ausgesprochen, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre. Vom Fehlen einer solchen Eingliederung ist aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.
Die nach dieser Rechtsprechung entscheidende Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird; dies hat die belangte Behörde im Beschwerdefall infolge der Geschäftsführertätigkeit über mehrere Jahre zweifellos annehmen können. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente, insbesondere hinsichtlich des Unternehmerrisikos des Gesellschafter-Geschäftsführers, gehen daher mangels diesbezüglicher Relevanz ins Leere.
3.2. Reisekostenvergütung:
Aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, den vierten Satz des § 26 Z. 4 EStG 1988 als verfassungswidrig aufzuheben. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Reisekostenvergütung gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 auf Grund einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988, BGBl. II Nr. 306/1997, als gesetzwidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 147/05, V 111/05 und Folgezahlen, die genannten Bestimmungen als verfassungs- bzw. gesetzwidrig aufgehoben.
Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, gehören gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens darf ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern erstattete Reisekosten nur unter der Voraussetzung als nicht steuerbare Einnahmen (damit steuerfrei) behandeln, dass entsprechende Nachweise vorliegen. Die Richtigkeit der vom Arbeitgeber vorgenommenen Beurteilung muss jederzeit für das Finanzamt leicht nachprüfbar, vor allem aus Lohnaufzeichnungen, Geschäftsbüchern oder sonstigen Unterlagen ersichtlich sein. Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten Tagesgelder, die je nach der Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder des § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 87/14/0192, vom , 92/15/0001, und vom , 98/15/0068).
Die Beschwerdeführerin behauptet, sie habe mit Schriftsatz vom Aufzeichnungen vorgelegt, aus denen jedenfalls das Datum der Dienstreise, die jeweils angefahrenen Ziele sowie der Zweck, insbesondere durch Angabe der Mengen des entsorgten Mülls und des dafür verrechneten Betrages nachgewiesen seien. Die Dauer der einzelnen Fahrten sei zwar nicht dezidiert angegeben, jedoch ergebe sich bereits aus den einzelnen Wegstrecken im Zusammenhalt mit den Lohnaufzeichnungen, dass eine dauernde Abwesenheit vom Dienstort vorgelegen sei, weil die angeführten Wegstrecken in den von den Dienstnehmern verrechneten Arbeitszeiten nur nacheinander hätten angefahren werden können. Somit sei implizit auch die Dauer der Dienstreise nachgewiesen. Aus dem Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass diese diverse Abfallstoffe im Auftrag von anderen Unternehmen beseitige und zu entsprechenden Entsorgungsbetrieben verbringe. Eine Rückkehr der Lkw-Chauffeure untertags an den Dienstort sei daher schon auf Grund des Unternehmensgegenstandes nicht zu erwarten. Sie habe leicht nachvollziehbare Aufzeichnungen zeitnah geführt. Die belangte Behörde habe sich mit diesen Unterlagen zu Unrecht nicht auseinander gesetzt.
Damit kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen:
Mit Schreiben vom übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde die Unterlagen über den Reisekostenaufwand in Kopie. Neben einer handschriftlichen Namensliste handelt es sich dabei um eine Vielzahl von Fotokopien von handschriftlich ausgefüllten Formblättern. Das Formblatt weist am linken Rand eine Spalte ohne Bezeichnung auf, sodann einen Teil der mit "Lkw ... DaT." übertitelt ist und durch die Bezeichnung des Lkw und Angabe eines Namens sowie des Datums ausgefüllt ist.
Das Formblatt sieht weiters fünf Spalten zu folgendem Titel vor:
"m3 / Sgs., Lfs/Rg, AWV, Betrag, CO"
Die Fotokopie des Formblattes vom weist in der ersten Zeile die Eintragung auf "187, WW. Hirschw./Fuchspaß 12 Rg 12/G 1980".
Der wiedergegebene Beleg lässt die Erfüllung der von der Judikatur geforderten Voraussetzungen nicht erkennen. Dass damit die Dauer der Dienstreise auch nur "implizit" nachgewiesen sei, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon übersieht die Beschwerdeführerin, dass ein Nachweis erst dann gegeben ist, wenn neben dem Nachweis einer einzelnen tatsächlich angetretenen Reise auch insbesondere deren exakte Dauer belegt werden kann. Diese Umstände sind für die Beurteilung maßgebend, ob die geltend gemachten Reisekostenersätze oder Entfernungszulagen nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Bei den behaupteten Dienstreisen ist nämlich die Höhe des nach § 26 Z. 4 EStG 1988 nicht steuerbaren Taggeldes u.a. von der exakten Dauer der Dienstreise abhängig. Auch der Zweck der Dienstreise kann diesen Aufzeichnungen nicht entnommen werden. Der allgemeine Hinweis in der Beschwerde auf den Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin beseitigt nicht die den Aufzeichnungen anhaftenden Mängel. Auch das Ziel der Dienstreisen - wie etwa in der Beschwerde behauptet, die Verbringung von Gütern von einem Kunden zu einem Entsorgungsbetrieb - lässt sich keinesfalls "jederzeit leicht" nachprüfen. Sind die Voraussetzungen einer nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallenden Leistung des Arbeitgebers nach den Abgabenvorschriften nicht dem Grunde nach nachgewiesen, erübrigt sich auch die - auf Grund der nunmehr bereinigten Rechtslage - vorzunehmende Prüfung, ob überhaupt eine Dienstreise im Sinne des EStG 1988 vorgelegen ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am