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VwGH vom 19.03.2008, 2006/15/0054

VwGH vom 19.03.2008, 2006/15/0054

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Mag. Thomas Riedler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, vom , GZ. FSRV/0055-L/03, betreffend Finanzvergehen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates als Organ des Finanzamtes Linz vom wurde der Beschwerdeführer wegen näher angeführter Finanzvergehen zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 EUR verurteilt.

Am erhob der Amtsbeauftragte Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates, in welcher er sich insbesondere gegen die seiner Ansicht nach zu geringe Höhe der verhängten Strafe wandte.

Der Beschwerdeführer, der selbst keine Berufung erhoben hatte, beantragte die Zurückweisung der Berufung als verspätet, weil sich das berufungsgegenständliche Erkenntnis schon am an der Abgabestelle des Amtsbeauftragten, dem Finanzamt Linz., befunden habe. Damit sei die einmonatige Berufungsfrist für den Amtsbeauftragten in Gang gesetzt worden. Jedenfalls sei aber davon auszugehen, dass die Berufungsfrist für den Amtsbeauftragten nicht später geendet haben könne als für den Beschwerdeführer, dem das Erkenntnis am zugestellt worden sei, woraus sich ein Fristablauf mit ergebe.

Über Veranlassung des Vorsitzenden des Finanzstrafsenates wurde von Bediensteten der Geschäftsstelle in einem Aktenvermerk vom der Ablauf des Verwaltungsgeschehen nach der mündlichen Verkündung des erstinstanzlichen Erkenntnisses vom wie folgt geschildert:

"Am wurde das Erkenntnis geschrieben

Die Verfügung für den Strafakt wurde ebenfalls geschrieben, die Entscheidung in der EDV erfasst und das Strafkonto

angelegt (nicht verbucht) (Stempel )

dieses wurde an den Richter zur Unterschrift am geschickt am kam dieses an die Strasa unterschrieben retour dann wurde das Erkenntnis an den Beschuldigten zugestellt, da

an diesem Tag ab Mittag "Bildschirmschluss" war, konnte die Verbuchung nicht mehr durchgeführt werden, dann war das Wochenende und der nächste Arbeitstag für die Teilzeitkraft war

als der Rückschein retour kam, wurde die Buchung durchgeführt und an den Amtsbeauftragten (Dr. K.) zur Kenntnis gebracht

(Diese Terminverzögerung (13.5.-23.5.) kam ganz offensichtlich aus Arbeitsüberlastung zustande, weil die Ganztagskraft krank war, und die Teilzeitkraft den Arbeitsanfall nicht sofort bewältigen konnte)."

In der Verhandlung vor der belangten Behörde vom wurde der Aktenvermerk erörtert. Der Amtsbeauftragte verwies darauf, dass er die Übernahme des Erkenntnisses unter Angabe des Datums "" und eigenhändiger Unterschrift bestätigt habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Amtsbeauftragten teilweise Folge, indem das Strafausmaß auf 20.000 EUR erhöht wurde. Zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die schriftliche Ausfertigung des mit (dem Tag der Verkündung) datierten erstinstanzlichen Erkenntnisses am bei den für die Weiterbearbeitung des Aktes zuständigen Bediensteten in der Geschäftsstelle des Spruchsenates eingelangt sei. Die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses an den Amtsbeauftragten sei infolge Arbeitsüberlastung der Bediensteten der Geschäftsstelle erst am erfolgt. Der Umstand, dass sich das unterfertigte Erkenntnis schon einige Tage zuvor "zufälligerweise (weil im gegenständlichen Finanzstrafverfahren die Funktion des Amtsbeauftragten durch einen Finanzbeamten des örtlichen Finanzamtes wahrgenommen worden ist)" am Finanzamt Linz befunden habe, sei nicht relevant. Die Übermittlung von Akten oder Aktenteilen vom Spruchsenatsvorsitzenden an seine Geschäftsstelle zur Vornahme der weiteren Veranlassungen (wozu auch die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses an den Amtsbeauftragten gehöre), stelle noch keine Zustellung an den Amtsbeauftragten an seinem Arbeitsplatz als Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustellG dar. Die Berufung des Amtsbeauftragten sei daher innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelfrist des § 150 Abs. 2 FinStrG und somit fristgerecht erhoben worden.

Dagegen wendet sich die vorliegende, ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, dass die Zustellung des Straferkenntnisses an den Amtsbeauftragten bereits mit Einlangen des vom Spruchsenatsvorsitzenden unterfertigten Erkenntnisses in der Strafsachenstelle des Finanzamtes Linz am erfolgt sei und die Berufung des Amtsbeauftragten vom daher als verfristet zurückzuweisen gewesen wäre. Bei der gegenständlichen Zustellung handle es sich um einen innerbehördlichen Vorgang zwischen zwei Organen derselben Behörde, nämlich dem Spruchsenat und dem Amtsbeauftragten des Finanzamtes Linz. Da das vom Spruchsenatsvorsitzenden unterfertigte Erkenntnis bereits am in der Strafsachenstelle des Finanzamtes Linz eingelangt sei und der Amtsbeauftragte Leiter der Strafsachenstelle sei, sei bereits zu diesem Zeitpunkt die Zustellung an ihn als bewirkt anzusehen.

Obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses einem Spruchsenat, hat der Vorstand der Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 124 Abs. 2 FinStrG einen Amtsbeauftragten zu bestellen.

Gemäß § 141 Abs. 1 FinStrG ist das Erkenntnis schriftlich auszufertigen und jeweils eine Ausfertigung dem Beschuldigten, allfälligen Nebenbeteiligten sowie dem Amtsbeauftragten zuzustellen.

Die Bestimmung, dass die mündliche Entscheidung auch noch schriftlich zugestellt werden muss, hat zur Folge, dass für die Berechnung der Frist zur Einbringung einer Berufung gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG der Tag der Zustellung des schriftlichen Bescheides maßgeblich ist (vgl. Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, §§ 136-141 Rz. 27).

Gemäß § 56 Abs. 3 FinStrG gelten für Zustellungen im Finanzstrafverfahren das Zustellgesetz sowie sinngemäß die Bestimmungen des 3. Abschnittes der BAO.

"Zustellung" bedeutet nach herrschender Auffassung die Übermittlung eines Schriftstücks von einer Behörde an einen Verfahrensbeteiligten, mit der spezifische verfahrensrechtliche Wirkungen verknüpft sind (z.B. der Lauf einer Rechtsmittelfrist). Die Zustellung ist ein öffentlich-rechtlicher Akt und begründet in der Regel die Pflicht des Empfängers, das an ihn zugestellte Schriftstück anzunehmen (vgl. Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 1 Tz 5). Walter/Mayer (Zustellrecht, § 1 ZustG Anm. 2a) definieren die Zustellung als Übermittlung von Geschäftsstücken zwecks Einleitung oder im Zug eines Verfahrens an Personen, die ein Rolle in diesem Verfahren spielen.

Dem Amtsbeauftragten kommt im Verfahren vor dem Spruchsenat eine verfahrensrechtliche Sonderstellung zu. Ihm obliegt nach § 124 Abs. 2 FinStrG die Erstattung einer Stellungnahme zu den Ergebnissen des Untersuchungsverfahrens. Gemäß § 125 Abs. 1 leg.cit. ist er zur Erhebung einer Beschwerde gegen eine Unzuständigkeitsentscheidung befugt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat kommt dem Amtsbeauftragten das Recht zu, den Ausschluss der Öffentlichkeit zu beantragen (§ 127 Abs. 2 lit. b leg.cit.), er ist zur Stellung von Beweisanträgen und zur Fragestellung berechtigt (§ 130 Abs. 1 lit. b und c leg.cit.). Er hat nach Beendigung der Beweisaufnahmen hinsichtlich der Schuld des Beschuldigten sowie wegen der gegen ihn anzuwendenden Strafbestimmungen Anträge zu stellen (§ 130 Abs. 2 leg.cit.). Nach § 151 Abs. 1 lit. b leg.cit. steht dem Amtsbeauftragten, wenn das Erkenntnis von einem Spruchsenat gefällt worden ist, das Rechtsmittel der Berufung zu.

Vor diesem Hintergrund ist der Rechtsansicht des Beschwerdeführers, bei der Zustellung des Erkenntnisses an den Amtsbeauftragten handle es sich um einen innerbehördlichen Vorgang, nicht zu folgen. Der Amtsbeauftragte ist als am Verfahren "Beteiligter" anzusehen, dem das Erkenntnis des Spruchsenates ebenso wie dem Beschuldigten oder den im Verfahren zugezogenen Nebenbeteiligten nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes zuzustellen ist.

Die Durchführung der Zustellung an den Empfänger erfolgt grundsätzlich durch tatsächliche Übergabe des Dokuments an diesen (vgl. Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 13 Tz. 3).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass die für den Amtsbeauftragten bestimmte Ausfertigung des Straferkenntnisses diesem im Wege einer Bediensteten der Geschäftsstelle des Spruchsenates zugeleitet und vom ihm am übernommen wurde.

Gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG beträgt die Rechtsmittelfrist einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses.

Damit kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die am vom Amtsbeauftragten erhobene Berufung als rechtzeitig beurteilt hat.

Zu den Beschwerdausführungen, auch für den Amtsbeauftragten beginne der Fristenlauf gleichzeitig mit der Zustellung des Erkenntnisses an den Beschuldigten, ist zu sagen, dass es dafür an einer gesetzlichen Grundlage - die Bestimmung des § 169 FinStrG bezieht sich nur auf die Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG durch den Amtsbeauftragten - fehlt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am