VwGH vom 25.09.2014, 2013/07/0297
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger, die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des J S in R, vertreten durch Dr. Erich Moser, Rechtsanwalt in 8850 Murau, Schwarzenbergsiedlung 114, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT10-LAS17Sa1/2013-8, betreffend ein Bringungsrecht (mitbeteiligte Parteien: 1. A D,
2. E D, beide in M, beide vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Postgasse 8/1, sowie 3. F in L, vertreten durch Dr. Maximilian Schaffgotsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Postgasse 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zweitmitbeteiligte Partei beantragte am bei der Agrarbezirksbehörde Leoben (ABB) die Einräumung eines Bringungsrechtes nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (GSLG) zugunsten des Grundstücks Nr. 4 der KG P. Dieses Grundstück sei früher über eine Forststraße bewirtschaftet worden, welche der drittmitbeteiligten Partei gehöre. Dem Zweitmitbeteiligten als neuem (Mit )Eigentümer sei aber die Benutzung der Forststraße untersagt und verunmöglicht worden.
Die ABB zog einen agrartechnischen Amtssachverständigen bei, welcher am Befund und Gutachten erstattete. In diesem Gutachten wurden drei Wegvarianten ausgearbeitet und die Gesamtkosten der Varianten, die Entschädigungsbeträge und die Erhaltungskostenanteile ermittelt. Der Amtssachverständige legte in diesem Gutachten näher begründet dar, dass es drei Möglichkeiten der Erschließung des notleidenden Grundstückes Nr. 4 gebe. Variante 1 sehe eine Erschließung über den Güterweg der drittmitbeteiligten Partei vor, Variante 2a führe über das Grundstück Nr. 7 (im Eigentum des J) und in weiterer Folge über die Grundstücke 1 und 2 (im Eigentum des Beschwerdeführers). Sie umfasse die Mitbenutzung der bestehenden und über diese Grundstücke führenden Forststraße sowie die bauliche Ausgestaltung eines Anschlussstückes. Schließlich gebe es noch eine Variante 2b (spielt im weiteren Verfahren keine Rolle mehr). Nach Ansicht des Sachverständigen sei das Bringungsrecht über die Variante 2a einzuräumen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am räumte die ABB mit Bescheid vom zugunsten der Erst- und Zweitmitbeteiligten ein Bringungsrecht entsprechend dem eingeholten Amtssachverständigengutachten zugunsten des Grundstücks Nr. 4 ein, legte die Entschädigungssummen und den Erhaltungsanteil an der bestehenden Forststraße des Beschwerdeführers fest und wies mit Spruchpunkt III das Begehren des Beschwerdeführers auf Zurückweisung des Antrags des Erstmitbeteiligten wegen Unzuständigkeit der ABB zur Entscheidung dieser Angelegenheit ab. Die ABB vertrat den Standpunkt, nach den Bestimmungen des GSLG könnten auch Waldgrundstücke zur zweckmäßigen Bewirtschaftung berechtigt werden. Unter Beachtung der im Gesetz genannten Voraussetzungen sei das Bringungsrecht daher in der vom Sachverständigen ermittelten Variante 2a einzuräumen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien Berufung.
Der Beschwerdeführer wandte ein, die Variante 1 eigne sich unter Bedachtnahme auf die in deren Verlauf gegebenen Längsneigungen wesentlich besser für ein Befahren mit Schwerfahrzeugen. Es werde auch eine bessere Gesamtaufschließung des Grundstücks 4 erzielt. Die Neuanlegung von Forststraßen innerhalb dieses Grundstückes könne vermieden werden. Schließlich seien die geschätzten Baukosten nicht nachvollziehbar kalkuliert worden und er bezweifle nach wie vor die Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über den Antrag. Dies deshalb, weil die Mitbeteiligten keinen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb führten; eine forstwirtschaftliche Betriebsorganisation sei ihnen nicht zuzuordnen.
Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien führten in ihrer Berufung aus, dass der erste zu benützende Wegabschnitt auf der Variante 1 (Forstweg der drittmitbeteiligten Partei) Öffentlichkeitscharakter aufweise. Der Weg sei darüber hinaus kürzer als im Gutachten angenommen, dies besonders dann, wenn der Öffentlichkeitscharakter des ersten Wegabschnittes berücksichtigt würde. Der Entschädigungsbetrag für die Grundinanspruchnahme bei der Variante 2a betrage mehr als doppelt so viel wie für die Variante 1. Das widerspreche dem Grundsatz, dass ein Bringungsrecht festgesetzt werden müsse, welches möglichst geringe Kosten verursache. Dennoch habe sich die Behörde zu einer mehr als doppelt so teuren Variante entschlossen. Die Variante 1, jedenfalls aber eine Untervariante der Variante 1 bis zum ersten Stichweg, entspreche daher den gesetzlichen Voraussetzungen besser als die den Mitbeteiligten zugesprochene Variante 2a.
Die belangte Behörde holte ein weiteres Gutachten eines forstwirtschaftlichen Amtssachverständigen vom ein, der nach detaillierter Darstellung der ermittelten Weglängen und der kostenmäßigen Beurteilung der beiden Varianten auch auf die Berufungsvorbringen näher einging. Er legte dar, dass die Variante 1 eine Weglänge von 7548 lfm in Anspruch nehme, die Variante 2a hingegen nur 4995 lfm. Die geringere Inanspruchnahme von Fremdgrundstücken bestehe demnach bei Variante 2a. Durch die Variante 2a werde das notleidende Waldgrundstück nur hangoberseits mit einem Stichweg erschlossen, die zukünftige forstwirtschaftliche Nutzung müsste in weiterer Folge mit einem Seilgerät bergauf erfolgen. Auch der hangunterseits und schlepperbefahrbare nördliche Teil des Grundstückes Nr. 4 müsse auf die hangoberseitig liegende Bringungsanlage geliefert werden. Durch den Einsatz eines Seilkranes entstünden erhöhte Bringungskosten. Durch die Variante 1 werde das Waldgrundstück hingegen durch je einen Stichweg hangoberseits und hangunterseits optimal erschlossen, die zukünftige Bewirtschaftung mit Schlepper und Seilwinde wäre möglich. Bei der wirtschaftlichen Betrachtung werde die Entschädigungsleistung für die Mitinanspruchnahme der Bringungsanlage beurteilt. Daraus ergäbe sich bei der Variante 1 ein Gesamtkostenbetrag von EUR 6.392,70 im Gegensatz zu EUR 10.364,30 bei der Variante 2a. Der geringere wirtschaftliche Aufwand und der höhere wirtschaftliche Nutzen sei daher bei der Variante 1 gegeben. Aus forstfachlichen Gesichtspunkten sei daher die Einräumung eines Bringungsrechtes für die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung der Waldflächen über die Variante 1 zu bevorzugen.
In der öffentlichen Verhandlung vor der belangten Behörde brachte der Vertreter der drittmitbeteiligten Partei vor, auf Grund eines rechtskräftigen Wiederbewaldungsauftrages der BH vom müssten die Stichwege (vom Forstweg zum notleidenden Grundstück) aufgeforstet werden. Er gehe daher davon aus, dass sich dort keine Forststraßen mehr befänden. Der Amtssachverständige erklärte daraufhin ergänzend zu seinem Gutachten, dass nach dieser Sach- und Rechtslage die beiden Stichwege, die zum Grundstück führten, als "Neubau" zu werten seien und sich infolgedessen die Kostensituation neu gestalte. Somit ergäbe sich für die Neuerrichtung der beiden Stichwege (die von der Variante 1 abgingen) Gesamtkosten in der Höhe von EUR 2.650,--, was die Gesamtkosten der Variante 1 auf EUR 8.417,70 erhöhe. Aus forstfachlichen Gesichtspunkten sei daher unter Berücksichtigung der Mitbenutzung der bestehenden Bringungsanlagen, des Neubaus neuer Bringungsanlagen auf Fremdgrund und der wirtschaftlichen Betrachtung die Einräumung eines Bringungsrechtes über die Variante 2a zu empfehlen. Das Ausmaß des Eingriffs in fremdes Eigentum sei durch den Neubau zweier Stichwege stärker zu werten als die höheren Kosten von EUR 1.946,60 gegenüber der Variante 1.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufungen der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien und des Beschwerdeführers als unbegründet ab, änderte aus Anlass der Berufungen aber die Entschädigungsbeträge für die Grundinanspruchnahme und die anteiligen Baukosten.
Die belangte Behörde stellte im Rahmen ihrer rechtlichen Erwägungen fest, dass die ABB ihre Zuständigkeit zur Entscheidung in der gegenständlichen Angelegenheit zu Recht bejaht habe. Aus dem "verfassungsrechtlich zulässigen Inhalt" des GSLG ergebe sich, dass Waldgrundstücke sowohl Gegenstand forstrechtlicher Maßnahmen als auch von Aktionen der Bodenreform sein könnten. Über den Antrag zur Einräumung eines Bringungsrechts zugunsten eines Waldgrundstückes nach den Bestimmungen des GSLG als Bodenreformmaßnahme zu entscheiden, seien daher die Agrarbehörden berufen.
Die allgemeinen Voraussetzungen für die Einräumung eines Bringungsrechtes nach dem GSLG lägen im Hinblick auf die zweckmäßige Bewirtschaftung von Waldgrundstücken zweifellos vor, weil keine benützbare Zufahrt existiere. Weiters ergebe sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, dass kein Teil der in Frage kommenden Erschließungsvariante 1 öffentlicher Weg sei. Der in Frage stehende Wegteil könne nicht von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, stehe er doch im Privateigentum und sei nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Auf Grund der mit Bescheid der BH vom geschaffenen Rechtslage müssten bei der Variante 1 auch Grundstücke in Anspruch genommen werden, deren Verwendungszweck Wald und nicht Forstweg sei. Die Ausführungen der mitbeteiligten Parteien, wonach die Wiederherstellung des Weges auf diesen Abschnitten nur vernachlässigbare Kosten verursachte, mögen zwar berechtigt sein, trotzdem seien diese Grundstücksteile als Wald- und nicht als Wegflächen genutzt.
In weiterer Folge legte die belangte Behörde ihre Abwägungsüberlegungen gemäß § 3 GSLG näher dar und vertrat die Ansicht, der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Varianten liege im Ausmaß der Fremdgrundinanspruchnahme. Während bei Variante 1 die Länge des mitzubenützenden Forstweges 7310 m betrage und 238 m (Wald) aktuell einer Verwendungszweckänderung unterlägen, weise die Variante 2a eine Länge von 4975 m auf und es müssten 20 m Weg neu gebaut werden. Soweit erweise sich die Variante 2a als günstigere. In Bezug auf die Einräumung derart, dass möglichst geringe Kosten verursacht würden, sei darauf hinzuweisen, dass mit dem Neubau einer Wegstrecke von lediglich 20 m und dem Anschluss an das zu erschließenden Waldgrundstück direkt an einen dort vorhandenen Teil mit Wegaufbau die geringsten Kosten verursacht würden. Die zweckmäßige Bewirtschaftung des Waldgrundstückes werde auch dann ermöglicht, wenn der Einsatz eines Seilkrans notwendig sei. Die Berufungen (unter anderem des Beschwerdeführers) seien daher mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass die vom Amtssachverständigen ermittelten Entschädigungsbeträge in den Spruch des Bescheides aufzunehmen seien.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof sah gemäß § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG an und forderte den Beschwerdeführer mit hg. Verfügung vom auf, gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Gründe auszuführen, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.
Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom nach. Er vertrat in diesem Schriftsatz die Ansicht, das einzuräumende Bringungsrecht betreffe ein Waldgrundstück der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien, welches nicht zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehöre, zumal die Erst- und Zweitmitbeteiligten nicht einmal über einen solchen Betrieb verfügten. Es liege daher der Fall eines reinen forstrechtlichen Bringungsnotstandes vor, sodass nur § 66a Forstgesetz zur Anwendung zu gelangen habe. Die Zuständigkeit zur Einräumung eines Bringungsrechtes liege daher bei der Forstbehörde und nicht bei den Agrarbehörden. In Verkennung dieses Umstandes widerspreche die belangte Behörde der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2007/07/0107).
In weiterer Folge bezeichnete der Beschwerdeführer die Bevorzugung der Bringungsvariante 2a gegenüber der Variante 1 als unbegründet, die belangte Behörde habe dem Grundsatz der materiellen Wahrheitserforschung nicht entsprochen. Als dritten Punkt führte der Beschwerdeführer ins Treffen, dass die belangte Behörde den Grundsatz hätte beachten müssen, dass bei einer bereits bestehenden Belastung (Servitut) einer Wegstrecke die Einräumung eines weiteren Rechtes (gleicher oder anderer Art) über dieselbe Strecke eine geringere Belastung des fremden Grundstückes darstelle als die Einräumung eines Bringungsrechtes auf einem bisher nicht in einer solchen Weise belasteten Grundstück. Auf dieser Ebene sei die Sachverhaltsgrundlage unerforscht geblieben, trotz des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass es sich beim ersten (unteren) Wegteil der Variante 1 um eine öffentliche Straße im Sinne des § 3 des Stmk LStrG handle. Der belangten Behörde sei bekannt gewesen, dass ein Teil der Variante 1 bereits belastet sei, sie haben diesen Umstand aber nicht in ihre Überlegungen einbezogen.
Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Steiermark erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als kostenpflichtig abzuweisen; unter einem wurden die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Die mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften. Während die drittmitbeteiligte Partei den Antrag stellte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, argumentierten die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien ähnlich dem Beschwerdeführer und beantragten eine Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof in der Art, dass das beantragte Bringungsrecht in Form der Variante 1 eingeräumt werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Zur Zuständigkeit der Agrarbehörden:
Der Beschwerdeführer zog auch in der Beschwerde die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung über den hier vorliegenden Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes in Frage und begründete dies mit dem Hinweis auf das Fehlen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes der erst- und zweitmitbeteiligten Parteien.
Der Beschwerdeführer verwies in diesem Zusammenhang wiederholt auf das hg. Erkenntnis vom , 2007/07/0107; die belangte Behörde zitierte im angefochtenen Bescheid aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 201/59, VfSlg 3649, welches seinerseits dem hg. Erkenntnis vom maßgeblich zu Grunde liegt.
Der Verfasssungsgerichtshof befasste sich in diesem Erkenntnis mit der Abgrenzung von Bodenreform (hier: dem Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz - GSGG) und Forstrecht und stellte fest, dass unter Maßnahmen der Bodenreform nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Erk. Slg. Nr. 1390/1931, an dem seither festgehalten wurde) jene nicht unter Art. 10 B-VG fallenden Aktionen auf dem Gebiete der Landeskultur zu verstehen seien, durch welche die gegebenen Bodenbesitz- , Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regulierung unterzogen werden sollten. Maßnahmen der Bodenreform seien nicht auf landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im engeren Sinne beschränkt, sondern erstreckten sich auch auf forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Dies zeigten insbesondere die sogenannten Reichsrahmengesetze vom 7. Juni 1883, RGBl. Nr. 92 bis 94, in denen die Agrarischen Operationen geregelt seien (vgl. ebenfalls Erk. Slg. Nr. 1390/1931). Daraus ergebe sich, dass Waldgrundstücke sowohl Gegenstand forstrechtlicher Maßnahmen als auch von Aktionen der Bodenreform sein könnten. Die im § 1 GSGG geregelte Bringung, auch wenn sie die Beförderung von Waldprodukten mitumfasse, sei etwas anderes als das im § 24 RFG vorgesehene Bringungsrecht. Der Vergleich zwischen beiden Bestimmungen zeige nämlich folgende Unterschiede:
"a) Das RFG ermöglicht lediglich die Bringung von gewonnenen Produkten. Das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz ermöglicht auch die Bringung von gewinnbaren Erzeugnissen und von Sachen, die zur zweckmäßigen Bewirtschaftung erforderlich sind.
b) Im RFG ist das Bringungsrecht an die Voraussetzung gebunden, dass die Bringung ansonsten unmöglich ist oder doch mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz bindet dagegen das Bringungsrecht an die Voraussetzung, dass ansonsten eine zweckmäßige Bewirtschaftung unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt wird.
c) Das RFG regelt nur die Bringung aus dem Wald (ohne Rücksicht auf den Betrieb, zu dem der Wald gehört). Das Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz regelt dagegen die für den landwirtschaftlichen Betrieb zum Zwecke der Bewirtschaftung der in ihm vereinigten Liegenschaften erforderliche Bringung."
Der Verfassungsgerichtshof legte weiters dar, dass das Wesen dieser Unterschiede darin liege, dass das Bringungsrecht nach dem RFG nur eingeräumt werden dürfe, um es möglich zu machen, die Produkte zum Zwecke der Verwertung aus dem Wald zu schaffen, während das GSGG Bringungsrechte vorsehe, die ermöglichen sollten, die Bewirtschaftungsverhältnisse ganzer landwirtschaftlicher Betriebe zweckmäßig, d. i. den modernen wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechend, neu zu gestalten. Die gegebenen Bewirtschaftungsverhältnisse eines landwirtschaftlichen Betriebes den geänderten Bedürfnissen entsprechend planmäßig neu zu gestalten, sei aber eine Angelegenheit der Bodenreform. Messe man die Einrichtung des § 24 RFG daran, so zeige sich, dass sie - wie bereits oben erwähnt - etwas anderes sei. Das Ergebnis entspreche also der Verschiedenheit der Kompetenztatbestände des B-VG.
Die Vorschriften der Bodenreform zielen im Wesentlichen auf eine Verbesserung der Agrarstruktur ab; damit soll eine ökonomisch sinnvolle Nutzung von landwirtschaftlichem Boden erreicht werden (vgl. Walter/Mayer , Grundriss des Besonderen Verwaltungsrechts, 2. Auflage, 267). Hinter der gesetzlichen Verweisung jener Normen, welche die Einräumung land- und forstwirtschaftlicher Bringungsrechte regeln, in den Kreis des öffentlichen Rechtes steht der Gedanke, dass solche Bringungsrechte nicht bloß dem privaten Interesse der Eigentümer zu berechtigender Liegenschaften dienen sollen, sondern dabei auch das volkswirtschaftliche öffentliche Interesse an der Sicherung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft zu fördern haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/07/0036).
Nun bietet das GSGG bzw. das GSLG über die bloße Bringung von Produkten zum Zwecke der Verwertung aus dem Wald, die durch das Forstgesetz gewährleistet wäre, hinausgehende Berechtigungen, die der zweckmäßigen Bewirtschaftung von Waldgrundstücken dienen. So umfasst nach § 1 Abs. 1 und 2 GSLG ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes (ua) auch das Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen, eine Bringungsanlage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten, zu benützen und zu verwalten, oder die zu bringenden Sachen auf fremdem Grund zu lagern. Auch in Bezug auf ein Waldgrundstück, das keinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zugehört, kann die Ermöglichung dieser Tätigkeiten die Grundlage für eine fachgerechte Bewirtschaftung darstellen. Das GSLG bietet daher auch in Bezug auf solche Grundstücke die Rechtsgrundlage für die Schaffung einer fachgerechten Bewirtschaftungsmöglichkeit. Nur auf Grundlage eines solchen Rechts wäre zB im vorliegenden Fall die sachverständigerseits als notwendig erachtete Beförderung einer Seilwinde auf das notleidende Grundstück möglich; ohne eine solche Möglichkeit wäre aber die fachgerechte Bewirtschaftung des Grundstückes nicht gewährleistet.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der Verfassungsgerichtshof mit den genannten Abgrenzungskriterien im zitierten Erkenntnis den Regelfall (Vorliegen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe) abbilden und die Unterschiede im Umfang und in der Zielrichtung der Rechtseinräumung herausstreichen wollte. Diesem Erkenntnis ist aber nicht zu entnehmen, dass ohne Vorliegen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes die Einräumung eines Bringungsrechts nicht in Frage käme.
So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Führung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes keine Voraussetzung für die Einräumung eines Bringungsrechts auf Grundlage des GSLG ist (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , 2001/07/0010, vom , 94/07/0090, oder vom , 92/07/0054).
Vor dem Hintergrund der obgenannten Zielsetzung von Maßnahmen der Bodenreform erscheint es im hier gegebenen Fall eines 8 ha (!) großen Waldgrundstückes nicht zweifelhaft, dass die Einräumung eines Bringungsrechtes zu seiner Bewirtschaftung der Gewährleistung einer ökonomisch sinnvollen Nutzung von land- und forstwirtschaftlichem Boden Rechnung trägt. An der ökonomisch sinnvollen Nutzung solcher Grundstücke besteht ohne Zweifel das oben dargestellte öffentliche Interesse an der Sicherung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft. Es ist daher davon auszugehen, dass zur Bewirtschaftung dieses Waldgrundstückes Maßnahmen der Bodenreform, wie die Einräumung eines Bringungsrechtes, gesetzt werden können, auch wenn kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb besteht.
Zweifel an der Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung über den Antrag auf Einräumung eines Bringungsrechtes nach dem GSLG sind daher beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.
Zur Entscheidung in der Sache :
Hier ist die Frage strittig, über welche Wegvariante das Bringungsrecht einzuräumen sei. Während der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige in seinem Gutachten noch die Ansicht vertrat, es wäre der Variante 1 der Vorzug zu geben, änderte er nach einem Hinweis der Drittmitbeteiligten auf die Aufforstung der Stichwege in der mündlichen Verhandlung seine Ansicht, berechnete die anfallenden Kosten neu und gab nun der Variante 2a den Vorzug. Auf diesen Überlegungen baute die Rechtseinräumung durch die belangte Behörde auf.
Der Beschwerdeführer zeigt in seiner Beschwerde zu Recht auf, dass die Bevorzugung der Variante 2a nicht ausreichend begründet erscheint.
Das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen hatte mit näherer Begründung dargelegt, dass die Variante 1 einen geringeren wirtschaftlichen Aufwand und einen höheren wirtschaftlichen Nutzen für die mitbeteiligten Parteien mit sich brächte, dass die Bringungsanlage (Forstweg) einen höheren technischen Standard aufweise und eine optimale Aufschließung (wegen der bereits bestanden habenden zwei Stichwege) aufweise. Dazu kam damals der Unterschied in den Kosten in der Höhe von beinahe EUR 4.000,--. Diese Differenz wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf EUR 1.946,60 reduziert, weil die Kosten der (als Folge ihrer Aufforstung notwendigen) Neuerrichtung der beiden Stichwege einberechnet wurden. Die belangte Behörde argumentierte schließlich auch mit der geringeren Fremdgrundinanspruchnahme durch die Variante 2a (4975 lfm) gegenüber Variante 1 (7310 lfm) und der bei Variante 1 notwendigen Kulturumwandlung.
Einige der Grundlagen für die von der belangten Behörde getroffenen Abwägung erscheinen aber ergänzungsbedürftig.
So wies der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass ein Teil (Beginn) des Weges über Variante 1 entweder öffentlich befahrbar oder aber zumindest mit einem (zugunsten Dritter) bestehenden Fahrtrecht belastet wäre. Darauf ging die belangte Behörde nicht näher ein. Nun stellt aber die weitere Belastung eines bereits belasteten Weges mit einem Fahrrecht einen geringeren Eigentumseingriff dar als die erstmalige Belastung eines Weges mit einem Fahrrecht. Feststellungen in dieser Richtung bzw. Überlegungen dieser Art fehlen im angefochtenen Bescheid.
Dazu kommt, dass die belangte Behörde die Kosten für die Errichtung der beiden Stichwege (insgesamt 238 m) in die Errichtungskosten einbezogen hat, ohne sich ein Bild von der Situation selbst zu verschaffen. Auf die Frage des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung hatte der Sachverständige nämlich gemeint, bei den Kosten (von EUR 2.650,--) handle es sich um eine Modellrechnung für den Neubau der beiden Stichwege "ohne eine in der Natur bestehende Weganlage." Nun scheint sich aber aus den Aktenunterlagen, den Plänen und auch dem Urteil des Bezirksgerichtes Murau vom zu ergeben, dass die Stichwege (nach den Urteilsfeststellungen: von einem der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers) entsprechend baulich ausgestaltet worden waren.
Aus den Angaben des Sachverständigen bei der mündlichen Verhandlung ist weiters abzuleiten, dass sich bei einer in der Natur bereits vorhandenen Weganlage geringere Kosten ergäben, die an Ort und Stelle erhoben werden müssten. Genau diese Erhebungen wären aber notwendig gewesen, um die tatsächlich entstehenden Kosten für den "Neubau" der Stichwege zu ermitteln.
Dazu kommt, dass die Erreichbarkeit des notleidenden Grundstückes bei Variante 1 zwar optimal durch beide Stichwege gewährleistet wäre, aber nach den Vorgaben des GSLG bereits die Erreichbarkeit des Grundstückes an einer Stelle ausreicht, wenn von dort aus die innere Erschließung des Grundstückes möglich ist. Es ist daher ohne weitere Ermittlungen bzw. Erläuterungen im Gutachten auch nicht nachvollziehbar, wieso in die Erschließungskosten die Kosten für die Errichtung von zwei Stichwegen einberechnet wurden. Auch unter diesem Aspekt erscheint das Gutachten ergänzungsbedürftig.
Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Kosten der Variante 1 geringer darstellen als angenommen und sich auch in Bezug auf die Intensität der Fremdgrundinanspruchnahme ein differenziertes Bild ergibt; diesfalls wäre ein anderer Verfahrensausgang möglich.
Der angefochtene Bescheid leidet daher an Begründungsmängeln; er war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am