VwGH vom 09.10.2020, Ra 2019/05/0109
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak, Dr. Leonhartsberger und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revisionen I. 1. der Dr. B S und 2. des Mag. H S, beide in G, beide vertreten durch Mag. Ulrike Pöchinger, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Wipplingerstraße 13/1/5 (Ra 2019/05/0109 und Ra 2019/05/0110), sowie II. 3. der Mag. M B in G, vertreten durch die Haslinger Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, (Ra 2020/05/0031), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-151404/62/JS/FE - 151406/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde G; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: N GmbH in G, vertreten durch die Denkmair Hutterer Hüttner Waldl Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Blumauerstraße 3-5), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde G hat den Erst- und Zweitrevisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 sowie der Drittrevisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1Mit Eingabe vom stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Baubewilligung gemäß § 28 der Oö. Bauordnung 1994 (BO) für den Neubau einer Wohnhausanlage mit sechs Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit neun Pkw-Stellplätzen auf der Liegenschaft D-Straße 2. Die Erst- und Zweitrevisionswerber sind Eigentümer der unmittelbar westlich an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft D-Straße 4. Die Drittrevisionswerberin ist Miteigentümerin des unmittelbar an das Baugrundstück östlich angrenzenden Grundstückes F-Straße 14.
2Mit Schreiben vom erhoben die Erst- und Zweitrevisionswerber Einwendungen gegen das Bauvorhaben, unter anderem betreffend die Nichteinhaltung der Geschossflächenzahl.
3Mit Schreiben vom erhob die Drittrevisionswerberin Einwendungen gegen das Bauvorhaben, unter anderem betreffend die Nichteinhaltung der Geschossflächenzahl, die Gebäudehöhe und den Immissionsschutz der Nachbarn.
4Bei der mündlichen Bauverhandlung am wiederholten die Revisionswerber die vorstehend genannten Einwendungen.
5Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G vom wurde die beantragte Baubewilligung unter Spruchpunkt I. unter Vorschreibung von Auflagen erteilt (Spruchpunkt II. betraf die Inanspruchnahme von Fremdgrund, Spruchpunkt III. die Verfahrenskosten und Spruchpunkt IV. die Anführung der Rechtsgrundlagen).
6Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber Berufungen, denen mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde G vom keine Folge gegeben wurde.
7Dagegen erhoben sämtliche Revisionswerber Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (in der Folge: Verwaltungsgericht).
8Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden die Beschwerden, soweit es um die Baubewilligung ging (Spruchpunkt I. des Bescheides des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G vom ), nach Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Eine Revision wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt II.).
9Begründend stellte das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass das Bauvorhaben eine Geschossflächenzahl größer als 0,4 aufweise. Die verkehrsbedingten Schallimmissionen im Zusammenhang mit dem projektierten Tiefgaragenverkehr überschritten im Bereich der gesamten östlichen Grundgrenze des Baugrundstückes (auch als Summe mit der bestehenden Schallsituation) nicht die Planungsrichtwerte für das städtische Wohngebiet nach der ÖNORM S 5021. Ferner stellte das Verwaltungsgericht den Abstand des geplanten Wohngebäudes zur Grundgrenze des östlich angrenzenden Grundstückes in näher genannten Punkten nach dem Einreichplan fest, ebenso die Höhe des jeweiligen Gebäudeteils des geplanten Wohngebäudes über dem Gelände an der Grundgrenze zum östlich angrenzenden Grundstück.
10Begründend wurde weiters unter anderem ausgeführt, der Funktionsplan des örtlichen Entwicklungskonzeptes sehe in seinem Zielkatalog vor, dass als Richtwert eine Geschossflächenzahl von 0,25 bis 0,4 gelte. In begründeten Fällen könne unter Einbeziehung eines Fachgremiums wie z.B. des Gestaltungsbeirates auch eine höhere Geschossflächenzahl festgelegt werden. Das gegenständliche Bauvorhaben sei vor Antragstellung vom Gestaltungsbeirat der Stadtgemeinde G begutachtet und - im Hinblick auf dessen Empfehlungen - mehrfach weiterentwickelt worden. Mit der Zielvorgabe eines Richtwertes für die Geschossflächenzahl im örtlichen Entwicklungskonzept sei keine konkrete Festlegung einer Geschossflächenzahl für das Baugrundstück erfolgt, auf deren Einhaltung den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zukomme.
11Für das Baugrundstück sei kein Bebauungsplan erlassen worden. Maßgeblich sei daher für die Lage und Höhe der Gebäude § 40 Z 1 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (BTG). Auf Grund der Hanglage des Baugrundstückes träten die Gebäudeteile des geplanten Wohngebäudes in unterschiedlichen Höhen gegenüber der Liegenschaft der Drittrevisionswerberin in Erscheinung. Die Gebäudehöhen und Abstände gegenüber der Liegenschaft der Drittrevisionswerberin seien eingehalten.
12Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Erst- und Zweitrevisionswerber die zu Ra 2019/05/0109 und Ra 2019/05/0110 protokollierte Revision mit dem Antrag, das bekämpfte Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
13Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten dazu Revisionsbeantwortungen jeweils mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen. Auch die weitere Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
14Die Drittrevisionswerberin bekämpfte das angefochtene Erkenntnis mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom , E 2225/2019-5, ablehnte und die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom , E 2225/2019-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
15Daraufhin erhob die Drittrevisionswerberin die zu Ra 2020/05/0031 protokollierte Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
16Die mitbeteiligte Partei erstattete dazu eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
17Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Behandlung und Erledigung zu verbinden, und hat erwogen:
Die Revisionen sind in Anbetracht der Frage der Einhaltung der höchstzulässigen Geschoßflächenzahl zulässig.
18In beiden Revisionen wird gerügt, dass das Bauvorhaben die höchstzulässige Geschossflächenzahl überschreite.
19In der Revision der Drittrevisionswerberin wird darüber hinaus ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht in Bezug auf die durch die Garage entstehenden Immissionen ein immissionstechnisches und ein humanmedizinisches Gutachten eingeholt habe. Luftschadstoffzusatzimmissionen seien aber entgegen dem diesbezüglichen Gutachten nicht nach den Grenzwerten und Bewertungsansätzen des Immissionsschutzgesetzes-Luft, sondern nach § 3 Oö. Grenzwertverordnung zu bewerten (Hinweis auf ). Die Oö. Grenzwertverordnung stütze sich auf § 21 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994. Der letzte Satz dieser Bestimmung halte fest, dass die Grenzwerte nach dem jeweiligen Stand der Technik festzulegen seien. Mithin gebe die Oö. Grenzwertverordnung auf Grund dieser normativen Formulierung in § 21 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 bindend vor, nach welchen Parametern Luftschadstoffimmissionen zu untersuchen seien. Angesichts dieser klaren rechtlichen Grundlage bestehe kein Raum dafür, andere Luftschadstoffe bzw. Luftschadstoffparameter als Stand der Technik heranzuziehen. Nach dem entsprechenden Verweis in § 3 Abs. 1 Oö. Grenzwertverordnung seien die in Anlage 1 Teil A und B festgelegten Immissionsgrenzwerte der Oö. Luftreinhalteverordnung heranzuziehen. § 3 Abs. 1 Oö. Grenzwertverordnung belasse die Oö. Luftreinhalteverordnung im gegenständlichen Zusammenhang in Geltung (Verweis auf Neuhofer, OÖ. Baurecht, 7. Auflage, 2014, Anmerkung 2 zu § 3 Oö. Grenzwertverordnung).
20Dennoch habe das Verwaltungsgericht eine ergänzende luftreinhaltetechnische Stellungnahme vom eingeholt, die sich ausschließlich auf Luftschadstoffparameter nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft beziehe. Die humanmedizinische Stellungnahme vom baue auf dieser luftreinhaltetechnischen Stellungnahme auf. Eine Gegenüberstellung der durch das Projekt entstehenden Luftschadstoffzusatzimmissionen (sowie der Ist-Immissionen) mit den Immissionsgrenzwerten gemäß den Parametern nach § 3 Abs. 1 Oö. Grenzwertverordnung fehle.
21Weiters bringt die Drittrevisionswerberin vor, mangels eines Bebauungsplanes werde der zu den Nachbargrundgrenzen einzuhaltende Mindestabstand nach § 40 Z 1 BTG bestimmt. Der Einreichplan vermittle diesbezüglich nicht die Information, um zuverlässig einschätzen zu können, ob das Bauvorhaben das Nachbarrecht der Drittrevisionswerberin betreffend Gebäudehöhe und Gebäudeabstand einhalte. Die tatsächliche Höhe des 4,31 m vom Bauvorhaben entfernten Punktes („Punkt 1“) an der Grundgrenze sei planlich nicht ausgewiesen. Es werde auch nicht beschrieben, wie hoch der äußerste südöstliche Eckpunkt des Bauvorhabens liege. Der im Einreichplan mit einer Höhenkote von 467,68 ausgewiesene Punkt liege nicht direkt an der Grundstücksgrenze, sodass das Differenzhöhenmaß von 12,79 m nicht herangezogen werden könne, um die Einhaltung des Höhendrittels im Sinne des § 40 Z 1 Satz 2 BTG zu belegen. Das Verwaltungsgericht sei planwidrig davon ausgegangen, dass der „Punkt 1“ an der Grundgrenze liege. Der gegenständliche Punkt liege östlich der Grundgrenze, somit nicht an der Grundgrenze, und bilde für die Beurteilung der Gebäudehöhe daher keine taugliche Grundlage. Das an diesen Punkt direkt anschließende Gelände weise eine geringere Höhe auf als 467,68 und somit das geplante Gebäude an der dem Grundstück der Drittrevisionswerberin zugewandten Front eine „höhere Höhe“, wohl mehr als 12,93 m, weshalb das Bauvorhaben die Höhen- und Abstandsbestimmung des § 40 Abs. 1 zweiter Satz BTG nicht einhalte.
22Soweit sich sämtliche Revisionswerber dadurch in ihren Nachbarrechten verletzt erachten, dass die Geschossflächenzahl von 0,4 überschritten wird, sind sie im Recht: Diesbezüglich kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2019/05/0037, verwiesen werden. Aus den dort dargestellten Gründen ergibt sich, dass auch das hier angefochtene Erkenntnis in diesem Zusammenhang inhaltlich rechtswidrig ist.
23Darüber hinaus ist zur Revision der Drittrevisionswerberin Folgendes auszuführen:
24§ 31 Oö. Bauordnung 1994 (BO), LGBl. Nr. 66/1994 idF Nr. 34/2013, lautet auszugsweise:
„§ 31
Einwendungen der Nachbarn
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. ...
...“
25§ 21 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993 idF Nr. 69/2015, lautet auszugsweise:
„§ 21
Bauland
...
(4) An einem bestehenden Gewerbebetrieb, der sich in einem Gebiet gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 bis 6 befindet, in dem er auf Grund der Bestimmungen dieses Landesgesetzes oder auf Grund einer Änderung der Widmung nicht mehr errichtet werden dürfte, dürfen im Rahmen der Bauvorschriften bewilligungs- und anzeigepflichtige Maßnahmen vorgenommen werden, wenn dadurch die durch Verordnung der Landesregierung für die einzelnen Widmungskategorien festgelegten Grenzwerte für Emissionen und Immissionen nicht überschritten werden. Die Grenzwerte sind nach dem jeweiligen Stand der Technik festzulegen; bei der Festlegung von Grenzwerten für Lärm können für verschiedene Tageszeiten verschiedene Werte bestimmt werden.
...“
26§ 32 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 114/1993 idF Nr. 69/2015, lautet auszugsweise:
„§ 32
Inhalt des Bebauungsplanes
(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:
...
4.die Gebäudehöhe (Abs. 4);
...
(4) Die Höhe der Gebäude ist nach der Anzahl der Geschosse über dem Erdboden, der Hauptgesimshöhe oder der Gesamthöhe über dem tiefsten Punkt des Straßenniveaus oder anderen Vergleichsebenen festzulegen; sie kann im Bereich des Bauplatzes auch unterschiedlich sowie mit Mindest- und Höchstgrenzen festgelegt werden.
...“
27§ 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013, LGBl. Nr. 35 (BTG), lautet auszugsweise:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
25.Stand der Technik: auf den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhender Entwicklungsstand fortschrittlicher bautechnischer Verfahren, Einrichtungen und Bauweisen, deren Funktionstüchtigkeit erprobt oder sonst erwiesen ist;
...“
28§ 40 BTG lautet auszugsweise:
„§ 40
Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer
Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:
1.Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.
2.Bei der Errichtung und Änderung von Schutzdächern ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen vom weitest vorspringenden Teil des Daches, von 2 m einzuhalten. Bei Bauwerksteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe, verringert um 1 m, betragen. Für Wände und Stützen von Schutzdächern gilt Z 1.
...
6.Die Höhe des jeweiligen Bauwerksteils ist vom jeweils nächstgelegenen Punkt an der dem jeweiligen Abstand zugeordneten Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze zu messen. Aufzugschächte, Rauch- und Abgasfänge, Antennenanlagen und ähnliche Einrichtungen auf Gebäudeteilen oder Schutzdächern sind dabei nicht einzurechnen.
...“
29Die Oö. Grenzwertverordnung, LGBl. Nr. 22/1995 idF LGBl. Nr. 93/1995, lautet auszugsweise:
„Verordnung der Oö. Landesregierung vom , mit der Grenzwerte für Emissionen und Immissionen für die einzelnen Widmungskategorien festgelegt werden (Oö. Grenzwertverordnung)
Auf Grund des § 21 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993, wird verordnet:
§ 1
Baubewilligungspflichtige Maßnahmen dürfen an einem bestehenden Gewerbebetrieb, der sich in einem Gebiet gemäß § 21 Abs. 2 Z. 1 bis 6 O.ö. ROG 1994 befindet, in dem er auf Grund raumordnungsrechtlicher Bestimmungen nicht mehr errichtet werden dürfte, nur unter Einhaltung der im folgenden festgelegten Grenzwerte vorgenommen werden.
§ 2
(1) Für Lärmimmissionen gelten folgende Grenzwerte:
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Widmung des Baulandes | Grenzwert(Beurteilungspegel in dB) | |
Tag | Nacht | |
Wohngebiet(§ 22 Abs. 1 O.ö. ROG 1994) | 55 | 45 |
Reines Wohngebiet(§ 22 Abs. 1 2. Satz O.ö. ROG 1994) | 50 | 40 |
Dorfgebiet(§ 22 Abs. 2 O.ö. ROG 1994) | 55 | 45 |
Kurgebiet(§ 22 Abs. 3 O.ö. ROG 1994) | 45 | 35 |
Kerngebiet(§ 22 Abs. 4 O.ö. ROG 1994) | 60 | 50 |
Gemischtes Baugebiet(§ 22 Abs. 5 O.ö. ROG 1994) | 60 | 50 |
Betriebsbaugebiet(§ 22 Abs. 6 O.ö. ROG 1994) | 65 | 55 |
(2) Die im Absatz 1 festgelegten Grenzwerte für die Nacht gelten jeweils von 22 Uhr bis 6 Uhr.
§ 3
(1) Als Grenzwerte für Luftschadstoffe gelten die in der Anlage 1 Teil A und B festgelegten Immissionsgrenzwerte der O.ö. Luftreinhalteverordnung, LGBl. Nr. 78/1976, i.d.F. LGBl. Nr. 93/1985.
(2) Soweit für einzelne Emissionen und Immissionen keine Grenzwerte oder Richtlinien festgelegt sind, sind dem Stand der Technik entsprechende Richtlinien heranzuziehen.
§ 4
(1) Wird bei einem bestehenden Gewerbebetrieb, der sich in einem Gebiet gemäß § 21 Abs. 2 Z. 1 - 6 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 befindet, in dem er auf Grund der Bestimmungen oder auf Grund einer Änderung der Widmung nicht mehr errichtet werden dürfte, eine bewilligungspflichtige Baumaßnahme vorgenommen, so darf die Summe der vom Altbestand und der geplanten Baumaßnahme verursachten Immissionen sowohl an der (eigenen) Grundstücksgrenze als auch anschließend an der ungünstigsten Stelle des Einwirkungsbereiches die in den § 2 und 3 festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten.
(2) Werden die in den § 2 und 3 festgelegten Grenzwerte bereits durch den bestehenden konsensgemäß betriebenen Gewerbebetrieb überschritten, so ist eine gemäß § 24 O.ö. Bauordnung 1994 bewilligungspflichtige Baumaßnahme nur dann zulässig, wenn die nur von der geplanten Baumaßnahme verursachten Immissionen die in den § 2 und 3 festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten und wenn die Summe der vom Altbestand und der geplanten baulichen Maßnahme verursachten Immissionen den bisherigen Ist-Wert nicht überschreitet.
(3) Die Einhaltung der in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Werte ist erforderlichenfalls durch Auflagen, die sich auch auf zusätzliche Immissionsschutzmaßnahmen beim konsensgemäß betriebenen Altbestand des Gewerbebetriebes erstrecken können, sicherzustellen.
§ 5
Der Bauwerber hat den Einreichunterlagen Emissionserklärungen über den bestehenden Betrieb, die geplanten Baumaßnahmen und die verwendeten Maschinen und Anlagen, soweit erforderlich (§ 29 Abs. 3 O.ö. BauO 1994), anzuschließen.
...“
30Die Anlage 1 der Oö. Luftreinhalteverordnung, LGBl. Nr. 78/1976 idF LGBl. Nr. 93/1985, lautet:
„Anlage 1
Immissionsgrenzwerte
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SCHADSTOFF | HALBSTUNDEN-MITTELWERTmg/m3 | TAGES-MITTELWERTmg/m3 | KURZZEIT-GRENZWERTmg/m3 | LANGZEIT-GRENZWERTmg/m3 | ||||
So | Wi | So | Wi | So | Wi | So | Wi | |
Schwebstaub | 0,12 | 0,20 | 0,12 | 0,20 | 0,06 | 0,10 | ||
Schwefeldioxid | 0,14 | 0,30 | 0,05 | 0,10 | 0,07 | 0,15 | 0,03 | 0,06 |
Stickstoffmonoxid | 0,6 | 0,2 | 0,3 | 0,1 | ||||
Stickstoffdioxid | 0,3 | 0,1 | 0,15 | 0,05 | ||||
Kohlenmonoxid | 20 | 7 | 15 | 5 | ||||
Schwefelwasserstoff | 0,020 | 0,007 | 0,010 | 0,005 | ||||
Fluorwasserstoff und anorg. gasf. Fluorverbdg., angegeben als F | 0,003 | 0,001 | ||||||
Der KURZZEITGRENZWERT ist gleichzusetzen mit dem 97,5 Perzentil (97,5 Prozentwert der Summenhäufigkeit), der LANGZEITGRENZWERT ist gleichzusetzen mit dem arithmetischen Mittel
a)der Halbstundenmittelwerte je Monat für Schwefeldioxid, Stickstoffmonoxid, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid und Schwefelwasserstoff,
b)der Halbstundenmittelwerte je Mefßperiode für Fluorwasserstoff,
c)der Tagesmittelwerte je Beobachtungszeitraum für Schwebstaub.
Der SOMMERBEOBACHTUNGSZEITRAUM (So) erstreckt sich vom 1. April bis 31. Oktober, der WINTER-BEOBACHTUNGSZEITRAUM (Wi) vom 1. November bis 31. März.
B) Die Immissionsgrenzwerte fur den Staubniederschlag
betragen
0,21 g je m2 und Tag fur den MONATSMITTELWERT
und
0,16 g je m2 und Tag fur den JAHRESMITTELWERT.
C) In den besonders belasteten Gebieten, das sind Gebiete, in denen die Immissionsgrenzwerte nachweisbar überschritten werden, wird längstens bis zum für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Schwefelwasserstoff und für den Staubniederschlag höchstens der zweifache Immissionsgrenzwert sowie für den Schwebstaub der zweifache Tagesmittelwert an höchstens vier Tagen je Beobachtungszeitraum geduldet.”
31Was das Vorbringen der Drittrevisionswerberin zur Gebäudehöhe anlangt, ist es zutreffend, dass dann, wenn der Bebauungsplan keine entsprechenden Regelungen enthält, § 40 BTG heranzuziehen ist (vgl. ). Maßgebend ist dabei die Höhenlage der Grundgrenze zum Nachbargrundstück (§ 40 Z 6 BTG; vgl. auch ). Um wieviel der jeweilige Bauwerksteil diese Höhenlage überschreitet, ergibt seine Höhe. Und daraus folgt, wie weit der jeweilige Gebäudeteil von der Nachbargrundgrenze entfernt sein muss (§ 40 Z 1 und 2 BTG).
32Es trifft zu, dass in dem vom Verwaltungsgericht bewilligten Einreichplan der „Punkt 1“ nicht an der Grundgrenze, sondern versetzt auf dem Grundstück der Drittrevisionswerberin eingetragen ist. Die für diesen Punkt vermerkte Höhenlage ist somit im Sinne des § 40 BTG nicht aussagekräftig. Daher kann auch nicht nachvollzogen werden, ob der entsprechende Mindestabstand des geplanten Gebäudes in diesem Bereich eingehalten ist. Soweit das Verwaltungsgericht von der Einhaltung des Mindestabstandes auch im Bereich des „Punktes 1“ ausgegangen ist, liegt daher ein Begründungsmangel vor, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Verwaltungsgericht bei Feststellung der Höhenlage an der Grundgrenze insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
33Soweit die Drittrevisionswerberin vermeint, dass hinsichtlich des Standes der Technik betreffend die Immissionen, die von der gegenständlichen Garage herrühren, die Oö. Grenzwerteverordnung in Verbindung mit der Oö. Luftreinhalteverordnung heranzuziehen wäre, ist zunächst festzuhalten, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der Oö. Grenzwerteverordnung (vgl. § 1, § 4 und § 5 dieser Verordnung) sowie nach dem eindeutigen Wortlaut des § 21 Abs. 4 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, auf den sich diese Verordnung stützt, die entsprechenden Regelungen nur für Gewerbebetriebe gelten. Dass ein solcher hier vorliegt, wird von der Drittrevisionswerberin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Auch in dem von der Drittrevisionswerberin zitierten Erkenntnis , ging es um einen Gewerbebetrieb.
34Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die Regelungen der Grenzwerteverordnung bzw. der Luftreinhalteverordnung auch als Stand der Technik bei anderen Anlagen herangezogen werden (vgl. , betreffend die Baubewilligung für eine Flutlichtanlage eines Sportvereins). Dies ändert aber nichts daran, dass die normative Festlegung des Standes der Technik durch die Oö. Grenzwerteverordnung und die Oö. Luftreinhalteverordnung nur in Bezug auf Gewerbebetriebe gegeben ist. Dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Rechtsnorm einen bestimmten Stand der Technik normiert, hat die Bestimmung eines Standes der Technik hingegen keinen normativen Charakter, sondern gibt bloß ein bestimmtes oder bestimmbares Fachwissen wieder, und sie gehört damit ausschließlich dem Tatsachenbereich an (vgl. ; vgl. auch § 2 Z 25 BTG).
35Im vorliegenden Fall kann dem Verwaltungsgericht daher nicht entgegengetreten werden, wenn es dem technischen Sachverständigen gefolgt ist, der davon ausgegangen ist, dass sich der maßgebliche Stand der Technik aus den Regelungen im Immissionsschutzgesetz-Luft ergibt. Die Drittrevisionswerberin ist diesen Sachverständigenäußerungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das Revisionsvorbringen hinsichtlich der Immissionsbelastungen, die von der gegenständlichen Garage ausgehen, geht daher ins Leere.
36Das angefochtene Erkenntnis war aus den oben dargestellten Gründen wegen prävalierender Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
37Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050109.L00 |
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