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VwGH vom 20.01.2011, 2010/22/0218

VwGH vom 20.01.2011, 2010/22/0218

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des M in I, geboren 1964, vertreten durch Dr. Georg Gschnitzer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom , Zl. E1/18141/2010, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus.

Diese Maßnahme begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am mit einem verfälschten Reisepass in Österreich eingereist und nach Deutschland weitergefahren sei. Er sei am in M nach Feststellung des Falsifikates festgenommen und am nach Österreich rücküberstellt worden. Sein Asylantrag vom selben Tag sei mit rechtskräftig abgewiesen worden. Am habe er eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG beantragt. Seinen Angaben zufolge habe er von 1991 bis 2000 in Deutschland gelebt.

Wegen des versuchten Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden sei er durch das Landesgericht Innsbruck am zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt worden.

Durch die Ausweisung erfolge ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers, der aber die Ausweisung im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG nicht unzulässig mache. Es bestehe ein großes öffentliches Interesse daran, dass sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten. Die privaten oder familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet wögen nicht so schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung. Er halte sich zwar seit , sohin seit mehr als sieben Jahren, im Bundesgebiet auf; sein Aufenthalt als Asylwerber sei aber "von vornherein nicht auf Dauer angelegt" gewesen. Jeder Asylwerber wisse oder müsste jedenfalls wissen, dass er im Fall des negativen Abschlusses des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen müsse.

Der Beschwerdeführer sei geschieden und lebe allein in I. Er sei der Art und Dauer des Aufenthalts entsprechend integriert und spreche "mäßig" deutsch. Er habe eine Einstellungszusage als Hilfsarbeiter im Gastgewerbe. Bindungen zu seinem Heimatland habe er nach seinen Angaben "kaum noch". Er habe drei mittlerweile volljährige Kinder, die nach seinen Angaben in Deutschland lebten. Er sei von der Türkei noch nicht so lange weg, dass er sich mit den dortigen Gegebenheiten nicht mehr zurecht finden könnte. Sein Privatleben in Österreich sei zur Gänze in einer Zeit entstanden, in der er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sei oder jedenfalls hätte bewusst sein müssen. Durch die Rückkehr in die Türkei bewirkte Unannehmlichkeiten müssten im Interesse der öffentlichen Ordnung in Kauf genommen werden. Dass er gefahrlos in die Türkei zurückkehren könnte, habe bereits das Bundesasylamt rechtskräftig festgestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides versucht der Beschwerdeführer daraus abzuleiten, dass der auf Briefpapier der Bundespolizeidirektion Innsbruck verfasste erstinstanzliche Bescheid die Fertigungsklausel "Für den Polizeidirektor: Mag. H B" aufweise. Aufgrund der Fertigungsklausel müsse angenommen werden, dass die entscheidende Behörde "Polizeidirektor ist, der aber keine Behörde darstellt". Diese Nichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides hätte die belangte Behörde aufgreifen müssen.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Gemäß Art. 78c B-VG steht an der Spitze einer Bundespolizeidirektion der Polizeidirektor, an der Spitze der Bundespolizeidirektion Wien der Polizeipräsident. Es unterliegt sohin keinem Zweifel, dass der genehmigende Organwalter eine der Bundespolizeidirektion Innsbruck zurechenbare Entscheidung getroffen hat. Der Zusatz, dass die Genehmigung "Für den Polizeidirektor:" erfolgt sei, weist lediglich darauf hin, dass der Behördenleiter - zulässigerweise - die Besorgung der betreffenden gesetzlichen Aufgabe einem ihm unterstellten Organ übertragen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/18/0290, und vom , 99/18/0246). Dass aus anderen Gründen die Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG entsprochen hätte, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht. Von einer (absoluten) Nichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides war somit nicht auszugehen.

Auch im Übrigen haftet dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit an.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Er vermag auch keine Berechtigung zu einem Aufenthalt in Österreich vorzuweisen, weshalb keine Bedenken gegen die Anwendung des Ausweisungstatbestandes des § 53 Abs. 1 FPG durch die belangte Behörde bestehen.

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG ist die Ausweisung, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Diesbezüglich vermag der Beschwerdeführer zwar auf einen längeren Aufenthalt in Österreich zu verweisen, der jedoch in seiner Rechtmäßigkeit auf einem letztlich abgewiesenen Asylantrag beruhte.

Soweit der Beschwerdeführer die Gefahr einer Verfolgung in seinem Heimatland anspricht, wurde dies bereits im Asylverfahren geprüft und ist im Ausweisungsverfahren nicht relevant. Auch wenn sich der Beschwerdeführer nach seinen Angaben bereits mehr als 15 Jahre außerhalb seines Heimatlandes befindet, hat er sich doch bis zum Alter von mehr als 30 Jahren in der Türkei aufgehalten, weshalb eine völlige Entwurzelung nicht angenommen werden kann. Eine große Bedeutung kommt bei der Interessenabwägung dem Umstand zu, dass der Beschwerdeführer nicht über eine eigene Kernfamilie in Österreich verfügt.

Zusammengefasst reichen der lange inländische Aufenthalt und die Einstellungszusage als Hilfsarbeiter nicht aus, um den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich ein größeres Gewicht zu verleihen als dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am