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VwGH vom 28.10.2013, 2011/05/0152

VwGH vom 28.10.2013, 2011/05/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der I O in Wien, vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 13/4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung Magistratsabteilung 64 vom , Zl. MA64-2539/2011, betreffend Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) der Auftrag erteilt, das auf ihrer (näher bezeichneten) Liegenschaft befindliche, gänzlich von der Baubewilligung vom abweichende Kleingartenwohnhaus mit einer projektierten bebauten Fläche von ca. 10,10 m × 7,89 m (= 79,70 m2) binnen 12 Monaten nach Rechtskraft des Bescheids abtragen zu lassen.

Mit Verfahrensanordnung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 25, vom wurde der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme angedroht und eine Paritionsfrist von 12 Wochen zur Durchführung der aufgetragenen Arbeiten eingeräumt.

Mit Vollstreckungsverfügung vom wurde gemäß § 4 Abs. 1 VVG die zwangsweise Durchführung des behördlichen Auftrages vom durch Ersatzvornahme angeordnet.

In der dagegen erhobenen Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf die der MA 69 am übermittelten Einreichpläne für den Umbau des betreffenden Kleingartenhauses, welche mit dem Zustimmungsvermerk der MA 69 versehen und zwecks Einleitung des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens an die zuständige Baubehörde weitergeleitet worden seien.

Mit Schreiben vom teilte die MA 37/16 nach Anfrage vom der belangten Behörde mit, dass am für das verfahrensgegenständliche Bauwerk ein Ansuchen um Bewilligung gemäß § 8 Wiener Kleingartengesetz zum Umbau eines Kleingartenwohnhauses eingebracht worden sei. Dieses Bauvorhaben sei mit Aktenvermerk vom geprüft und für in Ordnung befunden worden. Eine nachträgliche Bewilligung gemäß § 23 Abs. 4 Wiener Kleingartengesetz sei zur Erfüllung des in Rede stehenden Bauauftrages jedoch nicht möglich, da sich die erlaubte projektierte verbaute Fläche von 50 m2 durch nicht bewilligungsfähige Bauführungen auf 79,70 m2 erhöht habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, das vom rechtskräftigen und vollstreckbaren Entfernungsauftrag erfasste Kleingartenwohnhaus sei in seinem gegenwärtigen Umfang nicht genehmigungsfähig, da es den Bauvorschriften widerspreche und schon aus diesem Grund einer nachträgliche Bewilligung nicht zugänglich sei. Weiters habe der Aktenvermerk vom gemäß § 8 Wiener Kleingartengesetz keine nachträgliche Baubewilligung für das vom Entfernungsauftrag erfasste Gebäude zum Inhalt, sondern eine Bewilligung für ein anderes Kleingartenwohnhaus, ein sogenanntes "aliud", weshalb weder die aufgetragene Beseitigung hinfällig geworden noch die Vollstreckung des Titelbescheides gehemmt sei. Auch könne gemäß VVG unter Berücksichtigung des Schonungsprinzips nicht die Verkleinerung eines Gebäudes erzwungen werden, wenn der Titel auf Abtragung laute.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 983/11-3, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerdeführerin ergänzte die Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung kann gemäß § 10 Abs. 2 VVG nur ergriffen werden, wenn


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1.
die Vollstreckung unzulässig ist oder
2.
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3.
die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 VVG in Widerspruch stehen.
2.
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde zusammengefasst geltend, dass § 129 Abs. 10 BO eine Ermessensentscheidung ermögliche, weil die Baubehörde "gegebenenfalls" Aufträge zur Beseitigung erteilen könne. Dies habe die belangte Behörde jedoch nicht berücksichtigt, sondern in starrer Weise einen Abbruchauftrag erteilt. Bei Gegenüberstellung der Interessen der Beschwerdeführerin mit jenen der Öffentlichkeit, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass der Abbruch des Kleingartenhauses nicht zuletzt aus wirtschaftlicher Sicht unverhältnismäßig sei. Im Lichte des Schonungsprinzips hätte die belangte Behörde zudem zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein Abbruch mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei und die Durchführung des Rückbaus das gelindere Mittel darstelle. Ob die Beschwerdeführerin eine nachträgliche Bewilligung erwirkt habe, sei von der belangten Behörde nicht festgestellt worden.
3.
Die Beschwerde ist unbegründet.

3.1. Wann eine Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung ist aber dann gegeben, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, wenn ein solcher dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist oder wenn der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde. Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind, wenn der Bescheid (auf Grund einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage) nicht mehr in derselben Form ergehen dürfte. Keinen Berufungsgrund bilden dagegen Umstände, über die im Titelbescheid bereits rechtskräftig entschieden wurde und die (bei unverändert gebliebenem Sachverhalt) daher im Vollstreckungsverfahren vom Verpflichteten wegen der Rechtskraftwirkung des Titelbescheides nicht mehr aufgerollt werden können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0007, mwN). Folglich ist es ausgeschlossen, im Zuge des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen vorzubringen, die sich gegen den Titelbescheid richten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0139, welches auf Walter/Thienel , Verwaltungsverfahren II, 2. Auflage, S. 1391 ff, verweist).

Insofern die Beschwerdeführerin daher das Fehlen einer Interessenabwägung der belangten Behörde im Hinblick auf § 129 Abs. 10 BO geltend macht, zeigt sie damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

3.2. Die Vollstreckung eines Beseitigungsauftrages ist während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung unzulässig (vgl. die bei Moritz , Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 323 genannte hg. Judikatur, und die zitierten hg. Erkenntnisse vom und ). Dies setzt aber nicht nur voraus, dass sich das nachträgliche Bauansuchen auf das vom Vollstreckungsverfahren betroffene Bauobjekt bezieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom ), sondern auch, dass diesbezüglich überhaupt eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden kann (vgl. die bei Moritz , aaO, S. 323 angeführte hg. Judikatur).

Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dargelegt, weshalb beide Voraussetzungen im gegenständlichen Fall nicht gegeben sind. In der Beschwerde werden diese Ausführungen nicht bestritten. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin eine nachträgliche Bewilligung erwirkt habe, war bei diesem Ergebnis nicht von Bedeutung.

3.3. Soweit die Beschwerdeführerin unter Verweis auf das Schonungsprinzip als gelinderes Mittel der Vollstreckung die Durchführung des Rückbaus ins Treffen führt, ist ihr entgegenzuhalten, dass im Verwaltungsvollstreckungsverfahren auch unter Berücksichtigung des Schonungsprinzips nicht bloß die Verkleinerung der Baulichkeit erzwungen werden kann, wenn der Titel - wie auch im vorliegenden Fall - auf Abtragung lautet (vgl. die bei Walter/Thienel , aaO, S. 1285 unter E 25 zitierte hg. Rechtsprechung).

3.4. Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin auch nicht dar, dass etwa genehmigungsfähige Teile der Baulichkeit von den anderen Teilen trennbar wären und dass sich die nachträglich anhängige Baubewilligung auf von den übrigen trennbare Elemente bezogen hätte, sodass allenfalls unter derartigen Umständen eine Unzulässigkeit der Vollstreckung hinsichtlich des gesamten Bauwerkes in Frage kommen könnte. Zwar ist es der Beschwerdeführerin selbst unbenommen, ein Bauwerk - unter Beachtung der Rechtsvorschriften - in ein anderes umzugestalten und damit einen anderen Sachverhalt zu schaffen, der gegebenenfalls einer Vollstreckung entgegenstehen könnte. Für die Behörde kommt dies im Vollstreckungsverfahren aber angesichts des rechtskräftigen Titelbescheides nicht in Frage (vgl. das hg. Erkenntnis vom ).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am