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VwGH vom 24.03.2015, 2013/15/0002

VwGH vom 24.03.2015, 2013/15/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Beschwerde der S A in N, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte OG in 2500 Baden bei Wien, Hauptplatz 9-13, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0792-W/12, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war von 1989 bis 2003 mit KT verheiratet. Im Jahr 1989 gründete das Ehepaar eine Immobilien GmbH. Die Beschwerdeführerin betrieb weiters ab 1990 ein eigenes Einzelunternehmen (Immobilienhandel).

Die Ehe der Beschwerdeführerin wurde am geschieden. Im Scheidungsvergleich wurde u.a. vereinbart:

"8) Hinsichtlich der 3/4-Anteile (BLNR 5) an der Liegenschaft (X), die im Eigentum der Ehefrau stehen, räumt die Ehefrau dem Ehemann das Eigentum an der Hälfte dieses 3/4-Anteils ein und verpflichtet sich auf jederzeitiges Verlangen des Ehemanns, sämtliche in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen abzugeben.

Sämtliche in Zusammenhang mit der Liegenschaft stehenden Lasten und Gewinne (z.B. aus einem Verkauf) werden je zur Hälfte von den Parteien getragen bzw. gezogen. Das gilt insbesondere für die Kredite bei (Y) und für die Mieteinnahmen aus der Liegenschaft."

Mit Kaufvertrag vom veräußerte die Beschwerdeführerin die im Scheidungsvergleich angeführten 3/4- Anteile der Liegenschaft X an die U AG.

KT erhob am gegen die Beschwerdeführerin Klage auf Zahlung der Hälfte des Kaufpreises (vermindert um Lasten der Liegenschaft). Die Beschwerdeführerin bestritt das Klagebegehren und machte insbesondere geltend, es sei vereinbart worden, dass der Veräußerungserlös (abzüglich der Lasten) ausschließlich ihr zustehen solle. Auch sei die Liegenschaft im Zeitpunkt der Scheidung Betriebsvermögen des Einzelunternehmens der Beschwerdeführerin gewesen, sodass diese nicht der nachehelichen Aufteilung unterlegen wäre. Mit Urteil des Bezirksgerichtes B vom wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung des (eingeschränkten) Klagsbetrages an KT verpflichtet.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 hatte die Beschwerdeführerin den Erlös aus der Veräußerung der 3/4-Anteile der Liegenschaft X zur Gänze berücksichtigt und beantragt, den Veräußerungsgewinn auf drei Jahre zu verteilen. Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom erfolgte eine erklärungsgemäße Festsetzung der Einkommensteuer 2004. Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Einkommensteuer 2005 festgesetzt, wobei insbesondere - der Erklärung der Beschwerdeführerin folgend - ein Drittel des Gewinnes aus der Veräußerung der Liegenschaft X als gewerbliche Einkünfte berücksichtigt wurden.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung bzw. Vorlageantrag. Sie machte geltend, die Einkünfte aus dem Einzelunternehmen seien nicht ihr, sondern dem KT zuzurechnen, da nur dieser über die Vermögenswerte habe verfügen können und auch verfügt habe. Die Beschwerdeführerin habe in keiner Phase der aufrechten Ehe Unternehmerinitiative gesetzt oder faktisches Unternehmerrisiko übernommen.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom wurde festgehalten, dass zwischen den Parteien des Abgabenverfahrens Einvernehmen darüber bestehe, dass das Einzelunternehmen der Beschwerdeführerin im Jahr 2004 noch bestanden habe; im Betriebsvermögen sei nur mehr der Anteil an der Liegenschaft X gewesen. Der Vorsitzende des Berufungssenates hielt sodann vor, nach dem bisherigen Verfahrensstand sei von einer Entnahme des Hälfteanteils an dem Liegenschaftsanteil im Jahr 2003 aufgrund des Scheidungsvergleichs auszugehen. Beide Parteienvertreter hielten diese Ansicht für zutreffend. Die Beschwerdeführerin schränkte daraufhin die Berufungen dahingehend ein, dass im Jahr 2004 ein Aufgabegewinn lediglich im Umfang des der Beschwerdeführerin verbliebenen Hälfteanteils aus dem Dreiviertelanteil zu versteuern sei; dies auf drei Jahre verteilt. Der Vertreter des Finanzamtes erklärte, mit der Erlassung von Berufungsvorentscheidungen in diesem Sinne einverstanden zu sein.

Mit Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes vom wurde die Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2005 entsprechend neu festgesetzt. Ebenfalls mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2006 (nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO) festgesetzt. Dieser Bescheid wurde aufgrund einer Feststellung eines anderen Finanzamtes mit Bescheid vom gemäß § 295 BAO abgeändert.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Berufung bzw. Vorlageantrag und wandte ein, im Rahmen des Veräußerungsgewinnes seien noch Vertretungskosten durch Anwälte zu berücksichtigen, die bisher nicht geltend gemacht worden seien.

Sie legte hiezu drei Honorarnoten von Rechtsanwälten vor.

Mit Verfügung vom forderte die belangte Behörde

die Beschwerdeführerin auf, hinsichtlich dieser Honorarnoten

"jeweils bekannt zu geben, welches Gerichtsverfahren (Angabe

des Aktenkennzeichens und des Gerichtes) die Vertretung durch die Anwälte betroffen hat, über welche Streitgegenstände in diesen Verfahren mit welchem Urteil entschieden wurde.

Außerdem werden Sie ersucht auszuführen, inwieweit diese Aufwendungen (Honorare) im Zusammenhang mit dem in den Jahren 2004 bis 2006 zu versteuernden Veräußerungsgewinn stehen und zu begründen weshalb diese Aufwendungen im Rahmen Ihrer Einkommensteuerveranlagungen steuerlich zu berücksichtigen seien".

Die Beschwerdeführerin teilte hiezu mit Eingabe vom mit:

"1. Ad Honorarnote (S) über EUR 21.338,10:

Dieses Verfahren wurde uns bei GZ (...) beim Bezirksgericht B(...) geführt. Gegenstand dieses Verfahrens war die Aufteilung des Erlöses aus der Verwertung der Liegenschaftsanteile (X) (im Folgenden 'Liegenschaft'). Dieses Verfahren wurde mit Urteil vom beendet.

Das Verfahren steht somit in einem direkten Zusammenhang mit den in den Jahren 2004 bis 2006 versteuerten Veräußerungsgewinnen, weil diese aus der Verwertung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft resultierten. Die von der Anwältin erbrachten Leistungen ergeben sich aus der Leistungsaufstellung gemäß (...).

2. Ad. Honorarnote (S) über EUR 5.666,26 vom :

Das Verfahren lief beim Landesgericht S(...). In diesem Verfahren wurde versucht, eine Forderung gegen Herrn (KT) geltend zu machen, die als Gegenforderung gegen die von ihm in dem in Punkt 1. angeführten Verfahren geltend gemachte Forderung aus der Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft resultierenden Verwertungserlös ins Treffen geführt werden sollte. Mit der geltend gemachten Forderung wollte die (Beschwerdeführerin) gegen die Forderung des Herrn (KT) aufrechnen. Somit steht auch diese anwaltliche Leistung in einem sachlichen Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft und damit zu den in den Jahren 2004 bis 2006 versteuerten Veräußerungsgewinnen. Im Verfahren wurde Ruhen vereinbart.

Die anwaltlichen Leistungen ergeben sich aus der Leistungsaufstellung gemäß (...).

3. Ad Honorarnote (L) über EUR 5.792,64 vom :

Dieses Verfahren lief beim Bezirksgericht (P). Gegenstand dieses Verfahrens war die Anfechtung eines Scheidungsvergleiches. Ein wesentlicher Teil des Scheidungsvergleiches war die Aufteilung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft. Somit ist auch hier der Konnex zur verfahrensgegenständlichen Liegenschaft und den verfahrensgegenständlichen Veräußerungsgewinnen gegeben. Die Leistungsaufstellung des einschreitenden Anwaltes wurde bereits (...) der Berufung beigelegt."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde - nach Durchführung einer weiteren mündlichen Berufungsverhandlung -

den Berufungen teilweise Folge und änderte die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2006 ab. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgaben verwies die belangte Behörde betreffend Einkommensteuer 2004 und 2005 auf die Berufungsvorentscheidungen vom und betreffend Einkommensteuer 2006 auf den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid vom .

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, Kosten eines Zivilprozesses seien grundsätzlich Betriebsausgaben, sofern der Prozess objektiv mit dem Betrieb zusammen hänge und die im Prozess strittigen Beträge steuerlich zu erfassen seien. Bei gegenseitiger Aufrechnung betrieblicher und nicht betrieblicher Forderungen sei maßgeblich, ob im Prozess die betrieblich veranlasste Forderung strittig sei.

Im Verfahren betreffend die Klage des KT auf Geldleistung sei die Forderung des KT auf Herausgabe des Hälfteerlöses aus dem Verkauf des 3/4-Anteiles der Liegenschaft X strittig gewesen. Dieser Hälfteerlös sei im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin vom Finanzamt nicht versteuert worden. Der Prozess um diese Geldforderung sei ein privater Streit aufgrund der Vereinbarung im Scheidungsvergleich. Auch betreffend das Verfahren vor dem Landesgericht bestehe kein Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin, weil die Beschwerdeführerin in diesem Zivilverfahren den KT auf Zahlung von 145.000 EUR aus der Auflösung der GmbH, welche die Eheleute bis 2005 betrieben hätten, geklagt habe. Die dritte Honorarnote betreffe ein Verfahren vor dem Bezirksgericht P wegen Anfechtung des Scheidungsvergleiches. Die Anfechtung eines Scheidungsvergleiches betreffe die Privatsphäre der Beschwerdeführerin; auch hier bestehe kein Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften der Beschwerdeführerin als Einzelunternehmerin.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Anerkennung der Aufwendungen bezüglich der angeführten Honorarnoten im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus ihrem Einzelunternehmen als Betriebsausgaben der Jahre 2004 bis 2006 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Vorlage einer Replik durch die Beschwerdeführerin erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Die Kosten eines Zivilprozesses sind Betriebsausgaben, soweit sie betrieblich veranlasst sind. Es kommt dabei auf den Prozessgegenstand an, dieser muss objektiv betrieblicher Natur sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0154). Entscheidend ist, welcher Anspruch im Prozess strittig ist. Werden betrieblich veranlasste und nicht betrieblich veranlasste Forderungen und Verbindlichkeiten gegeneinander aufgerechnet, ist maßgebend, ob die betrieblich veranlasste Forderung strittig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0221, VwSlg. 7869/F; vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofes vom , VIII R 27/08: Rechtsverfolgungskosten teilen als Folgekosten das rechtliche Schicksal der Zahlung, um die gestritten wurde).

Aufwendungen für die Ehescheidung und Folgekosten sind stets durch die Lebensführung veranlasst. Auch jene Folgekosten einer Ehescheidung, die zur Regelung der Vermögensverhältnisse unter den geschiedenen Ehegatten entstehen, sind nicht abzugsfähig; dies selbst dann, wenn eine Einkunftsquelle Streitgegenstand ist (vgl. Doralt/Kofler , EStG11, § 20 Tz 163 "Ehescheidung", mwN; Hofstätter/Reichel, § 20 Tz 5 "Prozeßkosten"). Derartige Aufwendungen sind auch dann, wenn eine Anspruchsbefriedigung aus betrieblichen Mitteln erfolgt, nicht durch den Betrieb, sondern durch die Scheidungsvereinbarung veranlasst (vgl. - zu Aufwendungen im Erbfall - das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0142, VwSlg. 8656/F, mwN).

Die Anfechtung eines Scheidungsvergleiches ist als durch die Lebensführung veranlasst zu beurteilen, auch wenn Gegenstand des Scheidungsvergleiches u.a. eine sich im Betriebsvermögen befindliche Liegenschaft ist, die an sich nicht der (gesetzlichen) nachehelichen Aufteilung unterliegen würde (§ 82 Abs. 1 Z 3 EheG). Die in der Honorarnote L verzeichneten Beträge können sohin nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Gleiches gilt für das mit Urteil des Bezirksgerichtes B endende Verfahren (erste Honorarnote S). Es handelt sich hiebei um Folgekosten zur Regelung der Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten.

Betreffend die zweite Honorarnote S reichen hingegen die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde für eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht aus: Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu dieser Honorarnote war im Verwaltungsverfahren - trotz ausdrücklichem Vorhalt der belangten Behörde - wenig konkret. Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Beschwerdeführerin gegen ihren ehemaligen Ehemann einen Anspruch aus der Auflösung der gemeinsam betriebenen GmbH geltend gemacht habe. Eine Beteiligung an einer branchengleichen Kapitalgesellschaft (hier Geschäftsgegenstand: Immobilienhandel) gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, und zwar unabhängig davon, ob die Beteiligung in die Bilanz aufgenommen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2012/15/0005, mwN). Damit könnte es sich aber um einen Anspruch handeln, der das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin betrifft. Die zur Geltendmachung dieses Anspruches aufgewendeten Kosten könnten somit als Betriebsausgaben zu beurteilen sein.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren (Umsatzsteuer) war abzuweisen, da die genannten Bestimmungen einen darüber hinausgehenden Aufwandersatz nicht vorsehen.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am