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VwGH vom 28.09.2011, 2006/13/0057

VwGH vom 28.09.2011, 2006/13/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des K in K, vertreten durch Bollmann Bollmann, Rechtsanwaltspartnerschaft in 1010 Wien, Weihburggasse 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/4069-W/02, betreffend u. a. Einkommen- und Umsatzsteuer 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (Einkommen-und Umsatzsteuer 1997 bis 1999) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt nach den Feststellungen der belangten Behörde ein Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand Transport, Deichgräberei, Großhandel mit Waren aller Art sowie Installation von Gas-, Wasser-, Heizungs- und sanitären Anlagen.

Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 1997 und 1998 wurden zunächst erklärungsgemäß festgesetzt. Für das Jahr 1999 erfolgte wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen eine Schätzung, wogegen der Beschwerdeführer unter Nachreichung der Erklärungen Berufung erhob. Eine in der Folge durchgeführte Prüfung der Aufzeichnungen des Beschwerdeführers führte zur Wiederaufnahme der die Jahre 1997 und 1998 betreffenden Verfahren mit Erlassung neuer Sachbescheide sowie zu einer Berufungsvorentscheidung betreffend das Jahr 1999. Der Beschwerdeführer bekämpfte die Wiederaufnahmen sowie die neuen Sachbescheide hinsichtlich der Jahre 1997 und 1998 mit Berufung und beantragte die Vorlage seiner das Jahr 1999 betreffenden Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid, der auch einen die Umsatzsteuer 2000 betreffenden Ausspruch enthält, wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Wiederaufnahmen ab. Den Berufungen gegen die Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 gab sie nicht oder nur teilweise Folge.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidungen der belangten Behörde über die Einkommen- und Umsatzsteuer 1997 bis 1999. Strittig ist nur die Beibehaltung des den gesamten Umsatz und Gewinn des Beschwerdeführers in den drei Streitjahren betreffenden Sicherheitszuschlages in der Höhe von 5 % durch die belangte Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im Bericht der Prüferin vom und in ihrer Stellungnahme im Berufungsverfahren wurde der strittige Sicherheitszuschlag auf eine Mehrzahl von Gründen gestützt, denen der Beschwerdeführer jeweils entgegentrat. In den Erwägungen der belangten Behörde stützt sich die Beibehaltung des Sicherheitszuschlages nur mehr auf zwei konkret angeführte Gründe. Im Anschluss an allgemeine Rechtsausführungen (Seite 25 letzter Absatz bis Seite 28 zweiter Absatz des angefochtenen Bescheides) wird zunächst dargelegt, der Beschwerdeführer habe in den drei Streitjahren kein Wareneingangsbuch geführt, woraus sich die Schätzungsberechtigung ergeben habe. Als Schätzungsmethode komme auch ein Sicherheitszuschlag in Betracht, wobei die belangte Behörde "die Anwendung eines Sicherheitszuschlages im gegebenen Anlassfall schlüssig" finde. Nach nochmaliger Erwähnung des Fehlens eines Wareneingangsbuches, das der Beschwerdeführer in der Berufung selbst zugestanden habe, wird hinzugefügt, er habe auch zugegeben, einen das Jahr 1997 betreffenden Bankeingang über drei Rechnungen weder der Umsatzsteuer unterworfen noch als Einnahme verbucht zu haben. Dieser Fehler der Aufzeichnungen "in Verbindung mit den übrigen Ausführungen des Bw. im Rahmen des Betriebsprüfungs- und Berufungsverfahren, insbesondere das in der Gegenäußerung des Bw. enthaltene Zugeständnis des Bw., keine Wareneingangsbücher in den Jahren 1997 bis 1999 geführt zu haben," und in Verbindung mit den in der Berufungsverhandlung stattdessen vorgelegten Belegsammlungen habe Anlass zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen gegeben und die Behörde zur Schätzung der Abgabenbemessungsgrundlagen berechtigt. Da das Fehlen eines Wareneingangsbuches und die Mangelhaftigkeit der Aufzeichnungen es fragwürdig erscheinen ließen, ob der Beschwerdeführer alle seine Einnahmen steuerlich erfasst habe, sei ein Sicherheitszuschlag berechtigt gewesen (Seite 28 unten bis 30 oben des angefochtenen Bescheides).

Dem folgen Ausführungen, in denen dem Beschwerdeführer vorgehalten wird, er habe sich auf gesundheitlich zum Teil beeinträchtigte Hilfspersonen verlassen, statt einen Steuerberater zu beauftragen, für das Jahr 1999 zunächst keine Erklärungen vorgelegt und dergleichen mehr. Wenn er die daraus resultierenden Fragen im Betriebsprüfungsverfahren "nicht durch eine lückenlose Beweisführung zu beantworten vermocht" habe, so habe er das damit verbundene steuerliche Risiko selbst zu tragen (Seite 30 des Bescheides).

Schließlich wird noch dargelegt, die vorgelegte Belegsammlung könne das Wareneingangsbuch nicht ersetzen, auch wenn sie dem Beschwerdeführer "für den Erhalt der für die Führung des Einzelunternehmens erforderlichen Übersicht zweifellos zweckdienlich" sei, wodurch die Verletzung der gesetzlichen Pflicht zur Führung des Wareneingangsbuches nicht gerechtfertigt werde. Sei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent, so könne "der Bp bei diesem Verhalten des Bw. nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Umfang der nicht ermittelten Umsätze in Höhe von (nur) 5 % der festgestellten Umsätze angenommen hatte".

Aufgrund dieser Ausführungen seien die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Sicherheitszuschlag "dem Grunde und der Höhe nach samt all die übrigen Vorbringen des Bw." zu diesem Thema unbegründet (Seite 30 unten und 31 oben des angefochtenen Bescheides).

Gegenüber dieser Begründung für die Beibehaltung des Sicherheitszuschlages verweist der Beschwerdeführer, soweit es das Wareneingangsbuch betrifft, auf sein schon im Verfahren vor der belangten Behörde erstattetes Vorbringen, wonach er "insbesondere ein Transportgewerbe" betreibe, das seine "Haupteinnahmequelle" sei, er als Händler nur "geringe Erlöse mit Materialverkäufen" gehabt habe, eine "zusätzliche Aufstellung der eingekauften Waren bei dem geringen Geschäftsumfang" unterblieben sei und die eingekauften Waren "aus den wenigen Einkaufsrechnungen" jederzeit ermittelbar gewesen seien. Daran anknüpfend macht er in der Beschwerde geltend, ein Vorliegen der Voraussetzungen für einen Sicherheitszuschlag beim Wareneinkauf berechtigte nicht zur Verhängung eines solchen vom gesamten Umsatz seines Unternehmens, in dem die Transporttätigkeit den Installationshandel bei Weitem überwiege.

In Bezug auf den, wie der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren einräumte, im Jahr 1997 irrtümlich nicht verbuchten Bankeingang macht er in der Beschwerde, wie schon im Berufungsverfahren, geltend, daraus könne sich keine Begründung für die Verhängung von Sicherheitszuschlägen für die Folgejahre ergeben.

Mit diesen Argumenten ist der Beschwerdeführer im Recht, weil der Sicherheitszuschlag als Schätzungsmethode sachlich und zeitlich in einer Beziehung zu den Aufzeichnungsmängeln stehen muss, auf die er sich gründet (vgl. dazu Ritz, BAO3, § 184 Tz 9, und das dort zitierte hg. Erkenntnis vom , 2003/16/0024; zur zeitlichen Abgrenzung zuletzt etwa auch das Erkenntnis vom , 2007/13/0034). Diesem Erfordernis trägt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht Rechnung, wenn ein undifferenziert die gesamten Umsätze und Gewinne des gesamten Streitzeitraums erfassender Sicherheitszuschlag auf Mängel in den Aufzeichnungen gestützt wird, die einerseits (Wareneingangsbuch) nicht das Hauptgeschäft des Beschwerdeführers und andererseits (unterbliebene Erfassung eines Zahlungseingangs) nur eines der drei Streitjahre betreffen. Wenn die Gegenschrift demgegenüber nun Sachverhaltsmomente ins Treffen führt, mit denen die Aufrechterhaltung des Sicherheitszuschlages im angefochtenen Bescheid nicht begründet wurde, so kommt dies einerseits zu spät, um den Begründungsmangel auszugleichen, und fehlt andererseits auch ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen den jetzt angeführten "Programmfehlern und Stromausfällen" in der Buchhaltung des Beschwerdeführers, die bis zum Jahr 2000 bestanden hätten, und der Höhe des verhängten Sicherheitszuschlages.

Der angefochtene Bescheid war in seinen angefochtenen Teilen daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 49 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am