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VwGH vom 22.10.2019, Ra 2019/02/0022

VwGH vom 22.10.2019, Ra 2019/02/0022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revisionen 1. der R in E und 2. des E in V, beide vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zlen. 1. VGW- 002/V/079/12563/2016 (BN) und 2. VGW-002/079/4105/2017-1 (STR), VGW-002/079/7084/2018 (VERF), VGW-002/V/079/12564/2016 (BN), betreffend Übertretung des GTBW-G, Beschlagnahme und Verfall (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis zu Spruchpunkt A.III. wird hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Zweitrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom sprach der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) aus, der Zweitrevisionswerber habe zu verantworten, dass er am an einem näher bezeichneten Ort in Wien die Tätigkeit der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass näher bezeichneter sportlicher Veranstaltungen an die von der Erstrevisionswerberin vertretene, näher genannte Gesellschaft als Buchmacherin mit einem näher bezeichneten betriebsbereiten Wettterminal ausgeübt habe, obwohl er die dafür erforderliche Bewilligung der Wiener Landesregierung nicht erwirkt habe. Der Zweitrevisionswerber habe dadurch § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung verletzt, weshalb die belangte Behörde über ihn gemäß § 2 Abs. 1 GTBW-G eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen) verhängte. Gemäß § 64 Abs. 3 VStG wurde dem Zweitrevisionswerber der Ersatz der Barauslagen für Schlosserarbeiten eines näher bezeichneten Unternehmens auferlegt. Gemäß § 2 Abs. 4 GTBW-G erklärte die belangte Behörde das Wettterminal der von der Erstrevisionswerberin vertretenen Gesellschaft sowie den darin befindlichen Kassabetrag für verfallen.

2 Bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom war gemäß § 39 Abs. 1 VStG die Beschlagnahme des am vorgefundenen "Wettannahmeautomaten" samt Geldbetrag in der Gerätekasse verfügt worden.

3 Gegen das Straferkenntnis erhob der Zweitrevisionswerber Beschwerde; gegen den Beschlagnahmebescheid erhoben die Erstrevisionswerberin, die von ihr vertretene Gesellschaft sowie der Zweitrevisionswerber Beschwerde.

4 Das Verwaltungsgericht Wien (VGW) gab nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Spruchpunkt A.I. seiner Entscheidung der Beschwerde des Zweitrevisionswerbers insofern statt, als es die verhängte Geldstrafe (sowie die Ersatzfreiheitsstrafe) herabsetzte und verfügte, dass im Spruch des Straferkenntnisses ein näher bezeichneter Klammerausdruck entfalle. Weiters wurde der gemäß § 64 Abs. 3 VStG auferlegte Barlauslagenersatz herabgesetzt und der Beitrag des Zweitrevisionswerbers zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde herabgesetzt.

Mit Spruchpunkt A.II. der Entscheidung wurde dem Zweitrevisionswerber kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Mit Spruchpunkt A.III. der Entscheidung wurde die Beschwerde des Zweitrevisionswerbers gegen den Verfallsausspruch abgewiesen; der Beschwerde des Zweitrevisionswerbers sowie der von der Erstrevisionswerberin vertretenen Gesellschaft gegen den Beschlagnahmebescheid wurde Folge gegeben und dieser Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Die Revision wurde zu Spruchpunkt A.III. der Entscheidung für zulässig, zu den anderen Spruchpunkten für nicht zulässig erklärt.

5 Mit Beschluss zu Spruchpunkt B.I. wies das VGW die Beschwerde der Erstrevisionswerberin gegen den Beschlagnahmebescheid als unzulässig zurück und erklärte zu Spruchpunkt B.II. die Revision gegen Spruchpunkt B.I. für nicht zulässig.

6 a) Das VGW stellte fest, dass der Zweitrevisionswerber seit über eine im Gewerberegister eingetragene, näher bezeichnete Berechtigung verfüge. Die Erstrevisionswerberin vertrete eine näher genannte Gesellschaft, die über eine mit Bescheid der Wiener Landesregierung erteilte unbefristete Bewilligung für den gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen verfüge. Dem Wortlaut nach habe die Bewilligung näher genannte Orte umfasst. Zwischen der Gesellschaft und dem Zweitrevisionswerber habe im Februar 2016 eine aufrechte Vereinbarung dahingehend bestanden, dass der Zweitrevisionswerber im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung als Vermittler von Wettkunden, nämlich von Gästen in einem näher bezeichneten Cafe, fungieren solle. Für diese Funktion - verbunden mit der erforderlichen Registrierung einer weiteren Betriebsstätte am Gewerbestandort des Cafes - habe der Zweitrevisionswerber ein Entgelt von der Gesellschaft erhalten. Nach den Intentionen der Vertragsparteien sollten Gäste auch einem im Lokal aufzustellenden Wettterminal der Gesellschaft zugeführt werden. Die Wetten seien zwischen der Gesellschaft und dem Wettkunden über das Wettterminal abzuschließen gewesen. Das Wettterminal stehe im Eigentum der Gesellschaft und sei vor dem Tattag im Cafe aufgestellt und zu gewöhnlichen Lokalöffnungszeiten frei zugänglich zum Betrieb bereit gehalten worden. Der Zweitrevisionswerber habe nicht über eine landesrechtliche Bewilligung für gewerbliche Tätigkeiten im Bereich der Sportwetten verfügt. Das Wettterminal sei mitsamt dem darin befindlichen Geldbetrag vorläufig beschlagnahmt worden. Beim Aufsperren des Gerätes seien Schlosserkosten angefallen.

In der Folge erläuterte das VGW seine Beweiswürdigung und führte rechtlich u.a. aus, die den Tätigkeiten der Buchmacher und Totalisateure vorgeschaltete Vermittlung von Wettkunden bestehe darin, Buchmachern und/oder Totalisateuren Wettkunden im Vorfeld zuzuführen, wobei diese Tätigkeit typischerweise durch eine Provision für jede abgeschlossene Wette honoriert werde. Die Vermittlung erfolge mittlerweile vielfach über Wettterminals und das Internet; das Aufstellen eines Wettterminals stelle zweifellos eine Vermittlung von Wettkunden dar. Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich, dass das Terminal zwar im Eigentum der Gesellschaft gestanden sei, jedoch vom Zweitrevisionswerber als "beigezogenem Vermittler" und der Gesellschaft gemeinsam aufgestellt worden sei, weil die Beteiligten davon ausgegangen seien, die Gewerbeberechtigung des Zweitrevisionswerbers sei dafür ausreichend. Die Gesellschaft habe dafür ein Entgelt gezahlt. Das Bereithalten des Wettterminals sei für die angelastete Übertretung hinreichend; der Zweitrevisionswerber habe aus näheren Gründen auch schuldhaft gehandelt. Weiters wurde die Strafbemessung erläutert.

b) Zum Barauslagenersatz führte das VGW u.a. aus, dass dieser rechtmäßig sei, weil der Zweitrevisionswerber bestraft worden sei. Das Aufsperren des Wettterminals sei bei der Kontrolle erforderlich gewesen, um die darin befindlichen Geldmittel sicher zu stellen und weiteren behördlichen Maßnahmen zuführen zu können, weshalb die Kosten in einem Verwaltungsstrafverfahren angefallen seien. Die Kosten seien jedoch zu hoch bemessen, weil das Aufsperren von zwei Wettterminals vorgeschrieben worden sei, jedoch konkret nur ein Wettterminal vorgefunden worden sei.

c) Hinsichtlich des Verfallsauspruches erläuterte das VGW, dass die Verwaltungsvorschriften "vermeintlich" anderes bestimmten, weil in § 2 Abs. 4 GTBW-G nur potenzielle Verfallsgegenstände des Übertreters genannt seien. Ginge man davon aus, dass diese Bestimmung wörtlich auszulegen sei und überdies im Verhältnis zu § 17 Abs. 1 VStG die speziellere Norm darstelle, wäre ein Verfallsausspruch nur in einem näher genannten Strafverfahren in Betracht gekommen. Die Subsidiaritätsklausel impliziere nach ihrem Wortlaut "nur" eine Einschränkung des Kreises von Verfallsgegenständen gegenüber anderen Regelungen; § 2 Abs. 4 GTBW-G sei durch den erst später in Kraft getretenen § 17 Abs. 1 VStG präzisiert bzw. ergänzt worden. Da der Eigentümer ebenfalls Parteistellung habe, sei er im Vergleich zu einem Verfallsausspruch in einem "eigenen" Strafverfahren nicht schlechter gestellt. Da der Verfallsausspruch, sofern er sich an eine vom Beschuldigten verschiedene Person richte, keinen Strafcharakter habe, widerspreche dies nicht der engen Auslegung von Strafbestimmungen. Der Verfallsausspruch gegenüber der Gesellschaft sei in Rechtskraft erwachsen. Die materiellen Voraussetzungen für den Verfallsausspruch seien erfüllt.

d) Zur Beschlagnahme erläuterte das VGW, mit Zustellung des Verfallsausspruches falle der Zweck der Beschlagnahme weg, sodass die Beschlagnahme aufzuheben sei. Im gegen die Erstrevisionswerberin geführten, bereits abgeschlossenen Strafverfahren sei kein Verfall ausgesprochen worden; die Erstrevisionswerberin sei zunächst Partei des Beschlagnahmeverfahrens gewesen, weil unklar gewesen sei, in welchem Verfahren der Verfall ausgesprochen würde. Da sie jedoch nicht Eigentümerin des Gegenstandes sei bzw. gewesen sei, fehle es im Beschlagnahmeverfahren an einem Anknüpfungspunkt für eine Rechtsverletzungsmöglichkeit, weshalb die Beschwerde zurückzuweisen sei.

7 Gegen diese Entscheidung erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , E 2801/2018-5, E 2817-2818/2018-4, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

8 In weiterer Folge erhob die Erstrevisionswerberin eine außerordentliche Revision gegen Spruchpunkt B. dieser Entscheidung (Zurückweisung der von ihr gegen den Beschlagnahmebescheid erhobenen Beschwerde als unzulässig; protokolliert zu hg. Zl. Ra 2019/02/0082) sowie der Zweitrevisionswerber eine ordentliche Revision gegen Spruchpunkt A.III. (Ausspruch des Verfalls gegenüber dem Zweitrevisionswerber; protokolliert zu hg. Zl. Ro 2019/02/0001) sowie eine außerordentliche Revision gegen den übrigen Spruchpunkt A. dieser Entscheidung (protokolliert zu hg. Zl. Ra 2019/02/0022).

9 Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

10 Die Revisionsverfahren wurden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. ).

12 A) Zur Revision des Zweitrevisionswerbers:

13 Das VGW ließ die Revision zu Spruchpunkt A.III hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls zu, weil zu der vom VGW vorgenommenen Auslegung keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis der Verfallsregelung des § 17 Abs. 1 VStG und des § 2 Abs. 4 GTBW-G vorliege. Es stelle sich die Rechtsfrage, ob der Wortlaut des § 2 Abs. 4 GTBW-G auch nach Inkrafttreten des § 17 Abs. 1 VStG dahingehend zu verstehen sei, dass der Verfall ausschließlich im Strafverfahren gegen den gleichzeitig in der Position des Eigentümers (Verfügungsbefugten) stehenden "Übertreters" ausgesprochen werden könne. Solle der Verfallsausspruch (bejahendenfalls) nur im Strafverfahren gegen eine andere Beschuldigte, die gesetzliche Vertreterin der Geräteeigentümerin sei, in Betracht gekommen sein, stelle sich die Frage, ob der Verfallsausspruch aus diesem Grund aufgrund der Beschwerde des Zweitrevisionswerbers aufzuheben sei und ob sich die Wirkung einer solchen Aufhebung auf Initiative des Beschuldigten auch auf eine Eigentümerin erstrecke, die selbst kein Rechtsmittel erhoben habe.

14 Zu letzterer Frage führt der Zweitrevisionswerber aus, dass es auf diese Frage aus seiner Sicht nicht ankomme, weil der Verfallsbescheid der von der Erstrevisionswerberin vertretenen GmbH nicht rechtswirksam zugestellt worden sei und sie daher auch nicht durch die Aufhebung des Verfallsbescheides berührt sein könne. Es könne auf sich beruhen, inwieweit die Rechtsposition eines Dritten, am Verfahren Unbeteiligten, durch die Aufhebung eines Bescheides berührt werde. Bislang fehle Rechtsprechung, ob der Verfall gemäß § 2 Abs. 4 GTBW-G auch über Gegenstände ausgesprochen werden könne, die nicht dem Übertreter gehörten. Dies sei deshalb relevant, weil der Zweitrevisionswerber nicht Eigentümer des Wettgerätes sei und das VGW keine Feststellungen dazu getroffen habe, aus denen eine Verwaltungsübertretung der Eigentümerin bzw. deren Geschäftsführerin nach dem ersten und zweiten Absatz des § 2 GTBW-G abzuleiten wäre. Überdies fehle Rechtsprechung dazu, wann eine "Ergreifung auf frischer Tat" im Sinne des § 2 Abs. 4 GTBW-G vorliege.

15 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden hat, wurde durch den Verfallsausspruch hinsichtlich des nicht in seinem Eigentum stehenden Wettterminals zwar nicht in das Eigentumsrecht des Zweitrevisionswerbers eingegriffen und stellt sich dieser Ausspruch nicht als Gegenstand der Strafbemessung dar, doch hat der Zweitrevisionswerber als Beschuldigter dessen ungeachtet als Partei des Verwaltungsstrafverfahrens ein subjektives Recht darauf, dass der Verfall als sichernde Maßnahme nur unter den Voraussetzungen des Gesetzes ausgesprochen wird und soweit dieser Ausspruch Ermessensübung voraussetzt, das Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt wird (vgl. , mwN).

16 Die Revision ist gegen Spruchpunkt A.III. hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls aufgrund der Rechtsfrage des Verhältnisses zwischen § 17 VStG und § 2 Abs. 4 GTBW-G zulässig. Sie ist auch berechtigt.

17 Die zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Bestimmungen des (Wiener) Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G), LGBl. Nr. 388/1919 in der Fassung LGBl. Nr. 26/2015, lauteten auszugsweise:

"I. Verwaltungsrechtliche Bestimmungen.

Bewilligung

§ 1. (1) Die gewerbsmäßige Vermittlung und der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.

(...)

Strafbestimmungen

§ 2. (1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

(...)

(4) Mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze ist der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden."

18 § 17 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, lautet:

"Verfall

§ 17. (1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

(2) Gegenstände, die nach Abs. 1 verfallsbedroht sind, hinsichtlich deren aber eine an der strafbaren Handlung nicht als Täter oder Mitschuldiger beteiligte Person ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nachweist, dürfen nur für verfallen erklärt werden, wenn die betreffende Person fahrlässig dazu beigetragen hat, daß mit diesem Gegenstand die strafbare Handlung begangen wurde, oder bei Erwerb ihres Rechtes von der Begehung der den Verfall begründenden strafbaren Handlung wußte oder hätte wissen müssen.

(3) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden, so kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn im übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden."

19 Gemäß § 17 Abs. 1 VStG dürfen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind.

20 Nach seiner Textierung kommt § 17 Abs. 1 VStG daher subsidiärer Charakter zu; der Materiengesetzgeber einer Verwaltungsvorschrift kann auch von § 17 Abs. 1 VStG Abweichendes normieren und zwar - aufgrund der Wortfolge "nicht anderes bestimmen" - ohne Bindung an die strengen Anforderungen des Art. 11 Abs. 2 B-VG (vgl. z.B. VfSlg. 16.285/2001). Damit steht es dem Materiengesetzgeber jedenfalls auch offen, abweichende Umschreibungen verfallsbedrohter Gegenstände vorzusehen oder den Verfall auf Gegenstände des Täters oder Mitbeschuldigten einzuschränken (so auch Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG2 § 17 VStG Rz 10).

21 Im vorliegenden Fall bestimmte nun der Wiener Landesgesetzgeber in § 2 Abs. 4 GTBW-G, LGBl. Nr. 388/1919, als speziellere Vorschrift, dass "bei der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze" der Verfall der "bei der Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden" ist. Der Materiengesetzgeber hat daher nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung den Verfall nach § 2 Abs. 4 GTBW-G auf im Eigentum des Beschuldigten (arg. "des Übertreters") stehende Gegenstände eingeschränkt.

22 Die belangte Behörde sowie in der Folge das VGW haben ihre Verfallsanordnung auf § 2 Abs. 4 GTBW-G gestützt, obwohl der bestrafte Zweitrevisionswerber nicht Eigentümer des Wettterminals war. Bei diesem Ergebnis war auf die Übrigen aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit dem Ausspruch des Verfalls nicht mehr einzugehen.

23 Das Verwaltungsgericht hat daher das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich des Ausspruches des Verfalls unter Spruchpunkt A.III. mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

24 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

25 B) Im Übrigen erweist sich die Revision des Zweitrevisionswerbers sowie jene der Erstrevisionswerberin als unzulässig:

26 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

27 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

28 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

29 a) Im Hinblick auf die Aufhebung der Beschlagnahme in Spruchpunkt A.III. wird vom Zweitrevisionswerber weder in der Zulässigkeitsbegründung eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen noch wird auf diesen Teil des Spruchpunktes in der Revision an irgendeiner Stelle explizit Bezug genommen.

30 Die Revision erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Beschlagnahme in Spruchpunkt A.III. richtet, mangels gesonderter Darlegung der maßgeblichen Zulässigkeitsgründe als unzulässig und war aus diesem Grund zurückzuweisen

(, 0303).

31 b) Zu Spruchpunkt A.I. wird in der Zulässigkeitsbegründung der außerordentlichen Revision des Zweitrevisionswerbers hinsichtlich der Vorschreibung des Barauslagenersatzes vorgebracht, es dürften dem Bestraften keine unnötigen Barauslagen auferlegt werden. Das Aufsperren des ohnehin beschlagnahmten Wettterminals erweise sich als unnötig. Im Übrigen bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob im Zuge eines Beschlagnahmeverfahrens bzw. vor Einleitung des Strafverfahrens gegen einen bestimmten Beschuldigten angefallene Kosten gemäß § 64 Abs. 3 VStG "im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens" erwachsen sind und dem Bestraften zum Ersatz auferlegt werden dürften. Zum Zeitpunkt des Aufsperrens sei nämlich noch kein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Zweitrevisionswerber anhängig gewesen; zwischen einer faktischen Beschlagnahmemaßnahme und einem Verwaltungsstrafverfahren sei zu unterscheiden.

32 Entgegen diesem Vorbringen liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 64 Abs. 3 VStG vor:

33 Gemäß § 64 Abs. 3 erster Halbsatz VStG ist, wenn im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen sind (§ 76 AVG), dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind. Diese Vorschrift ermächtigt die Behörde nicht, willkürlich vorzugehen und dem Bestraften unnötige Kosten aufzubürden (vgl. , 0254).

34 Dem Bestraften dürfen z.B. jene Kosten auferlegt werden, welche im Zuge einer zu dem Zweck durchgeführten Überprüfung, ob eine strafbare Handlung vorliegt, entstanden sind (vgl. in diesem Sinne etwa ). Nicht zu im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens angefallenen Kosten zählen hingegen etwa solche, die zur Durchsetzung der den Organen der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zustehenden Kontrollbefugnisse angefallen sind (zwangsweises Öffnen einer Türe vor Beginn einer Kontrolle); dabei handelt es sich um Kosten eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl. näher ).

35 Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass das VGW mit der Qualifikation der Kosten des Aufsperrens eines anlässlich einer Kontrolle nach dem GTBW-G vorgefundenen Automaten - mit dessen Auffindung der Verdacht einer Übertretung des GTBW-G im Raum stand - von der vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. In diesem Zusammenhang stellt sich daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

36 c) In der Zulässigkeitsbegründung wird weiters vorgebracht, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob das Verbot der Wettkundenvermittlung ohne zuvor erteilte Bewilligung nach dem GTBW-G in der Fassung LGBl. Nr. 26/2015 unionsrechtswidrig gewesen sei, weil es die durch Art. 16 der Grundrechtecharta der Europäischen Union kodifizierte unternehmerische Freiheit in unverhältnismäßiger Weise beschränkt habe, zumal der Gesetzgeber die Tätigkeit der bewilligungslosen Wettkundenvermittlung ohne Übergangsfrist verboten habe und dem kein entsprechend starkes öffentliches Interesse zugrunde gelegen sei. Es gehe hier um die Frage der Unionsrechtskonformität der Regelung, die Grundrechtecharta sei auch für den Verwaltungsgerichtshof Prüfungsmaßstab und im vorliegenden Fall anwendbar.

37 Grundrechte, die durch die Grundrechtecharta der Europäischen Union garantiert sind, sind verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, die vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen sind (vgl. u.a.). Dementsprechend begründet nicht schon das Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die ausdrücklich zur Verfassungsmäßigkeit bestimmter gesetzlicher Regelungen Stellung nimmt, eine Rechtsfrage nach Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. ). Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde des Zweitrevisionswerbers in dieser Angelegenheit bereits abgelehnt (vgl. , E 2817-2818/2018).

38 d) Es liege zudem nach Auffassung der Revisionswerber keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob der Tatbestand der gewerbsmäßigen Vermittlung von Wettkunden durch das bloße Vorhandensein eines Wettterminals erfüllt worden sei, ohne dass das Wettterminal zum Überprüfungszeitpunkt von Wettkunden auch tatsächlich benutzt worden sei. Darüber hinaus werde diesbezüglich ein Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie Uneinheitlichkeit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht. Überdies würden Feststellungen zur Beurteilung der Vermittlungstätigkeit fehlen, weshalb das VGW seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei.

39 Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass von einer Vermittlung von Wettkunden schon dann auszugehen ist, wenn Wettterminals aufgestellt oder betrieben werden (vgl. , 0032). Demnach ist es ausreichend, wenn das Wettterminal - wie hier - zum Überprüfungszeitpunkt (betriebsbereit) aufgestellt war. Der Betrieb des Wettterminals ergibt sich zweifelsfrei aus den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen (vgl. ebenso , mwH).

40 Da sohin weder eine uneinheitliche Rechtsprechung noch ein Abweichen von dieser Rechtsprechung durch das VGW vorliegt, stellt sich in diesem Zusammenhang ebensowenig eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

41 e) Zuletzt bringt der Zweitrevisionswerber vor, dass ihm entgegen der näheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unrichtige Tatzeit vorgeworfen worden sei, weil das bei der Kontrolle vorgefundene Wettgerät bereits früher aufgestellt worden sei. Das VGW habe die Tatzeit jedoch nicht korrigiert, weshalb der Zweitrevisionswerber der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt sei.

42 Dem Zweitrevisionswerber ist bereits mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien ein konkretes Verhalten an einem bestimmten Tag angelastet worden, wobei auch in der Revision nicht vorgebracht wird, das Verhalten (Wettkundenvermittlung durch ein betriebsbereit vorgefundenes Wettgerät) an diesem Tag nicht gesetzt zu haben. Ob der Zweitrevisionswerber an einem anderen Tag ein strafbares Verhalten gesetzt hat, war nicht Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang daher nicht erkennbar.

43 f) Die Erstrevisionswerberin macht zur Zulässigkeit ihrer Revision geltend, ihr sei als Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens nach näherer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zugekommen. Von dieser Judikatur sei das VGW abgewichen, ebenso von einer anderen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Verfahren für den Fall, dass die Beschwer des Beschwerdeführers nachträglich wegfalle, einzustellen seien. Das VGW habe jedoch das Verfahren nicht eingestellt, sondern die Beschwerde zurückgewiesen.

44 Es ist zutreffend, dass die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen nach § 39 Abs. 1 VStG Teil des Verwaltungsstrafverfahrens ist, in dem jedenfalls der Beschuldigte Parteistellung genießt, sodass ihm ein Beschwerderecht im Beschlagnahmeverfahren ohne Rücksicht darauf zukommt, ob er Eigentümer des beschlagnahmten Gegenstandes ist (vgl. näher ).

45 Im vorliegenden Fall ist jedoch Folgendes zu beachten:

46 Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist, wenn er zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann, zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. , mwN).

47 Die Erstrevisionswerberin könnte durch eine allfällige Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses nun nicht besser gestellt werden, als sie es bereits ist: Der Beschlagnahmebescheid wurde vom VGW mit der angefochtenen Entscheidung aufgrund der vom Zweitrevisionswerber sowie aufgrund der von der Erstrevisionswerberin vertretenen Gesellschaft erhobenen Beschwerde ersatzlos aufgehoben. Durch diese Aufhebung des auch von ihr angefochtenen Beschlagnahmebescheides durch das VGW bestand bereits bei Erhebung der Revision kein Rechtsschutzinteresse der Erstrevisionswerberin, weshalb sich die Revision als unzulässig erweist.

48 Die Revision war daher im Übrigen gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019020022.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Besondere Rechtsgebiete Ermessen VwRallg8 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Strafnorm Verfall

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