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VwGH vom 29.04.2010, 2008/21/0589

VwGH vom 29.04.2010, 2008/21/0589

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 317.946/2-III/4/2008, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Österreich geborene Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am einen Verlängerungsantrag betreffend eine ihm erteilte Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck gemäß § 13 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997.

Mit Erledigung vom wies der Bürgermeister der Stadt Salzburg namens der Landeshauptfrau diesen Antrag gemäß § 19 Abs. 2 und 3 sowie § 29 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) iVm §§ 6 bis 9 NAG-DV zurück. Der Beschwerdeführer habe nicht am Verfahren mitgewirkt und es insbesondere trotz Aufforderung verabsäumt, die nach den genannten Bestimmungen erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.

Die genannte Erledigung wurde nach zwei Zustellversuchen vom 28. Februar und an der Meldeadresse des Beschwerdeführers (einem Gasthof) beim zuständigen Postamt hinterlegt, eine Behebung durch den Beschwerdeführer ist nicht erfolgt. In einem Bericht vom hielt das Landespolizeikommando Salzburg fest, laut Auskunft des Inhabers (des erwähnten Gasthofes) sei der Beschwerdeführer "seit geraumer Zeit nach 'unbekannt' verzogen, eine neue Meldeadresse scheine jedoch nicht auf".

Nach Vollmachtsbekanntgabe durch den nunmehrigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erließ der Bürgermeister der Stadt Salzburg am einen der Erledigung vom entsprechenden, mit datierten Bescheid, durch den - mit identer Begründung - der genannte Antrag des Beschwerdeführers vom zurückgewiesen wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom behob die belangte Behörde über Berufung des Beschwerdeführers den genannten Bescheid vom ersatzlos gemäß § 66 Abs. 4 AVG.

Begründend verwies sie darauf, dass bereits mit Bescheid vom über den erwähnten Antrag abgesprochen worden sei, sodass sich eine neuerliche Entscheidung hierüber als unzulässig erweise. Da das gegenständliche, gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führende Verfahren antragsbedürftig sei, jedoch kein unerledigter Antrag (mehr) vorliege, sei der Bescheid vom kassatorisch zu beheben gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, dass die Erlassung von zwei inhaltsgleichen Bescheiden entgegen der Bestimmung des § 68 Abs. 1 AVG den Grundsatz des "ne bis in idem" verletzt. Dadurch würde eine nicht bestehende Kompetenz in Anspruch genommen, sodass die ersatzlose Aufhebung des zweiten (mit Berufung bekämpften) Bescheides geboten wäre (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/1294).

Allerdings hat sie nicht berücksichtigt, dass ein Bescheid erst mit seiner Erlassung zu Stande kommt und rechtliche Existenz erlangt, was (abgesehen von einer hier unstrittig nicht erfolgten mündlichen Verkündung) seine rechtswirksame Zustellung erfordert. Wurde die als Bescheid bezeichnete Erledigung vom somit nicht wirksam erlassen, konnte dem Bescheid vom die von der belangten Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogene Rechtswidrigkeit daher nicht anhaften (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/04/0190, und vom , Zl. 2001/11/0136 mwN).

Der Beschwerdeführer bestreitet die Wirksamkeit der Zustellung des Schriftstückes vom und bringt dazu vor, er habe sich, wie im Polizeibericht vom dargelegt, im Zeitpunkt der versuchten Zustellung nicht an der Abgabestelle befunden, sondern sei "unsteten Aufenthaltes" gewesen. Darüber hinaus habe ihm seit 2007 infolge seiner Drogenabhängigkeit die Geschäfts- und Handlungsfähigkeit gefehlt.

Dieses Vorbringen verstößt nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot, weil die belangte Behörde angesichts der Umstände des Falles dem Beschwerdeführer zu der von ihr angenommenen Erlassung des Bescheides vom Gehör hätte einräumen müssen. Ihr Verfahren erweist sich schon deshalb als mangelhaft, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am