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VwGH vom 21.10.2010, 2008/16/0088

VwGH vom 21.10.2010, 2008/16/0088

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/16/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerden 1.) des Dr. N in G und 2.) der S GmbH i.L. in S, beide vertreten durch die Arnold Rechtsanwaltspartnerschaft, 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates je vom , je betreffend Gesellschaftsteuer 1.) GZ. RV/2518-W/07 betreffend den Erstbeschwerdeführer und 2.) GZ. RV/3231-W/07 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom errichtete der Erstbeschwerdeführer als Alleingesellschafter die Zweitbeschwerdeführerin mit einem Stammkapital von EUR 35.000,--, wobei einerseits eine Bareinlage von EUR 18.000,-- und andererseits eine Sacheinlage mit einem Wert von EUR 17.000,-- vorgesehen wurde.

Diese Sacheinlage bestand nach dem Punkt "Siebentents" der Gründungsurkunde aus insgesamt zwölf, dort näher bezeichneten Liegenschaften mit einem Gesamtverkehrswert von EUR 7,239.690,--. Dazu wurde bestimmt, dass der die Sacheinlage übersteigende Wert der "freien Kapitalrücklage" der Gesellschaft gutzuschreiben ist.

In Punkt "Elftens" der Gründungsurkunde gab der Erstbeschwerdeführer betreffend die die Sacheinlage darstellenden Liegenschaften jeweils Aufsandungserklärungen ab.

In Punkt "Dreizehntens" der Gründungsurkunde wurde vorgesehen, dass der Erstbeschwerdeführer um die Erwirkung grundverkehrsbehördlicher Genehmigungen einzukommen habe, insoweit solche erforderlich sein sollten.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in der Folge am in das Firmenbuch eingetragen, allerdings mit Generalversammlungsbeschluss vom wieder aufgelöst. Eine grundbücherliche Durchführung der Übertragung der die Sacheinlage darstellenden Liegenschaften in das Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin erfolgte nie.

Mit Abgaben- und Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (im Folgenden kurz Finanzamt) den Erstbeschwerdeführer für die Gründung der Zweitbeschwerdeführerin ausgehend unter anderem von einem Wert der Sacheinlage in der Höhe von EUR 7,257.690,-- (abzüglich aushaftender Darlehen) in Anspruch. Zuvor schon hatte das Finanzamt mit Gesellschaftsteuerbescheid vom gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin Gesellschaftsteuer unter anderem ausgehend vom Verkehrswert der Liegenschaften festgesetzt.

Am entrichtete der Erstbeschwerdeführer einen Abgabenbetrag von EUR 180,--.

Beide Beschwerdeführer beriefen gegen die erstinstanzlichen Bescheide in erster Linie mit dem Argument, es sei keines der Grundstücke tatsächlich in das Vermögen der Zweitbeschwerdeführerin übertragen worden. Der Liegenschaftskomplex sei daher für die Ausmittlung der Gesellschaftsteuer nicht von rechtlicher Bedeutung.

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde im Ergebnis die Berufungen jeweils als unbegründet ab, wobei sie betreffend die Zweitbeschwerdeführerin lediglich klarstellte, dass diese als Gesamtschuldnerin nur in Höhe der vom Erstbeschwerdeführer (der ja im Wege der Selbstbemessung eine Abgabenschuld von EUR 180,-- entrichtet hatte) nicht entrichteten Gesellschaftsteuer in Anspruch genommen werde.

Im Kern der Begründung ihrer Bescheide vertrat die belangte Behörde jeweils unter Hinweis auf § 10 GmbHG die Rechtsmeinung, eine Sacheinlage müsse sofort in vollem Umfang bewirkt werden, wobei sie (im erstangefochtenen Bescheid) wörtlich Folgendes ausführte:

"Entsprechend der Erklärung vom konnte der Bw. als Geschäftsführer der Gesellschaft über die Bareinlage und die Sacheinlage vor Eintragung ins Firmenbuch frei verfügen, womit feststeht, dass zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld die Sacheinlage bewirkt war."

Im zweitangefochtenen Bescheid findet sich inhaltlich dieselbe Passage, wobei nur der Text "der Bw. als Geschäftsführer" durch "Dr. N." als Geschäftsführer ersetzt wurde.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden je wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beiden Beschwerdeführer erachten sich jeweils in ihrem Recht darauf verletzt, nicht in einem Ausmaß über die bereits in Höhe von EUR 180,-- bezahlte Gesellschaftsteuer hinaus herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete jeweils eine Gegenschrift, worin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt wurde. Der Erstbeschwerdeführer replizierte auf die Gegenschrift der belangten Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerdesachen wegen ihres rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 2 Z. 1 KVG unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.

Dass in den Beschwerdefällen dieser Tatbestand erfüllt ist und dass der über den Wert der Sacheinlage hinausgehende Wert der betroffenen Liegenschaften wie das sog. Agio zu einer Geldeinlage zu behandeln ist, bedarf keiner näheren Begründung.

§ 7 KVG lautet auszugsweise:

"(1) Die Steuer wird berechnet

1. beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Z. 1)

a) wenn eine Gegenleistung zu bewirken ist: vom Wert der Gegenleistung ..."

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof (anders als dies Dorazil, KVG Kurzkommentar2 175 unter II Z 5 zu § 7 KVG gestützt auf ein obiter dictum im hg. Erkenntnis vom , Zl. 145/58, darstellt) schon im Erkenntnis vom , Zl. 340/61 klargestellt, dass die Gesellschaftsteuer jeweils nur von der tatsächlich geleisteten Einlage zu berechnen ist. Dies entspricht dem Text des § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. a KVG, der von der "Bewirkung" der Gegenleistung spricht und wurde vom Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0225, bekräftigt, wo ausdrücklich die tatsächliche Bewirkung der Leistung betont wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 GmbHG besteht eine GmbH vor der Eintragung

in das Firmenbuch als solche nicht.

§ 10 Abs. 1 Satz 3 GmbHG lautet:

"Insofern auf eine Stammeinlage nach dem Gesellschaftsvertrag die Vergütung für übernommene Vermögensgegenstände angerechnet werden soll, muss die Leistung sofort im vollen Umfang bewirkt werden."

Sacheinlagen sind daher vor Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch voll zu leisten (vgl. Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5 344; Gellis, Komm z GmbHG7 Rz 2 zu § 10 GmbHG sowie Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar3 Rz 11 zu § 10 GmbHG).

Als für die Leistung der Sacheinlage ausreichend wird dabei (unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine GmbH gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GmbHG erst mit der Eintragung in das Firmenbuch rechtlich als Person existent wird) neben dem Vorliegen von beglaubigten Aufsandungserklärungen das Vorliegen jedenfalls eines entsprechenden Rangordnungsbeschlusses gefordert (siehe dazu zuletzt van Husen in Straube, Wiener Kommentar zum GmbHG Rz 223 und 224 zu § 10 GmbHG; weiters Koppensteiner/Rüffler aao Rz 12 zu

§ 10 GmbHG und Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I2 Rz 1/210).

§ 10 Abs. 3 GmbHG bestimmt auszugsweise Folgendes:

"(3) In der Anmeldung ist die Erklärung abzugeben, dass die bar zu leistenden Stammeinlagen in dem eingeforderten Betrag bar eingezahlt sind und dass die eingezahlten Beträge sowie die Vermögensgegenstände, die nach dem Gesellschaftsvertrag nicht bar auf die Stammeinlagen zu leisten sind, sich in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Es ist nachzuweisen, dass die Geschäftsführer in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht, namentlich nicht durch Gegenforderungen beschränkt sind ..."

Die sog. "§ 10-Erklärung" (siehe dazu Reich-Rohrwig, aaO, Z 1/586) ist ein für die Anmeldung der Gesellschaft zum Firmenbuch erforderlicher Formalakt, der betreffend Sacheinlagen keinen Nachweis darstellt (van Husen in Straube aaO Rz 433 zu § 10 GmbHG), der durchaus auch unrichtig sein kann (Reich-Rohrwig, aaO, Rz 1/603) und dessen Unrichtigkeit allenfalls für den Geschäftsführer Haftungsfolgen auslöst (Gellis, aaO, Rz 5 zu § 10 GmbHG; van Husen in Straube aaO Rz 453 ff zu § 10 GmbHG und Koppensteiner/Rüffler, aaO, Rz 28 zu § 10 GmbHG).

Da sich der tragende Kern der Begründung der angefochtenen Bescheide aber ausdrücklich darauf stützt, dass die belangte Behörde die Sacheinlage deshalb für "bewirkt" angesehen hat, weil der Erstbeschwerdeführer als Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin eine entsprechende "§ 10-Erklärung" abgegeben hatte ohne dass die belangte Behörde dazu festgestellt hätte, dass entsprechende Rangordnungsbeschlüsse betreffend die die Sacheinlage darstellenden Liegenschaften vorgelegen wären, hat die belangte Behörde im Ergebnis ihre Bescheide bereits dadurch mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen muss. Auf die übrigen Beschwerdeargumente brauchte daher gar nicht weiter eingegangen zu werden.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am