VwGH vom 28.09.2011, 2006/13/0064
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der P AG in Abwicklung in W, vertreten durch Schneider's Rechtsanwalts-KG in 1170 Wien, Hormayrgasse 7A, Top 18, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1332- W/2005, betreffend Umsatzsteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Aktiengesellschaft, deren Betriebsgegenstand die Erbringung von Softwaredienstleistungen war, machte für das Jahr 2000 Vorsteuern aus einer Eingangsrechnung der Y AG vom geltend. In Bezug auf Leistung und Entgelt umschrieb die Rechnung das "Produkt" mit "5 Stk." "Festlizenzgebühr für 'Ares Finance', Basislizenz lt. Vertrag vom " zum Preis von EUR 1,500.000,-- zuzüglich EUR 300.000,-- USt. Als "Zahlungskondition" nannte die Rechnung "zahlbar bis ".
Der Vertrag war eine mit "Punktation" überschriebene Urkunde, die abgesehen von der Bezeichnung der Vertragspartner und für die Entscheidung nicht wesentlichen Schlussbestimmungen folgenden Wortlaut hatte:
"§ 1 Ziel und Gegenstand der Vereinbarung
Y hat eine Software entwickelt, welche eine umfassende und revolutionierende Internet Softwarelösung für Groß-, Mittel-, Kleinunternehmen, Handelsunternehmungen bzw. Verteilerorganisationen u.dgl. darstellt, geschaffen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte 'Internet Finance Lösung', welche in Hinkunft von Y neben anderen ASP Lösungen der ARES Produktfamilie unter dem Namen 'ARES Finance' vermarktet werden wird.
Y räumt (der Beschwerdeführerin) im Hinblick auf 'ARES Finance' ein nicht ausschließliches, nicht übertragbares und auf die im Punkt 2.1. festgehaltenen Anzahl von Masterlizenzen beschränktes Vertriebsrecht im Bundesgebiet Österreich ein, wobei (die Beschwerdeführerin) den 'ARES Finance'-Kunden gegenüber als 'Implementierungspartner' auftreten kann. Sämtliche Rechte an der Software verbleiben bei Y. Die genaue Ausgestaltung ist einem entsprechenden Lizenzvertrag vorbehalten, dessen Ausarbeitung umgehend in Angriff genommen wird.
§ 2 Entgelt
Als Festlizenzgebühr für 5 'ARES Finance' Basislizenzen wird ein Gesamtbetrag von EUR 1,5 Mio (exkl. USt) einvernehmlich festgelegt."
Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug auf Grund eines Betriebsprüfungsberichtes, in dem im Wesentlichen die Ansicht vertreten wurde, das Produkt habe noch nicht in gebrauchs- und veräußerungsfähiger Form existiert, die Schriftstücke hätten nur der "Umsatzgenerierung" im Verhältnis zwischen der mittlerweile insolventen Y AG und der Beschwerdeführerin als einer ihrer Tochtergesellschaften gedient und der Rechnung sei keine entsprechende Leistung gegenüber gestanden. Zur Punktation wurde auch ausgeführt, sie sei nur von Vertretern der Y AG und nicht für die Beschwerdeführerin unterfertigt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin u.a. aus, ein Vertriebsrecht könne auch schon vor der endgültigen Fertigstellung eines Produktes eingeräumt werden. Zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Punktation für die Beschwerdeführerin habe es, wie in einer Anfragebeantwortung gegenüber dem Bundeskriminalamt dokumentiert, konkrete Interessenten gegeben. "Mangels anderer Regelungen" in der schriftlichen Vereinbarung sei "das Vertriebsrecht mit Unterzeichnung des Vertrages durch beide Vertragsparteien rechtswirksam eingeräumt" worden. Die vereinbarte Leistung sei somit am erbracht worden. Entgegen den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichtes sei nämlich die Punktation vom sehr wohl auch von einem Vertreter der Berufungswerberin unterzeichnet worden, und zwar am . Zwar sei das Datum der Unterschrift nicht gesondert beigefügt worden, allerdings sei es durch die Kopfzeile des Sendeberichtes einer vorgelegten Faxkopie des diese Unterschrift aufweisenden Vertrages nachgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie ging auf die Frage, ob das Produkt existiert habe und der Vertrag durchgeführt worden sei, nicht ein und verneinte das Vorliegen der in § 11 Abs. 1 Z 3 und 4 UStG 1994 normierten Voraussetzungen für eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung. Auch bei Einbeziehung der Vertragsurkunde, auf die in der Rechnung verwiesen werde, sei einerseits Art und Umfang der Leistung nicht ausreichend bezeichnet (§ 11 Abs. 1 Z 3 UStG 1994) und andererseits der Zeitraum, auf den sich die Leistung erstrecke, nicht angeführt (§ 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei durch die Begründung, mit der die belangte Behörde die Berufung abgewiesen habe, überrascht und daran gehindert worden, darauf hinzuweisen, "dass die Rechnung als solche nicht allein entscheidend ist, sondern dass die Rechnung im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom beurteilt werden muss".
Diese Verfahrensrüge verfehlt ihr Ziel schon deshalb, weil die belangte Behörde die Vertragsurkunde in ihre Beurteilung einbezogen hat (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0315).
Ob die belangte Behörde mit Recht angenommen hat, Art und Umfang der Leistung seien nicht ausreichend bestimmt bezeichnet gewesen, bedarf keiner Überprüfung. Der Rechnung fehlt auch in Verbindung mit dem Vertrag (§ 11 Abs. 2 dritter Satz UStG 1994) jedenfalls die in § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 geforderte Angabe des Tages der Lieferung oder der sonstigen Leistung, des Zeitraumes, über den sich die sonstige Leistung erstreckt, oder - in bestimmten Fällen - eines Abrechnungszeitraumes. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Rechnung, die auch unter Einbeziehung von anderen Belegen, auf die in ihr hingewiesen wird, keine solche Angabe enthält, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Gesetz begnügt sich nicht mit Angaben, aus denen bloß im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnung gestellte Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt erbracht hat (vgl. das schon zitierte und zuletzt etwa auch das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0091, m.w.N.). Im vorliegenden Fall ist der Punktation, die keine Aussage über den Vertragsbeginn enthält und die "genaue Ausgestaltung" des Vertrages noch "einem entsprechenden Lizenzvertrag" vorbehält, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht entnehmbar, dass das Vertriebsrecht schon mit dem Zeitpunkt der Gegenzeichnung der Punktation eingeräumt werde. Wenn dieser Zeitpunkt darüber hinaus auch nur insoweit bestimmbar ist, als von einer gegengezeichneten Ausfertigung des Vertrages eine datierte Faxkopie existiert, dann kann von einer den Erfordernissen des § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 entsprechenden Rechnung insgesamt nicht die Rede sein.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Kostenersatz für die Aktenvorlage ist nicht beantragt worden, sodass ein Ausspruch über den Aufwandersatz unterbleiben kann.
Wien, am