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VwGH vom 27.01.2009, 2006/13/0097

VwGH vom 27.01.2009, 2006/13/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der P N in W, vertreten durch Schuppich, Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Falkestraße 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1773-W/04, betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für 1999 bis 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.286,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer bei der A AG über die Jahre 1993 bis 1995 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung hielten die Prüfer in ihrem Bericht vom fest, dass die A AG ab dem Jahr 1992 auf dem Grundstück in W, S-weg 57, welches dem R. N. gehöre, ein Gebäude errichtet habe, das im Prüfungszeitraum von R. N. zu Wohnzwecken genutzt werde. Ab dem Jahr 1993 habe die A AG auf dem der B. N., der Mutter des R. N., gehörigen Grundstück in W, S-weg 55, ein weiteres Gebäude errichtet, welches seit 1995 vom Ehepaar H. N. und B. N. zu Wohnzwecken genutzt werde. Da Verträge über die Einräumung eines Superädifikates in schriftlicher Form nicht vorlägen, betrachteten die Prüfer R. N. und B. N. jeweils als wirtschaftliche Eigentümer des auf ihrem jeweiligen Grundstück errichteten Gebäudes. Die Prüfer gingen davon aus, dass die Errichtung der Gebäude auf einem Grundstück, dessen jeweiliger Eigentümer dem H. N. nahe stünde, ausschließlich im privaten Interesse des H. N. erfolgt sei und daher dem H. N. zugerechnet werde. Über die Muttergesellschaft, eine A Holding AG, und die beschwerdeführende Privatstiftung (im Folgenden: Beschwerdeführerin) als Großmuttergesellschaft bestünde ein Durchgriffsrecht auf H. N. Daher schieden die Prüfer die Anschaffungskosten der Gebäude aus den Aktiven der A AG aus, weil die Errichtung der beiden Gebäude als verdeckte Ausschüttung qualifiziert werde, die dem H. N. zuzurechnen sei.

Gegen die insoweit den Prüfern offenbar folgenden Bescheide über die Festsetzung der Körperschaftsteuer für 1993 bis 1995 und die Haftung für Kapitalertragsteuer betreffend die Jahre 1993 bis 1995 (die den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten sind) erhob die A AG mit Schriftsatz vom Berufung, welche sie mit Schriftsatz vom hinsichtlich der Körperschaftsteuer für 1993 und 1994 sowie hinsichtlich der Kapitalertragsteuer zurücknahm.

Mit Kaufverträgen vom verkaufte die A AG die den Kaufverträgen zufolge in ihrem Eigentum stehenden Einfamilienhäuser (Superädifikate) auf den Liegenschaften W, Sweg 55, und W, S-weg 57, der Beschwerdeführerin.

Mit einer am beim Finanzamt eingelangten "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" samt "Steuerbeilage 1 fuer 1998" gab die Beschwerdeführerin bekannt, die genannten Einfamilienhäuser ab der B. N. (das Haus in W, Sweg 55) und dem R. N. (das Haus in W, S-weg 57) kostenlos zur Verfügung gestellt zu haben. Die "Mietwerte" für beide Gebäude für 1998 und für 1999 betrügen 516.000 S jährlich, woraus sich eine Nettozuwendung von 1.032.000 S, zuzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer von 344.000 S, somit eine Gesamtzuwendung von 1.376.000 S ergebe.

Mit einer am beim Finanzamt eingelangten "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" samt "Steuerbeilage 1 fuer 1999" wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Mitteilung, die Gebäude ab der B. N. und dem R. N. zur Verfügung gestellt zu haben. Die "Mietwerte" für die Gebäude für 2000 und somit eine Nettozuwendung machten 516.000 S aus, woraus sich zuzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer von 172.000 S, eine Gesamtzuwendung von 688.000 S ergebe.

Mit einer am beim Finanzamt eingelangten "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" samt "Steuerbeilage 1 fuer 2001" wiederholte die Beschwerdeführerin abermals ihre Mitteilung, die Gebäude ab der B. N. und dem R. N. zur Verfügung gestellt zu haben. Die "Mietwerte" für die Gebäude für "2000" und somit eine Nettozuwendung machten 516.000 S aus, woraus sich zuzüglich der darauf entfallenden Kapitalertragsteuer von 172.000 S, eine Gesamtzuwendung von 688.000 S ergebe.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin, für die Jahre 1999 bis 2001 einen Bescheid über die Kapitalertragsteuer zu erlassen und damit entgegen der Selbstberechnung die Kapitalertragsteuer mit 0 festzusetzen. Das Finanzamt habe im Jahr 1997 auf Grund der erwähnten abgabenbehördlichen Prüfung bei der A AG die Errichtung der in Rede stehenden Häuser als verdeckte Ausschüttung an H. N. diesem zugerechnet. Da mit Schriftsatz vom die Berufung gegen die diese verdeckte Ausschüttung zugrunde legenden Abgabenbescheide zurückgenommen worden sei, seien die Feststellungen über die Zurechnung der Häuser an H. N. rechtskräftig geworden. Damit sei die Beschwerdeführerin zivilrechtliche Eigentümerin, H. N. jedoch steuerlicher Eigentümer der in Rede stehenden Gebäude, "da im Rahmen der verdeckten Ausschüttung alle Steuern, einschließlich der Kapitalertragsteuer, abgeführt worden" seien. Die Selbstberechnung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 1999 bis 2001 habe sich damit als nicht richtig erwiesen, weil für den selben Sachverhalt nicht doppelt Kapitalertragsteuer entrichtet werden könne.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin vom ab. Die Beschwerdeführerin habe die von der A AG errichteten Einfamilienhäuser mit Kaufvertrag vom erworben und sei auch grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaften. Die Liegenschaften seien den Begünstigten am zur Verfügung gestellt worden. Der Mietwert für diese Liegenschaften stelle daher eine Zuwendung an die Begünstigten dar, weshalb die Abfuhr der Kapitalertragsteuer dem Grund und der Höhe nach zu Recht erfolgt sei.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr Vorbringen im Antrag vom .

Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde den Bescheid des Finanzamtes vom auf, weil im Spruch des aufgehobenen Bescheides die Angaben über die Höhe der Abgaben und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) nicht enthalten gewesen seien.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt darauf hin die Kapitalertragsteuer für die Streitjahre - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 2,752.000 S - mit 688.000 S 49.998,91 EUR) fest.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom mit der Begründung, zur Erhebung einer Kapitalertragsteuer müsse dem Begünstigten ein steuerlich der Beschwerdeführerin zurechenbarer Vermögenswert zugehen. Da die in Rede stehenden Häuser von den Finanzbehörden der außerbetrieblichen Sphäre zugerechnet und als nicht für das Unternehmen angeschafft angesehen worden seien, seien die Gebäude steuerlich in das Eigentum der "Machthaber der Gesellschaft", also in das Eigentum der Familie N. übergegangen. Für jene zivilrechtliche Vermögenswertübertragung könne keine Kapitalertragsteuer anfallen. Wenn die Beschwerdeführerin nach der Rechtsansicht der Behörde für die Benutzung eine jährliche Kapitalertragsteuer und bei der Zuwendung des Gebäudes eine vom Marktwert des Gebäudes berechnete Kapitalertragsteuer zu entrichten habe, komme es zu einer steuerlichen Doppelerfassung desselben Vermögenswertes mit Ertragsteuern.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid des Finanzamtes vom und sprach aus:

"Die Bemessungsgrundlagen für die Kapitalertragsteuer beträgt für die Jahre 1999, 2000 und 2001 jeweils S 688.000,00 (EUR 49.998,91) und somit insgesamt S 2,064.000,00 (EUR 149.996,73).

Die Kapitalertragsteuer (25 %) beträgt für die Jahre 1999, 2000 und 2001 jeweils S 172.000 (EUR 12.499,73) und somit insgesamt S 516.000,00 (EUR 37.499,18)."

Dem erwähnten Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung bei der A AG sei zu entnehmen, dass die Tatsache der ausschließlich privaten Nutzung der Gebäude ausschlaggebend für das Ausscheiden dieser Wirtschaftsgüter aus dem steuerlichen Betriebsvermögen (der A AG) gewesen sei und die Beurteilung der von der A AG in den Jahren 1992 bis 1995 aufgewendeten Errichtungskosten als verdeckte Ausschüttungen an H. N., den Präsidenten des Aufsichtsrates, damit die entsprechenden steuerlichen Konsequenzen bewirkt habe. Die nicht dem steuerlichen Betriebsvermögen der A AG zugehörenden Gebäude seien von dieser als Eigentümerin mit den Kaufverträgen vom an die Beschwerdeführerin verkauft worden. Durch diese Kaufvorgänge habe die Beschwerdeführerin uneingeschränktes Eigentum an den Gebäuden und somit die Befugnis erlangt, mit der Substanz und den Nutzungen der Sachen nach Willkür zu schalten und jeden anderen davon auszuschließen.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei zwar zivilrechtliche Eigentümerin, nicht aber "steuerliche" Eigentümerin der in Rede stehenden Gebäude, halte die belangte Behörde entgegen, dass der wirtschaftliche Eigentümer im Falle eines Auseinanderfallens von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, das heißt auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen könne. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzungsberechtigten der in Rede stehenden Gebäude (B. N. und R. N.) oder H. N. die genannten Voraussetzungen für die Annahme von deren wirtschaftlichem Eigentum an diesen Gebäuden erfüllt hätten. Daher könne nicht von einem Auseinanderfallen des zivilrechtlichen und des wirtschaftlichen Eigentums an den Gebäuden ausgegangen werden. Deshalb hege die belangte Behörde keine Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin durch die Kaufverträge vom von der A AG sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum an den Gebäuden übertragen erhalten habe.

Soweit die Beschwerdeführerin die Feststellungen der bei der A AG durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung angesprochen habe, halte die belangte Behörde fest, dass das Ausscheiden der Gebäude aus dem Betriebsvermögen der A AG nicht das Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum und den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an die Nutzungsberechtigten (wie die Prüfer argumentiert hätten) oder an H. N. (wie die Beschwerdeführerin argumentiere) habe bewirken können. Durch die Zurechnung der sich aus der Beurteilung der Prüfer ergebenden verdeckten Ausschüttung an H. N. sei dieser nicht in die Rechtsposition eines wirtschaftlichen Eigentümers versetzt worden.

Indem die Beschwerdeführerin als zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin der Gebäude diese der B. N. und dem R. N. zur Verfügung gestellt habe, seien von ihr Zuwendungen an diese Stiftungsbegünstigten getätigt worden. Die Selbstberechnung und Abfuhr der sich aus diesen Zuwendungen ergebenden Kapitalertragsteuer für die Jahre 1999, 2000 und 2001 habe sich als richtig erwiesen, weshalb die mit dem bekämpften Bescheid vorgenommene Festsetzung der Kapitalertragsteuer dem Grunde nach zu Recht erfolgt sei.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Kapitalertragsteuer seien allerdings (im bekämpften Bescheid) unrichtig, weil sie vier Abgabenerhebungszeiträume umfassten. Diesbezüglich werde eine "Richtigstellung im Spruch dieser Berufungsentscheidung vorgenommen".

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 1083/05-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 96 Abs. 1 EStG 1988 ist die Kapitalertragsteuer innerhalb näher angeführter Zeiträume abzuführen. Die Abfuhr hat nach § 96 Abs. 2 leg. cit. von dem nach § 95 Abs. 3 leg. cit. zum Abzug Verpflichteten zu erfolgen, der nach § 96 Abs. 3 EStG 1988 auch eine Anmeldung einzureichen hat. Der zum Abzug Verpflichtete haftet nach § 95 Abs. 2 leg. cit. für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß § 201 BAO in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch das Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz - AbgRmRefG -, BGBl. I Nr. 97/2002, war ein Abgabenbescheid, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zuließen, nur dann zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet war, unterließ oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erwies.

Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 leg. cit. sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.

Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid, dessen Spruch den bekämpften Bescheid des Finanzamtes geändert hat, die Bemessungsgrundlagen und die Beträge an Kapitalertragsteuer für die Streitjahre 1999, 2000 und 2001 in der selben Höhe angeführt wie die Beschwerdeführerin in ihren "Kapitalertragsteuer-Anmeldungen" für diese Jahre. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diesem Spruch die normative Bedeutung einer Abgabenfestsetzung (iSd § 201 BAO) oder lediglich einer Feststellung (§ 92 BAO) zukommt.

Ein Bescheid nach § 201 BAO über die Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe hätte nur dann zu ergehen gehabt, wenn die Behörde von der eingereichten Erklärung (Kapitalertragsteuer-Anmeldung) abgewichen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0236). Gelangte die belangte Behörde zur Annahme, dass die Kapitalertragsteuer in der von der Beschwerdeführerin in der Kapitalertragsteuer-Anmeldung bekannt gegebenen Höhe entstanden ist und von der Beschwerdeführerin abzuführen war, hätte sie den Antrag der Beschwerdeführerin auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer im Instanzenzug als unbegründet abweisen müssen - wie das Finanzamt im von der belangten Behörde mit deren Bescheid vom insoweit verfehlt aufgehobenen Bescheid vom im Übrigen richtig erkannt hatte - (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0097).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am