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VwGH 29.04.2019, Ra 2019/16/0087

VwGH 29.04.2019, Ra 2019/16/0087

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
32013R0952 ZK 2013 Art220 Abs2 litb
62014CJ0007 Wünsche Handelsgesellschaft International / Kommission
RS 1
Nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK wird von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben abgesehen, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. etwa C-7/14P, Wünsche Handelsgesellschaft International mbH Co KG, Rn. 55), nämlich, die Nichterfassung (der Einfuhrabgaben) muss auf einem Irrtum der Zollbehörden beruhen, es muss sich dabei um einen Irrtum handeln, der von einem gutgläubig handelnden Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte, und der Abgabenschuldner muss alle geltenden Vorschriften über seine Zollanmeldung eingehalten haben.
Normen
32013R0952 ZK 2013 Art220 Abs2 litb
32013R0952 ZK 2013 Art239 Abs1
62014CJ0007 Wünsche Handelsgesellschaft International / Kommission
RS 2
Art. 239 ZK ist mit Art. 220 ZK nicht deckungsgleich. Zwar sind manche Voraussetzungen für die Anwendung dieser Artikel, bei Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK das Fehlen offensichtlicher Fahrlässigkeit des Betroffenen und bei Art. 220 Abs. 2 Buchstabe

b) ZK das Fehlen eines Irrtums der Zollbehörden, der vom Abgabenschuldner erkannt werden konnte, in gleicher Weise auszulegen (vgl. C-7/14P, Wünsche Handelsgesellschaft International mbH Co KG, Rn. 77). Doch sind die (übrigen) Voraussetzungen eines Erlasses oder einer Erstattung nach Art. 239 Abs. 1 ZK weiter als diejenigen eines Absehens von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung.
Normen
32013R0952 ZK 2013 Art220 Abs2 litb
32013R0952 ZK 2013 Art239
RS 3
Wird ein Antrag nach Art. 239 ZK ausschließlich auf einen vom Wirtschaftsbeteiligten nicht erkennbaren Irrtum der Zollbehörden gestützt, kann damit nicht mehr erreicht werden, als mit Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK zu erreichen wäre (vgl. etwa ).
Normen
32013R0952 ZK 2013 Art220
32013R0952 ZK 2013 Art239
62007CJ0375 Heuschen and Schrouff Oriental Foods Trading VORAB
RS 4
Der EuGH hat ausdrücklich ausgesprochen, dass bei einer Entscheidung eines bestimmten Falles im Rahmen des Art. 239 ZK (dort durch die Kommission) diese nicht durch die frühere Entscheidung (dort eines nationalen Gerichtes) über die Voraussetzung für die Anwendung des Art. 220 ZK auf diesen Fall gebunden ist (vgl. , Heuschen und Schrouff Oriental Foods Trading BV, Rn. 69).

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ra 2019/16/0095 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache des Zollamtes Feldkirch Wolfurt, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1200002/2015, betreffend Erlass von Einfuhrabgaben und Abgabenerhöhung (mitbeteiligte Partei: G W GmbH in L, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom teilte das Zollamt Feldkirch Wolfurt der mitbeteiligten Gesellschaft m.b.H. (Mitbeteiligten) die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Einfuhrabgaben in näher angeführter Höhe mit und setzte eine Abgabenerhöhung in näher angeführter Höhe fest. Die gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) Zollkodex entstandenen Einfuhrabgaben seien mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag buchmäßig erfasst worden.

2 Die Mitbeteiligte sei indirekte Vertreterin der jeweiligen Warenempfänger gewesen. Im Zeitraum vom bis zum seien mit in Anlagen zum Bescheid angeführten "CRN" Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden, wobei in den Einfuhranmeldungen jeweils eine unrichtige Warennummer erklärt worden sei.

3 Die Waren seien nicht unter die erklärte Warennummer 8431 49 80 00, wonach sie zollfrei wären, sondern unter die Warennummer 8412 29 81 90 mit einer Zollbelastung von 4,2 % einzureihen.

4 Der dagegen erhobenen Berufung gab das Zollamt mit Berufungsvorentscheidung vom insoweit statt, als es die in Rede stehenden Waren unter die Warennummer 8412 21 80 90 mit einem Zollsatz von 2,7 % einreihte und dementsprechend die nachträglich buchmäßig erfassten Einfuhrabgaben neu berechnete und die Abgabenerhöhung verringerte. 5 Der dagegen mit Schriftsatz vom erhobenen Beschwerde an den (damaligen) unabhängigen Finanzsenat gab das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG zur Weiterführung des Verfahrens zuständige Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom statt und hob den bekämpften Bescheid des Zollamtes vom (ersatzlos) auf.

6 Aufgrund einer vom Zollamt dagegen erhobenen außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0103, das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Das Bundesfinanzgericht habe zwar einen Irrtum der Zollbehörde angenommen, auf den sich die Mitbeteiligte zur Ausnahme von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) Zollkodex berufen habe, doch sei zumindest in zwei Anmeldungen lediglich der gesetzliche Text der Position der in Feld 33 (fälschlich) angegebenen KN-Position angeführt gewesen sei und somit keine handelsübliche Bezeichnung der Ware in Feld 31 angegeben sei, womit der Vorschrift des Art. 212 der Zollkodex-Durchführungsverordnung iVm Anhang 37 ZK-DVO nicht entsprochen worden sei. Damit fehle es an einer der drei kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung. Das Bundesfinanzgericht hätte sich vor Zubilligung der Vertrauensschutzregelung des Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) Zollkodex mit der vom Zollamt im Verfahren erhobenen Behauptung auseinandersetzen müssen, dass diese Voraussetzung nicht in allen Fällen gegeben gewesen sei. 7 Das Bundesfinanzgericht stellte daraufhin mit Beschluss vom das Beschwerdeverfahren ein, weil die Mitbeteiligte mit Eingabe vom erklärt habe, ihren Vorlageantrag (vormals Beschwerde) vom zurückzuziehen, weshalb dieser Vorlageantrag als gegenstandslos zu erklären sei. 8 Während des Rechtsmittelverfahrens betreffend die nachträgliche buchmäßige Erfassung hatte die Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgaben und der Abgabenerhöhung gestellt, welche mit dem erwähnten Bescheid des Zollamtes vom vorgeschrieben und bereits entrichtet worden seien. Mit Schriftsatz vom hatte die Mitbeteiligte präzisiert, dass lediglich ein Teil der in Rede stehenden Abgaben entrichtet worden seien.

9 Das Zollamt hatte dem Erlass- und Erstattungsantrag mit Bescheid vom teilweise Folge gegeben.

10 Mit Schriftsatz vom hatte die Mitbeteiligte dagegen Berufung erhoben und begehrt, dem Antrag vom zur Gänze stattzugeben.

11 Das Zollamt hatte mit der Beschwerdevorentscheidung vom diese Beschwerde abgewiesen, worauf der Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag eingebracht hatte.

12 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Bescheid des Zollamtes vom und sprach einen Erlass der Einfuhrabgaben und der Abgabenerhöhung mit höheren Beträgen als im vor ihm bekämpften Bescheid aus. Weiters sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 13 Für Einfuhren nach dem bis zu einer Tarifierungsentscheidung im Rahmen der 56. Tagung des Ausschusses für den Zollkodex bei der Europäischen Kommission, welche eine Klärung der Einreihung gebracht habe, habe die Mitbeteiligte darauf vertrauen dürfen, dass die von ihr erklärte KN-Position (gemeint: KN-Code oder KN-Unterposition) 8431 49 80 richtig sei. Nachdem das Zollamt (sc.: am ) eine innere Beschau durchgeführt habe, welche zu keiner Beanstandung geführt habe, sei die erklärte Einreihung vom Zollamt weder als unrichtig erkannt worden noch seien Zweifel an der erklärten KN-Position (gemeint: KN-Code oder KN-Unterposition) geäußert worden. Auch in 13 weiteren Fällen sei danach eine innere Beschau vorgenommen worden, wobei in drei Fällen konkret "Tarifierung korrekt" vermerkt worden sei. Eine betrügerische Absicht oder eine offensichtliche Fahrlässigkeit der Mitbeteiligten fänden in der Aktenlage keinen Anhaltspunkt.

14 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Zollamtes Feldkirch Wolfurt legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor. 15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Ist der einer u.a. nach Art 201 Abs. 1 Buchstabe a) der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entstandenen Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so hat gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nach zu erhebenden Restbetrages innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung). 18 Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK lautet:

"(2) Außer in den Fällen gemäß Art. 217 Abs. 1 und Abs. 2 und 3 erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn

...

b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Wird der Präferenzstatus einer Ware...".

19 Gemäß Art. 239 Abs. 1 zweiter Anstrich ZK können Einfuhrabgaben in bestimmten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

20 Gemäß Art. 899 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom  mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 253 vom , (Zollkodex-Durchführungsverordnung - ZK-DVO) entscheidet - ausgenommen hier nicht weiter interessierender Fälle einer Befassung der Kommission gemäß Art. 905 leg. cit. - die Entscheidungsbehörde von sich aus, die Einfuhrabgaben zu erstatten oder zu erlassen, wenn es sich um besondere Fälle handelt, die sich aus Umständen ergeben, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind.

21 Das revisionswerbende Zollamt trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das Bundesfinanzgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil die Entscheidung, ob der gegenständliche Sachverhalt einen Fall des Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK darstelle, bereits rechtskräftig gefallen sei. Diese Entscheidung sei durch die nach Zurückziehung des Vorlageantrags rechtskräftige Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) des Zollamtes vom erfolgt. Die mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis getroffene neuerliche Entscheidung in derselben Sache sei nicht zulässig.

22 Das revisionswerbende Zollamt übersieht, dass Sache der erwähnten Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) des Zollamtes vom die Mitteilung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben und die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 des Zollrechts-Durchführungsgesetzes in der damals geltenden Fassung gewesen ist. Sache des nunmehr angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes ist dem gegenüber der von der Mitbeteiligten nach Art. 239 ZK gestellte Antrag auf Erlass und Erstattung dieser Abgaben.

23 Das Zollamt trägt in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision weiters vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ab. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dadurch dass die geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung nicht eingehalten worden seien, sei eine der drei Voraussetzungen für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK nicht erfüllt. In näher aufgelisteten Anmeldungen habe gerade das zugetroffen, dennoch habe das Bundesfinanzgericht einen besonderen Fall nach Art. 239 ZK in Form eines Irrtums der Zollbehörden gesehen. 24 Nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK wird von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben abgesehen, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. etwa C-7/14P, Wünsche Handelsgesellschaft International mbH  Co KG, Rn. 55), nämlich,

-

die Nichterfassung (der Einfuhrabgaben) muss auf einem Irrtum der Zollbehörden beruhen,

-

es muss sich dabei um einen Irrtum handeln, der von einem gutgläubig handelnden Abgabenschuldner nicht erkannt werden konnte,

-

und der Abgabenschuldner muss alle geltenden Vorschriften über seine Zollanmeldung eingehalten haben.

25 Mag in den im erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom in Rede stehenden Fällen auch die dritte dieser für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK erforderliche Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sein, so schließt dies das Vorliegen der anderen zwei Voraussetzungen nicht aus.

26 Art. 239 ZK ist mit Art. 220 ZK nicht deckungsgleich. Zwar sind manche Voraussetzungen für die Anwendung dieser Artikel, bei Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK das Fehlen offensichtlicher Fahrlässigkeit des Betroffenen und bei Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK das Fehlen eines Irrtums der Zollbehörden, der vom Abgabenschuldner erkannt werden konnte, in gleicher Weise auszulegen (vgl. abermals C-7/14P, Rn. 77). Doch sind die (übrigen) Voraussetzungen eines Erlasses oder einer Erstattung nach Art. 239 Abs. 1 ZK weiter als diejenigen eines Absehens von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung. 27 Bei Art. 239 ZK handelt es sich um eine allgemeine Billigkeitsklausel (vgl. , Bolton Alimentari S.p.A, Rn. 54). Nur für die Beurteilung, ob einen Wirtschaftsteilnehmer "offensichtliche Fahrlässigkeit" im Sinne von Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK vorzuwerfen ist und ob ein Irrtum der Zollbehörden dem Wirtschaftsbeteiligten im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK erkennbar war, sind die Kriterien entsprechend anzuwenden (vgl.  C- 375/07, Heuschen und Schrouff Oriental Foods Trading BV, Rn. 59). 28 Wird somit ein Antrag nach Art. 239 ZK ausschließlich auf einen solchen vom Wirtschaftsbeteiligten nicht erkennbaren Irrtum der Zollbehörden gestützt, kann damit nicht mehr erreicht werden, als mit Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK zu erreichen wäre (vgl. etwa ).

29 Ausdrücklich hat der EuGH ausgesprochen, dass bei einer Entscheidung eines bestimmten Falles im Rahmen des Art. 239 ZK (dort durch die Kommission) diese nicht durch die frühere Entscheidung (dort eines nationalen Gerichtes) über die Voraussetzung für die Anwendung des Art. 220 ZK auf diesen Fall gebunden ist (vgl. abermals , Rn. 69). 30 Das Bundesfinanzgericht weicht mit seiner Begründung eines besonderen Falles iSd Art.239 ZK nicht vom erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom ab. Denn der Verwaltungsgerichthof hat in der tragenden Begründung jenes Erkenntnisses nicht das Vorliegen eines Irrtums der Zollbehörden und dessen Erkennbarkeit für den Wirtschaftsbeteiligten, sondern die fehlende Einhaltung der Zollvorschriften des Art. 212 Abs. 1 iVm Anhang 37 Titel II Buchstabe C zu Feld Nr. 31 ZK-DVO herangezogen.

31 Eine grundsätzliche Rechtsfrage des Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt das revisionswerbende Zollamt somit nicht auf. 32 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

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32013R0952 ZK 2013 Art220
32013R0952 ZK 2013 Art220 Abs2 litb
32013R0952 ZK 2013 Art239
32013R0952 ZK 2013 Art239 Abs1
62007CJ0375 Heuschen and Schrouff Oriental Foods Trading VORAB
62014CJ0007 Wünsche Handelsgesellschaft International / Kommission
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160087.L00
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Fundstelle(n):
RAAAE-83656