VwGH vom 26.11.2015, 2013/15/0176
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde der E Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch die Dr. Christoph Brenner - Mag. Severin Perschl Rechtsanwälte OG in 3500 Krems an der Donau, Ringstraße 68, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom , Zl. MD-STS-6/2013/Mag.H/R, betreffend Kommunalsteuer 2006 bis 2009, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Stadt Krems an der Donau hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Krems der beschwerdeführenden GmbH Kommunalsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 samt Säumniszuschlag vor. Der Festsetzung lagen - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - folgende Feststellungen einer GPLA-Prüfung zu Grunde:
"Für die Beantwortung der Frage, ob eine Leistung im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht wird, ist folgende Prüfreihenfolge zu beachten:
Liegt eine Leistung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vor? - wenn ja Echter Dienstvertrag
wenn nein ? ev Freier Dienstvertrag bzw. Werkvertrag.
Merkmale die für einen 'Echten Dienstvertrag' sprechen (anhand der vorgelegten Unterlagen bzw. nach Befragung von Frau (KE)):
es konnte kein konkretes Werk genannt werden
es liegt kein Zielschuldverhältnis sondern ein über Jahre
dauerndes Dauerschuldverhältnis vor
Ort und Arbeitszeit im Rahmen der gängigen Gestaltungsmöglichkeiten (zB Telework)
die Honorarnote lautet auf 'Tätigkeit als Handlungsbevollmächtigte'
die vorgelegte Abrechnung/Honorarnote lässt keine konkrete Zuordnung auf Teilwerkverträge zu und konnte auch nicht konkret genannt werden
kein Unternehmerrisiko erkennbar und kam lt Auskunft bis dato auch nicht zu tragen
Aufgrund der oben angeführten Merkmale überwiegen die Merkmale eines echten lohnsteuerpflichtigen Dienstverhältnisses."
In ihrer gegen den Kommunalsteuerbescheid gerichteten Berufung wandte die beschwerdeführende GmbH ein, dass Frau KE als Werkvertragsnehmerin einen bestimmten Erfolg schulde (z.B. die Verfertigung und Finalisierung von Texten für die Homepage der Beschwerdeführerin). Die Entlohnung sei nach Erfolg vereinbart. KE hafte auch für einen bestimmten Erfolg, dies insbesondere bei umfassenden Recherchearbeiten für Unternehmensförderungen der Europäischen Union oder nationalen Unternehmensförderungen. KE brauche die Arbeit nicht selbst zu erbringen; sie könne auch Fremde damit betrauen. Arbeitsort und -zeit seien KE selbst überlassen. Sie habe keine Weisungen der Beschwerdeführerin zu befolgen, sondern maximal dem Verlangen der Beschwerdeführerin nachzukommen, das Werk binnen einer gewissen Frist zu erledigen. Frau KE könne dieses Werk von ihrem (häuslichen) Arbeitsplatz aus erbringen. Sie habe eigene Betriebsmittel (PC) und erhalte keine Sozialleistungen. Mit Beendigung des Werkes ende das Vertragsverhältnis. KE müsse das volle Unternehmerrisiko tragen. Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin existiere nicht. KE sei auf der Homepage der Beschwerdeführerin als "Handlungsbevollmächtigte" geführt, weil sie sich für den Fall, dass eine werkvertragliche Leistung abgerufen werde, bei Recherchearbeiten telefonisch und schriftlich bei den betreffenden Stellen melden müsse und sie dazu eine Bevollmächtigung benötige. Die Beschwerdeführerin habe sich mit einer "umfassende(n) Projektabrechnung für Wirtschaftsberatung in der Sache Liegenschaftsangelegenheit, die sich über Jahre gezogen" habe, befasst. Sie verfüge selbst über kein Personal, sodass "dieses Projekt" teilweise über Zukäufe der Leistungen u.a. von Ziviltechnikern, Rechtsanwälten, Notaren und Bausachverständigen verwirklicht worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und allgemeinen Rechtsausführungen stellte die belangte Behörde fest, dass "alleinig aus dem Vorbringen der Berufungswerberin das Aufgabengebiet bzw. Tätigkeitsfeld von Frau (KE) nicht konkret abgeleitet werden (könne), zumal die Ausführungen sehr allgemein gehalten und nicht durch praktische Beispiele untermauert wurden."
Deshalb sei davon auszugehen, dass sich die Tätigkeit von Frau KE nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als typische unselbständige Beschäftigung darstelle und nicht von einem freien Dienstvertrag oder Werkvertrag auszugehen sei. So habe kein konkretes Werk genannt werden können, die Einteilung des Arbeitsortes und der Arbeitszeit liege im Rahmen der gängigen Gestaltungsmöglichkeiten, die Honorarnote laute auf "Tätigkeit als Handlungsbevollmächtigte". Auch sei ein konkretes Unternehmerrisiko nicht erkennbar, weil das diesbezügliche Vorbringen nicht konkretisiert worden sei. Somit liege "auf Basis des bisher Ausgeführten nach Ansicht der Behörde auch aus steuerrechtlicher Sicht ein Dienstverhältnis vor".
Dagegen wendet sich die Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Diese Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 enthält somit als Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die im Zusammenhang mit der Weisungsgebundenheit formulierte Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Es gibt jedoch Fälle, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen. In diesen Fällen ist auf weitere Abgrenzungskriterien abzustellen, zu denen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos und die Befugnis gehören, sich vertreten zu lassen (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 2012/15/0025).
Für die Frage nach dem Bestehen eines Dienstverhältnisses kommt es im Einzelfall nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Bezeichnung wie Dienstvertrag oder Werkvertrag an. Vielmehr sind die tatsächlich verwirklichten Vereinbarungen entscheidend. Für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung ist dabei stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0223).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Abgabenbescheides in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Auch ist auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren sachverhaltsbezogen im Einzelnen einzugehen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse vom , 2000/13/0039, und vom , 2012/13/0044).
Von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides ist die zusammenhängende Darstellung des von der Behörde festgestellten Sachverhaltes. Gerade bei Abgrenzungsfragen zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit kommt der sorgfältigen Sachverhaltsfeststellung besondere Bedeutung zu. Denn - wie ausgeführt - ist das Gesamtbild der Tätigkeit darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Erst wenn die Behörde ein genaues Bild über die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der beschäftigten Person, insbesondere auch über die Pflichten, die ihr obliegen, die Risiken, die sie zu tragen hat und ihre allfällige Weisungsgebundenheit besitzt, kann ein Urteil über die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Tätigkeit abgegeben werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2011/15/0122, und vom , 99/13/0183).
Der angefochtene Bescheid entspricht diesen Anforderungen nicht.
Die gegenständliche Bescheidbegründung lässt jegliche Aussage über Inhalt und Gestaltung der Tätigkeit der KE vermissen. Feststellungen zur Eingliederung und Weisungsgebundenheit fehlen ebenso, wie Feststellungen darüber, nach welchen Kriterien die Entlohnung erfolgt ist. Wenn die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei in diesem Zusammenhang vorwirft, die Berufung gehe nur sehr allgemein auf das Tätigkeitsfeld der KE ein und beschränke sich auf die Behauptung der Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung, übersieht sie, dass es ihre Aufgabe als Abgabenbehörde ist, jene Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, auf die die Abgabenpflicht gegründet werden kann. Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Ermittlungsschritte, sei es auch nur die Aufforderung an die Beschwerdeführerin, ihr Berufungsvorbringen zu konkretisieren, sind nicht aktenkundig.
Der angefochtene Bescheid war auf Grund der aufgezeigten Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am