VwGH 17.12.2019, Ra 2019/16/0037
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Norm | GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita |
RS 1 | Das Verwaltungsgericht hat Feststellungen dazu unterlassen, ob der gesamte beschlagnahmte Bargeldbetrag von 1.945 EUR Bestandteil der beschlagnahmten Glücksspielgeräte war. Für eine Beschlagnahme separater Geldbeträge - der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid bezeichnet es als "im Lokal deponiertes zur Auszahlung von Gewinnen bereitgestelltes Bargeld", laut Revisionsvorbringen habe sich das beschlagnahmte Bargeld in einer im Lokal aufgefundenen Geldtasche befunden - besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. , mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., in der Revisionssache der V G in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , Zl. KLVwG-1367-1377/12/2018, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird insoweit, als es die Beschlagnahme des Bargelds in Höhe von 1.945 EUR betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; und
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom ordnete die Landespolizeidirektion Kärnten die Beschlagnahme von neun näher bezeichneten Glücksspielgeräten, "Bargeld in der Höhe von 1.945 (Wechselgeld und entnommenes Bargeld aus den Glücksspielgeräten)" und vier Schlüsseln gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) an.
2 Die Behörde führte in ihrem Bescheid u.a. aus, es werde "im Lokal deponiertes zur Auszahlung von Gewinnen bereitgestelltes Bargeld als auch aus den Glücksspielgeräten entnommenes Bargeld im Gesamtausmaß von 1.945 behördlich beschlagnahmt".
3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom Beschwerde.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Beschwerde als unbegründet ab, bestätigte mit einer hier nicht wesentlichen Änderung des Spruches die Beschlagnahme und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. 5 Begründend führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, das Bargeld stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Veranstalten von Glücksspielen und sei sohin als Eingriffsgegenstand von der Beschlagnahme mitumfasst. Der Kasseninhalt sei von der angeordneten Beschlagnahme mitumfasst und es liege kein separates In-Verwahrung-Nehmen des Geldbetrages vor, möge dieser auch faktisch den Glücksspielautomaten entnommen und andernorts aufbewahrt werden. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes könne es keinen Unterschied machen, ob der Geldbetrag im Innenbereich der (versiegelten) Glücksspielautomaten verbleibe oder diesen entnommen und einer gesonderten tatsächlichen Verwahrung zugeführt werde. 6 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht verletzt, dass ihr Verfügungsrecht über Gegenstände und Bargeld nicht durch Beschlagnahme beschränkt werde.
8 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG). Die belangte Behörde erststattete keine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Liegen - wie im vorliegenden Revisionsfall - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen gerichteten Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. bis 0026, mwN).
12 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision u. a. vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zu näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Beschlagnahme eines Glücksspielapparates den Automaten samt seinem Inhalt und somit auch das darin befindliche Geld erfasse. Zu einer Beschlagnahme von Bargeld, das sich in einer im Lokal aufgefundenen Geldtasche befinde, ermächtige § 53 GSpG nicht.
13 Die Revision ist insoweit zulässig und berechtigt:
14 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
erfasst die Beschlagnahme eines Glücksspielgerätes gemäß § 53 GSpG das Gerät samt seinem Inhalt und somit auch das darin befindliche Geld (vgl. ).
15 Für die Beschlagnahme des Geldes ist wesentlich, dass dieses Bestandteil des beschlagnahmten Glücksspielgerätes war und sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorläufigen Beschlagnahme in der Verfügungsmacht der einschreitenden Organe befunden hat (vgl. , mwN, und - dieselbe Revisionswerberin wie im vorliegenden Revisionsfall betreffend - , mwN).
16 Das Verwaltungsgericht hat Feststellungen dazu unterlassen, ob der gesamte beschlagnahmte Bargeldbetrag von 1.945 EUR Bestandteil der beschlagnahmten Glücksspielgeräte war. Für eine Beschlagnahme separater Geldbeträge - der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid bezeichnet es als "im Lokal deponiertes zur Auszahlung von Gewinnen bereitgestelltes Bargeld", laut Revisionsvorbringen habe sich das beschlagnahmte Bargeld in einer im Lokal aufgefundenen Geldtasche befunden - besteht keine gesetzliche Grundlage (vgl. abermals , mwN).
17 Das angefochtene Erkenntnis war daher insoweit, als es die Beschlagnahme des Bargeldes betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. 18 Zum übrigen Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f;
Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff;
Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12. 19 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie bis 0049, Rn. 24 ff). 20 Mit diesem Vorbringen wirft die Revisionswerberin keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
21 Die Revision war daher hinsichtlich der Beschlagnahme der verfahrensgegenständlichen neun Glücksspielgeräte und der vier Schlüssel gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen. 22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160037.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAE-83620