VwGH vom 28.03.2017, 2013/06/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des H M in H, vertreten durch die Blum, Hagen und Partner Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 76, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom , Zl. BHBR-I- 3300.00-2013/0011, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Mittelberg in 6991 Mittelberg, Walserstraße 52), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die "Hausgemeinschaft Sporthotel R", zu Handen des Hausverwalters G, wurde auf Grund einer anonymen Anzeige vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Schreiben vom aufgefordert, nachträglich einen Bauantrag mit dem angeschlossenen Nachweis über die Zustimmungen der Wohnungseigentümer (im Folgenden: WE) für das Zumauern von Fenstern beim Sporthotel R zu stellen.
2 Unter Vorlage des zwischen ihm und der Eigentümergemeinschaft Sporthotel R abgeschlossenen Verwaltervertrages teilte der Verwalter G der mitbeteiligten Gemeinde mit, dass die erforderlichen Zustimmungserklärungen eingeholt und ein entsprechender Bauantrag durch das Unternehmen D gestellt werden würde. Vor ca. 35 bzw. 30 Jahren seien Umbauten beim Sporthotel R durchgeführt worden. Dabei seien Fenster mit Platten verkleidet worden und als Attrappen stehen geblieben. Diese seien nun im Zuge der Erneuerung der Fenster zugemauert und im Innenbereich isoliert worden.
3 Der Rechtsvertreter des Verwalters teilte mit Schreiben vom der mitbeteiligten Gemeinde mit, dass im bestehenden Wohnungseigentumsvertrag unter Punkt VII. die Anwendung des deutschen Wohnungseigentumsgesetzes (im Folgenden: dWEG) vereinbart sei. Es liege eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 2 dWEG vor, wonach eine Mehrheit von drei Viertel der stimmberechtigten WE und mehr als die Hälfte aller Wohnungseigentumsanteile für eine rechtswirksame Beschlussfassung genügten. Die Abstimmung über die vorliegende Fassadenänderung habe ergeben, dass nur noch vier Miteigentümer dem Zumauern der Fenster nicht zugestimmt hätten. Dadurch sei eine Kopfmehrheit mit 145 von 149 WE und eine Anteilsmehrheit von 64.696 von 67.734 Anteilen, die die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 dWEG erfüllten, erreicht.
4 Mit Eingabe vom suchte die Eigentümergemeinschaft Sporthotel R, vertreten durch die D GmbH, um die baubehördliche Bewilligung für das Schließen zweier Fenster im Erdgeschoss Ostseite des Sporthotels R an.
5 Der Verwalter G übermittelte der mitbeteiligten Gemeinde am die "Abstimmungsauflistung" der WE und bestätigte eidesstattlich, dass 64.696/67.734 Anteile, das seien 95,52 % der Miteigentümer, der Fassadenänderung zugestimmt hätten. Mehrere Miteigentümer, darunter der Beschwerdeführer, hätten nicht zugestimmt. "Im Namen der überwiegenden Mehrheit der Miteigentümer" werde ersucht, den Antrag positiv zu erledigen.
6 Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte mit Bescheid vom der Eigentümergemeinschaft Sporthotel R, vertreten durch den Hausverwalter G, die beantragte baubehördliche Bewilligung für das Zumauern von Fenstern am bestehenden Gebäude Sporthotel R auf dem Grundstück Nr. 156/4, KG M, unter Vorschreibungen, wobei im Kopf des Bescheides alle grundbücherlichen Eigentümer (also auch der Beschwerdeführer) des von der Bauführung betroffenen Grundstückes angeführt sind.
In der Begründung führte der Bürgermeister u.a. aus, im bestehenden und gültigen Wohnungseigentumsvertrag sei in Punkt VII. vereinbart worden, dass die Vorschriften des dWEG gelten sollten. Die Schließung der Fenster stelle eine Aufwertung der Pächterwohnung und somit eine Anpassung an den heutigen Stand dar. Das bestehende Gebäude werde durch die Schließung dieser Fenster nicht geändert; keiner der 151 Miteigentümer der Liegenschaft werde gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt. Daher könne § 22 Abs. 2 dWEG angewendet werden, welcher besage, dass bei derartigen Maßnahmen ein Beschluss durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten WE im Sinne des § 25 Abs. 2 dWEG und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile gefasst werden könne. Aus diesen Gründen seien für die Baubehörde durch die Zustimmung von 136 Wohnungseigentümern mit
60.926 Anteilen die Voraussetzungen für eine positive Bescheiderlassung gegeben.
7 Gegen diesen Bescheid erhob (u.a.) der Beschwerdeführer Berufung (vom ). Er brachte vor, die "Eigentümergemeinschaft" des Sporthotels R sei zur Antragstellung nicht legitimiert. Es liege demnach kein gültiger Bauantrag vor. Der erstinstanzliche Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil anstatt des österreichischen Rechts deutsches Recht angewendet worden sei. Die Behörde habe auch nicht überprüft, ob der Wohnungseigentumsvertrag von 1970 noch Gültigkeit habe.
8 Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom (Beschlussfassung vom ) wurde die Berufung (u.a.) des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, dass Adressat des Bescheides die Miteigentümer des Sporthotels R seien und dass die Besitz- und Zustimmungsverhältnisse entsprechend dem letzten Umlaufbeschluss aktualisiert würden (Spruchpunkt II.).
Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt, es sei strittig, ob eine Eigentümergemeinschaft zu einer Antragstellung in einem Bauverfahren legitimiert sei bzw. ob einer Eigentümergemeinschaft ein Baubescheid rechtsgültig zugestellt werden könne. Ohne auf diese Frage weiter einzugehen, könne festgehalten werden, dass der gegenständliche Baubewilligungsbescheid jedenfalls auch dem Beschwerdeführer nachweislich zugestellt worden sei. Spätestens mit Einbringung der Berufung sei ein etwaiger Zustellungsfehler dem Beschwerdeführer gegenüber als saniert zu betrachten. Dieser könne daher diesbezüglich nicht in einem subjektiven Recht verletzt sein. Dessen ungeachtet werde im Berufungsverfahren nunmehr der Bescheid so formuliert, dass Bewilligungsinhaber nicht mehr die Eigentümergemeinschaft, sondern die jeweiligen Eigentümer des von der Bauführung betroffenen Grundstückes seien. Der Berufungsbescheid werde nicht der Eigentümergemeinschaft, sondern den jeweiligen Eigentümern nachweislich zugestellt. Grundlage für diese Vorgehensweise sei § 66 Abs. 4 AVG, wonach die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden habe und berechtigt sei, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern könne.
Die Regelung des § 24 Abs. 3 lit a Vorarlberger Baugesetz (BauG), wonach dem Bauantrag die Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten beizulegen sei, nehme auf Miteigentümer nicht ausdrücklich Bezug, sodass es von der Art des Bauvorhabens und der maßgeblichen zivilrechtlichen Regelung (z.B. ABGB, WEG ...) abhänge, ob die Zustimmung der Miteigentümer erforderlich sei. Im konkreten Fall gelte auf Grund des bestehenden Wohnungseigentumsvertrages (vom ) die deutsche Regelung. Gemäß dWEG könnten Maßnahmen, die der Anpassung an den Stand der Technik dienten, die Eigenart der Wohnanlage nicht änderten und keinen WE gegenüber dem anderen unbillig beeinträchtigten, durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten WE und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Im Berufungsverfahren sei noch einmal geprüft worden, dass das Übereinkommen vom die aktuellste Fassung des Wohnungseigentumsvertrages darstelle und alle Eigentümer diesem unterlägen. Gemäß Punkt VII. dieses Vertrages gälten für die gegenseitigen Rechtsbeziehungen der WE untereinander sowie für die Rechtsbeziehungen zwischen ihnen und dem Verwalter die Vorschriften des dWEG, soweit nicht das österreichische Recht etwas anderes zwingend vorschreibe und nicht ändernde oder ergänzende Bestimmungen getroffen würden. Für die Baubehörde sei entscheidend, dass die entsprechenden Mehrheiten vorlägen, nicht aber, wie diese Mehrheiten zu Stande gekommen seien (wurde näher ausgeführt). Dessen ungeachtet seien seitens der Hausverwaltung im Berufungsverfahren die erforderlichen Mehrheiten durch einen korrekt zu Stande gekommenen Umlaufbeschluss erneuert worden. Die am bestehenden Objekt Sporthotel R durchgeführten Baumaßnahmen beschränkten sich auf das Zumauern von zwei Fenstern einer Personalwohnung auf der Ostseite neben dem Hoteleingang, welche als geringfügige Baumaßnahmen am bestehenden Objekt gesehen würden. Von 149 Miteigentümern hätten 132 Miteigentümer in einem aktualisierten Umlaufbeschluss ihre Zustimmung zum Bauvorhaben erteilt. Diese 132 Miteigentümer stellten
116.397 von 135.468 Anteilen, was 88,60 % der Eigentümer und 85,90 % der Miteigentumsanteile entspreche. Für die Baubehörde lägen somit die erforderlichen Zustimmungen zur Bauführung vor.
9 Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung (vom ), die mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen wurde.
Begründend setzte sich die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges zunächst mit der Frage des anzuwendenden Rechts auseinander, wobei die Ausführungen zu § 24 Abs. 3 lit. a BauG jenen im Bescheid der Gemeindevertretung entsprechen (mit Hinweis auf Germann/Bertsch, Das Vorarlberger Baugesetz2, Seite 111). Es sei daher von wesentlicher Bedeutung, welche zivilrechtlichen Regelungen Anwendung fänden. Solche zivilrechtlichen Regelungen seien im gültigen Wohnungseigentumsvertrag vom unter Punkt VII. getroffen worden (wird wie im Bescheid der Gemeindevertretung ausgeführt). Des Weiteren sei unter Punkt XXI. des Wohnungseigentumsvertrages ausdrücklich das deutsche Recht diesem Vertrag zu Grunde gelegt worden, soweit nicht das österreichische Recht etwas anderes zwingend vorschreibe. § 24 österreichisches WEG (im Folgenden: WEG) enthalte nur demonstrative Aufzählungen der Willensbildungsmöglichkeiten der Eigentümergemeinschaft und sei so formuliert, dass andere Vereinbarungen durch die Miteigentümer möglich seien. Somit stelle § 24 WEG entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kein zwingend anzuwendendes österreichisches Recht dar und stehe der Anwendung des dWEG nicht entgegen. Für die belangte Behörde stehe fest, dass für die Beurteilung der Zustimmungen der Miteigentümer das deutsche Recht anzuwenden sei und der Beschwerdeführer diesbezüglich nicht in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden sei.
10 Zur Frage des gültigen Bauantrages führte die belangte Behörde aus, der Hausverwalter des Sporthotels R habe die D GmbH damit beauftragt, für die Eigentümergemeinschaft Sporthotel R einen Bauantrag für die Fassadenänderung mit Schließung zweier Fenster zu stellen. Diesem Auftrag sei die D GmbH mit Schreiben vom nachgekommen. Der Verwalter sei dazu auf Grund des Wohnungseigentumsvertrages und des dWEG auch ermächtigt gewesen (wurde unter Bezugnahme auf das dWEG näher ausgeführt). Es liege daher ein gültiger Bauantrag vor.
11 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, beim Zumauern der Fenster handle es sich nicht um eine Anpassung an den technischen Stand, sondern um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 dWEG, sei Folgendes auszuführen: Da der Umlaufbeschluss vom das Zumauern der Fenster beim Sporthotel R betreffe und ein positives Ergebnis festgestellt worden sei, sei es im vorliegenden Fall nicht von wesentlicher rechtlicher Bedeutung, ob man von einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 dWEG oder einer Modernisierung bzw. Anpassung an den technischen Stand im Sinne des § 22 Abs. 2 dWEG ausgehe. Dies deshalb, weil der Umlaufbeschluss nicht auf Grund einer Klage für ungültig erklärt worden, sohin in Bestandkraft getreten und verbindlich geworden sei. Des Weiteren sei der Beschwerdeführer nicht über das Maß des § 14 Z 1 dWEG beeinträchtigt. Dem Beschwerdeführer sei beizupflichten, dass eine genauere Erläuterung, warum die beantragten Baumaßnahmen eine Anpassung an den Stand der Technik darstellten, im Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom nicht erfolgt sei. Dem Beschwerdeführer sei auch beizupflichten, dass ein Zumauern von Fenstern an sich eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 dWEG darstelle. Gegenständlich sei zunächst nicht von Fenstern im vorgenannten (offenbar gemeint: eigentlichen) Sinne auszugehen, denn die zugemauerten Fenster stellten lediglich Fensterattrappen dar. Diese Fensterattrappen hätten nicht "dem Gebrauch normaler Fenster" gedient, hätten diese doch weder geöffnet noch anders genutzt werden können. Der Beschwerdeführer übersehe offenkundig, dass die gegenständlichen Fenster bereits seit ca. 30 Jahren "geschlossen" gewesen und nur mehr als Attrappen bestehen geblieben seien, sohin keinesfalls der Licht- und Luftzufuhr gedient hätten. Im vorliegenden Fall überwiege nicht die Absicht, eine Umgestaltung der Anlage zu erzielen, sondern die Absicht, eine technisch und wirtschaftlich bessere Lösung zu erreichen. Aus diesen Gründen sei das Zumauern der Fensterattrappen beim Sporthotel R nicht als bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 dWEG zu betrachten. Der Beschwerdeführer habe in keiner Weise vorgebracht, dass er durch das Zumauern der Fensterattrappen der Personalwohnungen im Sinne des § 14 Z 1 dWEG beeinträchtigt werde, sodass seine Zustimmung nicht Voraussetzung im Sinne des § 22 Abs. 1 dWEG sei. Er sei durch die Baumaßnahme auch weder in optischer noch in finanzieller Hinsicht beeinträchtigt. Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich beim Zumauern der Fensterattrappen nicht um eine Anpassung an den Stand der Technik, sondern um eine Modernisierung im Sinne des § 22 Abs. 2 dWEG. Eine genauere Differenzierung könne aber entfallen, weil in beiden Fällen dieselben Voraussetzungen erfüllt sein müssten und ein positiver bestandskräftiger Umlaufbeschluss vorhanden sei. Auch wenn man von einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 dWEG ausginge, sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil ein bestandskräftiger Umlaufbeschluss vorliege und er Gelegenheit gehabt habe, gegen diesen Umlaufbeschluss gerichtlich vorzugehen.
12 Zur Frage der Zustimmungserklärungen führte die belangte Behörde aus, die Baubehörde habe grundsätzlich zu prüfen, ob die erforderlichen Zustimmungserklärungen vorlägen, nicht aber ihr konkretes Zustandekommen. Fehler im Verfahren der Zustimmungserklärungen könnten zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen, seien aber nicht Gegenstand der aufsichtsbehördlichen Prüfung. Nach Wiedergabe des § 22 dWEG und Ausführungen zum Zustandekommen eines Umlaufbeschlusses (§ 23 Abs. 3 dWEG) führte die belangte Behörde aus, aus dem Akteninhalt gehe nicht hervor, dass der Umlaufbeschluss vom gerichtlich für ungültig erklärt bzw. bekämpft worden sei; der Beschwerdeführer habe auch diesbezüglich nichts Konkretes vorgebracht. Ebenso gehe aus dem Akt nicht hervor, dass eine derartige Benachrichtigung (gemeint: gerichtliche Ungültigerklärung bzw. Bekämpfung) der mitbeteiligten Gemeinde oder dem Verwalter zugekommen sei. Der Beschwerdeführer habe lediglich bemängelt, dass dieser Punkt nicht eigens geprüft worden sei. Demnach stehe für die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Umlaufbeschluss in Bestandskraft getreten und verbindlich sei, infolge dessen die notwendigen Zustimmungserklärungen im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. a BauG und § 22 Abs. 2 dWEG vorgelegen seien.
13 Im Ergebnis stehe für die belangte Behörde fest, dass durch den Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom weder in materieller noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden seien. Sonstige Verletzungen subjektiv-öffentlicher Rechte seien für die belangte Behörde auf Grund der Aktenlage auch nicht ersichtlich.
14 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
15 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
16 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof abhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
17 Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde habe nicht überprüft, ob die Eigentümergemeinschaft Sporthotel R, vertreten durch die Hausverwaltung G, überhaupt antragslegitimiert sei und ob bzw. welche Beschlüsse und mit welchen Mehrheiten von der Eigentümergemeinschaft gefasst worden seien. Sie habe ohne konkrete Prüfung angenommen, dass die relevanten Beschlüsse vorlägen. Die belangte Behörde führe ohne nähere Begründung, sohin unschlüssig, aus, dass sie die Maßnahmen des gegenständlichen Bauvorhabens als "Anpassung an den Stand der Technik" bewerte. Eine Modernisierung im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 dWEG sei nur dann gegeben, wenn die bauliche Maßnahme den Gebrauchswert der Liegenschaften nachhaltig und eindeutig erhöhe. Dies müsse also eine nachhaltige und für alle Eigentümer vorteilhafte Verbesserung darstellen. Dies sei von der Behörde ungeprüft und ohne faktisches Substrat einfach angenommen worden. Von der Modernisierung bzw. der Anpassung an den Stand der Technik zu unterscheiden sei nach dWEG die einfache "bauliche Veränderung". Genau eine solche liege hier vor. Eine solche einfache "bauliche Veränderung" bedürfe nach dWEG der Einstimmigkeit. Die Behörde habe die Prüfung, ob ein Beschluss zu Stande gekommen sei, weder nach WEG noch nach dWEG ausreichend geprüft. Sie komme lediglich zum Schluss, für sie sei unzweifelhaft dWEG anzuwenden. Ob für das ordentliche Zustandekommen eines Beschlusses nach dWEG tatsächlich alle Formvoraussetzungen erfüllt worden seien, sei nicht geprüft worden. Hätte die belangte Behörde recherchiert, welches Recht zur Anwendung komme, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass österreichisches Recht anzuwenden sei. Sie hätte dann zwingend die Schlussfolgerung getroffen, dass die Voraussetzungen für einen gültigen Beschluss nicht vorlägen. Nachweislich hätten mindestens vier Wohnungseigentümer dem Umlaufbeschluss nicht zugestimmt bzw. keine Erklärung abgegeben. Somit verfüge der Umlaufbeschluss nicht nur nicht über die notwendigen formellen Voraussetzungen, sondern auch nicht über die notwendigen Zustimmungserklärungen (Einstimmigkeit).
Zur Frage des gültigen Bauantrages werde vorgebracht, dass sich die Behörde nicht mit dem Argument auseinandersetze, die Eigentümergemeinschaft sei nicht antragslegitimiert, weil sie nach WEG in diesen Angelegenheiten keine Rechtspersönlichkeit habe. Die Eigentümergemeinschaft sei gemäß § 18 WEG im Rahmen der wohnungseigentumsrechtlichen und damit ausschließlich zivilrechtlichen Verwaltungstätigkeit, d.h. lediglich eingeschränkt, rechtsfähig. Die Stellung von Bauanträgen sei keine Maßnahme der wohnungseigentumsrechtlichen Verwaltung nach WEG, weshalb zur Stellung von Bauanträgen ausschließlich die Miteigentümer legitimiert seien. Dies ergebe sich auch daraus, dass bei der wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtung eines (Umbau-)Beschlusses der Anfechtungsantrag an das Außerstreitgericht auch nicht gegen die Eigentümergemeinschaft, sondern gegen jeden einzelnen Miteigentümer zu richten sei. Es baue nicht die Eigentümergemeinschaft, sondern die einzelnen Miteigentümer. Dieser Ansicht seien die Baubehörden offensichtlich selbst, weil sie den Bescheid in der Folge auf die einzelnen Miteigentümer umgestellt hätten. Der Antrag sei allerdings von der Eigentümergemeinschaft Sporthotel R, vertreten durch die Hausverwaltung G eingebracht worden. Mangels Legitimation des Einbringers sei der Antrag als überhaupt nicht gestellt zu betrachten. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls keine Baubewilligung beantragt. Er sei auch während des gesamten Verfahrens nicht als Partei geladen, gehört und sonstwie als Partei in das Verfahren eingebunden gewesen. Die Behörde gehe ohne nähere Prüfung davon aus, dass die von ihr zitierten Bestimmungen des dWEG uneingeschränkt auf den gegenständlichen Wohnungseigentumsvertrag Anwendung fänden bzw. dass diese Bestimmungen nicht zwingenden Bestimmungen des (österreichischen) WEG widersprächen. Diese Rechtsauffassung sei falsch (wird näher ausgeführt).
18 Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ Y, KG M, mit dem Grundstück Nr. X ist, auf dem sich das Sporthotel R befindet.
19 Gegenstand des Bauvorhabens ist das Schließen (Zumauern) zweier Fenster im Erdgeschoss. 132 von 149 Mit- und Wohnungseigentümern erteilten ihre Zustimmung zum Bauvorhaben.
20 Der vorliegende Bauantrag wurde von der Eigentümergemeinschaft Sporthotel R, vertreten durch das Bauunternehmen D GmbH gestellt (siehe Rz 4). In weiterer Folge ersuchte der Verwalter G "im Namen der überwiegenden Mehrheit der Miteigentümer" um Bewilligung des Bauantrages (siehe Rz 5). Der Beschwerdeführer wird in dieser Eingabe als einer der nicht zustimmenden Miteigentümer angegeben.
21 Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Bauansuchen stellen kann.
22 § 18 Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG 2002), BGBl. I Nr. 70/2002 idF BGBl. I Nr. 124/2006, lautet (auszugsweise):
"Rechtsfähigkeit und Vertretung der Eigentümergemeinschaft
§ 18. (1) Die Eigentümergemeinschaft kann in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Für Klagen gegen die Eigentümergemeinschaft ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Liegenschaft gelegen ist. Bei diesem Gericht kann auch ein Wohnungseigentümer von der Eigentümergemeinschaft geklagt werden. Forderungen gegen die Eigentümergemeinschaft können gegen die einzelnen Wohnungseigentümer nur nach Maßgabe des Abs. 4 zweiter Satz und nur durch gesonderte Klagsführung geltend gemacht werden.
(2) Die Wohnungseigentümer können der Eigentümergemeinschaft aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abtreten, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann. Unterlässt die Eigentümergemeinschaft die Geltendmachung eines ihr abgetretenen Anspruchs und droht dadurch eine Frist für die Anspruchsverfolgung abzulaufen, so kann der betreffende Wohnungseigentümer den Anspruch für die Eigentümergemeinschaft geltend machen.
(3) Die Eigentümergemeinschaft wird vertreten:
1. wenn ein Verwalter bestellt ist,
a) durch den Verwalter,
b) in Fragen des rechtlichen Verhältnisses zwischen der
Eigentümergemeinschaft und dem Verwalter durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende Mehrheit der Wohnungseigentümer,
c) bei Bestellung eines Eigentümervertreters nach § 22 in dem von der Interessenkollision betroffenen Geschäftsbereich nur durch den Eigentümervertreter;
2. wenn kein Verwalter bestellt ist,
a) durch die nach Miteigentumsanteilen zu berechnende
Mehrheit der Wohnungseigentümer,
b) bei Bestellung eines vorläufigen Verwalters nach § 23 nur durch diesen.
(4) ...
..."
23 Die Frage nach der Partei- und Prozessfähigkeit muss gemäß § 9 AVG unter Heranziehung der Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Rechts- und Handlungsfähigkeit entschieden werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 1126/65, und die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 9 AVG E 3 ff, wiedergegebene Rechtsprechung). Zu den "Vorschriften des bürgerlichen Rechts" zählen auch die Regelungen des WEG über die (Teil-)Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. analog zum Handels- und Gesellschaftsrecht Walter/Thienel, aaO., § 9 AVG E 5).
24 Die Rechtspersönlichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist auf die Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft beschränkt. Nur in diesen Angelegenheiten kann die Gemeinschaft als solche Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden (siehe die bei Prader, WEG 20023 (2011) § 18 E 14 wiedergegebene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH)). Diese Einschränkung ist auch für die Parteifähigkeit in Verwaltungsverfahren zu beachten.
25 Der Verwaltungsgerichtshof nahm im Erkenntnis vom , 2012/05/0042, betreffend eine Übertretung der Bauordnung für Wien, zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Verwalters nach § 135 Abs. 1 BO Stellung und verwarf die Argumentation, es hätte die Verwalterin bestraft werden müssen, mit dem Argument, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Verwalters nach § 135 Abs. 1 BO sei nur "bezüglich jener Maßnahmen gegeben, zu denen der Hausverwalter aufgrund seiner Stellung verpflichtet war". Dazu gehörte zwar die Durchführung von Instandsetzungsarbeiten, "nicht hingegen wichtige Veränderungen baulicher Art, worunter Baumaßnahmen zu verstehen sind, die über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen." Weiters heißt es in diesem Erkenntnis: "Zur ordentlichen Verwaltung gehört jedenfalls nicht die Beseitigung eines vorschriftswidrigen Baues oder die Einbringung eines Bauansuchens, weshalb für die Einhaltung des § 129 Abs. 10 BO nicht der Verwalter, sondern stets der Eigentümer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist".
26 Es kann dahin stehen, ob letztere Aussage nur aus dem Zusammenhang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Verwalters zu verstehen ist, oder ob damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Gemeinschaft auch kein Bauansuchen für diese im Rahmen der ordentlichen Verwaltung einbringen könnte. Aus diesem Erkenntnis folgt jedenfalls, dass der Verwaltungsgerichtshof "wichtige Veränderungen baulicher Art, die über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen" und die Einbringung von Bauansuchen für solche Maßnahmen nicht mehr zur ordentlichen Verwaltung zählen.
27 Da im Beschwerdefall solche Maßnahmen vorliegen, kam eine Antragstellung durch die Gemeinschaft nicht in Betracht.
28 Bestätigt wird dieses Ergebnis auch durch die Überlegung unter Rückgriff auf die Differenzierung zwischen Verwaltung und Verfügung:
29 Aus § 9 AVG iVm § 18 WEG ergibt sich, dass auch im Bereich des öffentlichen Rechts die Rechts- und Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft beschränkt ist und nicht die Ausübung von Eigentümerrechten erfasst. Die über die ordentliche Verwaltung hinausgehenden Maßnahmen, die der außerordentlichen Verwaltung zugerechnet werden, setzen eine Verfügung der Eigentümer voraus. Sind die Wohnungseigentümer aber in ihrer Stellung als Eigentümer angesprochen, liegt keine Verwaltung der Liegenschaft iSd § 18 WEG mehr vor.
30 Die Veränderung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft geht über die gemeinschaftliche Verwaltung der WE-Liegenschaft iSd Rechtsprechung des OGH hinaus. Eine Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist daher insofern nicht gegeben. Die Stellung des Bauantrags durch die Wohnungseigentümergemeinschaft war daher im Beschwerdefall nicht möglich.
31 Die Wohnungseigentümer selbst hatten aber kein Bauansuchen gestellt, sodass die von der Berufungsbehörde vorgenommene Umstellung auf die Wohnungseigentümer als Antragsteller schon deshalb nicht in Betracht kam. Die belangte Behörde verkannte somit, dass bei dem ihr vorliegenden Sachverhalt keinesfalls von einem Antrag der Wohnungseigentümer auszugehen war und auch der von der Wohnungseigentümergemeinschaft gestellte Antrag keinen wirksamen Antrag darstellte. Die belangte Vorstellungsbehörde hätte daher den bei ihr bekämpften Berufungsbescheid aufzuheben gehabt, weil die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde die Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz zur inhaltlichen Entscheidung über den Antrag nicht wahrgenommen hatte.
32 Die mit Vorstellung bekämpfte Berufungsentscheidung verletzte den Beschwerdeführer jedenfalls in seinen Rechten und bedeutete auch die Erlassung eines Bescheids an ihn als Antragsteller, ohne dass er einen Antrag gestellt hatte.
33 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, welche Bedeutung die vertragliche Vereinbarung der Anwendung des dWEG im Beschwerdefall hat.
34 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
35 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).
Wien, am
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Schlagworte: | Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit |
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