VwGH vom 27.08.2013, 2013/06/0095
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der M P in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20704-07/528/4-2013, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 1 und § 16 Abs. 3 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) aufgetragen, für den ohne Baubewilligung errichteten überdachten Freisitz und das Baumhaus auf Grst. Nr. 984/3 KG G bis spätestens um nachträgliche baubehördliche Bewilligung anzusuchen oder den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
Begründend wurde ausgeführt, anlässlich einer für eine neue Bootshütte am durchgeführten Bauverhandlung sei vom bautechnischen Sachverständigen festgestellt worden, dass ohne Bewilligung der eingangs erwähnte Baukörper (Freisitz) errichtet worden sei. Zusätzlich befinde sich etwa 25 m östlich des Wohnhauses ein Baumhaus mit achteckigem Grundriss mit einem umschreibenden Kreisdurchmesser von etwa 2,5 m in einer Höhe von ca. 6 m über Gelände. Etwa mittig zwischen dem Fußbodenniveau des Baumhauses und der Wiesenfläche sei ein Plateau von ca. 4 x 4 m angeordnet. Auch für diese Maßnahmen seien keinerlei Bewilligungen vorhanden.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass sowohl der überdachte Freisitz als auch das Baumhaus nicht baubewilligungspflichtig seien. Beim Baumhaus handle es sich schon deshalb nicht um einen Bau im Sinn des § 1 BauPolG, weil eine feste Verbindung mit dem Boden nicht gegeben sei. Der Gesetzgeber habe in § 2 Abs. 2 BauPolG eine Reihe von ähnlichen Einrichtungen ausdrücklich von der Baubewilligungspflicht ausgenommen, so etwa "Jagdreviereinrichtungen (Hochstände, Fütterungsanlagen), ausgenommen Jagdhütten" (§ 2 Abs. 2 Z 10 BauPolG). Das gegenständliche Baumhaus sei durchaus mit einem Hochstand vergleichbar. Es sei kein sachlicher Unterschied gegeben, ob man von diesem Hochstand aus Wild zu Jagdzwecken beobachte oder nur Naturbeobachtung durchführe. Das Bauwerk diene im Wesentlichen nur der Naturbeobachtung durch die Enkelkinder der Beschwerdeführerin, die es fallweise in den Sommermonaten benutzten.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund einer dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung wurde der Berufungsbescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. In der Begründung heißt es dazu, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides finde im Gesetz keine Deckung. Werde dem Bescheidadressaten einerseits die Beseitigung eines Baukörpers und andererseits aufgetragen, für diese konsenswidrig errichtete bauliche Anlage um nachträgliche baubehördliche Bewilligung anzusuchen, so sei eine Vollstreckung dieses Bescheides nicht möglich. Dazu komme, dass das Gesetz diese Form des Alternativauftrages nicht (mehr) vorsehe.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren erlassenen Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, den ohne Baubewilligung errichteten überdachten Freisitz und das ohne Bewilligung errichtete Baumhaus auf Grst. Nr. 984/3 bis spätestens zu beseitigen.
Begründend wurde ausgeführt, "da für diese Bauten keine Bewilligungen vorliegen (Einzelgenehmigung da Grünland fehlt, Naturschutzbewilligung fehlt, Baubewilligung fehlt)", sei der baupolizeiliche Auftrag vom ergangen. Der bautechnische Sachverständige habe in der Verhandlung vom festgestellt, dass beide Bauwerke bewilligungspflichtig seien, weil sie ein Dach hätten, dem Aufenthalt von Menschen dienten und fest mit dem Boden verbunden seien. Da das gegenständliche Grundstück - so die Berufungsbehörde weiter - kein "Jagdrevier" sei, könne auch das Baumhaus kein Hochstand für Jagdzwecke sein.
Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung, in der die Beschwerdeführerin im Wesentlichen erneut auf die fehlende Verbindung des Baumhauses mit dem Boden, seine Vergleichbarkeit mit einem Hochstand und den beabsichtigten Zweck der Naturbeobachtung durch ihre Enkelkinder verwies, wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich des Baumhauses hielt die belangte Behörde in ihren Erwägungen fest, dass dieses rund um einen mächtigen Baumstamm errichtet worden sei und einen achteckigen Unterbau aufweise. Darauf sei eine achteckige, achtfenstrige Konstruktion errichtet worden, die von einem Spitzdach überragt werde. Zur Frage, ob dieses Baumhaus mit dem Boden verbunden sei, sei festzuhalten, dass die Stützkonstruktion durch einen Baum ausgebildet sei. Dieser sei mit dem Boden durch seine Wurzeln fest verbunden. Es könne kein Unterschied zu einem auf Stützen errichteten Bauwerk erkannt werden. Folgte man der Ansicht der Beschwerdeführerin, wäre es möglich, einen Baum zu kappen und ein Bauwerk in beliebiger Größe darauf zu errichten, ohne dass ein Bauwerk im Sinn des BauPolG vorläge. Dieses widersinnige Ergebnis könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
Der von der Beschwerdeführerin angesprochene Begriff "Hochstand" in § 2 Abs. 2 Z 10 BauPolG sei untrennbar mit dem Begriff "Jagdreviereinrichtung" verbunden. Die baubewilligungsfreie Errichtung eines Hochstandes sei daher ausschließlich im Zusammenhang mit einem Jagdbetrieb zu sehen. Da die Beschwerdeführerin selbst nicht vorbringe, dass das Baumhaus (als Hochstand) einem Jagdbetrieb diene, sei ohne weiteres davon auszugehen, dass dieses Konstrukt nicht den Tatbestand des § 2 Abs. 2 Z 10 BauPolG erfülle. Es sei daher von einem bewilligungspflichtigen Bauwerk auszugehen.
Wenngleich das Baumhaus in seiner Gestaltung insofern einem Hochstand ähnle, als eine Holzkonstruktion in erhöhter Lage angebracht worden sei, so liege die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Ungleichbehandlung dennoch nicht vor. Die im Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Z 10 BauPolG erwähnten Bauwerke erfüllten einen konkreten Nutzen, der über eine reine Freizeitgestaltung hinausgehe. Insbesondere sei der hier angezogene "Hochstand" nur dann bewilligungsfrei, wenn er einem Jagdbetrieb diene, d.h. eine Hilfseinrichtung zur Ausübung der Jagd darstelle. Sei für viele Menschen die Ausübung der Jagd tatsächlich dem reinen Freizeitverhalten zuzuordnen, so ändere dies nichts an der Tatsache, dass diese zur Wildbestandsregulierung notwendig sei. Dies sei auch im Jagdgesetz festgelegt.
Wenn auch die Bedeutung der Naturbeobachtung insbesondere für heranwachsende Menschen nicht unterschätzt werden könne, sei diese dennoch ein reines Freizeitverhalten. Wenngleich die Konstruktionen dem Äußeren nach ähnlich sein mögen, dienten diese dennoch verschiedenen Funktionen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sei daher nicht gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit begehrt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG), LGBl. Nr. 40/1997 idF
LGBl. Nr. 95/2012, lautet auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§ 1
Im Sinn dieses Gesetzes gilt als:
Bau: ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfasst; als Bauwerk ist hiebei eine bauliche Anlage anzusehen, die bei ordnungsgemäßer Errichtung mit dem Boden verbunden ist und zu deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind; das Vorliegen von Seitenwänden ist für einen Bau nicht wesentlich;
(…)
Bewilligungspflichtige Maßnahmen
§ 2
(1) Soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nicht anderes ergibt, bedürfen folgende Maßnahmen unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen behördlichen Bewilligungen udgl einer Bewilligung der Baubehörde:
1. die Errichtung von oberirdischen und unterirdischen Bauten einschließlich der Zu- und Aufbauten;
(…)
(2) Keiner Baubewilligung bedürfen:
(…)
10. Jagdreviereinrichtungen (Hochstände, Fütterungsanlagen), ausgenommen Jagdhütten;
(…)
Folgen der bescheidwidrigen oder nicht
bewilligten Ausführung baulicher Maßnahmen
§ 16
(…)
(3) Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen."
Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die Erlassung eines Beseitigungsauftrages wegen der Errichtung des Baumhauses. Hingegen sei - so die Beschwerde - der sogenannte "Freisitz" in der Zwischenzeit in baulicher Hinsicht verändert und eine Baubewilligung bei der zuständigen Gemeindebehörde beantragt worden.
Den - nicht als unzutreffend zu erkennenden - Erwägungen der belangten Behörde, wonach ein Baumhaus anderen Funktionen diene als ein Hochstand und deshalb weder der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 2 Z 10 BauPolG zur Anwendung gelange noch in dieser Hinsicht eine Ungleichbehandlung vorliege, wird in den Beschwerdeausführungen nicht konkret entgegengetreten.
Unstrittig sind für die Herstellung des in Rede stehenden Baumhauses bautechnische Kenntnisse erforderlich. Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch die baubehördliche Bewilligungspflicht seiner Errichtung mit dem Argument, der Bauwerksbegriff sei nicht erfüllt, weil die Verbindung des Baumhauses mit dem Baumstamm keine Verbindung des Baumhauses mit dem Boden darstelle. Die belangte Behörde erweitere unzulässig den Begriff "Boden" in § 1 BauPolG.
Diesem Vorbringen ist nicht zu folgen.
Eine Anlage ist auch dann "mit dem Boden verbunden", wenn sie nicht unmittelbar auf gewachsenem Grund steht, sondern auf andere Weise, auch mittelbar, mit diesem verbunden ist (vgl. etwa das zur Tiroler Bauordnung 1989 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0043, mwN). Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Befestigung des Bodens eines Heustadels mit in der Erde verankerten Stehern als Verbindung der Anlage mit dem Erdboden qualifiziert.
Die Beschwerdeführerin selbst gesteht zu, dass die Errichtung einer baulichen Anlage auf Stelzen, seien diese aus Beton oder aus Holz (Holzpfähle), eine Verbindung mit dem Boden darstelle. Nichts anderes gilt aber für den gegenständlichen Fall der Errichtung eines Baumhauses. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass im vorliegenden Fall die Stützkonstruktion durch einen mit seinen Wurzeln mit dem Boden fest verbundenen Baum ausgebildet wird. In diesem Zusammenhang finden sich in der Beschwerde auch keine überzeugenden Argumente, die die Ansicht der belangten Behörde, es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, auf einem "gekappten" Baum in beliebiger Größe errichtete Bauwerke vom Bauwerksbegriff iSd BauPolG ausgenommen zu haben, als unzutreffend erscheinen ließen.
Vor dem Hintergrund der grundsätzlichen (zu den Ausnahmen vgl. § 2 Abs. 2 BauPolG) Bewilligungspflicht von auf Stehern, Stelzen oder Stützen errichteten baulichen Anlagen fehlt es für die von der Beschwerdeführerin behauptete Bewilligungsfreiheit der Errichtung eines mit einem Baum verbundenen Baumhauses der gegenständlichen Art an der gesetzlichen Grundlage.
Aus den dargestellten Gründen erfüllt das gegenständliche Baumhaus die Kriterien eines "Bauwerks" im Sinn des § 1 BauPolG. Die belangte Behörde hat zutreffend eine Bewilligungspflicht (gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BauPolG) angenommen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am