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VwGH vom 06.07.2011, 2006/13/0042

VwGH vom 06.07.2011, 2006/13/0042

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der V GmbH in W, vertreten durch ICON Wirtschaftstreuhand GmbH in 4030 Linz, Voest-Alpine Straße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2806-W/02, betreffend Körperschaftsteuer 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1990 gegründete beschwerdeführende GmbH war zunächst je zur Hälfte eine Tochtergesellschaft der V AG und der WB AG. Sie war ihrerseits Alleingesellschafterin der I GmbH. An diesen gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen wurden gegen Ende des Jahres 1995 innerhalb eines Zeitraumes von nur einem Monat in mehreren Schritten Veränderungen vorgenommen, als deren Ergebnis die V AG nunmehr zu 99,9 % Gesellschafterin der in eine AG umgewandelten Beschwerdeführerin war, die zuletzt im März 1996 wieder in eine GmbH umgewandelt wurde.

Die Veränderungen begannen mit einem Verkauf der Beteiligung der Beschwerdeführerin an der I GmbH an die V AG um S 450.000,-- und der Umwandlung der Beschwerdeführerin in eine Aktiengesellschaft am 27. und . Am 14. und erwarb die I GmbH von den bisherigen Muttergesellschaften der Beschwerdeführerin 99,9 % der Anteile an der Beschwerdeführerin, zunächst um S 648,7 Mio 49,9 % der Anteile von der V AG und danach um S 410 Mio die Hälftebeteiligung der WB AG. Der Unterschied im Kaufpreis resultierte aus unterschiedlichen Dividendenregelungen. Die V AG trat die verbleibenden 0,1 % der Anteile um S 941.620,-- an eine KG ab, deren Kommanditistin sie war.

Zu diesem Zeitpunkt wies die Bilanz der I GmbH, die zuvor lediglich eine Mantelfunktion für eine deutsche Gesellschaft gleichen Namens innegehabt und im Übrigen keine Geschäftstätigkeit ausgeübt hatte, der vereinfachten, unwidersprochenen Darstellung im angefochtenen Bescheid zufolge "Anteile an verbundenen Unternehmen" in der Höhe von S 1.060 Mio und "Verbindlichkeiten an verbundene Unternehmen" in gleicher Höhe aus. Die Eigenkapitalquote betrug etwa 0,8 %.

Am gewährte die V AG als nunmehrige Großmutter der Beschwerdeführerin dieser einen ausdrücklich als solchen bezeichneten Gesellschafterzuschuss in der Höhe von S 1.288,7 Mio. Dies entsprach ziffernmäßig in etwa dem Finanzbedarf der I GmbH für den Erwerb der Anteile an der Beschwerdeführerin.

In einer Hauptversammlung am wurde die I GmbH auf ihre nunmehrige Tochter, die Beschwerdeführerin verschmolzen, und zuletzt, wie erwähnt, diese wieder in eine GmbH umgewandelt.

Durch die Verschmelzung entstand nach Ansicht der Beschwerdeführerin ein Buchverlust in der Höhe von S 1.060 Mio, von dem S 654 Mio auf den Firmenwert entfielen.

Strittig ist die von der Beschwerdeführerin für das Streitjahr 1996 vorgenommene Abschreibung von 1/15 dieses Firmenwertes (S 43,6 Mio).

Eine im Jahr 2001 durchgeführte Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, ein Buchverlust habe unter den gegebenen Umständen in Wahrheit nicht entstehen können, weshalb die S 43,6 Mio außerbilanzmäßig hinzuzurechnen seien. Gegen den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 1996, dem das Finanzamt diese Auffassung zugrunde legte, erhob die Beschwerdeführerin eine ausführlich begründete Berufung, die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen wurde.

Die belangte Behörde vertrat den Standpunkt, die Vorgänge hätten dem Transfer des Hälfteanteils der WB AG an der Beschwerdeführerin auf die V AG gedient und der Erwerb von 99,9 % der Anteile an der Beschwerdeführerin durch die I GmbH, die über keine Eigenmittel dafür verfügt habe, sei mit Hilfe eines nicht rückzahlbaren Eigenmittelzuschusses der V AG erfolgt. Dass ein Transfer der Anteile der WB AG an der Beschwerdeführerin zur V AG geplant sei, sei schon im Juni 1995 in einer Aufsichtsratssitzung der Beschwerdeführerin erwähnt worden. In der nachfolgenden Aufsichtsratssitzung am sei die Frage eines Aufsichtsratsmitgliedes nach den Auswirkungen der Transaktion auf die Eigenkapitalsituation der Beschwerdeführerin mit einem Hinweis auf einen Eigenmittelzuschuss der V AG beantwortet worden, und in einer Aufsichtsratssitzung im März 1996 sei u.a. davon die Rede gewesen, dass die Sonderdividende und der Verschmelzungsverlust durch einen Großmutterzuschuss der V AG ausgeglichen worden seien.

Im Anschluss an allgemeine Ausführungen zur verschmelzungsbedingten Firmenwertabschreibung und zur sogenannten Verschmelzung "down stream", bei der "im Ergebnis nur das Fremdkapital für den Beteiligungserwerb auf die Zielgesellschaft übertragen" werde, führte die belangte Behörde zu § 3 Abs. 2 Umgründungssteuergesetz in der auf den vorliegenden Fall noch maßgeblichen Fassung vor der Änderung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, weiter aus, maßgeblich sei danach, ob die Anschaffung der Beteiligung an der Beschwerdeführerin durch die I GmbH mit Eigen- oder Fremdkapital finanziert worden sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beziehe sich § 21 Abs. 1 BAO, wonach in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend sei, nicht auf die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen, sondern auf die Beurteilung des Sachverhalts. Dass die Anschaffung eigenfinanziert gewesen sei, gehe schon aus dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom hervor. Es werde auch gar nicht bestritten, dass der Gesellschafterzuschuss zur Gänze der Finanzierung des Beteiligungserwerbes gedient habe, wobei am kausalen Zusammenhang zwischen Zuschuss und Beteiligungserwerb angesichts des zeitlichen Zusammenhanges nicht zu zweifeln sei. Da eine Eigenfinanzierung vorgelegen habe, habe auch kein Buchverlust entstehen können, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin tritt der Argumentation der belangten Behörde insoweit nicht entgegen, als darin aus der Annahme, der Zuschuss der V AG sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der die Anteile an der Beschwerdeführerin erwerbenden I GmbH als der eigentlichen Empfängerin zuzuordnen gewesen, auf das Fehlen eines Buchverlustes und damit der in Anspruch genommenen Abschreibungsmöglichkeit geschlossen wird. Die Beschwerdeführerin macht, anders als noch im Verwaltungsverfahren, auch nicht mehr geltend, eine solche Zuordnung könne in einem zweiten Schritt durch die Umdeutung der Umstrukturierung in dem Sinn ergänzt werden, dass statt der vorgenommenen Verschmelzung der I GmbH in die Beschwerdeführerin von einer Verschmelzung in der umgekehrten Richtung ausgegangen werde, was bei Annahme eines Zuschusses an die I GmbH für die Beschwerdeführerin steuerlich ähnlich vorteilhaft gewesen wäre wie die von ihr in Anspruch genommene Konstruktion.

Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch die Annahme, der Zuschuss sei der I GmbH zuzuordnen gewesen, und stützt diese Bestreitung auf eine thesenhafte Aneinanderreihung von neun Argumenten, die zum Teil nur allgemein gehaltene Aussagen enthalten, wie etwa die, im österreichischen Steuerrecht gelte der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit und es obliege ausschließlich der Entscheidung des Steuerpflichtigen, einen Betrieb oder eine Beteiligung mit Eigen- oder Fremdkapital auszustatten. Wenn die Beschwerdeführerin einleitend meint, mit der von der belangten Behörde vorgenommenen Zuordnung des Zuschusses verlasse die belangte Behörde die Sachverhaltsebene, so knüpft sie damit implizit an das von ihr im Verwaltungsverfahren vertretene Verständnis der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" an. Die belangte Behörde hat dazu mit Recht auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach es gerade die Beurteilung des Sachverhaltes ist, der die wirtschaftliche Betrachtungsweise zu dienen hat. Der an anderer Stelle ins Treffen geführte Umstand, dass der Zuschuss "auch nach der Verschmelzung bei jenem Rechtsträger geblieben ist, an den er bezahlt wurde", stellt das Verständnis des Sachverhaltes durch die belangte Behörde eben so wenig in Frage wie der Hinweis, der "Aufsichtsratsbeschluss" (gemeint: die von der belangten Behörde zitierte Stelle im Protokoll) vom habe nichts darüber ausgesagt, ob der Zuschuss in die Enkelgesellschaft oder die Tochtergesellschaft gezahlt werden solle. Sollte er, wovon die belangte Behörde u.a. auf Grund dieser Erörterungen im Aufsichtsrat annehmen durfte, der Finanzierung des Anteilserwerbs dienen, so ist seine Zuordnung zu derjenigen Gesellschaft, die den Preis dafür zu entrichten hatte, nämlich zur I GmbH, gedanklich schlüssig. An diesem klaren Ergebnis ändern auch die hilfsweisen Argumente der Beschwerde hinsichtlich der Fragen der erforderlichen Eigenmittelausstattung der Gesellschaften und der Kreditwürdigkeit der I GmbH nichts.

Wenn die Beschwerde mit der vorletzten der in ihrer Begründung vorgetragenen neun Thesen geltend macht, es müsse der V AG zugestanden werden, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, "wofür die Liquidität am dringendsten benötigt wird", und insbesondere im "Projektgeschäft" der operativen Gesellschaft werde "eine entsprechende Eigenmittelausstattung auch häufig benötigt, um Aufträge zu erlangen und damit die an den Anteilserwerb geknüpften Ertragserwartungen auch zu realisieren", so scheint sie damit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach der Zuschuss den Anteilserwerb finanzieren sollte, an dieser Stelle widersprechen zu wollen, ohne ihr aber auch nur ausdrücklich entgegen zu treten oder eine Unschlüssigkeit in ihren Erwägungen aufzuzeigen.

Dem abschließenden Hinweis der Beschwerdeführerin auf Unterschiede im Sachverhalt zwischen dem vorliegenden Fall und den Fällen, zu denen die von der belangten Behörde zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ergingen, ist entgegen zu halten, dass die Gemeinsamkeit, auf die sich die belangte Behörde bezog, in der Beachtung wirtschaftlicher Zusammenhänge bei der Zuordnung des Zuschusses zu sehen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGH in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am