VwGH vom 23.06.2009, 2006/06/0126

VwGH vom 23.06.2009, 2006/06/0126

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2006/06/0129

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerden 1. der E und 2. des MR, beide in S, beide vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josefs Kai 70 (Beschwerde zur Zl. 2006/06/0126), und 3. der Marktgemeinde Straden, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8 (Beschwerde zur Zl. 2006/06/0129), gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-10.30 R 11-06/5, betreffend die Nichtigerklärung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die drittbeschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 581,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom kamen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin (in der Folge kurz: beschwerdeführende Bauwerber) beim Bürgermeister der drittbeschwerdeführenden Gemeinde um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Neubaues ("eines Wohnhauses in Hoflage") auf einem Grundstück im Gemeindegebiet ein. Dieses weist nach den Einreichunterlagen eine Größe von 11.718 m2 auf und ist nach dem Lageplan rund 180 m lang und (an der breitesten Stelle) rund 85 m breit; es grenzt an der nördlichen Seite an eine Landesstraße und an der östlichen Seite an eine Gemeindestraße, die auf der anderen Seite bebaut ist. Der projektierte Neubau soll in der südöstlichen Ecke des Grundstückes errichtet werden (angrenzend an die Gemeindestraße). Auf dem zu bebauenden Grundstück befinden sich Gebäude.

Der Bauverhandlung am wurde ein bautechnischer Sachverständiger beigezogen, der darauf verwies, dass das Vorhaben gemäß dem Flächenwidmungsplan 3.0 der Gemeinde im Freiland liege. Die beschwerdeführenden Bauwerber bewirtschafteten einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ihrer Betriebsstätte auf dem Baugrundstück. Nach Beschreibung des Vorhabens heißt es (Gutachten), bei plan- und befundgemäßer Ausführung sowie Erfüllung einer Reihe nachfolgend angeführter Auflagen werde das gegenständliche Vorhaben positiv begutachtet.

Einwendungen von Nachbarn gegen das Vorhaben wurden nicht erhoben.

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom , soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, die angestrebte Baubewilligung "für die Errichtung eines Wohnhauses in Hoflage" mit einer Reihe von Vorschreibungen. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, das "Bauvorhaben" liege gemäß dem Flächenwidmungsplan 3.0 im Freiland. Die Konsenswerber bewirtschafteten einen landwirtschaftlichen Betrieb, die Betriebsstätte befinde sich auf dem zu bebauenden Grundstück. Verwiesen wird auch darauf, dass von den "Anrainern, Nachbarn und sonstigen Beteiligten" keine Einwände gegen die geplante Bauführung erhoben worden seien.

Dieser Baubewilligungsbescheid blieb nach der Aktenlage unbekämpft.

Auf Grund einer behördeninternen Stellungnahme vom teilte die belangte Behörde mit Erledigung vom den beschwerdeführenden Bauwerbern und der Gemeinde mit, ein Verfahren zur Nichtigerklärung der Baubewilligung vom einzuleiten, was näher begründet wurde (verwiesen wird in der Erledigung darauf, dass das bewilligte Wohnhaus bereits im Rohbau bestehe; in der Stellungnahme vom war ua. darauf verwiesen worden, dass eine direkte Wegverbindung zwischen dem Hof und dem Neubau augenscheinlich nicht gegeben sei; die kürzeste Wegverbindung zwischen den Häusern ergebe sich über den Erschließungsweg auf der Kuppe (das ist die Gemeindestraße), die Landesstraße und den Stichweg zum Gehöft und betrage etwa 240 m, zum Wirtschaftsgebäude betrage sie etwa 270 m). Der Bürgermeister der Gemeinde äußerte sich ablehnend, die Bauwerber gaben keine Äußerung ab.

In einer weiteren behördeninternen Stellungnahme vom wurde unter Anschluss von Planunterlagen (ua. Flächenwidmungsplänen) darauf verwiesen, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück als Freiland ausgewiesen sei, die nächst gelegenen Baulandbereiche befänden sich im Westen im Ortskern von N. in rund 500 m Luftlinie sowie im Osten im Ortsbereich K. in rund 400 m Luftlinie. Im Flächenwidmungsplan 1.0 (wirksam mit ) sei östlich des Baugrundstückes, nämlich östlich der nordsüdlich verlaufenden Gemeindestraße, einzeilig ein Baulandstreifen mit der Kategorie reines Wohngebiet ausgewiesen gewesen. Im örtlichen Entwicklungskonzept und im Erläuterungsbericht zum Flächenwidmungsplan 1.0 sei unter den flächenwirksamen Zielen der Gemeindeentwicklung genannt gewesen, dass bestehende Siedlungsbereiche außerhalb der Dörfer knapp abzurunden und - ohne Erweiterungen zu ermöglichen - aufzufüllen seien. Im Flächenwidmungsplan 2.0 (genehmigt mit Bescheid der belangten Behörde vom ) seien alle benachbarten Grundstücke (Anmerkung: gemeint sind jene jenseits der Gemeindestraße), welche im Flächenwidmungsplan 1.0 noch als reines Wohngebiet ausgewiesen gewesen seien, in Freiland zurückgeführt worden, was unter anderem auch für andere dezentrale Baulandbereiche in der Nähe gegolten habe. Bei der Erstellung des

3. örtlichen Entwicklungskonzeptes und Siedlungsleitbildes im Jahr 2001 seien diese Flächen als solche "ohne jegliche Entwicklungsmöglichkeit" festgelegt und es sei dieser Bereich großräumig als Freiland ausgewiesen worden, dies sowohl in den Auflageunterlagen zum Flächenwidmungsplan 3.0 als auch in den endgültig rechtswirksam gewordenen "Unterlagen". Im aktuell rechtskräftigen Flächenwidmungsplan, der mit Bescheid vom genehmigt worden sei, sei, wie dargestellt, das Baugrundstück als Freiland ausgewiesen, im dazugehörigen örtlichen Entwicklungskonzept bzw. dem integrierten Siedlungsleitbild seien keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Bereich vorgesehen.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass das Baugrundstück in keinem der bisherigen drei Planungsverfahren im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen und auch in keinem der bisherigen örtlichen Entwicklungskonzepte bzw. Siedlungsleitbilder als Entwicklungsfläche vorgesehen gewesen sei. Ein "Überspringen" (im Original unter Anführungszeichen) der Gemeindestraße in Richtung Westen sei auch in keiner Festlegung der vergangenen Verfahrensfälle vorgesehen gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Baubewilligung gemäß § 101 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 iVm § 32 Abs. 1 und 3 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes (ROG) aus dem Grund des § 64 Abs. 4 lit. d AVG behoben und als nichtig erklärt.

Zur Begründung heißt es, das Baugrundstück sei im Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesen. Im Baubewilligungsbescheid werde zwar eine "Hoflage" angesprochen, ohne dass aber auf die Rechtsgrundlage des § 25 Abs. 2" (gemeint wohl: Abs. 5 Z. 2) ROG hingewiesen werde. Für die Inanspruchnahme dieser Ausnahmebewilligung zur Bauführung im Freiland wäre zudem gemäß § 35a ROG die Anmerkung eines Teilungsverbotes zwingend erforderlich gewesen. Eine diesbezügliche Auflage im Baubewilligungsbescheid sei nicht erfolgt. Mit dem vorliegenden Baubewilligungsbescheid sei somit die Errichtung eines Wohnhauses außerhalb der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Freiland bewilligt worden.

Da in der Begründung des Baubewilligungsbescheides behauptet werde, dass die beschwerdeführenden Bauwerber einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ihrer Betriebsstätte auf diesem Grundstück betrieben, und im Baubewilligungsbescheid auf die Hoflage des bewilligten Wohnhauses Bezug genommen werde, sei eine fachliche Prüfung erfolgt, inwieweit bei Nachweis aller übrigen rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines betriebszugehörigen Einfamilienhauses überhaupt vom Vorliegen der Hoflage ausgegangen werden könnte.

Der erwähnte landwirtschaftliche Betrieb mit seiner Betriebsstätte auf diesem Grundstück sei in der Art eines Gruppenhofes angeordnet und bestehe aus einem Wohnhaus und einem Wirtschaftsgebäude in linearer, höhenschichtparalleler Anordnung an der Westhangfläche unweit der N-Straße (Landesstraße) und sei zum Teil in Streuobstbestände und sonstige Busch- und Baumpflanzen eingefügt. Der Abstand dieser beiden Gebäude in Hoflage, d.h. der Freiraum zwischen den Bauten, betrage nutzungsbedingt und gebietstypisch nur etwa 7 m (Abstand Mitte - Mitte etwa 28 m). Südlich dieser Hofstelle befänden sich im Abstand von etwa 75 m weitere kleine Gebäude (landwirtschaftliche Nebengebäude) sowie weitere 40 m entfernt ein weiterer Haupthof mit mehreren Gebäuden.

Das bewilligte Wohnhaus im Freiland, welches bereits im Rohbau bestehe, liege auf demselben Grundstück wie die erwähnte Hofstelle, sei jedoch von dessen Wirtschaftsgebäude etwa 85 m (Mitte - Mitte) und vom Wohnhaus etwa 103 m entfernt. Im Unterschied zum Hof liege der Neubau nicht in Hanglage, sondern sitze deutlich vom Hof abgesetzt und exponiert auf dem Hügelkamm (Kuppe). Die Erschließung des Neubaues erfolge über einen Weg auf einem näher bezeichneten Grundstück (Anmerkung: das ist die eingangs in der Sachverhaltsdarstellung genannte Gemeindestraße, auf deren anderer Seite sich Gebäude befinden). Der Abstand des bewilligten Wohnhauses im Freiland und der angeblich zugeordneten Hofstelle auf dem selben Grundstück sei etwa gleich wie zum südlich benachbarten Gehöft.

Zum Begriff der "Hoflage" sei Folgendes festzuhalten:

Die "Hoflage" der einzelnen landwirtschaftlichen Gebäude resultiere aus einem nutzungsorientiert begründbaren Naheverhältnis und funktionellen Zusammenhang der Wohn-, Stall- und Wirtschaftsgebäude sowie der Nebengebäude im Sinne der Optimierung der Zeit- und Wegeökonomie im Betrieb, wodurch sich (unter Berücksichtigung von klimatischen Gegebenheiten und distanzbegründeten Umständen wie Brandschutz etc.) regional unterschiedlich die Gehöftformen und damit die landwirtschaftlichen Ensembles entwickelt hätten, die sich als charakteristische und stimmige Elemente in die Kulturlandschaften einfügten bzw. diese im Zusammenspiel mit kultivierten Flächen und natürlichen Vegetationsformen prägten.

Das Wesensmerkmal einer optischen Einheit der Bauten eines landwirtschaftlichen Betriebes solle auch durch die im ROG geregelte Möglichkeit der Errichtung eines betriebszugehörigen (im Original unterstrichen)

Einfamilienhauses "... einmalig im unmittelbaren Anschluss an

bestehende Gebäude (Hoflage) auf demselben Grundstück ..."

erhalten bleiben, um einerseits die ungestörte Betriebsführung zu stärken und für die Zukunft zu sichern (Vermeidung von Nutzungskonflikten durch spätere Veräußerung und reine betriebsfremde Wohnnutzung) und andererseits um eine Zersiedlung der Landschaft durch solitäre Wohngebäude inmitten von Agrarflächen zu vermeiden.

Im Beschwerdefall bestehe durch die große Distanz des bewilligten Wohngebäudes zu den im räumlich-funktionellen Zusammenhang stehenden Gebäuden des Gehöftes, durch den deutlichen Höhenunterschied und die fehlende direkte Verbindung weder ein visueller noch ein struktureller oder funktioneller Zusammenhang und es könne somit keinesfalls von einem unmittelbaren Anschluss und somit auch nicht von einer Hoflage im Sinne des § 25 Abs. 5 ROG gesprochen werden.

Im Ermittlungsverfahren habe der Bürgermeister insbesondere vorgebracht, zur bekannt gegebenen Auffassung der Behörde sei darauf zu verweisen, dass der Begriff "Hoflage" im Sinne des § 25 Abs. 5 ROG nicht näher beschrieben sei. Es werde lediglich von einem unmittelbaren Anschluss an bestehende Gebäude auf demselben Grundstück gesprochen, auf dem ein betriebszugehöriges Einfamilienwohnhaus trotz Widmung im Freiland errichtet werden könne. Das Erfordernis desselben Grundstückes sei im Beschwerdefall erfüllt, aber auch das Erfordernis eines betriebszugehörigen Gebäudes, zumal das Vorhaben zum landwirtschaftlichen Betrieb der Bauwerber gehöre. Im Übrigen sei auch das Erfordernis des unmittelbaren Anschlusses an bestehende Gebäude erfüllt, zumal das Gebäude lediglich 100 m von den bestehenden Gebäuden entfernt sei. Entgegen der Annahme der belangten Behörde bestehe zwischen dem bestehenden Gebäude (Einzahl) und dem projektierten Gebäude auch eine Wegverbindung, sodass eine Hoflage vorliege, also ein Vorhaben im Bereich eines bestehenden Hofes. Der Begriff der Hoflage könne nicht so eng interpretiert werden wie durch die belangte Behörde; in diesem Zusammenhang müsse auch der Sinn der gesetzlichen Bestimmung beachtet werden, nämlich die Sicherung der Bewirtschaftung und Bewohnung des ländlichen Raumes.

Der im Bauverfahren beigezogene Sachverständige habe gegen das Vorhaben keine Einwendungen erhoben und eine positive Stellungnahme abgegeben. In diesem Sinne sei auch die Baugenehmigung erteilt worden. Eine Verpflichtung der Gemeinde, ein Teilungsverbot im Grundbuch festzulegen, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Das gegebene Teilungsverbot könne aber mittels Bescheides jederzeit vorgeschrieben werden.

Diesem Vorbringen sei Folgendes zu entgegnen:

Grundsätzlich sei für das gegenständliche Nichtigkeitsverfahren nicht von Bedeutung, ob der im Bauverfahren beigezogene Sachverständige das Projekt positiv begutachtet habe oder nicht. Da der Begriff der Hoflage im Sinne des § 25 Abs. 5 ROG "nicht mit einer Entfernungsangabe versehen" sei, sei im Einzelfall zu prüfen, ob der Standort des Ersatzwohnhauses oder eines betriebszugehörigen Einfamilienwohnhauses sowohl in visueller als auch struktureller oder funktioneller Hinsicht noch als unmittelbarer Anschluss an die bestehenden Hofgebäude gewertet werden könne. Dabei werde im Einzelfall auf die regionale Gehöftstruktur und die jeweilige gebietstypische Hauslandschaft, welche aus den Faktoren Klima, Topografie, Materialverfügbarkeit, Bewirtschaftungsweise etc. entstanden sei, einzugehen sein. Unabhängig von der Unterschiedlichkeit der Gehöftformen und - strukturen sei steiermarkweit (und natürlich auch darüber hinaus) eines bei allen Hofstellen gleich und als generelles Charakteristikum eines landwirtschaftlichen Gehöftes festzustellen: Die "Hoflage" der einzelnen landwirtschaftlichen Gebäude resultiere aus einem nutzungsorientiert begründbaren Naheverhältnis und funktionellen Zusammenhang der Wohn-, Stall- und Wirtschaftsgebäude sowie der Nebengebäude im Sinne der Optimierung der Zeit- und Wegeökonomie im Betrieb. Dieses aus der ökonomischen Bewirtschaftung logisch ableitbare Naheverhältnis der Gebäude des landwirtschaftlichen Betriebes habe zu den jeweils gebietstypischen, kompakten Hofformen geführt. Eine weitere Streuung der gebietszugehörigen Gebäude würde nicht nur einen unnotwendigen und unsinnigen Mehraufwand in der Betriebsführung bedeuten, sondern auch die Bewirtschaftung durch Zersiedlung der Kulturflächen behindern und somit der landwirtschaftlichen Betriebsführung widersprechen.

In diesem Zusammenhang könne der Auffassung nicht gefolgt werden, wonach der Beginn der Hoflage schon deshalb nicht so eng interpretiert werden dürfe, weil sonst die Bewirtschaftung (im Original hervorgehoben) und das Bewohnen des ländlichen Raumes nicht gesichert werden könnten. Zum Vorbringen, wonach entgegen der Annahme der Aufsichtsbehörde sehr wohl eine Wegverbindung zwischen der Hofstelle und dem bewilligten Wohnhaus bestünde, sei anzumerken, dass dieser Umstand nicht geeignet sei, ein nutzungsorientiertes Naheverhältnis zwischen dem Wohnhaus und dem Wirtschaftsgebäude bei der gegebenen Entfernung zu begründen.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass den bisherigen Beurteilungen hinsichtlich der Hoflage, wie sie bereits im Schreiben vom dargelegt worden seien, nicht habe entgegen getreten werden können. Auf Grund der großen Distanz des bewilligten Wohnhauses zu den im räumlich-funktionellen Zusammenhang stehenden Gebäuden der Hofstelle und dem deutlichen Höhenunterschied bestehe weder ein visueller noch ein struktureller noch ein funktioneller Zusammenhang, sodass keinesfalls von einem unmittelbaren Anschluss und somit auch nicht von einer Hoflage im Sinne des ROG gesprochen werden könne. Eine Auslegung des Begriffes "Hoflage", wie in der Stellungnahme des Bürgermeisters gewünscht, würde zu einer völligen Zersiedelung des landwirtschaftlichen Kulturraumes und somit zu einer nachhaltigen groben Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie zu einer Behinderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung führen.

Darüber hinaus sei von Bedeutung, dass eine allfällige Bescheidbehebung im Lichte des Grundsatzes zu sehen sei, wonach Aufsichtsmittel unter möglichster Schonung erworbener Rechte Dritter zu handhaben seien. Der Grundsatz der "möglichsten Schonung erworbener Rechte" bedeute andererseits keinesfalls die Annahme eines Vorrangs privater Interessen vor öffentlichen Interessen der Raumordnung, sondern statuiere vielmehr ein Gebot der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in erworbene Rechte. Es seien somit im Zuge der Ermessensausübung die nachteiligen Wirkungen des Bescheides in Bezug auf das durch die verletzte Norm geschützte öffentliche Interesse gegen jene Nachteile abzuwägen, welche die Aufhebung des Bescheides in Bezug auf die durch das im Institut der Rechtskraft verkörperte Prinzip der Rechtssicherheit geschützten Interessen des Dritten nach den konkret zu beurteilenden Umständen des Einzelfalles mit sich brächte.

So seien auch Fälle einer formal vorliegenden Rechtswidrigkeit denkbar, die jedoch keine oder nur unbedeutende Auswirkungen auf das geschützte öffentliche Interesse nach sich zögen. Ein solcher Fall läge hier dann vor, wenn zwar die Baubewilligung gesetzwidrig sei, aber diese Abweichung auf andere gesetzeskonforme Weise ebenfalls herbeigeführt werden könnte, und zwar in Form einer nachträglichen Baulandausweisung.

Diesbezüglich sei festzuhalten, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück in keinem der bisherigen drei Planungsverfahren (Revision 1.00, Revision 2.00 und Revision 3.00) im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen gewesen sei. Auch sei dieses Grundstück in keinem der örtlichen Entwicklungskonzepte oder Siedlungsleitbilder als mögliche Baulandentwicklungsfläche vorgesehen. Die Gemeinde habe in ihrem bisherigen Planungsverfahren eindeutig den Planungswillen dokumentiert, das verfahrensgegenständliche Grundstück von einer Baulandausweisung bzw. Weiterentwicklung für Bauland freizuhalten, um derartige Entwicklungen auf die bestehenden Ortsbereiche zu konzentrieren. Im Sinne einer Planungskontinuität und Bestandkraft von Plänen wäre eine Änderung der bisherigen Planungsfestlegung nur bei wesentlich geänderten Planungsvoraussetzungen argumentierbar. Aus raumplanungsfachlicher Sicht würde eine Baulandausweisung im vorliegend landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaftsraum aber jedenfalls einen Widerspruch zum Raumordnungsgrundsatz darstellen, wonach eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden sei.

Die rechtswidrige Baubewilligung stelle somit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine fortdauernde nachteilige Auswirkung auf die mit der Flächenwidmung verfolgten planerischen Zielsetzungen dar.

Es sei somit der Baubewilligungsbescheid von der Aufsichtsbehörde zu beheben und als nichtig zu erklären gewesen.

Dagegen richten sich die vorliegenden Beschwerden, wobei die zur Zl. 2006/06/0129 protokollierte Beschwerde (formell scheint der Bürgermeister als Beschwerdeführer auf) im Beschwerdefall der Gemeinde zuzurechnen ist (in diesem Sinne schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0056, betreffend die Nichtigerklärung einer anderen Baubewilligung durch diesen Bürgermeister); geltend gemacht wird inhaltliche Rechtswidrigkeit. Die beschwerdeführenden Bauwerber (Beschwerde zur Zl. 2006/06/0126) machen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat im Verfahren zur Zl. 2006/06/0129 die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihren Gegenschriften jeweils die Abweisung der Beschwerden als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerdeverfahren wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:

Bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides galt das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127 (kurz: ROG), in der Fassung LGBl. Nr. 13/2005 (zuvor, also auch bei Erlassung des Bewilligungsbescheides vom , idF LGBl. Nr. 95/2003, wobei die Novelle LGBl. Nr. 13/2005 für den Beschwerdefall nicht von Belang ist).

§ 25 ROG lautet auszugsweise (idF der Novelle LGBl. Nr. 1/1995):

"§ 25

Freiland

(1) ...

(5) Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung schließt das Recht ein, einmalig im unmittelbaren Anschluß an die bestehenden Gebäude (Hoflage) auf demselben Grundstück


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1.
Altbauten für Wohnzwecke durch Neubauten zu ersetzen und
2.
ein betriebszugehöriges Einfamilienwohnhaus zu errichten.
Stellt der Altbau gemäß Z. 1 eine baukulturell bemerkenswerte und gebietstypische Bausubstanz dar, so kann das Gebäude, ohne abgetragen werden zu müssen, auch einer anderen Nutzung zugeführt werden, wenn damit die Erhaltung und fachgerechte Sanierung verbunden ist.

(6) Vor einer baurechtlichen Bewilligung ist zwingend ein Gutachten eines Sachverständigen einzuholen für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
Neubauten gemäß ... Abs. 5 Z. 2, wenn die Größe der für eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung geeigneten Flächen unter 5 ha liegt,
3. ... "
Gemäß § 32 Abs. 1 ROG dürfen Verordnungen und Bescheide der Gemeinde auf Grund von Landesgesetzen einem Flächenwidmungsplan, einen Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien nicht widersprechen.
Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung sind (u.a.) entgegen der Vorschrift des Abs. 1 erlassene Bescheide innerhalb von drei Jahren nach Eintreten der Rechtskraft mit Nichtigkeit bedroht (§ 68 Abs. 4 lit. d AVG 1950).
§ 35a ROG lautet auszugsweise (unverändert idF LGBl. Nr. 15/1989)
"§ 35a
Teilungsverbot

(1) Zum Zwecke der Errichtung von (...) und von Altenteilen gemäß § 25 Abs. 5 dürfen Grundstücke nicht grundbücherlich geteilt werden; desgleichen ist die grundbücherliche Teilung von Grundstücken, auf denen ein Altenteil errichtet worden ist, unzulässig.

(2) Das Teilungsverbot nach Abs. 1 ist im Grundbuch anzumerken.

(3) ... "

§ 25 Abs. 5 ROG lautete vor der Novelle LGBl. Nr. 1/1995:

"(5) Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung schließt das Recht ein, einmalig Altbauten für Wohnzwecke durch Neubauten zu ersetzen sowie einmalig einen betriebszugehörigen Altenteil im unmittelbaren Anschluß an die bestehenden Gebäude (Hoflage) zu errichten. Dieses Recht kann von demjenigen geltend gemacht werden, der zumindest zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft ist."

Im Baubewilligungsverfahren war das Steiermärkische Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk. BauG), in der Fassung LGBl. Nr. 78/2003 maßgeblich.

Nach § 25 Abs. 1 Stmk. BauG hat die Anberaumung einer Bauverhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen (wer in Betracht kommt, ist in dieser Bestimmung näher aufgezählt).

Zunächst ist im Hinblick auf die Argumentation der belangten Behörde zu Beginn des angefochtenen Bescheides festzuhalten, dass § 25 Abs. 5 ROG durch die Novelle LGBl. Nr. 1/1995 geändert wurde und der Begriff "Altenteil" darin nicht mehr vorkommt, vielmehr ist nun (Abs. 5 Z. 2 leg. cit.) von einem "betriebszugehörigen Einfamilienwohnhaus" die Rede, das muss nicht notwendigerweise ein Altenteil sein. § 35a Abs. 1 ROG wurde allerdings nicht an diese geänderte Fassung des § 25 Abs. 5 ROG angepasst (dort wird nach wie vor von einem "Altenteil" gesprochen), sodass der Verweis unstimmig ist. Daraus allein, dass im Baubewilligungsbescheid keine Auflage erfolgte, ein Teilungsverbot im Grundbuch anzumerken, kann entgegen dieser Argumentation der belangten Behörde nicht geschlossen werden, dass mit dem Baubewilligungsbescheid die Errichtung eines Wohnhauses "außerhalb der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" bewilligt worden wäre.

Die belangte Behörde hat sich allerdings, wie der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, entscheidend darauf berufen, dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Z. 2 ROG - nur diese kommen im Beschwerdefall sachverhaltsmäßig in Betracht - nicht vorlägen. Damit ist die belangte Behörde entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer im Recht: Die Auffassung, dass der Begriff "Hoflage" nicht ausreichend definiert wäre, trifft nicht zu. Der maßgebliche Teil der Norm lautet "im unmittelbaren Anschluss an die bestehenden Gebäude (Hoflage)". Eine bestimmte Entfernungsangabe enthält die Norm nicht, sie stellt aber unmissverständlich auf einen "unmittelbaren Anschluss" an die bestehenden Gebäude ab, also auf ein besonderes Naheverhältnis.

Die beschwerdeführenden Bauwerber bringen dazu vor, dass das bewilligte Haus vom "Hauptwirtschaftgebäude" etwa 85 m entfernt sei und zu den von der belangten Behörde genannten landwirtschaftlichen Nebengebäuden "sogar etwas weniger". Die Hauptgebäude seien etwa 75 m von den von der belangten Behörde erwähnten Nebengebäuden entfernt, wobei diese landwirtschaftlichen Nebengebäude zur Bewirtschaftung des Weingartens, der sich auf einem anderen Grundstück befinde, notwendig seien. Gerade die Bewirtschaftung dieser Weingärten sei "durch die Situierung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes im Zusammenhang mit den notwendigen Nebengebäuden optimiert".

Auch angesichts dieses Vorbringens ist evident, dass das Kriterium des "unmittelbaren Anschlusses" zu den "Hauptgebäuden" auf das bewilligte Objekt angesichts seiner Lage (wie sie sich auch aus den Planunterlagen ergibt) jedenfalls nicht zutrifft. Dieses Vorbringen vermag auch daran nichts zu ändern, dass das bewilligte Objekt auch nicht in einem "unmittelbaren Anschluss" an diese Nebengebäude errichtet wurde, abgesehen davon, dass zu hinterfragen wäre, ob Nebengebäude, die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören und zur Bewirtschaftung eines Weingartens dienen, allein deshalb schon Teil des "Hofes" sind, ohne Rücksicht auf die zu den "Hauptgebäuden" gegebene Entfernung.

Auch die von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgetragenen, behaupteten "geänderten realen familiär-soziologischen Bedürfnisse", wonach zur gehörigen Bewirtschaftung des Hofes auch ein Objekt wie das bewilligte Haus in einer solchen Entfernung ausreichend sei, vermögen am zwingenden Erfordernis eines "unmittelbaren Anschlusses" im zuvor dargelegten Sinn nichts zu ändern.

Alle Beschwerdeführer argumentieren weiters auch mit den wesentlichen wirtschaftlichen Nachteilen, die für die Bauwerber durch die Nichtigerklärung des Baubewilligungsbescheides entstünden (der Rohbau sei bereits fertig gestellt). Die beschwerdeführende Gemeinde verweist überdies darauf, dass durch die Versagung der Nutzung des errichteten Objektes auch die Ausübung des Berufes der Landwirtschaft bzw. die Übernahme des Betriebes verhindert werden könnte.

Letzterem Argument der Gemeinde ist zu entgegen, dass nicht ersichtlich ist, weshalb ein solches Wohnhaus nicht auch im unmittelbaren Anschluss an die bestehenden Gebäude errichtet werden könnte.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof zur Problematik der behaupteten wesentlichen wirtschaftlichen Nachteile in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0053, betreffend die Nichtigerklärung einer anderen vom Bürgermeister dieser Gemeinde erteilten Baubewilligung Stellung genommen; an diesen Erwägungen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist weiterhin festzuhalten.

§ 101 Abs. 1 Stmk. Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 115/1967, lässt eine Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides durch die Aufsichtsbehörde (außer im Falle des § 94 betreffend die Aufhebung im Vorstellungsverfahren) aus den Gründen des § 68 Abs. 3 und Abs. 4 AVG zu. Gemäß § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG ist die Aufhebung eines Bescheides aus dem Grunde zulässig, dass er an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet. Eine solche gesetzliche Vorschrift stellt der im vorliegenden Fall angewendete § 32 Abs. 3 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974 dar, wonach u.a. Bescheide, die gegen den Flächenwidmungsplan verstoßen, mit Nichtigkeit bedroht sind. Die Gründe des § 68 Abs. 3 AVG spielen daher im vorliegenden Fall keine Rolle. Wenn bei Bescheiderlassung gegen den Flächenwidmungsplan verstoßen wird, stellt dies, wie dies auch in der Regelung des § 32 Abs. 3 Stmk. Raumordnungsgesetz 1974 zum Ausdruck kommt, eine gravierende Rechtswidrigkeit dar.

Der in § 97 Abs. 2 Stmk. Gemeindeordnung verankerte Grundsatz der möglichsten Schonung erworbener Rechte bedeutet nicht - worauf die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - die Annahme des Vorranges privater Interessen vor öffentlichen Interessen der Raumordnung, sondern statuiert vielmehr ein Gebot der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes in erworbene Rechte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0166). Die Einhaltung der Raumordnungsvorschriften, insbesondere betreffend die Freilandwidmung, dient ganz allgemein zur Hintanhaltung der Zersiedelung der Landschaft einem gewichtigen öffentlichen Interesse und es sollen daher Ausweitungen von an sich widmungswidrigen Nutzungen nicht ohne Weiteres zulässig sein (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/06/0094).

Auch im vorliegenden Fall geht es - wie in den den angeführten hg. Erkenntnissen vom und vom zu Grunde liegenden Fällen - gerade um eine an sich widmungswidrige Nutzung im Freiland, die nach der in Frage stehenden Regelung ausdrücklich nur in einem bestimmten eingeschränkten Ausmaß zulässig sein soll. Es kann daher auch im vorliegenden Fall nicht als rechtwidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde mit der Nichtigerklärung des Baubewilligungsbescheides als (zwar) schärfstem Mittel der Gemeindeaufsicht - gleichwohl aber als im Beschwerdefall einzigem zum Ziel führenden Mittel zur Hintanhaltung der genannten nachteiligen Auswirkungen - vorgegangen ist. Die Beschwerdeführer haben auch in ihren Beschwerden keine Gründe (wie etwa eine nicht fortdauernd nachteilige Wirkung auf die mit der Widmung verfolgten raumplanerischen Zielsetzungen) ins Treffen geführt, die im Lichte der hg. Rechtsprechung zum Schonungsprinzip allenfalls zu einer anderen Beurteilung dieser Frage hätten führen können (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0053).

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 (der Vorlageaufwand wurde je zur Hälfte beiden Beschwerdeverfahren zugeordnet).

Wien, am