VwGH vom 25.11.2014, 2013/06/0089
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones sowie Mag. Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des A und 2. der B, beide in W, beide vertreten durch die Divitschek Sieder Sauer Rechtsanwälte GmbH in 8530 Deutschlandsberg, Raiffeisenstraße 3/II. Stock, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT13- 12.10-W226/2013-1, betreffend einen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde C), nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit (undatiertem) Schriftsatz, der am bei der mitbeteiligten Gemeinde einlangte, beantragten die beschwerdeführenden Parteien die Erteilung einer Baubewilligung für einen Wohnhausneubau mit PKW-Abstellplatz sowie Veränderung der Höhenlage des zukünftigen Bauplatzes auf dem Grundstück Nr. 672/4, KG W. Den Einreichunterlagen zufolge sollte das geplante Wohnhaus zum Nachbargrundstück Nr. 678/1 einen Abstand von 3 m einhalten.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde den beschwerdeführenden Parteien die beantragte Baubewilligung erteilt.
Auf Grund einer Anzeige des Eigentümers des Grundstücks Nr. 678/1 fand am eine Bauüberprüfung statt, im Rahmen derer eine Messung mit Rollmaßband durchgeführt wurde. Dabei wurde festgestellt, dass der Grenzabstand des Wohnhauses der beschwerdeführenden Parteien zwischen 2,97 m und 2,85 m beträgt. Da diese Messungen jedoch nicht exakt sind, wurde Dipl. Ing. L. zum nichtamtlichen vermessungstechnischen Sachverständigen bestellt. Dieser stellte bei seiner Vermessung am fest, dass der Grenzabstand zwischen 2,97 m und 2,74 m beträgt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde C vom wurde den beschwerdeführenden Parteien sodann der baupolizeiliche Auftrag erteilt,
"1. das auf dem Grundstück Nr. 672/4, KG W(...), errichtete Wohnhaus ist zu beseitigen und der frühere Zustand wiederherzustellen.
2. Die Arbeiten haben binnen einem Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides abgeschlossen zu sein.
3. Der Abschluss der Wiederherstellungsarbeiten sind der Baubehörde schriftlich anzuzeigen.
4. Die vorschriftswidrige Nutzung des Wohnhauses ist zu unterlassen."
Die beschwerdeführenden Parteien beriefen und brachten unter anderem vor, die Messungen des Grenzabstandes durch Dipl. Ing. L. seien falsch, weil die Grenze zum Nachbargrundstück Nr. 678/1 deutlich weiter auf dem Nachbargrundstück liege als von Dipl. Ing. L. angenommen worden sei.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom führte Dipl. Ing. L. zu dem Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Parteien aus, das Grundstück Nr. 678/1 sei im Grundsteuerkataster eingetragen, das Grundstück Nr. 672/4 hingegen im Grenzkataster; die Grenzen des letztgenannten Grundstückes seien daher rechtlich verbindlich. Da in der Natur keine Grenzzeichen (Metallmarken) sichtbar und somit auch nicht einmessbar gewesen seien, beziehe sich der ermittelte Grenzabstand des Wohnhauses auf die im Grenzkataster durch die Koordinaten der Grenzpunkte definierte Grundgrenze. Ein Vergleich zwischen der Grenze in der Natur und der Katastergrenze sei daher nicht möglich. Der vorhandene Zaun könne nicht als Grundgrenze in der Natur betrachtet werden, weil in der Vermessungsurkunde, die der Eintragung in den Grenzkataster zugrunde gelegen sei, keine Zaunsäulen, Zaunfundamentecken oder ähnliches definiert seien. Die im Lageplan eingetragenen Maße seien die errechneten Normalabstände der beiden eingemessenen Gebäudeecken in Bezug auf die Grundgrenze zwischen den Grenzpunkten 2631 und 2632.
Im Rahmen des Parteiengehörs verwiesen die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Stellungnahme vom darauf, dass das Grundstück Nr. 678/1 nicht im Grenzkataster eingetragen sei und daher eine Ersitzung von Teilen dieses Grundstücks nicht ausgeschlossen sei. Die beschwerdeführenden Parteien hätten daher gemäß § 418 ABGB Eigentum an jenen Grundstücksteilen erworben, die notwendig seien, um den Bestand des Gebäudes zu sichern. Der Grunderwerb erfasse neben der reinen Grundfläche des Gebäudes auch die zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Gebäudes auf Grund öffentlich rechtlicher, zwingender Bestimmungen (§ 13 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz - Stmk BauG) unentbehrlich mitbeanspruchten Flächen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde C vom wurde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien teilweise stattgegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde C vom dahingehend abgeändert, dass der Bescheidpunkt 2. wie folgt zu lauten habe: "Die Arbeiten haben binnen vier Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides abgeschlossen zu sein". Die Bescheidpunkte 3. Und 4. hätten zu entfallen und im Bescheidpunkt 1. habe die Wortfolge "und der frühere Zustand wiederherzustellen" zu entfallen. Hinsichtlich des Grenzabstandes verwies die Berufungsbehörde auf die Ausführungen des nichtamtlichen vermessungstechnischen Sachverständigen Dipl. Ing. L., aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass das Wohnhaus der beschwerdeführenden Parteien zum Nachbargrundstück Nr. 678/1 einen Abstand von lediglich 2,74 m an der nördlichen Gebäudekante und 2,97 m an der südlichen Gebäudekante aufweise und damit den gesetzlichen Mindestgrenzabstand gemäß § 13 Abs. 2 Stmk BauG von 3 m nicht einhalte. Der vom Baumeister Ing. O. am ausgestellten Bescheinigung gemäß § 38 Abs. 2 Stmk BauG komme angesichts der festgestellten Unterschreitung des Mindestgrenzabstandes kein Beweiswert zu. Im vorliegenden Fall liege auch kein Überbau im Sinn des § 418 ABGB vor, sodass ein Eigentumserwerb am Nachbargrundstück bzw. an Teilen davon von vornherein nicht eintreten könne.
Die dagegen eingebrachte Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien vom wurde mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, das gegenständliche Einfamilienhaus sei bezogen auf den Grenzabstand zum Nachbargrundstück Nr. 678/1 unbestritten konsenslos errichtet worden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die Beiziehung eines Amtssachverständigen für Bauwesen zum Beweis dafür beantragt, dass die Unterschreitung des Mindestabstandes von 3 cm bzw. 26 cm durch Anwendung gelinderer Maßnahmen hätte beseitigt werden können und ob die behauptete Unterschreitung des Grenzabstandes allenfalls auf bauphysikalische Maßnahmen (Vollwärmeschutz) zurückzuführen sei, und hätten auch auf die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 14 Stmk BauG verwiesen. Dazu werde ausgeführt, dass im baupolizeilichen Verfahren anhand von objektiven Kriterien zu prüfen sei, ob eine Unterschreitung des Grenzabstandes bestehe. Aus welchem Grund eine solche Unterschreitung vorliege, sei in diesem Verfahren nicht zu prüfen. Die offensichtlich falsche Bestätigung des Baumeisters Ing. O. vom , worin dieser bestätigt habe, dass die Bauführung bewilligungsgemäß und den Bauvorschriften entsprechend erfolgt sei, werde durch das Ermittlungsverfahren widerlegt. Auch durch die auf Grund der Bestätigung erteilte Benützungsbewilligung werde die Abweichung vom Baukonsens nicht geheilt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0087).
Sofern die beschwerdeführenden Parteien mit Hinweis auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ausführten, Eigentumsbeschränkungen seien im Lichte des Art. 1 erstes Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention nur dann gerechtfertigt, wenn ein angemessener Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses und jenes des Schutzes der Rechte des Einzelnen bestehe und eine vernünftige Beziehung der Verhältnismäßigkeit zwischen den mit der Eigentumsbeschränkung erfolgten angewendeten Mitteln und den verfolgten Zielen gegeben sein müsse, führte die belangte Behörde aus, die beschwerdeführenden Parteien hätten sich nicht an den Baubewilligungsbescheid gehalten, das errichtete Objekt halte einen zu geringen Abstand zur Nachbargrenze ein, weshalb - wie gesetzlich vorgesehen - ein Beseitigungsauftrag zu erlassen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen "gemäß § 42 Abs. 2 VwGG" aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Gemeinde beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
§§ 4, 13, 26, 38 und 41 Steiermärkisches Baugesetz - Stmk BauG, LGBl. Nr. 59/1995, in der Fassung LGBl. Nr. 13/2011, lauten auszugsweise:
"§ 4
Begriffsbestimmungen
Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende
Bedeutung:
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1. | ... |
4. | Abweichung vom genehmigten Projekt, geringfügige: Änderung in der Bauausführung, wodurch weder öffentliche noch nachbarliche Interessen berührt werden und das Projekt in seinem Wesen nicht verändert wird; |
5. | ... |
47. | Nebengebäude: eingeschoßige, ebenerdige, unbewohnbare Bauten von untergeordneter Bedeutung mit einer Geschoßhöhe bis 3,0 m, einer Firsthöhe bis 5,0 m und bis zu einer bebauten Fläche von 40 m2; |
48. | ... |
§ 13 | |
Abstände |
(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muß ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muß von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
(3) ...
(8) Die Behörde kann geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen
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- | für Nebengebäude oder |
- | wenn dies im Interesse des Ortsbildschutzes, der Altstadterhaltung, des Denkmalschutzes oder der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) liegt; |
- | für barrierefrei (§ 4 Z. 5) ausgebildete Außenaufzugsanlagen zur Personenbeförderung als Zubau zu bestehenden Gebäuden. |
(9) ...
§ 26
Nachbarrechte
(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist
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2. | die Abstände (§ 13); |
3. | ... |
§ 38 | |
Benützungsbewilligung |
(1) Der Bauherr hat nach Vollendung von Neu-, Zu- oder Umbauten (§ 19 Z 1) von Garagen (§ 19 Z 3 und § 20 Z 2 lit. b), von Neu-, Zu- oder Umbauten von Kleinhäusern (§ 20 Z 1) und von Hauskanalanlagen oder Sammelgruben (§ 20 Z 3 lit. g) und vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.
(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:
1. eine Bescheinigung des Bauführers, eines Ziviltechnikers mit einschlägiger Befugnis, eines konzessionierten Baumeisters oder eines Zimmermeisters im Rahmen seiner gewerberechtlichen Befugnis über die bewilligungsgemäße und den Bauvorschriften entsprechende Bauausführung unter Angabe allfälliger geringfügiger Abweichungen
2. ...
(3) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an die bauliche Anlage benützt werden darf.
(4) Die Benützungsbewilligung ist auf Grund der Aktenlage zu erteilen, wenn die Unterlagen gem. Abs. 2 vorliegen.
(5) ...
§ 41
Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
(1) Die Behörde hat die Baueinstellung zu verfügen, wenn Vorhaben gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstoßen, insbesondere wenn
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1. | bewilligungspflichtige Vorhaben ohne Bewilligung, |
2. | anzeigepflichtige Vorhaben ohne Genehmigung im Sinne des § 33 Abs. 6 oder |
3. | baubewilligungsfreie Vorhaben nicht im Sinne dieses Gesetzes ausgeführt werden. |
(2) Werden unzulässige Bauarbeiten trotz verfügter Baueinstellung fortgesetzt, kann die Baubehörde die Baustelle versiegeln oder absperren und die auf der Baustelle vorhandenen Baustoffe, Bauteile, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam bringen.
(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
(4) Die Behörde hat die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen derselben ohne Bewilligung vorgenommen wurde; Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.
(5) Berufungen gegen Bescheide nach Abs. 1 und 4 haben keine aufschiebende Wirkung.
(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."
§ 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991, lautete:
"§ 2. (1) Bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist.
(2) Geldleistungen dürfen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch der notdürftige Unterhalt des Verpflichteten und der Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird."
§ 31 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, in der Fassung BGBl. Nr. 20/2009, lautet:
"Verjährung
§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."
Zunächst ist festzuhalten, dass die Grenze des Grundstückes Nr. 672/4 zur Grundstück Nr. 678/1 unbestritten im Grenzkatastar eingetragen und damit rechtlich verbindlich festgelegt ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0229).
Die Beschwerde bringt - wie bereits während des Verwaltungsverfahrens - vor, in der Bestätigung des Baumeisters Ing. O. vom sei ausgeführt worden, dass die Bauführung bewilligungsgemäß und den Bauvorschriften entsprechend erfolgt sei. Der erstinstanzliche Bescheid sei mangelhaft, weil die Behörde keinen Ortsaugenschein unter Beiziehung allenfalls eines weiteren Ingenieurkonsulenten durchgeführt habe. Die Messergebnisse von Dipl. Ing. L. seien falsch, weil die Grenze zum Grundstück Nr. 678/1 weiter auf dem Nachbargrundstück liege als dies Dipl. Ing. L. angenommen habe. Dieser sei offenbar vom in der Natur ersichtlichen Grenzverlauf ausgegangen und nicht von jenem des Katasterplanes, der verbindlich sei. Die Abstandsbestimmungen gemäß Stmk BauG wären nur mit einer Toleranz gemäß den Bestimmungen der Vermessungsordnung einzuhalten. Gemäß § 4 Z 4 Stmk BauG sei eine geringfügige Abweichung vom genehmigten Projekt eine Änderung in der Bauausführung, wodurch weder öffentliche noch nachbarliche Interessen berührt würden und das Projekt in seinem Wesen nicht verändert werde. Da das gegenständliche Bauvorhaben einen Grenzabstand von 2,74 m bzw. 2,97 m aufweise, hätte kein Beseitigungsauftrag erteilt werden dürfen. Der aufgetragene Abriss des Einfamilienhauses stelle nicht nur eine unbillige Härte, sondern schlichtweg die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der beschwerdeführenden Parteien dar. Die geringfügige Verletzung des konsentierten Abstandes sei nicht absichtlich erfolgt; die Abstandsunterschreitung ziehe für das benachbarte Grundstück nicht den geringsten Nachteil mit sich. Dem öffentlichen Interesse könnte durch gelindere Mittel, wie beispielsweise Abschrämmen der Außenwand, entsprochen werden. Die belangte Behörde hätte von Amts wegen eine Abstandsnachsicht erteilen müssen. Darüber hinaus sei der Beseitigungsauftrag verjährt. Unter analoger Heranziehung des § 31 VStG ergebe sich, dass die Baubehörden seit der Anzeige vom in Kenntnis aller verfahrensrelevanter Umstände gewesen seien, bis dato aber keine Verfolgungshandlungen gesetzt hätten. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, dass die beschwerdeführenden Parteien durch den "faktisch vorliegenden Grenzüberbau" teilweise Eigentum am Nachbargrundstück erworben hätten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0122). De facto sei daher ein Grenzabstand von 3 m gewahrt und der Abbruchbescheid hätte nicht ergehen dürfen. Gemäß § 41 Abs. 4 Stmk BauG sei bei einer bewilligungspflichtigen Änderung des Verwendungszweckes die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen. Eine Änderung des Verwendungszweckes liege gegenständlich nicht vor. Bei richtiger Gesetzesanwendung hätte ein vollständiger Beseitigungsauftrag nicht erlassen werden dürfen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Aus der Bescheinigung des Baumeisters Ing. O. vom , womit eine bewilligungsgemäße und rechtskonforme Bauführung bestätigt wurde, und der darauf gestützten Erteilung einer Benützungsbewilligung gemäß § 38 Stmk BauG kann nicht das Recht abgeleitet werden, den dem Stmk BauG und der Baubewilligung widersprechenden Zustand zu belassen (vgl. die Ausführungen in Trippel/Schwarzbeck/Freiberger , Steiermärkisches Baurecht, Rz 10 zu § 38 BauG).
Sofern die beschwerdeführenden Parteien die Richtigkeit der Messergebnisse von Dipl. Ing. L. bestreiten, ist ihnen entgegenzuhalten, dass Dipl. Ing. L. zu diesen bereits in der Berufung vorgebrachten Bedenken in seiner ergänzenden Stellungnahme vom ausführlich Stellung nahm. Diesen nachvollziehbaren und unbedenklichen Ausführungen traten die beschwerdeführenden Parteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Im Übrigen ergab auch die Messung mittels Rollmaßband im Rahmen der Bauüberprüfung am , dass das gegenständliche Bauvorhaben nicht den erforderlichen Mindestabstand zum Nachbargrundstück einhält. Die Baubehörden gingen daher zu Recht von einer Unterschreitung des Mindestabstandes aus. Abgesehen davon, dass vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht der erstinstanzliche, sondern der Bescheid der belangten Behörde vom angefochten ist, führt die Beschwerde auch nicht aus, aus welchem Grund die Durchführung eines Ortsaugenscheines erforderlich gewesen wäre oder die Baubehörden durch die Beiziehung eines weiteren Ingenieurkonsulenten zu einem anderen Bescheid hätten kommen können. Die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels wurde jedenfalls nicht dargetan.
Weder aus § 4 Z 4 noch aus § 13 Stmk BauG ergibt sich, dass die darin angeführten Abstandsbestimmungen nur mit einer Toleranz nach den Bestimmungen der Vermessungsverordnung einzuhalten seien (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0190, zu den insoweit inhaltsgleichen Vorschriften der Steiermärkischen Bauordnung LGBl. Nr. 169/1980, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0149). Im Übrigen stellt die gegenständliche, konsenswidrige Errichtung des Wohnhauses keine geringfügige Abweichung im Sinn des § 4 Z 4 Stmk BauG dar, weil durch die Unterschreitung des Grenzabstandes sehr wohl Interessen der Nachbarn (§ 26 Abs. 1 Z 2 Stmk BauG) berührt werden.
Ein Zulassen geringerer Abstände gemäß § 13 Abs. 8 Stmk BauG kam schon deshalb nicht in Betracht, weil während des Verwaltungsverfahrens nicht vorgebracht wurde, das gegenständliche Wohnhaus erfülle die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen; dies ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht ersichtlich.
Die Beschwerdeausführungen betreffend die Anwendung eines gelinderen Mittels und das Vorliegen einer unbilligen Härte bzw. Existenzvernichtung zielen erkennbar auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz ab. Dieser ist jedoch im Verfahren betreffend die Erlassung eines Beseitigungsauftrages nach dem Stmk BauG nicht anzuwenden. Ebenso wenig kommt eine analoge Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 31 Verwaltungsstrafgesetz in Verfahren betreffend einen baupolizeilichen Auftrag in Frage (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0123, mwN).
Nicht nachvollziehbar ist der neuerliche Hinweis der Beschwerde auf einen teilweisen Eigentumserwerb am Nachbargrundstück durch die beschwerdeführenden Parteien auf Grund eines "faktisch vorliegenden Grenzüberbaus". Bereits die Berufungsbehörde führte aus, dass im gegenständlichen Fall - unbestritten - kein Grenzüberbau vorliege, weshalb schon aus diesem Grund kein Eigentumserwerb an Teilen des Nachbargrundstückes eintreten könne. Auch dem in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/05/0122, liegt sachverhaltsmäßig ein Grenzüberbau zugrunde. Falls die Beschwerde mit dem Hinweis auf einen "faktisch vorliegenden Grenzüberbau" einen Eigentumserwerb an Teilen des Nachbargrundstückes zum Zwecke der Sicherstellung ausreichender Grenzabstände des konsenswidrig errichteten Gebäudes zu begründen versucht, lässt sie offen, auf Grund welcher gesetzlichen Grundlage ein Eigentumserwerb in welchem Umfang erfolgt sein soll. Den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen kann jedenfalls nicht gefolgt werden.
Zuletzt wenden sich die beschwerdeführenden Parteien auch gegen die Anwendung des § 41 Abs. 4 Stmk BauG. Dabei übersehen sie jedoch, dass der auf diese Bestimmung gestützte Bescheidpunkt 4. des erstinstanzlichen Bescheides mit Berufungsbescheid vom entfiel und somit nicht mehr Gegenstand des angefochtenen Bescheides war. Eine Verletzung subjektiver Rechte der beschwerdeführenden Parteien durch die Anwendung des § 41 Abs. 4 Stmk BauG ist somit nicht möglich.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Sofern die beschwerdeführenden Parteien unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom , Fall Scea Ferme de Fresnoy
v. France, Nr. 61093/00, anregen, der Verwaltungsgerichtshof solle § 13 Abs. 2 Stmk BauG im Hinblick auf eine nicht gerechtfertigte Eigentumsbeschränkung beim Verfassungsgerichtshof anfechten, ist darauf hinzuweisen, dass dem zitierten Urteil des EGMR ein Sachverhalt (Eigentumsbeschränkung zum Zweck des Denkmalschutzes) zugrunde lag, der mit dem gegenständlichen nicht vergleichbar ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, der Anregung auf Einleitung eines diesbezüglichen Gesetzesprüfungsverfahrens näherzutreten.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß §§ 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Abs. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014). Der Zuspruch erfolgt im begehrten Umfang.
Wien, am