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VwGH vom 26.07.2006, 2006/14/0016

VwGH vom 26.07.2006, 2006/14/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der O GmbH u. Co. KG in B, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Hauptplatz 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. RV 619/1-8/01, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für das Jahr 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende KG (Betriebsgegenstand: "Tischlereibedarf") ermittelt ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988, wobei die Gewinnermittlung nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr (Bilanzstichtag Ende Februar) erfolgt.

Im Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung (Prüfungszeitraum 1996 bis 1998) vom wird unter Tz. 19 (Teilwertabschreibung) ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Wirtschaftsjahr 1997/1998 mit Kaufvertrag vom eine Liegenschaft um 4 Mio. S erworben. Im selben Wirtschaftsjahr habe die Beschwerdeführerin eine Teilwertabschreibung von 2,151.000 S vorgenommen, weil die Liegenschaft nur zu einem überhöhten Preis habe erworben werden können. Die Teilwertabschreibung beruhe (ebenso wie die Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden sowie Baulichkeiten) auf dem Gutachten eines Sachverständigen. Nach Ansicht der Prüferin entspreche jedoch der Teilwert im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Der Wertansatz von Grund und Boden, Baulichkeiten und Einfriedung sei somit um die jeweilige Teilwertabschreibung zu erhöhen (die allfällige AfA und der IFB von den tatsächlichen Anschaffungskosten neu zu berechnen).

Gegen den auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 1998 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Die Rechtsansicht der Prüferin, wonach die im Sinne des § 6 EStG vorgenommene Teilwertabschreibung von 2,151.000 S nicht anerkannt werden könne, werde nicht geteilt. Die Beschwerdeführerin habe im Verlauf des Wirtschaftsjahres 1996/97 begonnen, ihr Unternehmen strategisch neu zu orientieren. Ziel dieser Neuorientierung sei es gewesen, das Unternehmen für weitere bisher nicht angesprochene Zielgruppen zu öffnen. Dabei sei vor allem daran gedacht gewesen, die Zielgruppe der Kleinabnehmer (Bastler, Heimwerker und gewerbliche Kleinabnehmer) sowie Selbstabholer intensiver zu betreuen. Damit habe die Grundlage für eine Verbreiterung des Kundenstockes geschaffen werden sollen, um langfristig den Bestand des Unternehmens zu sichern. Zur Durchsetzung dieser Strategie sei es erforderlich gewesen, entsprechende Erweiterungen im Bereich der Infrastruktur (Präsentationsräumlichkeiten, Manipulationsmöglichkeiten für das Sortiment, Adaptierung der Geschäftsräumlichkeiten) zu tätigen. Die Beschwerdeführerin habe sich daher entschlossen, dieser betriebswirtschaftlich unumgänglichen Notwendigkeit der Erweiterung aktiv zu begegnen, und versucht, geeignete Liegenschaft zu erwerben. Dieses "betriebswirtschaftliche Muss" habe schließlich darin gemündet, dass die Beschwerdeführerin die streitgegenständliche Liegenschaft um den Kaufpreis von 4 Mio. S erworben habe. Da bei der Erstellung der Bilanz zum erhebliche Bedenken bezüglich des Wertansatzes dieser Liegenschaft entstanden seien, sei von der Beschwerdeführerin beschlossen worden, die Bewertung der Liegenschaft von einem sachverständigen Dritten durchführen zu lassen. Das von einem allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen erstellte Gutachten habe in der Folge ergeben, dass der Verkehrswert der Liegenschaft zum Bilanzstichtag 1,849.000 S betragen habe und um 2,151.000 S unter dem Kaufpreis gelegen sei. Auf der Grundlage dieses Gutachtens sei in der Bilanz zum die Teilwertabschreibung vorgenommen worden. Der Verkehrswert (= Marktwert) entspreche dem gemeinen Wert und dieser sei dem Teilwert gleichzusetzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Teilwert sei nach herrschender Rechtsauffassung ein objektiver Zusammenhangswert einzelner Wirtschaftsgüter im betrieblichen Gefüge, wobei von einer Unternehmensfortführung auszugehen sei. Nach Lehre und Rechtsprechung bestehe eine Vermutung dafür, dass sich der Teilwert jedes Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt seiner Anschaffung oder Herstellung mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten decke. Die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert sei grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige dartun könne, dass und in welcher Höhe zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten seien, die die Annahme rechtfertigten, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungskosten lägen oder dass sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen habe. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag, desto stärker sei die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer seien die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen. Sei der Kaufpreis wegen einer Zwangslage des Käufers überhöht, dann werde sich der Teilwert mit dem überhöhten Kaufpreis decken, weil auch ein fiktiver Erwerber zwangsweise den überhöhten Preis zu zahlen hätte.

Im Beschwerdefall sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin für den Erwerb der Liegenschaft einen überhöhten Kaufpreis bezahlt habe, da der Verkäufer deren Zwangslage - bedingt durch die angestrebte Betriebserweiterung - ausgenützt habe. Das gegenständliche Grundstück, das vom bisherigen Betriebsgrundstück nur durch eine schmale Gasse getrennt sei, habe sich "optimal" für die ins Auge gefassten Maßnahmen geeignet.

Wenn die Beschwerdeführerin die Berechtigung zur Teilwertabschreibung per aus einem Sachverständigengutachten abzuleiten versuche, das den Verkehrswert zum mit 1,849.000 S ermittle, könne ihr nicht gefolgt werden.

Für Zwecke der Teilwertermittlung sei davon auszugehen, welchen Wert ein fiktiver Erwerber unter der Annahme der Betriebsfortführung im Rahmen des Gesamtkaufpreises dem betreffenden Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag beilegen würde. Wenn der Betrieb per "veräußert werden würde", würde der Veräußerer zweifelsohne den gesamten Kaufpreis der am erworbenen Liegenschaft im Rahmen des Gesamtkaufpreises für den Betrieb zum Ansatz bringen. Auch für den fiktiven Erwerber sei im Rahmen der Betriebsfortführung unter Bedachtnahme auf die angestrebte und als betriebswirtschaftlich notwendig erachtete Verbreiterung der Kundenstruktur die Liegenschaft gleich "wertvoll" wie für den Veräußerer. Eine Teilwertabschreibung komme somit nicht in Betracht.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 6 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 ist

u. a. Anlagevermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (abnutzbares Anlagevermögen vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8) anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden.

Teilwert ist gemäß § 6 Z 1 EStG 1988 der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.

Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gilt nach der Rechtsprechung die Vermutung, dass die Anschaffungskosten dem Teilwert entsprechen, weil von einem Unternehmer angenommen werden kann, dass er - Fehlmaßnahmen ausgenommen - grundsätzlich nicht mehr für ein Wirtschaftsgut aufwendet, als dieses für seinen Betrieb tatsächlich wert ist. Die Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert ist deshalb grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige dartun kann, dass und in welcher Höhe zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag wesentliche Umstände eingetreten sind, welche die Annahme rechtfertigen, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegen oder dass sich die Anschaffung als Fehlmaßnahme erwiesen hat. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag ist, desto stärker wirkt die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer sind die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen. Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen, wobei Nachweis oder Glaubhaftmachung auch jener Sachverhalte erforderlich sind, auf Grund derer die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung gerade für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen sein sollte (vgl. zum Ganzen beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , 93/15/0051, und vom , 2002/13/0037, mwN).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerin im Beschwerdefall durch die Versagung der geltend gemachten Teilwertabschreibung in ihren Rechten verletzt worden wäre.

Dass es sich bei der Anschaffung der in Rede stehenden Liegenschaft, deren betriebliche Notwendigkeit im Verwaltungsverfahren auch näher geschildert wurde, um eine Fehlmaßnahme gehandelt hätte, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Damit durfte die belangte Behörde aber davon ausgehen, dass die Anschaffungskosten dem Teilwert der erworbenen Liegenschaft entsprachen, in dem auch der Wert, den ein Wirtschaftsgut für den Betrieb hat, zum Ausdruck kommt, und den der Erwerber des ganzen Betriebes im Sinne der Erwerbsfiktion des § 6 Z 1 EStG 1988 auch für dieses Wirtschaftsgut ansetzen würde. Zutreffend weist im Übrigen auch die Beschwerde auf diesen Zusammenhangswert einzelner Wirtschaftsgüter im betrieblichen Gefüge hin, der aber auch bedingt, dass der Teilwert wesentlich vom Einzelveräußerungspreis (gemeinen Wert) oder Verkehrswert eines Wirtschaftsgutes abweichen kann. Aus einem lt. dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten vom entsprechend "der Lage auf dem Realitätenmarkt" als Verkehrswert (Marktwert) ausgewiesenen Sachwert der Liegenschaft lässt sich schon aus diesem Grund für die Teilwertermittlung nichts gewinnen, ohne dass darauf einzugehen ist, ob ein Gutachten, das ausdrücklich den Ertragswert außer Ansatz lässt, überhaupt für eine Verkehrswertermittlung tauglich sein könnte.

Zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag eingetretene Umstände, welche die Funktion bzw. Wertigkeit der gegenständlichen Liegenschaft, die auch (anders als in dem in der Beschwerde angesprochenen hg. Erkenntnis vom , 92/13/0096) als Betriebsgrundstück diente, für den Betrieb der Beschwerdeführerin verändert hätten, wurden nicht dargetan. Damit blieb aber für die begehrte Teilwertabschreibung insgesamt kein Raum.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am