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VwGH vom 27.02.2013, 2011/01/0005

VwGH vom 27.02.2013, 2011/01/0005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der Kärntner Landesregierung, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte KG in 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Ring 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-K5-776-779/15/2010, betreffend Grundversorgung (mitbeteiligte Parteien: 1. E, 2. K, 3. E, 4. Z, alle in G und vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom sprach die Kärntner Landesregierung aus, dass die den Mitbeteiligten (die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien sind die Eltern der minderjährigen dritt- und viertmitbeteiligten Parteien) bisher gewährte Grundversorgung gemäß § 3 Abs. 1 lit. a, b, e, h und l Kärntner Grundversorgungsgesetz, LGBl. Nr. 43/2006 (K-GrvG), gemäß § 2 Abs. 3 K-GrvG per eingestellt werde.

Sie führte dazu aus, das Asylverfahren der Mitbeteiligten sei seit rechtskräftig negativ entschieden. Gleichzeitig sei ihre Ausweisung nach Aserbaidschan rechtskräftig geworden. Sie seien ob der rechtskräftigen Entscheidung des Asylgerichtshofes verpflichtet, das Bundesgebiet eigenständig zu verlassen, da ihr Aufenthalt nicht rechtmäßig sei. Da sie ihrer gesetzlichen Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen seien und auch keine Bereitschaft gezeigt hätten, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren, unterlägen sie nicht mehr der Zielgruppe des § 2 Abs. 3 K-GrvG. Die Mitbeteiligten hätten die am durchgeführte Rückkehrberatung abgelehnt. Zweckdienliche Unterlagen, wonach sie gemäß § 2 Abs. 3 lit. b K-GrvG aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar seien, lägen nicht vor. Im Ergebnis sei daher die Schutzbedürftigkeit im Sinne der Bestimmungen des K-GrvG nicht mehr gegeben.

Dagegen erhoben die Mitbeteiligten Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und hob den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom auf.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei unstrittig, dass die Mitbeteiligten über keinen gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügten und sie daher verpflichtet wären, das Bundesgebiet zu verlassen. Die Mitbeteiligten seien davon in Kenntnis gesetzt worden, dass sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten und für sie bei der aserbaidschanischen Botschaft Heimreisezertifikate beantragt würden, dass dafür jedoch ihr persönliches Erscheinen bei der aserbaidschanischen Botschaft in Wien erforderlich sei. Sie seien daher aufgefordert worden, sich ehestmöglich dort zu melden, um sich ein Heimreisezertifikat zu beschaffen, wobei andernfalls weitergehende aufenthaltsbeendende Maßnahmen angeordnet werden müssten. Sie hätten dazu die Erklärung abgegeben, dass sie niemals Reisedokumente besessen hätten, ohne Reisedokumente nach Österreich eingereist seien und nicht freiwillig nach Aserbaidschan zurückkehren, sondern in Österreich bleiben wollten.

Ausgehend von den Bestimmungen des K-GrvG sei davon auszugehen, dass die Mitbeteiligten zur Zeit aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden könnten, da ein Heimreisezertifikat bis dato nicht habe erlangt werden können, sie über kein gültiges Reisedokument verfügten und es ihnen daher nicht möglich sei, aus Österreich auszureisen bzw. nach Aserbaidschan zurückzukehren. Auch die Fremdenbehörde habe eingeräumt, dass noch nicht restlos geklärt sei, ob die Mitbeteiligten tatsächlich aserbaidschanische Staatsbürger seien, bzw. würden sich die Bemühungen der Fremdenbehörde, ein Heimreisezertifikat für die Mitbeteiligten zu erlangen, darauf beschränken, dass diese aufgefordert worden seien, auf eigene Kosten nach Wien zu reisen, um bei der aserbaidschanischen Botschaft die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu erwirken. Da somit noch nicht hinreichend geklärt sei, ob die aserbaidschanische Botschaft bereit sei, für die Mitbeteiligten ein Heimreisezertifikat auszustellen, bzw. ob es den Mitbeteiligten auch möglich sei, auf eigene Kosten nach Wien zu reisen, und da das K-GrvG in der anzuwendenden Fassung keinen Hinweis darauf enthalte, dass bei Unterlassung der Mitwirkungspflicht die Grundversorgung einzustellen sei (und nichts darauf hinweise, dass die Mitbeteiligten im Sinne des K-GrvG nicht unterstützungswürdig seien, zumal sie hilfsbedürftig seien und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könnten), sei der Berufung Folge zu geben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Kärntner Landesregierung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Darauf replizierte die beschwerdeführende Landesregierung mit Schriftsatz vom .

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Bestimmungen des Kärntner Grundversorgungsgesetzes, LGBl. Nr. 43/2006 in der nach der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 2 LGBl. Nr. 32/2010 ("Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige Verfahren ist das Kärntner Grundversorgungsgesetz, LGBl. Nr. 43/2006, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 8/2010, anzuwenden.") für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Fassung vor der Novellierung durch LGBl. Nr. 32/2010, lauten auszugsweise:

"§ 2

Zielgruppen

(1) Auf Leistungen nach diesem Gesetz (§§ 3 bis 5) haben - unbeschadet der Bestimmungen des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005 - hilfs- und schutzbedürftige Fremde Anspruch, die unterstützungswürdig sind und die ihren Hauptwohnsitz in Kärnten haben oder sich in Kärnten aufhalten.

(2) Hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

(3) Schutzbedürftig sind

a) Fremde, die einen Asylantrag oder einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben (Asylwerber), über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist;

b) Fremde ohne Aufenthaltsrecht, über deren Asylantrag oder Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig negativ abgesprochen wurde, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind;

c) Fremde mit Aufenthaltsrecht gemäß § 8 in Verbindung mit § 15 Asylgesetz 1997, § 8 Asylgesetz 2005,§ 10 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 oder § 72 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz oder einer Verordnung gemäß § 76 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz;

d) Fremde ohne Aufenthaltsrecht, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind;

e) Fremde, die auf Grund der §§ 4, 4a, 5, 5a und 6 der Asylgesetz-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, oder auf Grund der §§ 4, 5 und 10 des Asylgesetzes 2005 nach einer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Entscheidung der Asylbehörde entweder in Schubhaft genommen werden können oder auf die die Bestimmungen des § 66 Fremdengesetzes 1997 bzw. des § 77 Fremdenpolizeigesetzes 2005 anzuwenden sind oder deren vorübergehende Grundversorgung bis zur Effektuierung der Außerlandesbringung nach der Entscheidung der Asylbehörde von Kärnten sichergestellt ist;

f) Fremde, denen ab Asyl in Österreich gewährt wird (Asylberechtigte), während der ersten zwölf Monate nach Asylgewährung.

(4) …

(5) Die Unterstützung eines Fremden darf unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 3 eingeschränkt, eingestellt oder abgelehnt werden, wenn er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden ist, die einen Ausschlussgrund gemäß § 13 Asylgesetz 1997 oder § 6 Abs. 1 Z 4 Asylgesetz 2005 darstellt.

(6) …"

2. Der angefochtene Bescheid beruht im Wesentlichen auf der Auffassung, die Mitbeteiligten könnten aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden und seien daher schutzbedürftig im Sinne des § 2 Abs. 3 lit. b K-GrvG, da sie über kein gültiges Reisedokument verfügten und ein Heimreisezertifikat bis dato nicht habe erlangt werden können. Es sei auch noch nicht hinreichend geklärt, ob die aserbaidschanische Botschaft bereit sei, für die Mitbeteiligten ein Heimreisezertifikat auszustellen.

3. Dagegen bringt die Amtsbeschwerde im Wesentlichen vor, die Einstellung der Grundversorgung sei zu Recht erfolgt, da gegen die Mitbeteiligten seit eine rechtskräftige Ausweisung bestehe und entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch keine tatsächlichen Gründe vorlägen, wonach diese nicht abschiebbar seien. Der Fremde habe bei Bestehen einer durchsetzbaren Ausweisung gemäß § 10 Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) unverzüglich auszureisen und im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht alles zu unternehmen, um ausreisen zu können. Demgegenüber hätten die Mitbeteiligten eine Erklärung abgegeben, nicht freiwillig zurückkehren zu wollen. Heimreisezertifikate hätten bislang nicht ausgestellt werden können, da dazu das persönliche Erscheinen der Mitbeteiligten bei der aserbaidschanischen Botschaft erforderlich sei, sie dies aber trotz Aufforderung unterlassen hätten. Da sie die Rückkehrhilfe abgelehnt hätten, hätten sie selbst zu verantworten, die Kosten der Reise zur Botschaft selbst bestreiten zu müssen. Ein Rechtsanspruch auf Grundversorgung sei während eines Ermittlungsverfahrens zur Beschaffung eines Heimreisezertifikates nicht gegeben, sondern erst dann, wenn die zuständige Botschaft bestätige, dass der Fremde kein Heimreisezertifikat erhalten werde. Eine solche Bestätigung liege nicht vor. Auch die "Bezirkshauptmannschaft Villach" habe nicht bestätigt, dass kein Heimreisezertifikat erlangt werden könne. Dass es zur Annahme der Unabschiebbarkeit einer derartigen Bestätigung bedürfe, sei auch Rechtsansicht des Bundesministeriums für Inneres.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 56 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 (FrG), der ebenso wie nunmehr § 46a Abs. 1 Z. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) auf tatsächliche Gründe für die Unmöglichkeit einer Abschiebung abstelle, liege eine tatsächliche Unmöglichkeit nur dann vor, wenn die einer Abschiebung entgegenstehenden Gründe nicht auf zumutbare Weise vom Fremden selbst beseitigt werden könnten. Dass dies nicht der Fall gewesen sei, sei angesichts der Weigerung der Mitbeteiligten, persönlich bei der Botschaft in Wien zu erscheinen, nicht ersichtlich. Der erstmitbeteiligten Partei sei es nicht nur zumutbar gewesen, den der Abschiebung entgegenstehenden Grund für die Nichterlangung eines Heimreisezertifikates zu beseitigen, sondern sie sei vielmehr zur Mitwirkung und wahrheitsgemäßen Angabe ihrer Daten verpflichtet gewesen. Dem Vorbringen der Mitbeteiligten in der Berufungsverhandlung vom , nicht ausreisen zu können, da sie über keine Reisedokumente verfügten und daher gegen Ausreise- bzw. Einreisebestimmungen anderer Länder verstoßen müssten, sei zu entgegnen, dass bei entsprechender Mitwirkung, zu der die Mitbeteiligten gesetzlich verpflichtet seien, ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könnte. Ihrem Vorbringen, sie hätten vermutlich als staatenlos zu gelten, und den diesbezüglich marginalen Ausführungen der belangten Behörde sei entgegenzuhalten, dass die Asylverfahren unter der Staatsangehörigkeit "Aserbaidschan" beendet worden seien. Im "AIS-Auszug" sei die Änderung der Staatsangehörigkeit "von Russland auf Aserbaidschan" am dokumentiert. Auch aus der Information des Bundesasylamtes vom ergebe sich die Staatsangehörigkeit "Aserbaidschan". Soweit die belangte Behörde dazu ausführe, dass auch die Fremdenbehörde eingeräumt habe, die Staatsangehörigkeit sei noch nicht restlos geklärt, dürfe dabei nicht der Umstand übersehen werden, dass die Mitbeteiligten auch diesbezüglich nicht an der Klärung mitgewirkt hätten.

Aufgrund der Weigerung der Mitbeteiligten, ihrer gesetzlichen Ausreiseverpflichtung nachzukommen, und der durch ihr Verschulden verhinderten Feststellung ihrer Identität fehle es somit an der Voraussetzung der Schutzbedürftigkeit gemäß § 2 Abs. 3 K-GrvG. Zudem liege, wenn der Fremde seine Mitwirkungspflicht zur Erlangung eines Heimreisezertifikates verletze, auch keine Unterstützungswürdigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 K-GrvG mehr vor. Folge man der Rechtsansicht der belangten Behörde, hätte es jeder Fremde in der Hand, die "tatsächlichen Gründe", die eine Abschiebung unmöglich machen, selbst zu schaffen, und somit Grundversorgung in Anspruch zu nehmen, indem er sich weigere, bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates mitzuwirken.

Als Verfahrensmängel rügt die Amtsbeschwerde das Unterbleiben von Feststellungen, dass die Mitbeteiligten ihrer gesetzlichen Ausreiseverpflichtung und ihrer Mitwirkungspflicht, alles zu unternehmen um ausreisen zu können, nicht nachgekommen seien, sowie dass ihre Mitwirkung bei der Erlangung der Heimreisezertifikate notwendig sei, und die Fremdenbehörde deshalb von Amts wegen habe tätig werden müssen, weil sich die mitbeteiligten Parteien nicht selbst um Heimreisezertifikate gekümmert hätten, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Schließlich sei die Feststellung, die Bemühungen der Fremdenbehörde zur Erlangung eines Heimreisezertifikates beschränkten sich auf die Aufforderung an die Mitbeteiligten, bei der aserbaidschanischen Botschaft zu erscheinen, unrichtig, ergebe sich doch aus der Aussage des Zeugen Dr. D. vor der belangten Behörde, dass die Fremdenbehörde mit der aserbaidschanischen Botschaft in Kontakt stehe und bestrebt sei, ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Davon ausgehend wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass es die Mitbeteiligten aufgrund der Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht selbst zu verantworten hätten, dass ein Heimreisezertifikat bislang nicht habe erlangt werden können.

4. Die Amtsbeschwerde ist berechtigt.

4.1. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 K-GrvG verlangt als Voraussetzungen für den Bezug von Grundsicherung, dass die Fremden hilfs- und schutzbedürftig sind (diese Voraussetzungen werden in den Abs. 2. und 3 leg. cit. näher definiert), einen Wohnsitz in Kärnten haben und ferner unterstützungswürdig sind.

4.2. Die Amtsbeschwerde sieht zunächst die Unterstützungswürdigkeit der Mitbeteiligten nicht als gegeben, weil diese ihrer Ausreiseverpflichtung aufgrund der bestehenden rechtskräftigen Ausweisung sowie der Aufforderung, zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der aserbaidschanischen Botschaft vorzusprechen, nicht entsprochen hätten und insofern ihren Mitwirkungspflichten (sowohl nach dem AsylG 2005 als auch nach dem FPG) nicht nachgekommen seien.

Zum Begriff der Unterstützungswürdigkeit gemäß § 2 Abs. 1 K-GrvG hat der Oberste Gerichtshof - gemäß § 9 K-GrvG idF LGBl. Nr. 32/2010 entscheidet das Land über die Gewährung, Einstellung, Einschränkung oder Verweigerung von Leistungen der Grundversorgung an Personen gemäß § 2 Abs. 3 lit. b bis f nunmehr im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung - in Punkt 3.3. seines Beschlusses vom , 4 Ob 213/11v, Folgendes ausgeführt:

"(a) Anders als die Hilfs- und die Schutzbedürftigkeit wird die 'Unterstützungswürdigkeit' im Kärntner Landesgesetz nicht definiert. Art 2 Abs 4 der Grundversorgungsvereinbarung bietet hier aber eine Auslegungshilfe: Nach dieser Bestimmung 'kann' die 'Unterstützungswürdigkeit des Fremden (…) eingeschränkt werden oder verloren gehen, wenn er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden ist, die einen Ausschlussgrund gemäß § 13 AsylG darstellen kann'. Der Landesgesetzgeber setzte diese Bestimmung - ohne den Begriff 'Unterstützungswürdigkeit' zu verwenden - in § 3a Abs 1 lit e K-GrvG als Grund für die Einschränkung, Einstellung oder Verweigerung der Grundversorgung um. Dabei nahm er auch auf die Nachfolgebestimmung von § 13 AsylG 1997, nämlich § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005, Bezug. Beide Regelungen verlangen die Verurteilung wegen eines 'besonders schweren Verbrechens'.

(b) Auf dieser Grundlage kann das Kriterium der 'Unterstützungswürdigkeit' nicht als Generalklausel verstanden werden, die alle anderen Voraussetzungen für die Hilfegewährung überlagert und es dem beklagten Land ermöglicht, trotz Vorliegen dieser Voraussetzungen im Einzelfall die Leistung zu verweigern. Vielmehr ist fehlende Unterstützungswürdigkeit aufgrund systematischer Interpretation nur bei einem Fehlverhalten anzunehmen, das in seinem Gewicht einem 'besonders schweren Verbrechen' iSv § 13 AsylG 1997 und § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 gleichkommt. Das bloße Unterbleiben einer freiwilligen Ausreise erfüllt diese Voraussetzung nicht. Zudem führte diese Auffassung dazu, dass § 2 Abs 3 lit b K-GrvG aus den oben (Punkt 3.1.d.) angeführten Gründen seinen Anwendungsbereich verlöre: Rechtfertigt schon das Unterbleiben der freiwilligen Ausreise - wegen 'Unterstützungsunwürdigkeit' - den Entfall der Grundversorgung, wäre eine Regelung für den Fall der Unmöglichkeit einer Abschiebung nicht erforderlich."

Diesem Verständnis, wonach fehlende Unterstützungswürdigkeit nur im Fall eines besonders schweren Fehlverhaltens angenommen werden kann, das in seinem Gewicht einem Asylausschlussgrund gleichkommt, und die bloße Weigerung, der Ausreiseverpflichtung nachzukommen, jedenfalls kein solches Fehlverhalten darstellt, schließt sich der Verwaltungsgerichtshof zur insofern gleichlautenden Rechtslage nach dem K-GrvG vor der Novellierung durch LGBl. Nr. 32/2010 an.

4.3. Strittig ist weiters, ob die Mitbeteiligten schutzbedürftig im Sinne des § 2 Abs. 3 litb. b K-GrvG, also aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind.

4.3.1. Die Amtsbeschwerde vertritt dazu die Auffassung, ein Anspruch auf Grundversorgung nach dieser Bestimmung sei erst gegeben, wenn die zuständige Botschaft bestätigte, dass der Fremde kein Heimreisezertifikat erhalten werde, nicht aber während eines anhängigen Ermittlungsverfahrens zur Beschaffung eines solchen. Eine solche Bestätigung liege gegenständlich nicht vor, auch die zuständige Fremdenpolizeibehörde habe nicht bestätigt, dass kein Heimreisezertifikat erlangt werden könne.

Diese Auffassung findet keine Grundlage im K-GrvG in der hier maßgeblichen Fassung. § 2 Abs. 3 lit. b und d stellen allein darauf ab, ob Fremde ohne Aufenthaltsrecht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind, nicht aber auf das Vorliegen einer entsprechenden Bestätigung (einer Botschaft bzw. der Fremdenpolizeibehörde). Erst mit LGBl. Nr. 32/2010 - diese Rechtslage ist gemäß Art. II Abs. 2 LGBl. Nr. 32/2010 auf das hier gegenständliche, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle bereits anhängige Verfahren noch nicht anwendbar - wurde die Bestimmung des § 3a Abs. 1 lit. j K-GrvG eingeführt, wonach Grundversorgungsleistungen gemäß §§ 3 bis 5 "eingeschränkt, eingestellt oder verweigert" werden können, wenn in den Fällen des § 2 Abs. 3 lit. b oder d keine Mitteilung der Fremdenpolizei über die Nichtabschiebbarkeit getroffen wurde.

Damit hat aber die belangte Behörde die Frage der Abschiebbarkeit der Mitbeteiligten zutreffend selbständig beurteilt.

4.3.2. Die Amtsbeschwerde wendet sich aber auch gegen diese Beurteilung und weist dazu darauf hin, dass eine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung nach der Bestimmung des § 2 Abs. 3 lit. b K-GrvG nur dann vorliege, wenn die einer Abschiebung entgegenstehenden Gründe nicht auf zumutbare Weise vom Fremden selbst beseitigt werden könnten.

4.3.3. Soweit die Amtsbeschwerde dazu auf das Unterbleiben der freiwilligen Ausreise durch die Mitbeteiligten verweist, ist sie wiederum auf den bereits zitierten Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 213/11v, zu verweisen, in dessen Punkt 3.1. dieser ausgeführt hat:

"(b) Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass das Gesetz an der tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung anknüpft, nicht am Unterbleiben einer freiwilligen Ausreise nach rechtskräftiger Abweisung eines Asylantrags. Diese - auf der nach der Grundversorgungsvereinbarung (BGBl I 2004/80) - beruhende Entscheidung des Gesetzgebers lässt es nicht zu, allein aus der Nichtbefolgung der mit der Abweisung des Asylantrags verbundenen Ausweisung das Nichtvorliegen der Schutzbedürftigkeit abzuleiten. 'Mitwirkung' in einem Verfahren bedeutet auch bei weitester Auslegung nicht das freiwillige Befolgen eines am Ende eines Verfahrens (hier des Asylverfahrens) erteilten Auftrags, für dessen Durchsetzung ein anderes (hier das fremdenpolizeiliche) Verfahren vorgesehen ist. Die Auffassung, dass schon das Unterbleiben einer freiwilligen Ausreise die Leistung der Grundversorgung ausschließe, ist daher mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht vereinbar. Dazu kommt ein systematisches Argument: Nähme man an, dass schon das Unterbleiben einer freiwilligen Ausreise der Leistung von Grundversorgung entgegenstünde, wäre nicht verständlich, welchen Zweck § 2 Abs 3 lit b K-GrvG noch hätte. Denn die Frage, ob eine Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist, stellt sich nur, wenn eine solche Abschiebung überhaupt erforderlich ist, der betroffene Fremde also nicht freiwillig ausreist. Führte schon das Unterbleiben der freiwilligen Ausreise zum Entfall der Unterstützung, bliebe für die Anwendung dieser Bestimmung daher kein Raum. Anlass für eine korrigierende Interpretation besteht nicht, da ohnehin Mitwirkungspflichten beim Schaffen der Voraussetzungen für eine Abschiebung bestehen."

Diesen Ausführungen, wonach das bloße Unterbleiben der freiwilligen Ausreise nicht die Schutzwürdigkeit gemäß § 2 Abs. 3 lit. b K-GrvG ausschließt, schließt sich der Verwaltungsgerichtshof zur insofern gleichlautenden Rechtslage nach dem K-GrvG vor der Novellierung durch LGBl. Nr. 32/2010 an.

4.3.4. Die Amtsbeschwerde macht in diesem Zusammenhang weiters geltend, die Mitbeteiligten seien ihren Mitwirkungspflichten insofern nicht nachgekommen, als sie sich nicht um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates gekümmert bzw. trotz Aufforderung der Fremdenpolizeibehörde nicht bei der aserbaidschanischen Botschaft in Wien erschienen seien sowie an der Feststellung ihrer Staatsangehörigkeit nicht mitgewirkt hätten.

Damit zeigt sie im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

4.3.4.1. Zunächst ist der Amtsbeschwerde insofern zuzustimmen, als nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Abschiebungsaufschub eine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung dann nicht vorliegt, wenn der einer Abschiebung entgegenstehende Grund vom Fremden auf zumutbare Weise (also etwa durch Bekanntgabe seiner wahren Identität bzw. des richtigen Herkunftsstaates) beseitigt werden kann (vgl. zur Rechtslage nach § 46 Abs. 3 FPG in der Fassung bis zur Novellierung durch BGBl. I Nr. 122/2009 die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/21/0132, und vom , Zl. 2006/21/0375; zur insoweit gleichlautenden Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1997 die auch von der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/21/0116, und vom , Zl. 98/21/0491). Dies gilt auch zur Bestimmung des § 46a Abs. 1 Z. 3 FPG idF BGBl. I Nr. 122/2009, wonach hinsichtlich der Duldung eines Fremden darauf abzustellen ist, ob dessen Abschiebung aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich scheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0209).

Ausgehend davon, dass auch das K-GrvG insofern auf die "Duldung" des betreffenden Fremden abstellt (vgl. die ErlRV zum K-GrvG, LGBl. Nr. 43/2006, S. 2), kann diese Judikatur auch auf die Formulierung "aus (…) tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar" in § 2 Abs. 3 lit. b und d K-GrvG übertragen werden.

Die Mitbeteiligten wären also dann nicht als aus tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar anzusehen, wenn sie die ihrer Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse auf zumutbare Weise hätten beseitigen können (vgl. neben den bereits zitierten hg. Erkenntnissen auch den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/21/0054).

4.3.4.2. Auf die Frage, inwiefern die Mitbeteiligten die ihrer Abschiebung entgegenstehenden Hindernisse auf zumutbare Weise hätten beseitigen können, ist die belangte Behörde jedoch nicht eingegangen. Zwar geht auch die belangte Behörde davon aus, dass der Abschiebung der Mitbeteiligten das Fehlen eines Reisedokumentes entgegengestanden sei, sie dazu aufgefordert worden waren, zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der aserbaidschanischen Botschaft in Wien vorzusprechen und sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind, sie legt aber nicht dar (und es ist auch sonst nicht ersichtlich), dass das der Abschiebung entgegenstehende Hindernis - das Fehlen von Reisedokumenten - durch die Vorsprache bei der aserbaidschanischen Botschaft nicht beseitigt hätte werden können.

Soweit die belangte Behörde dazu (nur) ausführt, es sei noch nicht hinreichend geklärt, ob die aserbaidschanische Botschaft bereit sei, ein Heimreisezertifikat für die Mitbeteiligten auszustellen, ist dem zu entgegnen, dass gerade diese Klärung letztlich durch die beabsichtigte Vorsprache der Mitbeteiligten hätte herbeigeführt werden sollen. Hinweise dafür, dass einer Abschiebung der Mitbeteiligten nach Aserbaidschan noch weitere Hindernisse entgegengestanden seien, zu deren Beseitigung das Erscheinen der Mitbeteiligten vor der aserbaidschanischen Vertretungsbehörde nicht geeignet gewesen wäre und die allein die zuständige Fremdenpolizeibehörde ohne Mitwirkung der Mitbeteiligten hätte beseitigen können, sind dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen.

Steht aber der Abschiebung - soweit in diesem Zeitpunkt des Verfahrens erkennbar - allein das Fehlen von Reisedokumenten des Fremden entgegen, kann (im Sinne der Argumentation der Amtsbeschwerde) zunächst davon ausgegangen werden, dass dieses Hindernis durch die Vorsprache des Fremden bei der Vertretungsbehörde auf zumutbare Weise beseitigt werden könnte.

4.3.4.3. Soweit die belangte Behörde ausführt, das K-GrvG in der anzuwendenden Fassung enthalte keinen Hinweis darauf, dass bei Unterlassung der Mitwirkungspflicht die Grundversorgung einzustellen sei, und damit erkennbar auf die Bestimmung des § 3a Abs. 1 K-GrvG idF LGBl. Nr. 32/2010 Bezug nimmt, ist dem zu entgegnen, dass die Einstellung der Grundversorgung gegenständlich allein darauf gestützt wurde, dass eine der maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Gewährung - nämlich die Schutzbedürftigkeit gemäß § 2 Abs. 3 K-GrvG - nicht mehr vorgelegen sei. Dass beim nachträglichen Wegfall einer Voraussetzung für die Gewährung der Grundversorgung diese mittels Bescheid eingestellt wird, begegnet keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, ist dem Gesetzgeber des K-GrvG in der hier anzuwendenden Fassung doch nicht zu unterstellen, dass einmal gewährte Leistungen selbst bei Wegfall der für ihre Gewährung maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin Bestand haben sollten.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Der von der beschwerdeführenden Landesregierung geltend gemachte Aufwandersatz konnte nicht zuerkannt werden, weil nach § 47 Abs. 4 VwGG unter anderem in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz stattfindet. § 12 Abs. 2 Kärntner Verwaltungssenatsgesetz, LGBl. Nr. 104/1990, wonach die Landesregierung gegen Entscheidungen des Senates in Angelegenheiten, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung den Ländern obliegt, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann, stellt (allein) einen Fall der Amtsbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG dar. Soweit die beschwerdeführende Landesregierung ihre Beschwerdelegitimation auch auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG stützt, ist ihr zu entgegnen, dass subjektive Rechte der Landesregierung im Sinne dieser Bestimmung nach dem K-GrvG nicht bestehen.

Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-82402