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VwGH 08.01.2020, Ra 2019/07/0116

VwGH 08.01.2020, Ra 2019/07/0116

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Norm
VwGG §30 Abs2
RS 1
Stattgebung - Staatsbürgerschaft - Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem Vollzug zugänglich ist. Diese Voraussetzung wurde in der Rechtsprechung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, für Bescheide, mit denen ein Rechtsmittel als verspätet zurückgewiesen wurde, jedenfalls dann bejaht, wenn der im Verwaltungsverfahren mit dem (sodann zurückgewiesenen) Rechtsmittel bekämpfte Bescheid einem Vollzug zugänglich ist (vgl. VwGH (verstärkter Senat) , 2680/80, VwSlg 10.381 A/1981; , AW 2007/08/0059). Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 steht dieser Rechtsprechung nicht entgegen. Wesentlich ist daher weiterhin, ob der von den Revisionswerbern jeweils mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG zugänglich ist.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/01/0117 B RS 1 (hier Nichtstattgebung; Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 und Tiroler Naturschutzgesetz 2005)
Normen
VwGG §30 Abs2
VwGVG 2014 §33 Abs4
RS 2
Nichtstattgebung - Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 und dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - Im Falle der negativen Erledigung eines Wiedereinsetzungsantrages liegt die Vollzugstauglichkeit im Wegfall der Möglichkeit, dem Wiedereinsetzungsantrag selbst (nunmehr nach § 33 Abs. 4 letzter Satz VwGVG) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. , mwN).
Normen
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
RS 1
§ 18 Abs. 3 und 4 AVG unterscheiden zwischen der Erledigung der Behörde, daher der Beurkundung ihres Willensaktes einerseits, und der Ausfertigung, d.h. der förmlichen Kundmachung dieses Willensaktes gegenüber Parteien und anderen Beteiligten andererseits (vgl. , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/18/0442 E RS 1
Normen
AVG §18 Abs3 idF 1990/357
AVG §18 Abs4 idF 1990/357
VwRallg
RS 2
Von der Frage der Genehmigung einer Erledigung (der Willensbildung, verkörpert in der Urschrift) ist jene der Frage der Bekanntgabe der Erledigung durch die Übermittlung (Zustellung) der schriftlichen Ausfertigung der Erledigung zu unterscheiden. Die behördeninterne Genehmigung der Entscheidung wird - seit der Novelle BGBl. 1990/357 - in Abs. 3, die Ausfertigung dieser Entscheidung an die Partei in Abs. 4 des § 18 AVG geregelt. Ein Mangel der Urschrift kann auch nicht durch eine fehlerfreie Ausfertigung saniert werden. Vielmehr kann eine Ausfertigung nur dann rechtliche Wirkungen zeitigen, wenn ihr eine gemäß § 18 Abs. 3 AVG genehmigte Erledigung (und nicht bloß ein Bescheidentwurf) zugrunde lieg. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (vgl. ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/22/0042 B RS 1 (hier nur die beiden ersten Sätze)
Normen
AVG §18
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
VwRallg
RS 3
Die Unterschrift des Genehmigenden muss nicht auf das Schriftstück, das die Erledigung trägt, selbst gesetzt werden. Es genügt, wenn auf dem Konzept, dem Entwurf, dem Referatsbogen, etc. die Unterschrift des Genehmigenden aufscheint (vgl. ; ). Wesentlich ist, dass eine eindeutig klare Zuordnung der Unterschrift zum Inhalt des genehmigten Textes gewährleistet ist und zum Ausdruck kommt, dass die Unterschrift den Akt der Genehmigung des Textes dokumentiert (vgl. ). Diese Rechtsprechung ist - auch soweit sie zu früheren Fassungen des § 18 AVG ergangen ist - im Hinblick auf die auch damals vorgesehene "Unterschrift des Genehmigenden" auf die geltende Rechtslage hinsichtlich einer (nicht elektronischen) Genehmigung iSd. § 18 Abs. 3 erster Halbsatz AVG übertragbar.
Normen
AVG §18 Abs4
E-GovG 2004 §19
WRG 1959 §107 Abs3
RS 4
Die Bereitstellung von Bescheiden "auf einer elektronischen Plattform" iSd. § 107 Abs. 3 WRG 1959 kann schon wesensgemäß nur in Form eines elektronischen Dokuments erfolgen. Wenn ein "elektronisches Dokument" vorliegt, das in § 18 Abs. 4 zweiter Satz AVG geregelt ist, kann es sich gerade nicht um eine "sonstige Ausfertigung" im Sinne des dritten Satzes dieser Bestimmung handeln. § 18 Abs. 4 zweiter Satz AVG sieht für Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten (lediglich) vor, dass diese mit einer Amtssignatur nach § 19 E-GovG 2004 zu versehen sind.
Normen
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
E-GovG 2004 §19
E-GovG 2004 §2 Z1
E-GovG 2004 §2 Z5
VwRallg
RS 5
Eine Ausfertigung in Form eines elektronischen Dokuments kann völlig unabhängig von der Form der Erledigung, insbesondere deren Entstehung und Genehmigung, erstellt werden. Dabei ist die "elektronische Genehmigung" der Erledigung - nach den Worten des Gesetzes das "Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG 2004) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG 2004)" - von der Amtssignatur nach § 19 E-GovG 2004 auf einer Ausfertigung zu unterscheiden. Die Darstellung der Amtssignatur (auf einer Ausfertigung) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (). Zwar kann die Genehmigung mittels einer Amtssignatur erfolgen, was den Vorteil bietet, dass damit auch die Ausfertigungen diese Amtssignatur enthalten und keiner weiteren Beglaubigung bedürfen; die Verwendung einer Amtssignatur ist aber für die elektronische Genehmigung nicht verpflichtend (vgl. ErläutRV zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, 294 BlgNR 23. GP, 12ff; in diesem Sinn auch ).
Normen
AVG §18 Abs4
WRG 1959 §107 Abs3
RS 6
Die elektronische Bereitstellung ist von der Art der Erstellung der Erledigung unabhängig. Auch § 107 Abs. 3 WRG 1959 enthält diesbezüglich keine Einschränkungen, sondern schreibt im Gegenteil in jedem Fall die Bereitstellung des Bescheides auf einer elektronischen Plattform, und damit als elektronisches Dokument vor.
Normen
AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §58 Abs3
AVG §63
RS 7
Die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung vermag nach Rechtsprechung und Lehre nur dann Rechtswirkungen zu entfalten, wenn sie einer bestimmten Behörde zurechenbar ist. Für den Bescheidcharakter einer Erledigung ist es daher wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann. Für einen meritorischen Abspruch über eine Berufung gegen eine Erledigung, die keine Bescheidqualität hat, ist die Berufungsbehörde nicht zuständig (vgl. zum Ganzen ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/06/0136 E RS 1 (hier ohne den letzten Satz)
Normen
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §63 Abs1
B-VG Art10
B-VG Art101
B-VG Art102
B-VG Art15
VwGG §42 Abs1
VwGVG 2014 §17
RS 8
Es ist als zulässig anzusehen, dass mehrere Behörden, die in verschiedenen Vollzugsbereichen tätig werden (insbesondere solche, die sich des gleichen Hilfsorgans bedienen, wie Landeshauptmann und Landesregierung) über einen Antrag mit zwei Bescheiden absprechen, die in einer gemeinsamen Ausfertigung enthalten sind, solange sich daraus eindeutig ergibt, welcher Bescheid von welcher Behörde erlassen wurde (vgl. , 0234, , 99/10/0205, und , 2002/07/0059, 0085). Es mag zutreffen, dass diese Rechtsprechung bislang lediglich Berufungsbescheide in Einparteienverfahren behandelt hat. Es ist jedoch kein Grund - insbesondere keine Besonderheit solcher Bescheide oder des Berufungsverfahrens - erkennbar, die einer Anwendung dieser Grundsätze auf Bescheide allgemein und damit auch solche von erstinstanzlichen Behörden und in Mehrparteienverfahren entgegenstehen würde. Sofern einzelne der in einer Ausfertigung zusammengefassten Bescheide formelle Besonderheiten aufweisen (etwa unterschiedlicher Kreis von Parteien, unterschiedlicher Rechtszug und damit Rechtsmittelbelehrung etc.), so wäre dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen (vgl. , zu unterschiedlichen Rechtsmittelbelehrungen bei der Zusammenfassung von Bescheiden in einer Ausfertigung). Soweit etwa besondere Vorschriften für die Zustellung bestehen, mag die Zusammenfassung mehrerer Bescheide in einer Ausfertigung möglicherweise unzweckmäßig sein, es ist jedoch nicht erkennbar, warum dies ein solches Vorgehen unzulässig machen sollte.
Normen
VwGVG 2014 §7 Abs4
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs5
WRG 1959 §107 Abs3
RS 9
Mit § 102 Abs. 5 WRG 1959 wird anerkannten Umweltorganisationen ausdrücklich das Recht der Beschwerde an das VwG gegen bestimmte Bescheide eingeräumt. § 107 Abs. 3 WRG 1959 ordnet die Bereitstellung von näher umschriebenen Bescheiden auf einer diesen Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform an. Die Bestimmung knüpft an diese Bereitstellung jedoch nicht etwa unmittelbar die Auslösung einer (von § 7 Abs. 4 VwGVG 2014 abweichenden) Beschwerdefrist, sondern erklärt mit Ablauf von zwei Wochen nach der Bereitstellung den betreffenden Bescheid gegenüber jeder nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 zur Beschwerde berechtigten Umweltorganisation als zugestellt, womit wiederum die vierwöchige Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG 2014 ausgelöst wird.
Normen
AVG §21
AVG §59 Abs1
AVG §8
NatSchG Tir 2005
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs5
WRG 1959 §104a
WRG 1959 §107 Abs3
ZustG §28 Abs1
RS 10
Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des § 107 Abs. 3 WRG 1959 regelt diese Bestimmung ausschließlich die Bereitstellung von "Bewilligungsbescheide[n] betreffend wasserrechtliche Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand gemäß § 104a" und bietet eine Rechtsgrundlage für die Annahme einer Zustellung nur solcher Bescheide gegenüber einer zur Erhebung einer Beschwerde iSd. § 102 Abs. 5 WRG 1959 berechtigten Umweltorganisation. Es ist damit ausgeschlossen, die Bereitstellung eines Bescheides, der ausschließlich etwa auf dem Tir NatSchG 2005 beruht, auf der Grundlage von § 107 Abs. 3 WRG 1959 als zulässige Zustellung zu betrachten. Das gilt auch für den Fall der Zusammenfassung mehrerer Bescheide in einer Bescheidausfertigung. Diese verlieren durch die Zusammenfassung nicht ihre rechtliche Selbstständigkeit und sind daher insbesondere hinsichtlich einer zulässigen bzw. wirksamen Zustellung gesondert zu betrachten. Es besteht nämlich keine gesetzliche Grundlage dafür, durch Zusammenfassung von mehreren Bescheiden in einer Ausfertigung die anzuwendenden Zustellbestimmungen zu verändern. Das Tir. NatSchG 2005 hat idF. vor dem Tiroler Aarhus-Beteiligungsgesetz 2019, LGBl. Nr. 163/2019, keine besondere Form der Zustellung von Bescheiden an anerkannte Umweltorganisationen vorgesehen. Die Zustellung war daher gemäß § 21 AVG nach dem ZustG vorzunehmen. Dieses ermöglicht für eine elektronische Zustellung zwar von dessen dritten Abschnitt abweichende Regelungen in den für das Verfahren geltenden Vorschriften (vgl. § 28 Abs. 1 ZustG), § 107 Abs. 3 WRG 1959 stellt aber keine taugliche Grundlage für die Zustellung eines Bescheides nach dem Tir. NatSchG 2005 durch Bereitstellung auf der dort genannten elektronischen Plattform dar.
Normen
AVG §56
VwGVG 2014 §17
ZustG §7
RS 11
Bei Vorliegen eines Zustellmangels gilt gemäß § 7 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Dies ist bei einer elektronischen Zustellung jener Zeitpunkt, in dem der Empfänger durch Zugriff auf das elektronisch bereitgehaltene Dokument Kenntnis davon erlangt hat (vgl. ; , Ra 2019/19/0386).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2019/07/0114 B RS 1
Normen
AVG §22
VwGVG 2014 §17
ZustG §7
RS 12
Nach der hg Judikatur ist die Nichteinhaltung von Zustellvorschriften immer dann unschädlich, wenn der Zweck der Zustellung trotz aufgetretener Zustellmängel, mögen sie auch in einer Verletzung des Gesetzes begründet sein, auf welchem Weg auch immer, erreicht worden ist (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 7 ZustG Rz 5, vgl auch Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 7 Rz 2). In diesem Sinne ist auch eine formfehlerhafte Zustellung - wie hier: die fehlerhafte Nichtanordnung der eigenhändigen Zustellung - grundsätzlich einer Heilung zugänglich (vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 7 ZustG, Pkt 1., insbesondere E 4, zitierte hg Judikatur, weiters Hengstschläger/Leeb, AVG § 22 Rz 4, vgl auch Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 7 Rz 3f, sowie ).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2016/17/0067 E RS 3
Normen
BVwGG 2014 §21
VwGG §75 Abs2
ZPO §112
ZustG §37
ZustG §7
RS 13
Eine Rechtsgrundlage für eine Zustellung eines Bescheides im Weg der "Teilnehmer-Direktzustellung" ist im Fall der Bestellung eines Verfahrenshelfers durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer nicht ersichtlich. Insbesondere stellt der § 89d Abs. 2 GOG eine solche nicht dar. Die Bestimmung stellt - unter ausdrücklichem Verweis auf § 89a Abs. 2 GOG - auf elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben ab, wozu der gegenständliche Bestellungsbescheid zweifellos nicht zu zählen ist (vgl. ; , Ra 2016/20/0267, jeweils mwN). Auch das Bestehen anderer Rechtsgrundlagen für eine derartige Zustellung (§ 37 Zustellgesetz, § 75 Abs. 2 VwGG und § 21 BVwGG) hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits verneint (vgl. näher , mwN). Es liegt daher ein Zustellmangel vor, der jedoch gemäß § 7 Zustellgesetz geheilt wird, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt. Dabei kommt es im Fall der elektronischen Zustellung auf den Zeitpunkt des Zugriffs auf das am Bereithaltungsserver liegende Dokument an (vgl. nochmals VwGH Ra 2016/19/0131; Ra 2016/20/0267; Ra 2016/01/0289, mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2018/08/0004 B RS 2 (hier ohne den zweiten, den dritten und den letzten Satz)
Normen
AVG §56
VwGVG 2014 §17
ZustG §7
RS 14
Gemäß § 7 ZustG gilt - wenn im Verfahren der Zustellung Fehler unterlaufen - die Zustellung in dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. "Empfänger" im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nicht die Person, für die das Dokument inhaltlich bestimmt ist, die es betrifft, sondern die Person, an die es die Behörde gerichtet hat, die in der Zustellverfügung von ihr als Empfänger angegeben worden ist ("formeller Empfängerbegriff"). Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nicht heilen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1900 ff angeführten Nachweise zur Rechtsprechung; ferner Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltunsrecht5 (2009) 356 f; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht9 (2011) Rz 203/1, alle mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2009/01/0049 E RS 2 (hier ohne den ersten Satz)
Normen
UVPG 2000 §19 Abs7
VwGG §42 Abs1
VwGVG 2014 §7 Abs4
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs5
WRG 1959 §107 Abs3
ZustG §7
RS 15
Es wurde zwar der Umweltverband nicht ausdrücklich in der Zustellverfügung genannt, es wurde jedoch - ohne zwischen den gemeinsam ausgefertigten Bescheiden zu unterscheiden - die Übermittlung an die "Plattform gemäß § 107 Abs. 3 WRG 1959" verfügt. Dies ist nach dem Sinn und Zweck dieser Zustellregelung der Zustellung an sämtliche zur Beschwerde nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 berechtigte Umweltorganisationen zu verstehen, also alle nach § 19 Abs. 7 UVPG 2000 anerkannten Umweltorganisationen, deren örtliche Anerkennung das betreffende Vorhaben umfasst. Somit wurde die Zustellung (auch) an den Umweltverband im Wege der Bereitstellung auf der Plattform nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 verfügt, wenn auch im Umfang der naturschutzrechtlichen Bewilligung ohne gesetzliche Grundlage. Der Heilung der insoweit mangelhaften Zustellung steht daher nicht im Wege, dass der Umweltverband nicht namentlich in der Zustellverfügung genannt wurde. Entscheidend ist damit ausschließlich, ob (und wann) die Erledigung dem Umweltverband tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung eines Bescheides nach dem Tir. NatSchG 2005 ist durch Bereitstellung auf einer Plattform nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 nicht zulässig. Die Annahme einer Heilung nach § 7 ZustG und damit einer dennoch wirksamen Zustellung ist aber damit begründet, dass der Umweltverband rechtzeitig tatsächlich auf den Bescheid, der auch nach der Zustellverfügung der Behörde für ihn bestimmt war, zugegriffen hat. Dies steht auch im Einklang damit, dass er die Beschwerdefrist (auch) für den naturschutzrechtlichen Bescheid nicht etwa deshalb versäumt hat, weil er mit der Zustellung auf einem bestimmten Weg nicht gerechnet hätte, sondern allein aufgrund eines Irrtums bei der Fristberechnung.
Normen
AVG §41 Abs1
VwGG §42 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg
WRG 1959 §102 Abs2
WRG 1959 §107 Abs1
32005D0370 AarhusKonvention Art6 Abs2
RS 16
§ 102 Abs. 2 WRG 1959 sieht vor, dass anerkannte Umweltorganisationen Beteiligtenstellung in einem wasserrechtlichen Verfahren genießen, wobei ihnen - wie die Materialien (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, 270 BlgNR 26. GP) ausführen - die zur Wahrnehmung der Beteiligtenrechte erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Der Information der anerkannten Umweltorganisationen über das Verfahren dient die nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 - weil eben noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen - vorgeschriebene Kundmachung der Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (vgl. zu dieser "doppelten Kundmachung" etwa ). Sollte hingegen keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, so sind nach § 107 Abs. 1 vierter Satz WRG 1959 die anerkannten Umweltorganisationen durch eine Bereitstellung der in § 41 Abs. 1 AVG vorgesehenen Angaben auf einer für sie zugänglichen elektronischen Plattform über das Verfahren zu informieren. Dies führt im Allgemeinen zu einer dem Art. 6 Abs. 2 Aarhus-Konvention entsprechenden Information der anerkannten Umweltorganisationen, auch weil der Behörde mit der vorgeschriebenen zusätzlichen Kundmachung "auf sonstige geeignete Weise" eine Bedachtnahme auf die erforderliche Information der beteiligten Öffentlichkeit ermöglicht wird. Nur eine Kundmachung, die auch potenziell alle in Betracht kommenden Beteiligten erreicht, ist in diesem Sinn "geeignet".
Normen
AVG §13
VwGVG 2014 §17
VwRallg
RS 17
Parteierklärungen sind nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Entscheidend ist, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei eindeutigem Inhalt eines Anbringens sind davon abweichende, nach außen nicht zum Ausdruck gebrachte Absichten und Beweggründe grundsätzlich unbeachtlich. Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen. Es darf im Zweifel nicht davon ausgegangen werden, dass eine Partei einen von vornherein sinnlosen oder unzulässigen Antrag gestellt hat (vgl. - unter Hinweis auf die die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Hengstschläger/Leeb, AVG I² § 13 Tz 38 f).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2020/15/0032 B RS 2
Normen
AVG §13 Abs1
AVG §37
B-VG Art133 Abs4
VwGVG 2014 §17
VwRallg
RS 18
Eine in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen kann nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Einer vertretbaren Auslegung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem VwG eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen ist (vgl. ). (Eine solche krasse Fehlbeurteilung liegt hier vor.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2021/07/0071 E RS 2 (hier ohne den Hierzusatz)
Normen
AVG §13
AVG §6 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §33
RS 19
Zwar hat nach § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG 2014 auch das VwG seine sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es ein Anbringen in Behandlung zu nehmen hätte, das ausdrücklich bei einer anderen Behörde gestellt und eingebracht wurde, auch wenn es davon durch Mitteilung des Einschreiters oder der Einschreiterin erfährt und für dessen Behandlung zuständig wäre. Genausowenig gilt in einem solchen Fall eine ausdrücklich lediglich "zur Kenntnis" übermittelte Kopie dieses bei der anderen Behörde eingebrachten Anbringens als beim zuständigen VwG eingebracht. Das Gesetz sieht in diesem Fall vielmehr ausdrücklich eine "auf Gefahr des Einschreiters" zu erfolgende Weiterleitung an die zuständige Stelle durch jene Behörde vor, bei der das Anbringen eingelangt ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH trifft (erst) mit dem Einlangen des abgetretenen Antrags bei der Behörde, an die er nach § 6 Abs. 1 AVG weitergeleitet wurde, diese die Entscheidungspflicht (vgl. ).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Umweltverbandes W, vertreten durch Mag. Dr. Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, der gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zlen. 1. LVwG-2019/26/0987-11 und 2. LVwG- 2019/26/0988-11, betreffend Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 und dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol und Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei:

P Ges.m.b.H. & Co KG, vertreten durch Dr. Christian Girardi, Ing. Dr. Stefan Schwärzler und Mag. Daniel Pichler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 29/P), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Mit gemeinsam ausgefertigten Bescheiden der belangten Behörden vom wurden der mitbeteiligten Partei die wasser- und naturschutzrechtlichen Bewilligungen zur Erweiterung einer Beschneiungsanlage in einem Gletscherskigebiet erteilt. 2 Mit den angefochtenen Beschlüssen des Verwaltungsgerichtes vom wurde die dagegen erhobene Beschwerde des nunmehrigen Revisionswerbers als verspätet zurückgewiesen und seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (gegen die Versäumung der Beschwerdefrist) nicht stattgegeben. 3 Die dagegen erhobene Revision verband der Revisionswerber - eine anerkannte Umweltorganisation im Sinne des § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 - mit dem Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

4 Dazu brachte er vor, durch die Bewilligungen würde ein nicht wiedergutmachbarer und wiederherstellbarer Eingriff in zwei konkret bezeichnete Bachgerinne erfolgen. Durch die Neuerrichtung eines Speicherteiches würde es zur (unumkehrbaren) Verschlechterung der hydromorphologischen Qualitätskomponente eines dieser Bäche kommen. Der andere sei schon durch eine frühere nicht bewilligte Maßnahme im Zustand verschlechtert worden und solle nun erneut in Richtung Südwesten verschoben werden. All diese Maßnahmen seien unumkehrbar und führten zur Verschlechterung des Zustandes dieser beiden Gewässerkörper. Hingegen sei ein öffentliches Interesse nicht erkennbar, vielmehr liege ausschließlich ein betriebswirtschaftliches Interesse der mitbeteiligten Partei vor.

5 Die belangten Behörden haben sich zu diesem Antrag innerhalb der ihnen vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Frist nicht geäußert.

6 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie vorbrachte, dass durch die Beistellung einer ökologischen Baubegleitung und gewässerökologischen Bauaufsicht und bei Einhaltung der ihr erteilten Auflagen sichergestellt sei, dass das Bauvorhaben unter bestmöglicher Schonung der Natur umgesetzt werde, sodass der Revisionswerber keine unverhältnismäßigen Nachteile darlegen habe können.

7 Überdies stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach Ansicht der mitbeteiligen Partei deren massive Interessen an der Ausübung der erteilten Genehmigungen entgegen. Ohne die Erweiterung sei der Betrieb der Beschneiungsanlage und damit einhergehend der Betrieb des Gletscherskigebietes in der vorliegenden Form gefährdet. Die Talgemeinden hätten im Verfahren die regionalwirtschaftliche Notwendigkeit der Projektverwirklichung dargelegt und sähen die Erweiterung der Beschneiungsanlage als Voraussetzung zur Aufrechterhaltung und weiteren Entwicklung des Skibetriebes. Der Betrieb des Gletscherskigebietes trage zum volkswirtschaftsregionalen wirtschaftlichen Nutzen für die gesamte Region bei, die Absicherung der Beschneiungsanlage sei davon ein wesentlicher Bestandteil. Der weitere Betrieb des Gletscherskigebietes sei für die ökonomische Struktur des Tales unabdingbar. Der wasserwirtschaftliche Bedarf an der gegenständlichen Erweiterung sei auch gutachterlich belegt.

8 Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers einer Revision die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind diese Bestimmungen nach § 30 Abs. 5 VwGG sinngemäß anzuwenden.

9 Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem Vollzug zugänglich ist. Diese Voraussetzung wurde in der Rechtsprechung vor der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit für Bescheide, mit denen ein Rechtsmittel als verspätet zurückgewiesen wurde, jedenfalls dann bejaht, wenn der im Verwaltungsverfahren mit dem (sodann zurückgewiesenen) Rechtsmittel bekämpfte Bescheid einem Vollzug zugänglich ist. Diese Rechtsprechung wurde auch zur Rechtslage nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 fortgesetzt. Wesentlich ist daher weiterhin, ob der von den Revisionswerbern jeweils mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG zugänglich ist (vgl. , mwN). Im Falle der negativen Erledigung eines Wiedereinsetzungsantrages liegt die Vollzugstauglichkeit im Wegfall der Möglichkeit, dem Wiedereinsetzungsantrag selbst (nunmehr nach § 33 Abs. 4 letzter Satz VwGVG) aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (vgl. , mwN). Es ist daher im Ergebnis insgesamt davon auszugehen, dass die angefochtenen Beschlüsse einem Vollzug zugänglich sind. 10 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach seiner ständigen Judikatur im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen, Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichtes auszugehen. Unter diesen Annahmen sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. , mwN).

11 Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt. Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff in die von Umweltschutzvorschriften geschützten Interessen einen "unverhältnismäßigen Nachteil" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG darstellt, ist unter anderem maßgeblich, inwieweit die Folgen des Eingriffes im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beseitigt werden können, wobei den Antragsteller eine Konkretisierungspflicht trifft. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über die Wiederherstellung des vorigen Zustandes ab (vgl. etwa ; , Ra 2015/03/0058 und , AW 2009/10/0054). 12 Im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht in den angefochtenen Beschlüssen lediglich über die Rechtzeitigkeit der Beschwerde bzw. über einen Wiedereinsetzungsantrag entschieden hat, sind der Entscheidung über die Gewährung der aufschiebenden Wirkung zunächst die - im Aufschiebungsverfahren nicht bestrittenen - Annahmen der belangten Behörden in deren vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheiden zu Grunde zu legen. 13 Demnach führt die Neuerrichtung des Speicherteiches samt Errichtung einer neuen Bachwasserfassung zu einer Verschlechterung der Hydromorphologie betreffend der Ufer und der Sohldynamik in einem 400 m langen Teilabschnitt eines Baches, da durch das Vorhaben die sehr breite Verzweigungsstrecke von etwa 70 m durch den Bau des Speicherteiches auf eine Breite von rund 20 m eingeengt wird. Allerdings verbleibt dem Bach noch die Möglichkeit zu bettbildenden Prozessen, zur Ausbildung von Furkationen bzw. eines pendelnden Bachlaufes. Hinsichtlich der biologischen und der chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten dieses Baches ist keine Veränderung des derzeitigen sehr guten Zustandes zu erwarten. Betreffend den anderen im Antrag genannten Bach, der nach einer früheren nicht bewilligten Maßnahme nunmehr weiter verschoben werden soll, ergibt sich aus den Bescheiden hingegen, dass sowohl die biologische als auch die hydromorphologische Qualitätskomponente durch die nunmehr bewilligten Maßnahmen wieder geringfügig verbessert werden, sodass der insoweit gute Gesamtzustand weiter aufrecht erhalten wird.

14 Es ist daher davon auszugehen, dass lediglich die hydromorphologische Qualitätskomponente eines der betroffenen Bäche durch die bewilligten Maßnahmen beeinträchtigt wird. Dass diese Beeinträchtigung unumkehrbar ist und nicht wieder beseitigt werden kann, ist den Annahmen der belangten Behörden in den Bescheiden jedoch nicht zu entnehmen. Mit der nicht näher substantiierten Behauptung, die bewilligten Maßnahmen seien unumkehrbar, wird der Antragsteller daher seiner diesbezüglichen Konkretisierungspflicht nicht gerecht.

15 Im Ergebnis kann daher aus den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten Angaben noch nicht abgeleitet werden, dass die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen.

16 Der Antrag war daher abzuweisen, ohne dass noch zu beurteilen war, inwieweit dem Aufschub des Vollzuges öffentliche Interessen oder (ausreichend konkrete) Interessen der mitbeteiligten Partei entgegenstehen würden.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler, Mag. Haunold, Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der revisionswerbenden Partei Umweltverband W in W, vertreten durch Mag.a Dr.in Gerit Katrin Jantschgi, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Bischofplatz 3/1. Stock, gegen die Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zlen. 1. LVwG-2019/26/0987-11 und 2. LVwG-2019/26/0988-11, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in Angelegenheiten des Wasserrechtsgesetzes 1959 und des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 sowie Nichtstattgabe eines Antrags auf Wiedereinsetzung (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol und Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: P Ges.m.b.H. & Co KG in S, vertreten durch Dr. Christian Girardi, LL.M., und Ing. Dr. Stefan Schwärzler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 29/P),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen den Beschluss über die Zurückweisung der Beschwerde des Revisionswerbers (Spruchpunkt 2.) richtet, als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Tirol Aufwendungen von € 553,20 sowie der Mitbeteiligten Aufwendungen von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

I. Verfahrensgang und angefochtene Entscheidungen

1 Mit einer als Bescheid bezeichneten Erledigung vom wurden der Mitbeteiligten Bewilligungen zur Erweiterung einer Beschneiungsanlage in einem Gletscherskigebiet - umfassend die Errichtung von Wasserfassungen, die Weiterung und Neuerrichtung von Speicherteichen, sowie die Errichtung von Pumpstationen und Leitungen („Beschneiungsanlage P Gletscher, Erweiterung 2016, Einreichprojekt 2017“) - erteilt. Spruchteil A umfasst die wasserrechtliche Bewilligung samt Nebenbestimmungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), Spruchteil B die Anpassung der Wasserbenutzung der T AG für das Kraftwerk „K“ an die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse nach § 52 WRG 1959, Spruchteil C die naturschutzrechtliche Bewilligung samt Nebenbestimmungen nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG 2005) und Spruchteil D die Vorschreibung von Kosten.

2 Die Erledigung wurde auf dem Geschäftspapier des Amtes der Tiroler Landesregierung erstellt und ausgefertigt. Die Fertigungsklausel lautet:

„Für die Bundesministerin der Landeshauptmann als delegierte Behörde:

Für den Landeshauptmann:

Für die Landesregierung:“

und darunter der Namen des Sachbearbeiters. Die in den Akten befindliche Urschrift enthält - allerdings erst nach der Zustellverfügung und weiteren Kanzleiverfügungen - auch die Unterschrift dieses Sachbearbeiters.

3 Die Erledigung enthält vor Spruchteil A die Angabe, dass über das Ansuchen der Mitbeteiligten der Landeshauptmann von Tirol als Wasserrechtsbehörde entscheide, und zu Beginn des Spruchteils B, dass der Landeshauptmann von Tirol als delegierte Behörde für die als Wasserrechtsbehörde zuständige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus die Anpassung verfüge. Der Spruchteil C über die naturschutzrechtliche Bewilligung enthält keinen Hinweis auf eine bescheiderlassende Behörde.

4 Im Rahmen der - nach Spruchteilen gegliederten - rechtlichen Beurteilung in der Begründung wird jeweils die behördliche Zuständigkeit näher dargelegt: Für Spruchteil A ergebe sich die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Tirol aus § 99 Abs. 1 lit. c WRG 1959. Für Spruchteil B habe die nach § 100 Abs. 1 WRG 1959 zuständige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus den Landeshauptmann von Tirol gemäß § 101 Abs. 3 WRG 1959 mit der Durchführung des Anpassungsverfahrens betraut und ihn zur Entscheidung in ihrem Namen ermächtigt. Für Spruchteil C ergebe sich die Zuständigkeit der Landesregierung als Naturschutzbehörde aus § 42 Abs. 2 lit a TNSchG 2005, weil der Landeshauptmann als Wasserrechtsbehörde zu entscheiden habe.

5 Diese Erledigung wurde beginnend mit gemäß § 107 Abs. 3 WRG 1959 im Wasserinformationssystem Austria (WISA) des damaligen Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus den anerkannten Umweltorganisationen zum elektronischen Abruf bereitgestellt.

6 Der Revisionswerber ist eine nach § 19 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) anerkannte Umweltorganisation. Er hat gemeinsam mit zwei weiteren anerkannten Umweltorganisationen am beim Landeshauptmann von Tirol eine Beschwerde gegen die wasserrechtliche und die naturschutzrechtliche Bewilligung vom eingebracht.

7 Das Verwaltungsgericht teilte den Beschwerdeführern mit einem am zugestellten Schreiben mit, dass es vorläufig von der verspäteten Einbringung der Beschwerde ausgehe.

8 Daraufhin brachten die Beschwerdeführer am beim Verwaltungsgericht eine Stellungnahme ein. Darin führten sie zur wasserrechtlichen Bewilligung aus, es sei ihnen anlässlich des Verspätungsvorhaltes bewusst geworden, dass ihnen bezüglich des Endes der Beschwerdefrist offenbar ein Irrtum unterlaufen sei. Aus diesem Grund hätten sie bereits einen Wiedereinsetzungsantrag nach § 71 AVG „an den Landeshauptmann von Tirol als zuständige Wasserrechtsbehörde“ gestellt. Dieser Antrag werde dem Verwaltungsgericht „zur Kenntnis als Beilage 1 zu diesem Schreiben“ übermittelt. Zur naturschutzrechtlichen Bewilligung argumentierten sie im Wesentlichen, dass sie diesbezüglich als übergangene Parteien noch keinen Bescheid zugestellt erhalten hätten, sodass die Beschwerdefrist noch nicht zu laufen begonnen hätte. Insbesondere sei eine Zustellung durch Kundmachung im WISA (Bereitstellung nach § 107 Abs. 3 WRG 1959) für naturschutzrechtliche Bescheide nicht vorgesehen.

9 Der erwähnte, ebenfalls am beim Landeshauptmann von Tirol eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag wurde dem Verwaltungsgericht am zuständigkeitshalber weitergeleitet.

10 Mit dem angefochtenen Beschlüssen gab das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht statt (Spruchpunkt 1.), wies die Beschwerde als verspätet zurück (Spruchpunkt 2.) und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 3.).

11 Begründend stellte es zunächst unter anderem im Wesentlichen den oben dargestellten Verfahrensgang fest.

12 In rechtlicher Hinsicht kam es zum Ergebnis, dass der Wiedereinsetzungsantrag verspätet sei. Die diesbezügliche zweiwöchige Frist habe mit dem Wegfall des Hindernisses durch Zustellung des Verspätungsvorhaltes am begonnen. Der Antrag wäre beim Verwaltungsgericht einzubringen gewesen, sei aber am vorletzten Tag der Frist unrichtigerweise beim Landeshauptmann von Tirol eingebracht und an diesen gerichtet worden, obwohl den Beschwerdeführern auf Grund des Verspätungsvorhaltes bewusst gewesen sei, dass die Beschwerde bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegt worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei dem Verwaltungsgericht am - sohin nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist - zuständigkeitshalber weitergeleitet worden.

13 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehe mit einer Weiterleitung nach § 6 AVG die Entscheidungspflicht über. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer habe daher die „Vorlage“ des Wiedereinsetzungsantrags an das Verwaltungsgericht als Beilage zur Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt „zur Kenntnis“ weder eine Entscheidungspflicht des Gerichtes ausgelöst noch eine fristwahrende Einbringung des Wiedereinsetzungsantrags im Sinne des § 33 Abs. 2 VwGVG bewirkt.

14 Davon abgesehen sei dem Wiedereinsetzungsantrag auch deshalb nicht stattzugeben, weil - näher begründet - von einem Verschulden der Beschwerdeführer an der Versäumung der Beschwerdefrist auszugehen sei, das der Bewilligung der Wiedereinsetzung entgegen stehe. Daran vermöge auch - wiederum näher begründet - der Umstand nichts zu ändern, dass im angefochtenen Bescheid eine Rechtsmittelbelehrung fehle.

15 Ausgehend von der Erfolglosigkeit des Wiedereinsetzungsantrags sei die Beschwerde der drei Umweltorganisationen als verspätet zurückzuweisen. Ihnen sei zwei Mal ein Fehler bei der Fristberechnung unterlaufen, nämlich sowohl bei der Berechnung des Zustellungszeitpunktes nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 als auch der Beschwerdefrist nach § 7 Abs. 4 VwGVG. Dabei handle es sich jeweils um Wochenfristen, die nach § 32 Abs. 2 AVG zu berechnen seien. Weil die Beschwerdeführer aber jeweils die Tage der fristauslösenden Ereignisse nicht mitgerechnet hätten, habe sich eine Verspätung des Rechtsmittels von insgesamt zwei Tagen ergeben.

16 Dem Argument der Beschwerdeführer, § 107 Abs. 3 WRG 1959 lasse auch eine Auslegung in dem Sinne zu, dass die zweiwöchige Frist bis zur Zustellfiktion erst am Tag nach der Bereitstellung zu laufen beginne, stehe der Wortlaut dieser Norm entgegen, weil mit dem Wort „Bereitstellung“ der Vorgang der Platzierung und Zugänglichmachung eines Bescheides auf der elektronischen Plattform bezeichnet werde.

17 Auch hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Bewilligung sei entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer durch die Bereitstellung des Bescheides auf der WISA-Plattform eine wirksame Zustellung erfolgt, die der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels entgegen stehe. Es treffe zwar zu, dass rechtlich gesehen nicht nur ein Bescheid, sondern mehrere in verschiedenen Vollzugsbereichen ergangene Bescheide vorlägen, die zulässigerweise gemeinsam ausgefertigt worden seien. Es sei für die Frage der Zustellung aber auf die „Bescheidausfertigung“ abzustellen. Die Übermittlung einer solchen Bescheidausfertigung an eine Partei bedeute die Zustellung des Bescheides bzw. der in der Ausfertigung enthaltenen Bescheide, weil es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf ankomme, ob und aus welchen Überlegungen die Behörde einer Person einen Bescheid zukommen lasse, sondern nur darauf, ob der Person Parteistellung zukomme. Den Beschwerdeführern möge die Bescheidausfertigung zwar auf Grund einer nur für das wasserrechtliche Verfahren angenommenen Parteistellung nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 im Wege der WISA-Plattform zugestellt worden sein. Es sei aber nur ein einziges Erledigungsstück erstellt und diese einheitliche Bescheidausfertigung zur Gänze bereitgestellt worden, sodass diese als Einheit als zugestellt anzusehen sei.

18 Selbst wenn man die Bescheidausfertigung geteilt beurteilte und die Bestimmung des § 107 Abs. 3 WRG 1959 keine Rechtsgrundlage für die Zustellung eines naturschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides bieten sollte, wäre ein diesbezüglicher Zustellmangel nach § 7 ZustG infolge tatsächlichen Zukommens durch Zugriff auf das bereitgehaltene Dokument saniert. Zwei der Beschwerdeführer (darunter der Revisionswerber) hätten im Verfahren angegeben, dass sie organisatorische Vorkehrungen getroffen hätten, dass die WISA-Plattform zumindest einmal wöchentlich durchgesehen werde. Ausgehend davon hätten sie spätestens am auf die Bescheidausfertigung zugegriffen, womit die Zustellung sogar noch zeitlich vor dem sich aus § 107 Abs. 3 WRG 1959 ergebenden Zeitpunkt bewirkt worden wäre und umso mehr von einer Verspätung auszugehen wäre.

19 Das Vorbringen, es sei von einem Nichtbescheid auszugehen, hätten die Beschwerdeführer auf zwei Argumente gestützt, nämlich einerseits auf den Aufbau und die Ausgestaltung der Erledigung, weil unklar sei, welche Behörde was genehmigt habe, womit der Erledigung insgesamt die Bescheidqualität fehlen solle, und andererseits, weil im ELAK-System nur eine einzige Fertigung möglich sei, sodass nicht erkennbar sei, ob tatsächlich einmal für den Landeshauptmann und einmal für die Landesregierung gefertigt worden sei.

20 Zwar sei - so das Verwaltungsgericht - die Spruchabfassung im vorliegenden Fall tatsächlich „etwas ungeschickt“ erfolgt, die Erledigung lasse jedoch in ihrer Gesamtheit - insbesondere unter der gebotenen Heranziehung der Bescheidbegründung - klar und unzweifelhaft erkennen, welcher Behörde welcher Erledigungsteil zuzurechnen sei: Für Spruchteil A und B ergebe sich die bescheiderlassende Behörde jeweils sowohl aus dem Spruch selbst und der betreffenden Begründung. In Spruchteil C fehle zwar ein Hinweis auf die genehmigende Behörde, es sei jedoch die Erledigung auch „Für die Landesregierung“ gefertigt und im betreffenden Begründungsteil sei klar und eindeutig dargelegt, dass und warum die Tiroler Landesregierung für die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung zuständig sei.

21 Hinsichtlich des zweiten Einwandes genüge der Hinweis, dass im vorliegenden Fall ein Papierakt bestehe und die betreffende Erledigung die eigenhändige Unterschrift des darin angeführten Sachbearbeiters aufweise. Diese könne eindeutig und klar dem Inhalt des genehmigten Textes zugeordnet werden, es könne daher keinesfalls von einem Nichtbescheid gesprochen werden.

22 Gegen diese Beschlüsse richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

23 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof haben einerseits die Tiroler Landesregierung und der Landeshauptmann von Tirol gemeinsam (mit Kostenantrag an das Land Tirol) und anderseits die Mitbeteiligte Revisionsbeantwortungen erstattet. Weiters hat die damalige Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus eine Revisionsbeantwortung nach § 36 Abs. 2 VwGG eingebracht. Der Revisionswerber hat eine Gegenäußerung dazu sowie ein ergänzendes Vorbringen zu seiner Revisionslegitimation erstattet.

II.

24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Allgemeines

25 Vorab ist festzuhalten, dass der Revisionswerber die angefochtenen Beschlüsse wegen der behaupteten Verletzung seiner Rechte auf inhaltliche Entscheidung über seine Beschwerde sowie (erkennbar) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bekämpft. Dabei handelt es sich um prozessuale Rechte, die für den Beschwerdeführer subjektive Rechte darstellen, und ihm bei behaupteter Verletzung Revisionslegitimation iSd Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG verleihen, selbst wenn ihm - etwa als Formalpartei - die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof ansonsten nicht offen stünde (vgl. , Rn 16, mwN). Auf die - nur vom Revisionswerber selbst aufgeworfene - Frage, ob Umweltorganisationen aus unionsrechtlichen Gründen nicht im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG auf die Geltendmachung subjektiver Rechte beschränkt seien, kommt es daher vorliegend nicht an (vgl. jedoch zur Revisionslegitimation eines Beschwerdeführers nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 , Rn 37).

26 Bei der Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Bescheide vom einerseits und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist andererseits handelt es sich um unterschiedliche Entscheidungsgegenstände des Verwaltungsgerichts. Die jeweiligen Erledigungen (Zurückweisung der Beschwerde mit Spruchpunkt 2. einerseits, Nichtstattgabe des Antrags mit Spruchpunkt 1. andererseits) sind daher rechtlich voneinander trennbare Entscheidungen, die auch im Rahmen des Revisionsverfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit der Revision, gesondert zu behandeln sind.

2. Zur Zurückweisung der Beschwerde des Revisionswerbers (Spruchpunkt 2.)

27 In Bezug auf die Zurückweisung der Beschwerde ist die Revision zulässig, weil - wie der Revisionswerber zutreffend aufzeigt - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehlt, ob auch andere Bescheide als solche nach dem WRG 1959 - insbesondere im Fall einer gemeinsamen Ausfertigung - wirksam nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 zugestellt werden können. Sie ist im Ergebnis aber nicht begründet.

2.1. Zum Vorliegen von Bescheiden im Hinblick auf die Fertigung der Genehmigung und die Gestaltung der Ausfertigung

28 Die Revision bestreitet die Bescheidqualität der Erledigung vom einerseits mit dem Argument einer unzureichenden Fertigung der im Papierakt erliegenden Urschrift und andererseits damit, dass die über die WISA-Plattform bereitgestellte Ausfertigung in Form eines elektronischen Dokuments nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 18 AVG entspreche.

29 § 18 Abs. 3 und 4 AVG lauten:

„(3) Schriftliche Erledigungen sind vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten.

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.“

30 § 18 Abs. 3 und 4 AVG unterscheiden zwischen der Erledigung der Behörde, daher der Beurkundung ihres Willensaktes einerseits, und der Ausfertigung, d.h. der förmlichen Kundmachung dieses Willensaktes gegenüber Parteien und anderen Beteiligten andererseits (, mwN). Von der Frage der Genehmigung einer Erledigung (der Willensbildung, verkörpert in der Urschrift) ist jene der Frage der Bekanntgabe der Erledigung durch die Übermittlung (Zustellung) der schriftlichen Ausfertigung der Erledigung zu unterscheiden. Die behördeninterne Genehmigung der Entscheidung wird in Abs. 3, die Ausfertigung dieser Entscheidung an die Partei in Abs. 4 des § 18 AVG geregelt ().

31 Die Revision bestreitet das Vorliegen einer im Sinne des § 18 Abs. 3 AVG genehmigten Erledigung, weil sich die Unterschrift des Genehmigenden nicht unmittelbar nach der Fertigungsklausel, sondern erst im Anschluss an die Zustell- und Kanzleiverfügungen befindet. Es handle sich dabei um eine Beglaubigung, die die Unterschrift des Genehmigenden nicht ersetzen könne.

32 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Unterschrift des Genehmigenden nicht auf das Schriftstück, das die Erledigung trägt, selbst gesetzt werden. Es genügt, wenn auf dem Konzept, dem Entwurf, dem Referatsbogen, etc. die Unterschrift des Genehmigenden aufscheint (vgl. ; in diesem Sinn auch ). Wesentlich ist, dass eine eindeutig klare Zuordnung der Unterschrift zum Inhalt des genehmigten Textes gewährleistet ist und zum Ausdruck kommt, dass die Unterschrift den Akt der Genehmigung des Textes dokumentiert (vgl. ). Diese Rechtsprechung ist - auch soweit sie zu früheren Fassungen des § 18 AVG ergangen ist - im Hinblick auf die auch damals vorgesehene „Unterschrift des Genehmigenden“ auf die geltende Rechtslage hinsichtlich einer (nicht elektronischen) Genehmigung im Sinne des § 18 Abs. 3 erster Halbsatz AVG übertragbar.

33 In diesem Sinne ist die gesamte Erledigung vom von der Unterschrift des Genehmigenden gedeckt und dieser eindeutig zuordenbar, weil sich diese Unterschrift - wenn auch nicht unmittelbar bei der Fertigungsklausel - am Ende des gesamten Dokuments befindet. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dieser Unterschrift lediglich um eine Beglaubigung handeln soll (etwa der Hinweis „Für die Richtigkeit der Ausfertigung:“), bestehen demgegenüber keine. Es liegt damit eine wirksam genehmigte Erledigung vor.

34 Zur Form der Ausfertigung bringt die Revision vor, diese enthalte weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung. Sei ein Bescheid nicht elektronisch erstellt und genehmigt worden - wovon auf Grund des Bestehens eines Papieraktes auszugehen sei - so liege eine „sonstige Ausfertigung“ im Sinne des § 18 Abs. 4 dritter Satz AVG vor, welche zu unterschreiben oder zu beglaubigen sei. Die Aufbringung einer Amtssignatur oder der Kopie einer Amtssignatur genüge diesen Vorgaben nicht, weil ein „Mischsystem“ (Genehmigung durch Unterschrift und Ausfertigung durch Amtssignatur) dem AVG fremd sei.

35 Diese Auffassung lässt sich jedoch weder aus dem Gesetz ableiten, noch ist sie mit der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Einklang zu bringen, wonach zwischen der Erledigung nach § 18 Abs. 3 AVG und der Ausfertigung nach § 18 Abs. 4 AVG zu unterscheiden ist.

36 Die hier erfolgte Bereitstellung von Bescheiden „auf einer elektronischen Plattform“ im Sinne des § 107 Abs. 3 WRG 1959 kann schon wesensgemäß nur in Form eines elektronischen Dokuments erfolgen. Wenn ein „elektronisches Dokument“ vorliegt, das in § 18 Abs. 4 zweiter Satz AVG geregelt ist, kann es sich gerade nicht um eine „sonstige Ausfertigung“ im Sinne des dritten Satzes dieser Bestimmung handeln. § 18 Abs. 4 zweiter Satz AVG sieht für Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten (lediglich) vor, dass diese mit einer Amtssignatur nach § 19 E-GovG zu versehen sind.

37 Die der Revision offenbar zu Grunde liegende Auffassung, ein elektronisches Dokument im Sinne des § 18 Abs. 4 zweiter Satz AVG könne nur dann vorliegen, wenn auch die Erledigung (nach § 18 Abs. 3 AVG) elektronisch erstellt und genehmigt worden sei, findet keine Stütze im Gesetz: Eine Ausfertigung in Form eines elektronischen Dokuments kann völlig unabhängig von der Form der Erledigung, insbesondere deren Entstehung und Genehmigung, erstellt werden. Dabei ist die „elektronische Genehmigung“ der Erledigung - nach dem Worten des Gesetzes das „Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG)“ - von der Amtssignatur nach § 19 E-GovG auf einer Ausfertigung zu unterscheiden. Die Darstellung der Amtssignatur (auf einer Ausfertigung) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (). Zwar kann die Genehmigung mittels einer Amtssignatur erfolgen, was den Vorteil bietet, dass damit auch die Ausfertigungen diese Amtssignatur enthalten und keiner weiteren Beglaubigung bedürfen; die Verwendung einer Amtssignatur ist aber für die elektronische Genehmigung nicht verpflichtend (vgl. ErläutRV zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007, 294 BlgNR 23. GP, 12ff; in diesem Sinn auch ).

38 Ausgehend vom klaren Gesetzeswortlaut und der dargestellten Judikatur zur Trennung zwischen den Anforderungen an eine Erledigung und eine Ausfertigung ergibt sich auch für die im Zulässigkeitsvorbringen aufgeworfene Frage, ob die Bereitstellung eines Bescheides nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 ausschließlich „elektronischen Erledigungen“ vorbehalten sei oder auch im Falle einer „Urerledigung in einem Papierakt“ erfolgen könne, dass die elektronische Bereitstellung von der Art der Erstellung der Erledigung unabhängig ist. Auch § 107 Abs. 3 WRG 1959 enthält diesbezüglich keine Einschränkungen, sondern schreibt im Gegenteil in jedem Fall die Bereitstellung des Bescheides auf einer elektronischen Plattform, und damit als elektronisches Dokument vor.

39 Sofern die Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung der Revision, wonach das bereitgestellte Dokument „weder eine Signatur noch eine Fertigung oder eine Beglaubigung“ enthalten habe, dahingehend zu verstehen sein sollten, dass die bereitgestellte Ausfertigung auch keine Amtssignatur aufgewiesen habe, läge darin eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung (vgl. , mwN). Dieser Umstand wäre dem Revisionswerber schon im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bekannt gewesen, er wäre auch unabhängig von der - dem Revisionswerber behauptetermaßen nicht bekannten - Aktenführung auf Papier rechtlich relevant gewesen, wurde aber bislang nicht vorgebracht. Auch die vorliegenden Akten geben keinen Anhaltspunkt in diese Richtung.

2.2. Zur Zurechnung der Bescheide an die Behörde bzw. Behörden

40 Die Revision bringt diesbezüglich zusammengefasst vor, mangels klarer Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde sei die Erledigung vom kein Bescheid. Das Verwaltungsgericht gehe offenbar von einem einheitlichen Bescheid aus, dies ergebe sich auch objektiv aus dem Erscheinungsbild der Erledigung. Es sei aber - angesichts der unterschiedlichen verwendeten Behördenbezeichnungen, insbesondere der Nennung von drei verschiedenen Behörden in der Fertigungsklausel - nicht erkennbar, von welcher Behörde die Erledigung tatsächlich ausgehe. Damit liege keine wirksame amtliche Erledigung vor.

Sollte man hingegen von einem wirksam erlassenen Bescheid ausgehen, so sei der Abspruch unterschiedlicher Behörden in einem Bescheid unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei ausschließlich die Ausfertigung von Bescheiden unterschiedlicher Behörden in einem Schriftstück zulässig; dies habe jedoch nicht zur Folge, dass es sich um einen (einheitlichen) Bescheid oder eine einheitliche Bescheidausfertigung handle. Auch wenn die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gemeinsame Ausfertigung von Entscheidungen von Berufungsbehörden zulasse, sei eine solche in Mehrparteienverfahren einer Erstbehörde nur unter engen Grenzen zulässig und möglich. Eine solche gemeinsame Ausfertigung dürfe nur an jene Parteien übermittelt werden, die in beiden Verfahren Parteistellung gehabt hätten. Ist eine besondere Art der Zustellung - wie hier nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 - vorgesehen, sei eine gemeinsame Ausfertigung nicht zulässig.

Schließlich lasse der Bescheid keine eindeutige Zuordnung der zuständigen Behörde zur naturschutzrechtlichen Bewilligung zu. Es sei aus dem Spruch eindeutig abzuleiten, dass der Landeshauptmann von Tirol auch über die naturschutzrechtliche Bewilligung abgesprochen habe, sodass eine Heranziehung der Begründung diesbezüglich unzulässig sei.

41 Die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung vermag nur dann Rechtswirkungen zu entfalten, wenn sie einer bestimmten Behörde zurechenbar ist. Für den Bescheidcharakter einer Erledigung ist es daher wesentlich, dass ihr die bescheiderlassende Behörde (und nicht bloß der betreffende Rechtsträger oder Organwalter) bei objektiver Betrachtung entnommen werden kann. Ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anhand des äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfes, des Spruches, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, also nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Behörde, der die Erledigung zuzurechnen ist, muss aus der Erledigung selbst hervorgehen (vgl. , mwN).

42 Bereits das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgehalten, dass die Erledigung vom diesbezüglich (zumindest) „etwas ungeschickt“ abgefasst wurde. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist ihr jedoch - im Hinblick auf die entsprechende Teilung des Spruchs und der rechtlichen Beurteilung sowie der Nennung von mehreren Behörden in der Fertigungsklausel - hinreichend deutlich zu entnehmen, dass in der Ausfertigung drei verschiedene Bescheide (nämlich ein wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid, ein wasserrechtlicher Anpassungsbescheid und ein naturschutzrechtlicher Bewilligungsbescheid) zusammengefasst wurden, die unterschiedlichen Behörden zuzurechnen sind. Aus dem äußeren Erscheinungsbild in seiner Gesamtheit - nämlich wiederum der Nennung der Behörden in der Fertigungsklausel und der ausdrücklichen Auseinandersetzung mit der Behördenzuständigkeit in den jeweiligen Begründungsteilen - geht letztlich auch klar hervor, welche Behörde welchen der „Spruchteile“ (einzelnen Bescheide) erlassen hat.

43 Anders als die Revision vermeint, ist (allein) der Spruch der Erledigung nicht so eindeutig, dass deren Begründung nicht zur Auslegung hergezogen werden dürfte: So wird der Landeshauptmann von Tirol vor Spruchteil A ausdrücklich als Wasserrechtsbehörde angesprochen, woraus sich ergibt, dass er eine Kompetenz nur für die wasserrechtliche Entscheidung (und nicht auch die naturschutzrechtliche) in Anspruch genommen hat (vgl. ), sodass die bescheiderlassende Behörde für die naturschutzrechtliche Bewilligung allein aus dem Spruch heraus unklar bleibt, sich aber unter Heranziehung der Begründung eindeutig bestimmen lässt.

44 Der Verwaltungsgerichtshof sieht es in ständiger Rechtsprechung auch als zulässig an, dass mehrere Behörden, die in verschiedenen Vollzugsbereichen tätig werden (insbesondere solche, die sich des gleichen Hilfsorgans bedienen, wie Landeshauptmann und Landesregierung) über einen Antrag mit zwei Bescheiden absprechen, die in einer gemeinsamen Ausfertigung enthalten sind, solange sich daraus eindeutig ergibt, welcher Bescheid von welcher Behörde erlassen wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 18 Rz 16, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung, insb. , 0234, , 99/10/0205, und , 2002/07/0059, 0085, mwN).

45 Es mag zutreffen, dass diese Rechtsprechung - wie die Revision betont - bislang lediglich Berufungsbescheide in Einparteienverfahren behandelt hat. Es ist jedoch kein Grund - insbesondere keine Besonderheit solcher Bescheide oder des Berufungsverfahrens - erkennbar, die einer Anwendung dieser Grundsätze auf Bescheide allgemein und damit auch solche von erstinstanzlichen Behörden und in Mehrparteienverfahren entgegenstehen würde. Sofern einzelne der in einer Ausfertigung zusammengefassten Bescheide formelle Besonderheiten aufweisen (etwa unterschiedlicher Kreis von Parteien, unterschiedlicher Rechtszug und damit Rechtsmittelbelehrung etc.), so wäre dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen (vgl. etwa , zu unterschiedlichen Rechtsmittelbelehrungen bei der Zusammenfassung von Bescheiden in einer Ausfertigung). Soweit etwa besondere Vorschriften für die Zustellung bestehen, mag die Zusammenfassung mehrerer Bescheide in einer Ausfertigung möglicherweise unzweckmäßig sein, es ist jedoch nicht erkennbar, warum dies ein solches Vorgehen unzulässig machen sollte.

46 Die hier gegenständliche Erledigung lässt auch - wie dargestellt - eindeutig erkennen, welcher Bescheid von welcher Behörde erlassen wurde (vgl. demgegenüber etwa den dem Erkenntnis , 0085, zu Grunde liegenden Bescheid, der weder im Spruch noch in der Begründung eine Trennung enthielt und damit - auch auf Grund ineinander verflochtener Argumentationslinien - eine Zuordnung zur jeweiligen Behörde verunmöglichte).

47 Die von der Revision aus der Gestaltung der Bescheidausfertigung abgeleiteten Rechtswidrigkeiten liegen damit nicht vor.

2.3. Zur Zustellung des naturschutzrechtlichen Bescheides nach § 107 Abs. 3 WRG 1959

48 Die Revision bringt diesbezüglich vor, die besondere Zustellungsregelung des § 107 Abs. 3 WRG 1959 gelte nur für den darin genannten Anwendungsbereich (im Wesentlichen die Zustellung wasserrechtlicher Bescheide an Umweltorganisationen), nicht jedoch für Bescheide nach dem TNSchG 2005. Es liege nicht eine „einheitliche Bescheidausfertigung“ vor, sondern eine gemeinsame Ausfertigung unterschiedlicher Bescheide, wobei die Rechtswirksamkeit der Zustellung jeweils gesondert zu prüfen sei.

49 Die einschlägigen Bestimmungen des WRG 1959 lauten:

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) ...

(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind - nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt - insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären. Beteiligte sind auch nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, insbesondere dann, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. b zu erwarten sind.

(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen; in diesem Rahmen haben die nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen auch die Möglichkeit, alle von ihr für das geplante Vorhaben als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder während einer mündlichen Verhandlung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen. Diese sind bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen. Die Erhebung von Einwendungen steht den Beteiligten jedoch nicht zu.

(4) ...

(5) Eine nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation ist im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung berechtigt, gegen Bescheide, die auf der Grundlage dieses Bundesgesetzes oder anderer Bundesgesetze, nach denen wasserrechtliche Bestimmungen mitangewendet werden, erlassen wurden, Beschwerde an das Verwaltungsgericht zu erheben, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a geltend zu machen.

...

Mündliche Verhandlung

§ 107. (1) Das Verfahren ist nach Maßgabe der Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortzusetzen. Zu dieser sind der Antragsteller und die Eigentümer jener Grundstücke, die durch die geplanten Anlagen oder durch Zwangsrechte (§ 60) in Anspruch genommen werden sollen, persönlich zu laden; dies gilt auch für jene im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten und Fischereiberechtigten, in deren Rechte durch das Vorhaben eingegriffen werden soll. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG kundzumachen und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (insbesondere durch Verlautbarung in einer Gemeindezeitung oder Tageszeitung, Postwurfsendungen). Wird das Verfahren bei wasserrechtlichen Vorhaben mit möglichen erheblichen negativen Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer nicht durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortgesetzt, sind die gemäß § 41 Abs. 2 AVG notwendigen Angaben auf einer für nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform für sechs Wochen zur Einsicht bereitzustellen. Soll durch das Vorhaben in Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, eingegriffen werden, ist die zuständige Agrarbehörde von der Verhandlung zu verständigen.

(2) ...

(3) Bewilligungsbescheide betreffend wasserrechtliche Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand gemäß § 104a sind auf einer für nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform für sechs Wochen bereitzustellen. Mit Ablauf von zwei Wochen nach der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform gilt der Bescheid gegenüber einer zur Erhebung einer Beschwerde berechtigten Umweltorganisation (§ 102 Abs. 5) als zugestellt. Ab dem Tag der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform ist nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung Zugang zu den im Verwaltungsverfahren vorliegenden relevanten Informationen betreffend die Einhaltung der Umweltziele zu gewähren.“

50 Die diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, 270 BlgNR 26. GP, lauten auszugsweise

Z 2 (§ 102 Abs. 2):

Der EuGH hat in Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation unter der Schwelle der erheblichen Umweltauswirkung, für die das Regelwerk der Umweltverträglichkeitsprüfung Geltung hat, eine Unterscheidung dahingehend getroffen, wonach ein Vorhaben das zu einer Verschlechterung im Sinne von Art. 4 der Wasserrahmen-RL führen könnte, auch eine im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b des Übereinkommens von Aarhus erhebliche negative Auswirkung auf den Gewässerzustand haben könnte. In einem solchen Fall sind anerkannte Umweltorganisationen zur Wahrung der Interessen der Öffentlichkeit am Gewässerschutz im Verfahren zu beteiligen.

Beteiligt sich eine anerkannte Umweltorganisation am Verfahren, so können von dieser als Beitrag zur Sachverhaltsfeststellung, insbesondere Stellungnahmen zum Vorhaben abgegeben oder eigene Gutachten vorgelegt werden.

Die Beteiligung einer Umweltorganisation bereits im Verfahren hat den Vorteil, dass möglichst frühzeitig Stellungnahmen etwa hinsichtlich einer möglichen Versagung oder Abänderung einer Bewilligung eines Vorhabens vorgebracht werden können, die in der Entscheidung der Behörde zu berücksichtigen sind.

Der anerkannten Umweltorganisation sind zu diesem Zweck die zur Wahrnehmung der Beteiligtenrechte erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

...

Mit der neu eingefügten Ergänzung in § 102 Abs. 2 WRG 1959 wird den anerkannten Umweltorganisationen ausdrücklich das Recht eingeräumt sich am Verfahren zu beteiligen, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf Gewässer zu erwarten sein könnten. Dies betrifft auch Fälle, in denen zu klären ist, ob erhebliche negative Auswirkungen auf Gewässer gegeben sein könnten.

zu Z 3 (§ 102 Abs. 3):

Das Übereinkommen von Aarhus gewährt der Öffentlichkeit u. a. das Recht, sich ‚effektiv während des umweltbezogenen Entscheidungsverfahrens‘ zu beteiligen (Art. 6 Abs. 3), insbesondere, ‚alle von ihr für die geplante Tätigkeit als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder gegebenenfalls während einer öffentlichen Anhörung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen‘ (Art. 6 Abs. 7 des Übereinkommens). Die Beteiligung der Öffentlichkeit soll frühzeitig erfolgen, „zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann“ (Art. 6 Abs. 4 des Übereinkommens von Aarhus; vgl. auch EuGH in Protect Natur-, Arten- und Landschaftsschutz Umweltorganisation, Rz 63).

Das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung ist bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 8 des Übereinkommens).

Anerkannte Umweltorganisationen können sich somit zur Wahrung des Gewässerschutzes bereits im Verfahren beteiligen.

Beteiligt sich eine anerkannte Umweltorganisation am Verfahren, so können speziell von dieser etwa Stellungnahmen zum Vorhaben als Beitrag zur Sachverhaltsfeststellung abgegeben oder eigene Gutachten vorgelegt werden.

Die Beteiligung einer Umweltorganisation bereits im Verfahren hat den Vorteil, dass möglichst frühzeitig Stellungnahmen etwa hinsichtlich einer möglichen Abänderung eines Vorhabens bzw. der geplanten Bewilligung vorgebracht werden können, die in der Entscheidung der Behörde zu berücksichtigen sind (zB. Vorschreibung von behördlichen Auflagen).

...

zu Z 7 (§ 107 Abs. 1):

Bereits derzeit werden in Verfahren zur Bewilligung von Vorhaben nach dem WRG 1959 auch Beteiligte von einem Vorhaben nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes informiert. Die Verfahren, bei denen eine mündliche Verhandlung stattfinden soll, sind nach der speziellen Kundmachungsvorschrift des § 107 Abs. 1 WRG 1959 von der Behörde bekannt zu geben.

Für Verfahren mit möglichen erheblichen Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer, die nicht durch die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung fortgesetzt werden, wird mit der Novelle die Möglichkeit einer Kundmachung im Internet bzw. auf einer elektronischen Plattform geschaffen. Diese Kundmachung hat die gemäß § 41 Abs. 2 AVG notwendigen Angaben zum Vorhaben zu beinhalten. Es sind somit jene Angaben bereitzustellen, die auch im Zuge der Kundmachung einer mündlichen Verhandlung erforderlich wären.

Ab dem Tag der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform ist den anerkannten Umweltorganisationen Zugang zu den notwendigen Unterlagen zu gewähren.

zu Z 8 (§ 107 Abs. 3):

Für die Bereitstellung der verfahrensabschließenden Bescheide wird eine elektronische Plattform im Internet eingerichtet, die für anerkannte Umweltorganisationen zugänglich gemacht wird.

Ab dem Tag der Bereitstellung auf der elektronischen Plattform ist anerkannten Umweltorganisationen Zugang zu den im Verwaltungsverfahren vorliegenden relevanten Informationen betreffend die Einhaltung der Umweltziele zu gewähren. Der Umfang der relevanten Informationen kann nicht generell festgelegt werden, sondern muss im Einzelfall beurteilt werden. Relevant sind jedenfalls jene noch nicht aus dem Bescheid ersichtlichen Informationen (insbesondere Gutachten betreffend die Einhaltung der Umweltziele), die zur Ausübung des Nachprüfungsrechts mittels Beschwerde an das LVwG erforderlich sind.

Mit Ablauf von zwei Wochen nach dieser Kundmachung im Internet soll eine Zustellfiktion greifen, damit aus Gründen der Rechtssicherheit die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnen kann.

Beschwerden von Umweltorganisation sind binnen vier Wochen ab dem Tag der Zustellung schriftlich bei der Behörde einzubringen (vgl. § 7 VwGVG).“

51 Mit § 102 Abs. 5 WRG 1959 wird anerkannten Umweltorganisationen ausdrücklich das Recht der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gegen bestimmte Bescheide eingeräumt. § 107 Abs. 3 WRG 1959 ordnet die Bereitstellung von näher umschriebenen Bescheiden auf einer diesen Umweltorganisationen zugänglichen elektronischen Plattform an. Die Bestimmung knüpft an diese Bereitstellung jedoch nicht etwa unmittelbar die Auslösung einer (von § 7 Abs. 4 VwGVG abweichenden) Beschwerdefrist, sondern erklärt mit Ablauf von zwei Wochen nach der Bereitstellung den betreffenden Bescheid gegenüber jeder nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 zur Beschwerde berechtigten Umweltorganisation als zugestellt, womit wiederum die vierwöchige Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG ausgelöst wird.

52 Schon nach dem eindeutigen Wortlaut des § 107 Abs. 3 WRG 1959 regelt diese Bestimmung ausschließlich die Bereitstellung von „Bewilligungsbescheide[n] betreffend wasserrechtliche Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand gemäß § 104a“ und bietet eine Rechtsgrundlage für die Annahme einer Zustellung nur solcher Bescheide gegenüber einer zur Erhebung einer Beschwerde im Sinne des § 102 Abs. 5 WRG 1959 berechtigten Umweltorganisation. Es ist damit ausgeschlossen, die Bereitstellung eines Bescheides, der ausschließlich etwa auf dem TNSchG 2005 beruht, auf der Grundlage von § 107 Abs. 3 WRG 1959 als zulässige Zustellung zu betrachten.

53 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes gilt das auch für den Fall der Zusammenfassung mehrerer Bescheide in einer Bescheidausfertigung. Diese verlieren durch die Zusammenfassung nicht ihre rechtliche Selbstständigkeit und sind daher insbesondere hinsichtlich einer zulässigen bzw. wirksamen Zustellung gesondert zu betrachten. Es besteht nämlich keine gesetzliche Grundlage dafür, durch Zusammenfassung von mehreren Bescheiden in einer Ausfertigung die anzuwendenden Zustellbestimmungen zu verändern.

54 Auch der vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang herangezogenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , 2005/07/0123, und , 2012/07/0288) kann eine solche Aussage nicht entnommen werden, weil sie einerseits nicht mehrere in einer Ausfertigung zusammengefasste Bescheide betrifft und andererseits jeweils nur die Wirksamkeit einer - wenn auch nicht als Bescheiderlassung beabsichtigten - rechtlich zulässigen Form der Zustellung behandelt (vgl. in diesem Sinn etwa aus dieser Rechtsprechungslinie auch , wo ausdrücklich auf die Übermittlung auf eine im Zustellgesetz vorgesehene Weise abgestellt wird).

55 Das TNSchG 2005 hat in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung (vor dem Tiroler Aarhus-Beteiligungsgesetz 2019, LGBl. Nr. 163/2019) keine besondere Form der Zustellung von Bescheiden an anerkannte Umweltorganisationen vorgesehen. Die Zustellung war daher gemäß § 21 AVG nach dem ZustG vorzunehmen. Dieses ermöglicht für eine elektronische Zustellung zwar von dessen dritten Abschnitt abweichende Regelungen in den für das Verfahren geltenden Vorschriften (vgl. § 28 Abs. 1 ZustG), § 107 Abs. 3 WRG 1959 stellt aber - wie dargestellt - keine taugliche Grundlage für die Zustellung eines Bescheides nach dem TNSchG 2005 durch Bereitstellung auf der dort genannten elektronischen Plattform dar.

56 Die Zustellung des in der gemeinsamen Ausfertigung enthaltenen naturschutzrechtlichen Bescheides nach § 107 Abs. 3 WRG war daher rechtswidrig, sie ist jedoch nach § 7 ZustG geheilt und damit wirksam:

57 Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Dies ist bei einer elektronischen Zustellung jener Zeitpunkt, in dem der Empfänger durch Zugriff auf das elektronisch bereitgehaltene Dokument Kenntnis davon erlangt hat (, mwN).

58 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Nichteinhaltung von Zustellvorschriften immer dann unschädlich, wenn der Zweck der Zustellung trotz aufgetretener Zustellmängel, mögen sie auch in einer Verletzung des Gesetzes begründet sein, auf welchem Weg auch immer, erreicht worden ist. In diesem Sinne ist auch eine formfehlerhafte Zustellung (wie etwa die fehlerhafte Nichtanordnung der eigenhändigen Zustellung) grundsätzlich einer Heilung zugänglich (, mwN).

59 In dieser Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof etwa wiederholt ausgesprochen, dass bei der Bestellung eines Verfahrenshelfers durch den Ausschuss einer Rechtsanwaltskammer (vor der Einfügung von § 23 Abs. 5 Rechtsanwaltsordnung durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020, BGBl I Nr. 19/2020) keine Rechtsgrundlage für eine Zustellung des Bescheides an den Verfahrenshelfer im Weg der „Teilnehmer-Direktzustellung“ bestanden habe. Darin sei ein Zustellmangel gelegen, der aber gemäß § 7 ZustG geheilt werde, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukomme (vgl. , mwN).

60 Es ist daher entgegen dem Revisionsvorbringen die Heilung einer fehlerhaften Zustellung auch möglich, wenn - wie vorliegend - gesetzwidrig eine Form der Zustellung verfügt wird, die für das betreffende Zustellstück nicht vorgesehen und auch nicht unmittelbar im ZustG geregelt ist.

61 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als „Empfänger“ im Sinn des § 7 ZustG nicht die Person, für die das Dokument inhaltlich bestimmt ist, sondern die Person, die in der Zustellverfügung als Empfänger angegeben worden ist („formeller Empfängerbegriff“). Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann demnach nicht heilen (vgl. , mwN).

62 Im vorliegenden Fall wurde zwar der Revisionswerber nicht ausdrücklich in der Zustellverfügung genannt, es wurde jedoch - ohne zwischen den gemeinsam ausgefertigten Bescheiden zu unterscheiden - die Übermittlung an die „Plattform gemäß § 107 Abs. 3 WRG 1959“ verfügt. Dies ist nach dem Sinn und Zweck dieser Zustellregelung als Verfügung der Zustellung an sämtliche zur Beschwerde nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 berechtigte Umweltorganisationen zu verstehen, also alle nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen, deren örtliche Anerkennung das betreffende Vorhaben umfasst. Somit wurde die Zustellung (auch) an den Revisionswerber im Wege der Bereitstellung auf der Plattform nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 verfügt, wenn auch im Umfang der naturschutzrechtlichen Bewilligung ohne gesetzliche Grundlage. Der Heilung der insoweit mangelhaften Zustellung steht daher nicht im Wege, dass der Revisionswerber nicht namentlich in der Zustellverfügung genannt wurde.

63 Entscheidend ist damit ausschließlich, ob (und wann) die Erledigung vom dem Revisionswerber tatsächlich zugekommen ist. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich, wenn auch disloziert, ausdrücklich festgestellt, dass u.a. der Revisionswerber spätestens am auf die auf der WISA-Plattform bereitgehaltene Bescheidausfertigung zugegriffen habe und dies mit dessen eigenen Vorbringen (wonach auf Basis entsprechender organisatorischer Vorkehrungen zumindest einmal wöchentlich auf die Plattform zugegriffen werde) begründet.

64 Die Revision bringt dazu zwar vor, der Sachverhalt sei unvollständig, weil (nähere) Feststellungen über den Zeitpunkt des Abrufes des bereitgestellten Bescheides fehlten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum eine konkretere Feststellung des Zeitpunktes für die rechtliche Beurteilung, ob eine Verspätung der Beschwerde vorliegt, erforderlich wäre. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang die Verletzung des Parteiengehörs, eine Überraschungsentscheidung und fehlende (nicht weiter konkretisierte) Ermittlungen geltend macht, behauptet sie Verfahrensmängel, deren konkrete Relevanz für den Verfahrensausgang darzulegen ist (vgl. etwa , Rn 43, mwN). Das Vorbringen, das Verwaltungsgericht wäre bei Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit und ordnungsgemäßer Ermittlung „zu einem anderen Datum bzw. zu einem bestimmten Datum der tatsächlichen Verfügung des Revisionswerbers über den angefochtenen naturschutzrechtlichen Bescheid gekommen“, wird dieser Anforderung mangels Konkretisierung der angestrebten Feststellungen nicht gerecht.

65 Ob die Wirkung der (geheilten) Zustellung des naturschutzrechtlichen Bescheides bereits mit dem tatsächlichen Zukommen (spätestens) am eingetreten ist oder erst zu dem Zeitpunkt, der dafür in § 107 Abs. 3 WRG 1959 festgelegt wird (zwei Wochen nach der Bereitstellung, also am ), kann hier offen bleiben, weil die durch die geheilte Zustellung ausgelöste vierwöchige Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei Einbringung der Beschwerde am jedenfalls abgelaufen war.

66 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Zustellung eines Bescheides nach dem TNSchG 2005 durch Bereitstellung auf einer Plattform nach § 107 Abs. 3 WRG 1959 nicht zulässig ist. Die Annahme einer Heilung nach § 7 ZustG und damit einer dennoch wirksamen Zustellung ist aber damit begründet, dass der Revisionswerber rechtzeitig tatsächlich auf den Bescheid, der auch nach der Zustellverfügung der Behörde für ihn bestimmt war, zugegriffen hat. Dies steht auch im Einklang damit, dass der Revisionswerber die Beschwerdefrist (auch) für den naturschutzrechtlichen Bescheid nicht etwa deshalb versäumt hat, weil er mit der Zustellung auf einem bestimmten Weg nicht gerechnet hätte, sondern allein aufgrund eines Irrtums bei der Fristberechnung.

67 Das Verwaltungsgericht, das sich alternativ ebenso auf eine Heilung der Zustellung nach § 7 ZustG gestützt hat, ist somit im Ergebnis rechtsrichtig von der Verspätung der Beschwerde (auch) gegen den naturschutzrechtlichen Bescheid der Tiroler Landesregierung ausgegangen.

2.4. Zur Unionsrechtskonformität der Beschwerdefrist

68 Der Revisionswerber bringt vor, dass die (im Ergebnis) sechswöchige Frist, die einer Umweltorganisation für eine Beschwerde nach § 102 Abs. 5 WRG 1959 ab Bereitstellung des Bescheides auf der elektronischen Plattform zur Verfügung steht, mit dem Unionsrecht nicht in Einklang stehe und regt diesbezüglich die Stellung eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Er begründet dies mit dem , Flausch u.a., in dem dieser festgestellt habe, dass eine Frist von 60 Tagen nach Bekanntmachung einer Genehmigung eines Projektes im Internet nicht mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar sei, wenn die zur Beschwerde berechtigten Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit nicht zuvor die angemessene Möglichkeit gehabt hätten, sich über das Genehmigungsverfahren zu unterrichten. Die Aarhus-Konvention treffe in Art. 6 Abs. 2 und 9 ähnliche Vorgaben wie die der Entscheidung des EuGH zu Grunde liegenden Art. 6 Abs. 2, Art. 9 und 11 UVP-RL, sodass die genannte Entscheidung auch im gegenständlichen Verfahren anzuwenden sei. Die unionsrechtlich gebotene Verdrängung der innerstaatlichen Fristregelung führe zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde.

69 Der (hier relevante) Spruchpunkt 2 des Tenors des , Flausch u.a. lautet:

„2. Die Art. 9 und 11 der Richtlinie 2011/92/EU [des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL)] sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die dazu führt, dass Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit eine Frist für die Einreichung eines Rechtsbehelfs entgegengehalten wird, die mit der Bekanntmachung der Genehmigung eines Projekts im Internet zu laufen beginnt, wenn diese Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie zuvor die angemessene Möglichkeit hatten, sich über das Genehmigungsverfahren zu unterrichten.“

70 Die unmittelbare Anwendung dieser Judikatur im vorliegenden Verfahren scheitert schon daran, dass sie lediglich die Auslegung der hier unstrittig nicht maßgeblichen UVP-RL (nämlich dort Art. 11) betrifft. Dies betont auch der EuGH ausdrücklich in Rn 46 dieses Urteils, wenn er darauf hinweist, dass die Rechtsbehelfe, die sich auf die anderen Bestimmungen dieser Richtlinie und erst recht auf andere Rechtsvorschriften, seien es solche der Union oder solche der Mitgliedstaaten, stützen, nicht unter diesen Artikel fallen und dabei auf , North East Pylon Pressure Campaign und Sheehy, verweist, in der die Öffentlichkeitsbeteiligung nach der Aarhus-Konvention behandelt wurde.

71 Überdies trifft das vom Revisionswerber zur Begründung seiner Ansicht, die Länge der Beschwerdefrist sei zu kurz, herangezogene Urteil keinerlei Aussage über die aus unionsrechtlicher Sicht angemessene Länge einer Beschwerdefrist. Es befasst sich vielmehr mit der Frage, ob es mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz (wonach innerstaatliches Verfahrensrecht die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfe, vgl. Rn 27 des genannten Urteils) vereinbar ist, wenn ein Rechtsmittel - aufgrund eines mit Veröffentlichung der Genehmigungsentscheidung im Internet ausgelösten Fristenlaufs - als verspätet zurückgewiesen wird, obwohl die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 UVP-RL zuvor die angemessene Möglichkeit hatten, sich über das Genehmigungsverfahren zu unterrichten.

72 Aber auch davon ausgehend, dass die Ausgestaltung des Rechtsbehelfs nach § 102 Abs. 5 WRG 1959, der in Umsetzung der Aarhus-Konvention, BGBl. III Nr. 88/2005, und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH der Durchsetzung von vom Unionsrecht verliehenen Rechten dient, ebenso dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz zu genügen hat, und Art. 6 Abs. 2 Aarhus-Konvention vergleichbar mit Art. 6 Abs. 2 UVP-RL die Information der betroffenen Öffentlichkeit über Anträge in umweltbezogenen Entscheidungsverfahren vorsieht, besteht für den Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel, dass im vorliegenden Fall der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz nicht verletzt ist:

73 So sieht § 102 Abs. 2 WRG 1959 vor, dass anerkannte Umweltorganisationen Beteiligtenstellung in einem Verfahren wie dem vorliegenden genießen, wobei ihnen - wie die Materialien ausführen - die zur Wahrnehmung der Beteiligtenrechte erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Der Information der anerkannten Umweltorganisationen über das Verfahren dient die nach § 107 Abs. 1 WRG 1959 - weil eben noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen - vorgeschriebene Kundmachung der Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz AVG und darüber hinaus auf sonstige geeignete Weise (vgl. zu dieser „doppelten Kundmachung“ etwa , mwN). Sollte hingegen keine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, so sind nach § 107 Abs. 1 vierter Satz WRG 1959 die anerkannten Umweltorganisationen durch eine Bereitstellung der in § 41 Abs. 1 AVG vorgesehenen Angaben auf einer für sie zugänglichen elektronischen Plattform über das Verfahren zu informieren.

74 Dies führt im Allgemeinen zu einer dem Art. 6 Abs. 2 Aarhus-Konvention entsprechenden Information der anerkannten Umweltorganisationen, auch weil der Behörde mit der vorgeschriebenen zusätzlichen Kundmachung „auf sonstige geeignete Weise“ eine Bedachtnahme auf die erforderliche Information der beteiligten Öffentlichkeit ermöglicht wird. Nur eine Kundmachung, die auch potenziell alle in Betracht kommenden Beteiligten erreicht, ist in diesem Sinn „geeignet“.

75 Der Revisionswerber hält dem lediglich entgegen, dass eine Bekanntmachung auf einer Amtstafel am Ort des Projektes (wie es nach § 41 Abs. 1 AVG ausreiche) nicht genüge, um die unionsrechtlich gewährten Rechte einer Umweltorganisation mit Sitz in Wien zu wahren, weil es ihr nicht zumutbar sei, Kenntnis von allen Kundmachungen auf allen Amtstafeln in Tirol zu erlangen, und verweist dazu wiederum auf , Flausch u.a.

76 Allerdings liegt dem genannten Urteil einerseits eine Kundmachung auf einer Amtstafel gerade nicht am Ort des Projektes (sondern in Räumlichkeiten einer Behörde auf einer 55 Seemeilen entfernten anderen Insel) zu Grunde (vgl. dort Rn 17, 18) und andererseits hat der EuGH diese Frage nicht abschließend beurteilt, sondern dem vorlegenden Gericht aufgetragen zu prüfen, ob die verwendeten Informationskanäle vernünftigerweise als geeignet angesehen werden können, um die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu erreichen (vgl. Rn 32, 33).

77 Ob eine Kundmachung auf der Amtstafel einer Gemeinde im Sinn des § 41 Abs. 1 AVG allein in Bezug auf eine anerkannte Umweltorganisation diesen Voraussetzungen genügen könnte, ist im vorliegenden Fall aber nicht entscheidend, weil zur in Frage stehenden, am durchgeführten mündlichen Verhandlung nach den Ausführungen im bekämpften Bescheid (im Einklang mit dem Akteninhalt) am gemäß § 107 Abs. 1 WRG 1959 neben persönlicher Verständigungen und dem Anschlag in der betreffenden Gemeinde auch eine Veröffentlichung auf der „elektronischen Amtstafel“ unter der Adresse www.tirol.gv.at/kundmachungen erfolgte.

78 Im Übrigen war der Grund für die Verspätung der Beschwerde des Revisionswerbers ein Irrtum bei der Berechnung der Frist. Dass er keine ausreichende Gelegenheit gehabt hätte, sich über das gegenständliche Vorhaben zu informieren, wurde weder im Beschwerde- noch im Revisionsverfahren auch nur ansatzweise behauptet.

79 Da somit zusammengefasst im vorliegenden Fall für den Verwaltungsgerichtshof kein Zweifel daran besteht, dass der Revisionswerber eine angemessene Möglichkeit hatte, sich vor Erlassung des bekämpften Bescheides über das Genehmigungsverfahren zu unterrichten, und daher das Entgegenhalten der Beschwerdefrist nicht dem Effektivitätsgrundsatz widerspricht, besteht kein Anlass für die in der Revision angeregte Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH.

2.5. Ergebnis

80 Weil die Zurückweisung der Beschwerde des Revisionswerbers nach dem Gesagten mit dem Gesetz in Einklang steht, war die Revision in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

81 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

3. Zur Nichtstattgabe des Antrags des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt 1.)

82 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

83 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

84 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

85 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird bezogen auf das Wiedereinsetzungsverfahren vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es auch im Falle einer anerkannten Umweltorganisation einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab angelegt sowie eine Rückfrage bei der Behörde für erforderlich angesehen habe. Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage, welche Wirkung die Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrags sowohl bei der Erstbehörde als auch beim Verwaltungsgericht entfalte, wenn die Beschwerde bereits beim Verwaltungsgericht anhängig sei.

86 Die Revision hängt jedoch von der Lösung dieser Rechtsfragen nicht ab:

87 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 7172 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (vgl. , mwN).

88 Nach § 33 Abs. 3 VwGVG in der im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Geltung stehenden Stammfassung BGBl. I Nr. 33/2013 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung im (hier maßgeblichen) Fall des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die zwischenzeitig erfolgte Aufhebung einer Wortfolge in dieser Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof (BGBl. I Nr. 119/2020, ) trat erst mit in Kraft und ist auch mangels einer Erstreckung der Anlasswirkung nach Art. 140 Abs. 7 B-VG im vorliegenden Fall nicht maßgeblich. Im Übrigen bestand die für die Verfassungswidrigkeit der Regelung über die Einbringungsstelle maßgebliche Unklarheit darüber, ob die Beschwerde dem Verwaltungsgericht bereits vorgelegt wurde, hier nicht, weil der Revisionswerber zuvor einen Verspätungsvorhalt des Verwaltungsgerichtes erhalten hatte.

89 Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung zu § 13 AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht maßgeblich ist, dass Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind. Entscheidend ist, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei eindeutigem Inhalt eines Anbringens sind davon abweichende, nach außen nicht zum Ausdruck gebrachte Absichten und Beweggründe grundsätzlich unbeachtlich. Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen. Es darf im Zweifel nicht davon ausgegangen werden, dass eine Partei einen von vornherein sinnlosen oder unzulässigen Antrag gestellt hat (, mwN).

90 Eine in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen kann nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Einer vertretbaren Auslegung kommt keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen ist (vgl. , mwN).

91 Fallbezogen ist nicht zu erkennen, dass dem Verwaltungsgericht bei seiner Auslegung der Stellungnahme des Revisionswerbers vom eine solche krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wenn es aus den Angaben, wonach beim Landeshauptmann von Tirol bereits ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden sei und dieser nun ausdrücklich (lediglich) „zur Kenntnis“ als Beilage übermittelt werde, geschlossen hat, dass damit der fragliche Antrag unzweifelhaft gerade nicht beim Verwaltungsgericht gestellt und eingebracht werden sollte. Eine diesbezügliche Fehlbeurteilung legt auch die Revision nicht dar, weil sie lediglich begründungslos davon ausgeht, dass der Antrag fristgerecht (auch) beim Verwaltungsgericht eingebracht worden sei.

92 Zwar hat nach § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG auch das Verwaltungsgericht seine sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es ein Anbringen in Behandlung zu nehmen hätte, das ausdrücklich bei einer anderen Behörde gestellt und eingebracht wurde, auch wenn es davon durch Mitteilung des Einschreiters oder der Einschreiterin erfährt und für dessen Behandlung zuständig wäre. Genausowenig gilt in einem solchen Fall eine ausdrücklich lediglich „zur Kenntnis“ übermittelte Kopie dieses bei der anderen Behörde eingebrachten Anbringens als beim zuständigen Verwaltungsgericht eingebracht.

93 Das Gesetz sieht in diesem Fall vielmehr ausdrücklich eine „auf Gefahr des Einschreiters“ zu erfolgende Weiterleitung an die zuständige Stelle durch jene Behörde vor, bei der das Anbringen eingelangt ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft (erst) mit dem Einlangen des abgetretenen Antrags bei der Behörde, an die er nach § 6 Abs. 1 AVG weitergeleitet wurde, diese die Entscheidungspflicht (vgl. , mwN).

94 Das Verwaltungsgericht ist im Einklang mit dieser Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Wiedereinsetzungsantrag erst mit der Weiterleitung durch die Behörde, bei der er eingebracht wurde, an das Verwaltungsgericht am - und damit verspätet - als dort eingebracht gegolten hat.

95 Die zur Zulässigkeit der Revision vorgebrachte Rechtsfrage, welche Folge die gleichzeitige Einbringung eines Antrags bei einer zuständigen und einer unzuständigen Stelle hätte, stellt sich damit nicht. Im Hinblick darauf, dass der Wiedereinsetzungsantrag somit als verspätet zurückzuweisen war, kommt es auf die Alternativbegründung des Verwaltungsgerichtes, wonach der Antrag auch inhaltlich nicht berechtigt sei, und die diesbezüglich auf den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab abzielende Rechtsfrage in der Zulässigkeitbegründung der Revision nicht mehr an.

96 Die Revision gegen die Nichtstattgabe des Wiedereinsetzungsantrags war daher nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

97 Ein weiterer Kostenzuspruch findet diesbezüglich nicht statt. Zwar ist, wenn der Revisionswerber in einer Revision mehrere Beschlüsse angefochten hat, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz gemäß § 52 Abs. 1 VwGG so zu beurteilen, wie wenn jeder der Beschlüsse in einer gesonderten Revision angefochten worden wäre. Jedoch wurde der Mitbeteiligten und der belangten Behörde bereits auf Grund der Abweisung der Revision gegen Spruchpunkt 2. jeweils der volle von ihnen geltend gemachte Aufwandersatz zugesprochen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §30 Abs2
VwGVG 2014 §33 Abs4
Schlagworte
Vollzug
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070116.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAE-81833