VwGH vom 11.12.2012, 2011/05/0019

VwGH vom 11.12.2012, 2011/05/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der LW in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 49, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-340/10, betreffend Zurückweisung eines Bauansuchens (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Bauansuchen vom die baubehördliche Bewilligung für den Einbau eines Portals in eine Außenmauer auf der im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft Gst.Nr. 791/1, EZ. 793, KG M. Ihrem Ansuchen schloss die Beschwerdeführerin unter anderem ein Übereinkommen vom betreffend eine Nutzungsregelung zwischen der A. reg.Gen.m.b.H. und dem Rechtsvorgänger im Eigentumsanteil der Beschwerdeführerin bei.

Die Baubehörde erster Instanz forderte die Beschwerdeführerin mit Verfahrensanordnung vom unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG auf, die fehlende Zustimmung der Eigentümer der Liegenschaft sowie ein Gutachten, dass auf Grund der Geringfügigkeit des Bauvorhabens aus statischen Belangen keine Gefährdung des Lebens, der Gesundheit von Menschen oder des Eigentums gegeben ist, innerhalb einer Frist von 14 Tagen nachzureichen.

Mit Eingabe vom legte die Beschwerdeführerin neben dem geforderten Gutachten erneut das bereits dem Bauansuchen angeschlossene Übereinkommen vom vor und führte dazu aus, dass ihr das ausschließliche Nutzungsrecht an der Montagehalle, bezeichnet mit Werkstätte, Büro und Lager, sowie Werkstätte und Garage (Punkt A) der Nutzungsregelung) eingeräumt worden sei. Dieses Nutzungsrecht umfasse auch die Nutzungsvereinbarung, Bauwerke auf den entsprechenden Liegenschaftsanteilen zu errichten und zu demolieren, wobei "sowohl (die Beschwerdeführerin), als auch der Wohnungseigentumsorganisator feststellen, dass die Zustimmung zu derartigen Arbeiten bereits erteilt ist" (Punkt G) der Nutzungsregelung). Durch diese vertragliche Bindung, die der Wohnungseigentumsorganisator abgeschlossen habe und die für sämtliche folgende Wohnungseigentümer verbindlich sei, sei die Zustimmung der Wohnungseigentümer zu den gegenständlichen Bauarbeiten bereits gegeben und brauche nicht noch einmal nachgeholt werden. Darüber hinaus sei iSd § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) von einer Genehmigungsfreiheit auszugehen, da - wie dem Gutachten zu entnehmen sei - keine Gefährdung des Lebens, der Gesundheit und des Eigentums gegeben sei, keine Gebäudeteile sonstiger Wohnungseigentümer betroffen und die betreffenden Gebäudeteile im ausschließlichen Nutzungsrecht der Beschwerdeführerin gelegen seien. Weiters sei die Antragslegitimation als Vorfrage iSd § 38 AVG zu überprüfen.

Mit Bescheid vom wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, gemäß § 13 Abs. 3 AVG das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom zurück, da die Aufforderung zur Beibringung von Unterlagen vom zum Teil nicht befolgt worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der gemäß § 63 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien (BO) erforderliche "liquide" Nachweis der Zustimmung der Miteigentümer von der Beschwerdeführerin nicht erbracht worden sei. Der Verweis auf eine vertragliche Vereinbarung bzw. Verpflichtung - die vorgelegte Nutzungsvereinbarung vom - könne die nach der Bauordnung erforderliche Zustimmung nicht ersetzen. Die Formulierung "…die Vertragspartner (geben) bereits jetzt ihre Zustimmung zu derartigen Arbeiten…" in der Nutzungsvereinbarung enthalte lediglich die zivilrechtlich bedeutsame Zustimmung zu derartigen Baumaßnahmen, nicht jedoch die gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO notwendige Zustimmung zu einem Bauansuchen. Ob auf Grund dieses Vertrages die Zustimmung der Miteigentümer zu der Bauführung allenfalls in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden könnte, sei keine Vorfrage im Baubewilligungsverfahren. Das Erfordernis der Zustimmung der (Mit )Eigentümer im Baubewilligungsverfahren sei nicht nach dem Wohnungseigentumsgesetz - wie die Beschwerdeführerin vermeine -, sondern nach der Bauordnung zu beurteilen. Beim Wohnungseigentum sei - soweit nicht § 62 BO zur Anwendung gelange - die Zustimmung aller Miteigentümer notwendig. Auf die zivilrechtlichen Befugnisse der einzelnen Miteigentümer (bzw. darauf, ob es sich bei dem gegenständlichen Wohnungseigentumsobjekt um ein eigenes Gebäude auf der im Miteigentum stehenden Liegenschaft handle) komme es dabei nicht an. Vielmehr bedürfe das vorliegende Bauvorhaben als - von der Beschwerdeführerin ausdrücklich bestätigte - Verfügungsmaßnahme gemäß § 16 Abs. 2 WEG der Zustimmung aller Miteigentümer bzw. der Ersetzung der Zustimmung aller übrigen Miteigentümer im Außerstreitverfahren. Fehle die Zustimmung von Miteigentümern als Beleg des Bauansuchens, habe die Baubehörde mit der Erlassung eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen. Da dem Verbesserungsauftrag vom innerhalb der zum Nachreichen der fehlenden Einreichunterlagen - der Zustimmungserklärung der Miteigentümer - ausreichend eingeräumten Frist nicht entsprochen worden sei, sei das Bauansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe die Frage der Antragslegitimation nicht als Vorfrage iSd § 38 AVG geprüft. Durch die Nutzungsvereinbarung vom sei ihr das ausschließliche Nutzungsrecht an der Montagehalle eingeräumt worden, und die gegenständliche geringfügige Baumaßnahme betreffe ausschließlich diesen Wohnungseigentumsanteil. Bereits durch diese Nutzungsregelung seien ihr alleinige Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich der Gebäudeteile im zweiten Hof eingeräumt worden, welche durch die Nutzungsregelung noch dahingehend definiert seien, dass sie die Zustimmung sämtlicher anderer Grundeigentümer besitze, Bauwerke zu errichten und zu demolieren, falls den Bestimmungen der Bauordnung entsprochen werde. Somit liege auf Grund der vertraglichen Vereinbarung eine unangefochtene Antragslegitimation der Beschwerdeführerin allein für Bauvorhaben, die ihren Nutzungsanteil beträfen, vor. Neben dieser vertraglichen Vereinbarung hätte die belangte Behörde aber auch die Bestimmung des § 16 Abs. 2 WEG prüfen müssen. Es sei weder ein wie immer gearteter Nachteil für die sonstigen Wohnungseigentümer noch eine Beeinträchtigung ihrer Integrität gegeben, weshalb von Genehmigungsfreiheit auszugehen sei. Unzutreffend sei die Ansicht der belangten Behörde, wonach die Antragstellung nach der Bauordnung zu beurteilen sei, da zur Antragslegitimation als Vorfrage materiellrechtliche Bestimmungen des ABGB und des WEG heranzuziehen seien.

Nach den Beschwerdeausführungen ist strittig, ob die im Punkt G) der Nutzungsregelung vom enthaltene Formulierung ("Das unter A) und B) angeführte Benützungs- und Nutzungsrecht beinhaltet auch das Recht, Bauwerke auf den entsprechenden Liegenschaftsanteilen zu errichten und zu demolieren, wobei die Vertragspartner bereits jetzt ihre Zustimmung zu derartigen Arbeiten geben, falls sie den Bestimmungen der Bauordnung entsprechen.") als Zustimmung des Grundeigentümers im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c BO zu beurteilen ist.

Gemäß dieser Gesetzesstelle hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist. Diese Zustimmung muss "liquid" im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung gegeben sein. Ein liquider Nachweis liegt nur dann vor, wenn es keinesfalls fraglich sein kann, ob die Zustimmung erteilt wurde (vgl. dazu die Nachweise zur Judikatur bei Moritz , Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 176).

Die sachliche Rechtfertigung für das Erfordernis der Zustimmung liegt unter anderem darin, dass eine Baubewilligung, eine Bauführung und der dann gegebene Baubestand regelmäßig auch baurechtliche Pflichten nach sich ziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0207).

Das Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren, es bezieht sich somit immer nur auf ein konkretes, in den Einreichunterlagen definiertes Bauvorhaben (vgl. Moritz , aaO, S. 197). Somit ist immer nur ein konkretes Projekt gegenständlich, auch im Hinblick auf die zuvor angesprochenen, damit allenfalls verbundenen Verpflichtungen. Folglich muss sich die baurechtlich notwendige Eigentümerzustimmung aus baurechtlicher Sicht auch auf ein konkretes Bauprojekt beziehen. Die Eigentümerzustimmung kann zwar durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden, jedoch auch diese muss das konkrete Projekt betreffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/05/0145).

Ausgehend davon ist die belangte Behörde mit Recht davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall die nach § 63 Abs. 1 lit. c BO geforderte Zustimmung des Grundeigentümers zum konkreten Bauansuchen der Beschwerdeführerin nicht vorliegt, weil ein "liquider" Nachweis einer derartigen Zustimmung nicht erbracht worden ist und die Formulierung im Punkt G) der Nutzungsregelung zwar die zivilrechtlich bedeutsame "Zustimmung zu derartigen Arbeiten…, falls sie den Bestimmungen der Bauordnung entsprechen" enthält, aber nicht als die im Sinne der baurechtlichen Regelung notwendige Zustimmung zu einem - bestimmten - Bauansuchen gewertet werden kann. Der Hinweis auf eine vertragliche Vereinbarung mit den Grundeigentümern kann diese nach der Bauordnung erforderliche Zustimmung nicht ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0034, mwN). Ob die Zustimmung der Miteigentümer zu der gegenständlichen Bauführung allenfalls in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden kann, hatte die belangte Behörde nicht, auch nicht als Vorfrage zu prüfen (vgl. die Nachweise bei Moritz , aaO, S. 177).

Auch für Ansuchen um Baubewilligung auf einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft ist vom Bauwerber die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer gemäß § 63 Abs. 1 lit. c BO anzuschließen, die allerdings gegebenenfalls nach den Regeln des WEG ersetzt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0105), wobei sich jedoch auch das, entsprechend den obigen Darlegungen, auf das konkrete Bauprojekt beziehen muss.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am