VwGH vom 17.12.2008, 2006/13/0028
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch KPMG Austria GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Kolingasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1248-W/03, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine im März 1995 unter Zuhilfenahme einer Gründungshelferin von der I-Leasing GmbH gegründete Gesellschaft. Im Juli 1995 erwarb die A-Bank Holding AG sämtliche Anteile an der Beschwerdeführerin. Im August 1995 gründeten die Beschwerdeführerin und ihre Muttergesellschaft, die A-Bank Holding AG, je zur Hälfte die A-Bank Malta Ltd., die in der Folge - dem Beteiligungsverhältnis entsprechend - gleich hohe Ausschüttungen an die Beschwerdeführerin und die A-Bank Holding AG vornahm. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Steuerbefreiung dieser Ausschüttungen als Erträge aus einer internationalen Schachtelbeteiligung gemäß § 10 Abs. 2 KStG 1988 bildet den Streitpunkt des Verfahrens.
Der gleiche Streitpunkt stand für die Jahre ab 1995 auch in der mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/13/0036, erledigten Beschwerde der A-Bank Holding AG im Vordergrund. Die Beschwerdeführerin des vorliegenden Verfahrens ist die in diesem Erkenntnis als "M-Holding GesmbH" bezeichnete Gesellschaft. Hinsichtlich der Ermittlungsergebnisse - insbesondere betreffend das "Jersey-Modell" der A-Bank Holding AG und das (ursprüngliche) "Malta-Modell" der I-Vermögensanlage GmbH, die jeweils über die Emission von Genussrechten in Österreich finanziert und im Jahr 1995 durch die Gründung der Beschwerdeführerin und der A-Bank Malta Ltd. sowie durch die Abtretung von Anteilen an der Beschwerdeführerin an die I-Vermögensanlage GmbH zusammengeführt wurden - sowie hinsichtlich der weitgehend identischen Argumente, mit denen die belangte Behörde die behauptete Steuerbefreiung in beiden Fällen verneinte, wird im Einzelnen auf die ausführliche Darstellung in dem genannten Erkenntnis verwiesen.
Der Fall der Beschwerdeführerin unterscheidet sich von dem der A-Bank Holding AG - abgesehen vom etwas kürzeren, das Jahr 1994 nicht einschließenden Bescheidzeitraum und vom Fehlen einer Bekämpfung der amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens - u. a. dadurch, dass die erst im Jahr 1995 gegründete Beschwerdeführerin nicht als Emittentin von Genussrechten in eines der beiden Modelle eingebunden war, wie dies in Bezug auf das "Jersey-Modell" auf die A-Bank Holding AG zutrifft. Dementsprechend stellte sich im Verfahren der Beschwerdeführerin auch nicht die Frage einer allfälligen Berücksichtigung von Ausschüttungen auf (als Aufnahme von Fremdkapital beurteilte) Genussrechte als Betriebsausgaben, deren unterbliebene Prüfung im Fall der A-Bank Holding AG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit dem genannten Erkenntnis vom führte.
Im vorliegenden Verfahren erließ das Finanzamt (zum Teil in Verbindung mit einer Wiederaufnahme des Verfahrens) Bescheide vom über die Körperschaftsteuer für die Jahre 1995 bis 2000, in denen die geltend gemachte Steuerbefreiung für Erträge aus der Beteiligung an der A-Bank Malta Ltd. nicht berücksichtigt wurde. Die Feststellungen der zugrunde liegenden Betriebsprüfung entsprachen im Wesentlichen denjenigen im Verfahren betreffend die A-Bank Holding AG. Sie konzentrierten sich auf deren "Jersey-Modell" und dessen modifizierte Fortführung unter Einschaltung der A-Bank Malta Ltd. ab dem Jahr 1995.
In ihrer mit Eingabe vom erhobenen und mit Schriftsatz vom ergänzten Berufung sowie in weiteren Eingaben vom und machte die Beschwerdeführerin - neben Ausführungen, mit denen der von der A-Bank Holding AG in deren Berufungsverfahren vertretene Standpunkt im Wesentlichen wortgleich wiederholt wurde - u. a. geltend, die Behörde erster Instanz habe nicht dargestellt, weshalb sich das Verhalten der A-Bank Holding AG in den Jahren vor der Gründung der Beschwerdeführerin auf deren Besteuerung auswirken solle.
In Beantwortung des Vorhaltes der Missbräuchlichkeit auch des (ursprünglichen) "Malta-Modells" durch die belangte Behörde wies die Beschwerdeführerin in der Eingabe vom darauf hin, dass sie an einer "allenfalls missbräuchlichen Gestaltung" durch "eine andere Gesellschaft" auch in diesem Zusammenhang nicht beteiligt gewesen sei und daraus weder direkt noch indirekt Vorteile gezogen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 zur Gänze ab. Hinsichtlich der Jahre 1997 bis 2000 gab sie ihr - wie im Verfahren der A-Bank Holding AG - teilweise Folge, indem sie durch eine bloß teilweise Zurechnung der Erträge der A-Bank Malta Ltd. der Aufnahme eines nicht nur "modellhaften" und damit der "Missbrauchssphäre" zuzuordnenden, sondern darüber hinausgehenden, "unbedenklichen" Bankbetriebes in diesen Jahren Rechnung trug. Die zugerechneten Beträge sind - entsprechend dem Beteiligungsverhältnis - mit denjenigen in dem die A-Bank Holding AG betreffenden Bescheid identisch.
Die Begründung des Bescheides enthält - soweit auf sie für die hier zu treffende Entscheidung eingegangen werden muss - keine über den die A-Bank Holding AG betreffenden Bescheid hinausgehenden Feststellungen darüber, welche konkrete rechtliche Gestaltung im Zusammenhang mit der Tätigkeit der A-Bank Malta Ltd. im Sinne des § 22 Abs. 2 BAO den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Hinsichtlich der Darstellung der Rechtslage, der für die Annahme eines Missbrauchs im Sinne des § 22 BAO in Fällen der vorliegenden Art maßgeblichen Gesichtspunkte, der Vorjudikatur dazu, der Beurteilung des "Jersey-Modells" und der gemeinschaftsrechtlichen Einwände der Beschwerdeführerin kann angesichts der Gemeinsamkeiten im Sachverhalt gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 2006/13/0036, verwiesen werden.
Der Grund, aus dem der die A-Bank Holding AG betreffende Bescheid mit diesem Erkenntnis aufgehoben wurde, trifft - wie bereits erwähnt - im vorliegenden Fall nicht zu, weil Ausschüttungen auf Genussrechte bei der Beschwerdeführerin - anders als bei der A-Bank Holding AG - nicht vorliegen.
In den Vordergrund rücken damit die weiteren, der aufhebenden Entscheidung für das fortzusetzende Verfahren hinzugefügten Ausführungen in dem genannten Erkenntnis.
Liegt ein Missbrauch im Sinne des § 22 Abs. 1 BAO vor, so sind die Abgaben gemäß § 22 Abs. 2 BAO so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären. In dem Erkenntnis vom wurde in Bezug auf die Ausschüttungen der A-Bank Malta Ltd. an die A-Bank Holding AG ausgeführt, die Ausstattung von Konzernunternehmen vor allem in Steueroasen oder Niedrigsteuerländern mit Kapital und die Verwendung dieses Kapitals durch diese Konzernunternehmen als Einkunftsquelle (etwa zur Gewährung von Krediten oder Darlehen) oder zum Erwerb von Einkunftsquellen (wie etwa Wertpapieren als Quelle der Einkünfte aus Kapitalvermögen) könne - sofern keine außersteuerlichen Gründe dafür vorliegen und diese so ausgestatteten Konzernunternehmen insoweit keine wirtschaftliche Funktion erfüllen - als unangemessene und auch im Sinne der Rechtsprechung des EuGH "rein künstliche" Gestaltung angesehen werden. Zur Vervollständigung ihrer demnach - bezogen auf die A-Bank Holding AG - einen Missbrauch nahe legenden Sachverhaltsfeststellungen werde die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren aber jedenfalls noch im Zusammenhang mit der A-Bank Malta Ltd. darzulegen haben, welche konkrete rechtliche Gestaltung sie im Sinne des § 22 Abs. 2 BAO als den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessen erachte.
Diese Notwendigkeit besteht - mit der Maßgabe, dass Ausschüttungen der A-Bank Malta Ltd. jedenfalls im vorliegenden Verfahren schon ab dem Jahr 1995 (und nicht erst ab dem Jahr 1997, ab dem diese Ausschüttungen nicht mehr zur Gänze der "modellhaften Sphäre" zugerechnet wurden) zu beurteilen sind - umso mehr auch im vorliegenden Verfahren, in dem es mit der erst im Jahr 1995 gegründeten Beschwerdeführerin um ein Rechtssubjekt geht, dessen Entstehung dem Betrieb des "Jersey-Modells" und des "Malta-Modells" in ihrer ursprünglichen Form zeitlich nachfolgt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am