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VwGH vom 22.01.2015, 2013/06/0065

VwGH vom 22.01.2015, 2013/06/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des A und 2. der B, beide in S, beide vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B- 12.10-L202/2011-86, betreffend Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde C), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat den beschwerdeführenden Parteien je zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/06/0076, vom , Zl. 2005/06/0077, vom , Zl. 2005/06/0277 sowie vom , Zl. 2006/06/0309, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom auf Grund eines Ansuchens der Gemeinde dieser die Baubewilligung für die Errichtung eines Aussichtsturmes am K-Berg unter Vorschreibung von Auflagen erteilte.

Weil der Aussichtsturm nicht bewilligungskonform errichtet worden war, beantragten die beschwerdeführenden Parteien mit Schriftsatz vom die Beseitigung desselben sowie des daneben errichteten Parkplatzes. In dieser Rechtssache ergingen die beiden hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/06/0077, und vom , Zl. 2006/06/0309, in denen zusammengefasst ausgesprochen wurde, dass durch den Aussichtsturm, der im Vergleich zum bewilligten Projekt um 90 Grad in seiner Lage verdreht worden sei, das ursprünglich bewilligte Bauvorhaben in seinem Wesen verändert worden sei, und daher keine bloß geringfügige Abweichung vorliege. Für den Aussichtsturm liegt somit keine Baubewilligung vor.

Am brachte die S GmbH eine Anzeige gemäß § 20 Z 3 lit. e Stmk. BauG betreffend die Errichtung einer Richtfunksendestation für die Übermittlung von Breitbandinternet auf dem Aussichtsturm als Tragemast ein.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erteilte diesem angezeigten Bauvorhaben die Baufreistellung vom .

Mit Schriftsatz vom änderte die mitbeteiligte Gemeinde ihr Bauansuchen vom dahingehend ab, dass nunmehr um eine Nutzungsänderung von "Tragemast für die Errichtung einer Richtfunksendestation" auf "Aussichtsturm" beantragt werde.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde diese Nutzungsänderung gemäß § 33 Abs. 6 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk. BauG) betreffend die als genehmigt geltende Richtfunk-Sendestation für die Übermittlung von Breitbandinternet auf dem Aussichtsturm am K-Berg als Tragemast auf nunmehr (nicht nur zu Zwecken der Wartung, sondern) auch zur Nutzung als allgemein begehbaren Aussichtsturm unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, das Grundstück Nr. 303/6 sei im geltenden Flächenwidmungsplan als "Sondernutzung im Freiland - Erholungsfläche (Aussichtsturm)" ausgewiesen. Die beantragte Nutzung erweise sich daher als widmungskonform. Die Anlage werde über eine Gemeindestraße erreicht. Diese einschließlich von 12 KFZ-Abstellplätzen sei mit Verordnung vom in eine öffentliche Verkehrsfläche umgewandelt worden. Zu den Lärmimmissionen, hinsichtlich derer von den beschwerdeführenden Parteien bereits vor der Antragsänderung vom ein Gegengutachten von Dipl. Ing. Dr. T. zum lärmtechnischen Gutachten von Ing. W. eingebracht worden war, kam die Baubehörde erster Instanz zu dem Ergebnis, dass bei konsensgemäßer Verwendung des Aussichtsturmes die in § 26 Abs. 1 Stmk. BauG taxativ aufgezählten Nachbarrechte nicht verletzt würden. Zufolge der Baufreistellung vom sei die Turmkonstruktion als solche als genehmigt anzusehen. Im fortgesetzten Bauverfahren sei demnach eine Nutzungsänderung gemäß § 19 Z 2 Stmk. BauG zu beurteilen gewesen.

In ihrer Berufung vom brachten die beschwerdeführenden Parteien unter anderem vor, das gegenständliche Objekt weise weder als "Richtfunk-Sendestation" noch als "Aussichtsturm" eine gültige behördliche Bewilligung auf. Mit Bescheid vom sei ein bisher nicht exekutierter Beseitigungsauftrag erlassen worden. Um einer Beseitigung vorzubeugen, sei das Objekt als "Richtfunk-Sendestation" definiert worden, um später als Aussichtsturm genehmigt zu werden. Die Baubehörde hätte jedoch als Vorfrage beurteilen müssen, ob für das bestehende Objekt eine Baubewilligung vorliege und - da dies nicht der Fall sei - den Änderungsantrag "negativ bescheiden" müssen. Durch eine Nutzungsänderung würden naturgemäß Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes berührt. Schon aus diesem Grund wäre eine Baubewilligung gemäß § 19 Z 2 Stmk. BauG erforderlich gewesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien keine Folge gegeben.

Auf Grund der Vorstellung wurde der Berufungsbescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Gemeinde verwiesen. Tragender Aufhebungsgrund war der Umstand, dass sich aus dem lärmtechnischen Gutachten eine Erhöhung der ortsüblichen Verhältnisse an der Grenze zu den nächstgelegenen Nachbarn um 4 - 5 dB ergebe. Auf dieser Grundlage komme letztlich der medizinischen Sachverständigen die Aufgabe zu, die Auswirkungen der festgestellten Überschreitung der ortsüblichen Verhältnisse auf den menschlichen Organismus entsprechend zu beurteilen. Auch wenn die Erhöhung des Ist-Maßes der Lärmimmissionen das Widmungsmaß für Wohngebiete nicht überschreite, wäre es Aufgabe der medizinischen Sachverständigen gewesen, die Auswirkungen dieser Veränderungen auf den menschlichen Organismus näher zu beurteilen. Dies sei nicht in schlüssiger Weise durchgeführt worden.

Die Berufungsbehörde holte sodann das umweltmedizinische Gutachten von Dr. K. vom (das den Verwaltungsakten nicht beiliegt) ein, in dem diese - den Feststellungen im Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom zufolge - zusammenfassend zu dem Ergebnis kam, dass auf Grund der festzustellenden Veränderungen der Istsituation (Dauerschallpegel) bis zu maximal 5 dB an der Grundgrenze mit keinen bis vereinzelten Beschwerden seitens der nächstgelegenen Anrainerschaft zu rechnen sei; starke Belästigungsreaktionen oder Gesundheitsstörungen sowohl durch den Dauerschallpegel als auch die Schallpegelspitzen seien mit Sicherheit auszuschließen; die hier fraglichen Veränderungen würden als worst case Szenarien (bei voller Auslastung und Benutzung des Aussichtsturmes) auftreten; eine Pegelveränderung oder Pegelanhebung um 3 dB sei für das menschliche (geschulte) Ohr wahrnehmbar; die subjektive Beurteilung könne zu einer Belästigung führen, die allerdings von medizinischer Seite nicht messbar und nur von einzelnen Individuen bewertbar sei; die Belästigungsreaktionen bei der an der Grundstücksgrenze auftretenden Schallimmissionen durch die menschliche Stimme hätten mit Sicherheit keine so störende Qualität wie Geräusche durch Gerätschaften etc. Auswirkungen auf den menschlichen Organismus ergäben sich immer dann, wenn die Expositionszeit lang andauernd und über die ermittelten Schallpegelwerte hinaus auftrete; bedingt durch ihr gelegentliches Auftreten bzw. das Einhalten von schalltechnischen und humanmedizinischen Grenzwerten von 70 dB am Tag und 65 dB am Abend ergebe sich, dass eine Wahrnehmbarkeit zwar möglich sei, die gemessenen Werte jedoch unter den durch Fremdlärm nachgewiesenen Schallpegelspitzen lägen und sich deutlich in ihrer (natürlichen) Geräuschcharakteristik von einer Kreissäge oder landwirtschaftlichen Geräten unterschieden.

Mit Schriftsatz vom legten die beschwerdeführenden Parteien das Privatgutachten von Dr. O. vor. Dieser bezog in seine lärmtechnische Beurteilung auch die Verkehrsbewegungen ein und kam zu dem Ergebnis, dass zumindest von einer massiven Belästigung auszugehen sei; bei langjährigem Anhalten der Exposition sei unter Umständen auch ein erhöhtes Gesundheitsrisiko über die Achse der Erhöhung des Stresshormonspiegels und nachfolgend erhöhtes Herz-Kreislaufrisiko möglich. Die Änderung der bestehenden örtlichen Verhältnisse liege an Sonn- und Feiertagen für den Beurteilungspegel im Bereich von etwa 25 dB, was fünf Lärmkategorien zu je 5 dB entspreche; auch der Absolutwert mit rund 62 dB sei deutlich jenseits der flächenwidmungsmäßigen Grenzen (welche jedenfalls unter 50 dB lägen); zudem lägen bei den außerakustischen Faktoren (Kontrollierbarkeit/Vorhersehbarkeit und Anpassbarkeit, Haustyp und Raumverteilung, Änderung der Schallexposition ...) zusätzlich verschärfende Umstände vor.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien neuerlich keine Folge gegeben. Zu den widersprechenden medizinischen Gutachten führte die Berufungsbehörde aus, Dr. O sei von einer unrichtigen Beurteilungsgrundlage ausgegangen, weil er auch Verkehrsbewegungen einbezogen habe. Diese seien jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens, verfahrensgegenständlich sei lediglich die Nutzungsänderung des Bauwerkes; der Parkplatz sei als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet.

Dagegen richtete sich die Vorstellung vom .

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom ) wurde die Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen. In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf die Widmung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes als "Sondernutzung im Freiland-Erholungsfläche (Aussichtsturm)". Zum Vorwurf, wonach der Aussichtsturm als Bauwerk keine baubehördliche Genehmigung aufweise und demnach auch eine Nutzungsänderung nicht zulässig sei, führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Gemeinde habe eine Baufreistellung gemäß § 33 BauG erteilt. Diesem Anzeigeverfahren seien die Nachbarn gemäß § 20 Z 3 lit. e iVm § 33 Abs. 2 Z 4 Stmk. BauG nicht beizuziehen gewesen. Gemäß der letztgenannten Bestimmung sei für die Errichtung eines Antennen-Funkanlagenmasten nur dann die Zustimmung aller bis zu 30 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegenden Grundeigentümer zur Durchführung des Anzeigeverfahrens durch Beisetzung der Unterschriften auf dem Grundstücksverzeichnis der Anzeige erforderlich, wenn das Bauvorhaben im reinen Wohngebiet, allgemeinen Wohngebiet, Kern-, Büro- und Geschäftsgebiet, Dorfgebiet, Kur- und Erholungsgebiet und Ferienwohnungsgebiet oder außerhalb bis zu 300 m von den Gebietsgrenzen dieser Baulandkategorien entfernt errichtet werde. Im Gegenstandsfall sei davon auszugehen, dass der Bauplatz außerhalb des in § 33 Abs. 2 Z 4 BauG definierten Bereiches liege, sodass eine Zustimmung der im Nahebereich liegenden Grundeigentümer nicht vorzulegen gewesen sei. Auch das in § 33 Abs. 5a BauG normierte Verfahren sei in diesem Falle nicht durchzuführen gewesen. Die Baubehörde habe demnach richtigerweise ein Anzeigeverfahren ohne Beiziehung der Nachbarschaft abgewickelt. Die unübliche Qualifizierung des unbestrittenermaßen als Aussichtsturm errichteten Bauwerkes als Funkanlagen-Tragemast lasse zumindest den Verdacht einer Umgehungsabsicht aufkommen. Entscheidend sei jedoch, dass die Nachbarn im Verfahren betreffend die Nutzungsänderung Gelegenheit hatten, ihre Nachbarrechte geltend zu machen. Hinsichtlich der Lärmimmissionen kam die belangte Behörde unter Hinweis auf die beigezogene medizinische Sachverständige Dr. K. zu dem Ergebnis, dass die ortsüblichen Verhältnisse an der Grenze zur nächstliegenden Nachbarschaft in Summe um 4 - 5 dB überschritten würden, was als "erheblich" zu beurteilen sei; der für den ländlichen Wohnbereich nach den einschlägigen Richtlinien und Normen festgelegte Immissionswert von 50 dB werde jedoch nicht erreicht. Da auch die Schallpegelspitzen unter dem dafür festgelegten Grenzwert für die Abendstunden lägen, sei durch die Einhaltung dieser vorgegebenen Grenzwerte ein ruhiges Wohnen gewährleistet bzw. könnten zufriedenstellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt werden. Entgegen der im Gegengutachten vertretenen Ansicht sei weder die Errichtung eines Parkplatzes noch das Benutzerverhalten auf einer Freifläche außerhalb der baulichen Anlage Gegenstand des Änderungsverfahrens. Der Parkplatz sei mit Verordnung der mitbeteiligten Gemeinde vom zu einer öffentlichen Verkehrsfläche umgewidmet worden. Die medizinische Sachverständige habe in ihrem Gutachten vom - ausgehend von den festgelegten Immissionsgrenzwerten von 50 dB, die nie erreicht würden - ausgeführt, dass sich Auswirkungen auf den menschlichen Organismus nur dann ergäben, wenn die Expositionszeit lang andauernd und über die ermittelten Schallpegelwerte hinaus wäre. Im vorliegenden Fall sei mit keinen bis vereinzelten Beschwerden von Seiten der nächstgelegenen Anrainerschaft zu rechnen. Starke Belästigungsreaktionen oder Gesundheitsstörungen seien sowohl durch den Dauerschallpegel als auch die Schallpegelspitzen mit Sicherheit auszuschließen. Das von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegte umweltmedizinische Gutachten von Dr. O. vom gehe von einer unrichtigen Beurteilungsgrundlage aus, weil darin auch die Verkehrsbewegungen auf dem Parkplatz und die Bewegung der Besucher auf dem Freigelände miteinbezogen worden seien. Gegenstand des Verfahrens sei jedoch lediglich die Nutzugsänderung des Bauwerkes.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 689/11-7, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die beschwerdeführenden Parteien, den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom zu beheben. Die mitbeteiligte Gemeinde beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der "Revision".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§§ 19, 20, 26, 33 und 41 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, in der hier relevanten Fassung LGBl. Nr. 78/2003, lauten auszugsweise:

"§ 19

Baubewilligungspflichtige Vorhaben

Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nicht anderes ergibt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
2.
Nutzungsänderungen, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Hygiene, die Sicherheit von baulichen Anlagen oder deren Teilen von Einfluß sein können oder die Nachbarrechte berühren oder wenn Bestimmungen des jeweils geltenden Raumordnungsgesetzes, des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes oder der Bebauungsrichtlinien berührt werden können;
3.
...
§ 20
Anzeigepflichtige Vorhaben
Anzeigepflichtig sind folgende Vorhaben, soweit sich aus § 21
nichts anderes ergibt:
1.
...
3.
Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von
a)
...
e)
sichtbaren Antennen- und Funkanlagentragmasten;
f)
...
§ 26
Nachbarrechte

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
...
6.
die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

(2) ...

§ 33

Anzeigeverfahren

(1) Vorhaben im Sinne des § 20 müssen der Behörde nachweislich schriftlich angezeigt werden.

(2) Der Anzeige sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. Bei Vorhaben im Sinne des § 20 Z. 1 alle Unterlagen gemäß § 22 Abs. 2. Die Baupläne müssen im Sinne des § 20 Z. 1 lit. b von den Nachbarn unterfertigt sein.

2. In den Fällen des § 20 Z. 2 bis 5


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
ein Lageplan im Maßstab 1:1000 (zweifach),
-
die erforderlichen Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Beschreibungen (zweifach),
-
der Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes an dem für die Bebauung vorgesehenen Grundstück in Form einer amtlichen Grundbuchabschrift oder in anderer rechtlich gesicherter Form, jeweils nicht älter als sechs Wochen,
-
die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht selbst Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist,
-
erforderlichenfalls der Nachweis nach § 22 Abs. 2 Z. 3.

3. Bei Feuerungsanlagen von über 8,0 kW bis 400 kW Nennheizleistung genügt der Nachweis über das ordnungsgemäße Inverkehrbringen im Sinne des Steiermärkischen Feuerungsanlagengesetzes, LGBl. Nr. 73/2001.

Wenn für die Errichtung, Änderung oder Erweiterung der Feuerungsanlage bauliche Maßnahmen in Bezug auf den Aufstellungsraum, Brennstofflagerraum oder den Rauchfang erforderlich sind, ist eine Bescheinigung eines Sachverständigen oder hiezu befugten Unternehmers über deren Eignung vorzulegen.

4. Bei Antennen- und Funkanlagentragmasten, die innerhalb der nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz ausgewiesenen Baulandkategorien Reines Wohngebiet, Allgemeines Wohngebiet, Kern- , Büro- und Geschäftsgebiet, Dorfgebiet, Kur- und Erholungsgebiet und Ferienwohngebiet oder außerhalb bis zu 300 m von den Gebietsgrenzen dieser Baulandkategorien entfernt errichtet werden, ein Verzeichnis der Grundstücke, die bis zu 30,0 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, jeweils mit Namen und Anschriften der Eigentümer dieser Grundstücke, samt Zustimmung aller Grundeigentümer zur Durchführung des Anzeigeverfahrens durch Beisetzung der Unterschriften auf dem Grundstücksverzeichnis.

(3) Die Verfasser der Unterlagen haben überdies zu bestätigen, dass diese allen baurechtlichen Anforderungen entsprechen.

(4) Die Behörde hat das angezeigte Vorhaben mit schriftlichem Bescheid innerhalb von acht Wochen zu untersagen, wenn

1. sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
das angezeigte Vorhaben bewilligungspflichtig nach § 19 ist,
b)
ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan, zu einem Bebauungsplan, einer Bebauungsrichtlinie oder festgelegten Bebauungsgrundlagen vorliegt,
c)
die Abstandsbestimmungen verletzt werden,
d)
keine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sichergestellt ist,
e)
das Vorhaben in einem offenkundigen Widerspruch zu sonstigen baurechtlichen Vorschriften steht oder
2.
eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes festgestellt wird.

(5) Kann nicht zeitgerecht beurteilt werden,


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-
ob eine Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes besteht oder
-
ob durch Veränderungen des Geländes durch damit verbundene Änderungen der Abflussverhältnisse Gefährdungen oder unzumutbare Beeinträchtigungen verursacht werden,
so hat die Behörde binnen acht Wochen nach Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Baubewilligungsverfahren einzuleiten und den Anzeigenden hievon zu verständigen.

(5a) Werden der Anzeige in den Fällen des § 20 Z. 3 lit. e die erforderlichen Unterschriften nicht angeschlossen, so hat die Behörde das Baubewilligungsverfahren einzuleiten und den Anzeigenden hievon zu verständigen. Den Grundeigentümern, die bis zu 30 m von den Bauplatzgrenzen entfernt liegen, ist Gelegenheit zu geben, binnen zwei Wochen zum angezeigten Vorhaben Stellung zu nehmen (Anhörungsrecht). Die Behörde kann auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Anhörung eine örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung anberaumen, wozu die Grundeigentümer einzuladen sind. Vom Ergebnis des nach dieser Bestimmung durchgeführten Baubewilligungsverfahrens sind die angehörten Grundeigentümer schriftlich zu informieren.

(6) Liegen keine Untersagungsgründe vor, ist dem Bauwerber eine Ausfertigung der planlichen Darstellung und Baubeschreibung mit dem Vermerk 'Baufreistellung' zuzustellen. Das angezeigte Vorhaben gemäß § 20 gilt ab Zustellung als genehmigt. Das angezeigte Vorhaben gilt auch als genehmigt, wenn nicht binnen acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und mängelfreien Anzeige ein Untersagungsbescheid erlassen wird.

(7) Im Anzeigeverfahren ist nur der Bauwerber Partei.

(8) Die Beurteilung, ob Untersagungsgründe vorliegen, hat auf Grundlage der zum Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu erfolgen.

(9) ...

§ 41

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) ...

(6) Den Nachbarn steht das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstige Maßnahmen im Sinn der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen."

Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe im Ergebnis das Bewilligungsverfahren für den Stahlturm in zwei verschiedene, aufeinander folgende Verfahren aufgesplittet, welche sich auf das seit der Errichtung unverändert gebliebene Bauwerk in Form eines Aussichtsturmes bezogen hätten. Dadurch sei es zu keiner Gesamtbetrachtung des Aussichtsturmes und der von diesem ausgehenden Emissionen gekommen, wodurch die Nachbarrechte erheblich verletzt würden. Die mit der Zu- und Abfahrt und der Parkplatzbenützung durch die Turmbesucher verbundenen Auswirkungen seien als "nicht verfahrensgegenständlich" außer Acht gelassen worden. Die Einschränkung des Verfahrensgegenstandes auf die "Nutzungsänderung" des zuvor nur als Tragemast im Anzeigeverfahren im Zuge der Baufreistellung bewilligten Aussichtsturmes unter Außerachtlassung der Gesamtanlage widerspreche der Realität des seit jeher hauptsächlich als Aussichtsturm genutzten Bauwerkes. Die belangte Behörde hätte die unverhüllte Umgehung landesgesetzlicher Normen durch die Baubehörden nicht übergehen dürfen.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass das Baugenehmigungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, das sich nur auf das eingereichte, vom ausdrücklichen Antrag des Bauwerbers umfasste Projekt beziehen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/06/0007). Den unbestritten gebliebenen Feststellungen im Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom zufolge wurde die Gemeindestraße einschließlich der zwölf KFZ-Abstellplätze mit Verordnung vom in eine öffentliche Verkehrsfläche umgewandelt. Auch wenn das Verfahren nicht in eine Anzeige und einen Zweckänderungsantrag "aufgesplittet" worden wäre, wären die Gemeindestraße und die Parkplätze nicht Teil des Bauvorhabens gewesen, weil sie weder Gegenstand der Anzeige der Styrian Internet noch des Zweckänderungsantrages der mitbeteiligten Gemeinde waren.

Das Beschwerdevorbringen ist jedoch aus folgendem Grund berechtigt:

Für anzeigepflichtige Vorhaben gemäß § 20 Stmk. BauG ist - so die bei Trippl/Schwarzbeck/Freiberger , Steiermärkisches Baurecht, 5. Auflage, abgedruckten Erläuternden Bemerkungen zu LGBl. Nr. 59/1995 - ein vereinfachtes Verfahren vorgesehen. Dabei hat der Bauwerber einen Lageplan, die erforderlichen Grundrisse, Schnitte, Ansichten und Beschreibungen, den Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes, allenfalls die Zustimmung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten und erforderlichenfalls einen Nachweis nach dem Vermessungsgesetz, für Antennen- und Funkanlagentragmasten - unter bestimmten Voraussetzungen - auch die Zustimmung der Grundstückseigentümer im Umkreis von 30 m von der Bauplatzgrenze, vorzulegen (§ 33 Abs. 2 Stmk. BauG). Diese Unterlagen - so die Erläuternden Bemerkungen - werden von der Behörde nicht mehr inhaltlich, sondern nur deren Vollständigkeit und Qualität sowie die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Bebauungsplan usw. geprüft. "Die Einschränkung, dass nur die '30-m-Nachbarn' die Baupläne unterfertigen müssen, erscheint auch unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sachlich vertretbar, weil es sich hier um keine emissionsrelevanten Bauvorhaben handelt." Die Anzeigepflicht für "sichtbare Antennen- und Funkanlagentragmasten" wurde erst durch LGBl. Nr. 33/2002 eingeführt, weil sich die Beschwerden über das Aufstellen von Handymasten mehrten; zuvor waren alle Antennen- und Funkanlagen über 5 m Höhe anzeigepflichtig und bis zu 5 m Höhe bewilligungsfrei (vgl. die bei

Trippl/Schwarzbeck/Freiberger , Steiermärkisches Baurecht, abgedruckten Erläuternden Bemerkungen zu LGBl. Nr. 33/2002).

Der Landesgesetzgeber ging somit bei Einführung des vereinfachten Verfahrens von kleinen Bauvorhaben (Kleinhäuser, Abstellflächen, Garagen, Flugdächern, Nebengebäude, Werbe- und Ankündigungseinrichtungen, Einfriedungen usw.) aus, von denen keine nennenswerten Emissionen zu erwarten sind. Dies setzt jedoch voraus, dass die in § 20 Stmk. BauG genannten baulichen Anlagen in der Form errichtet werden, wie sie für den genannten Zweck üblich und erforderlich sind.

Im gegenständlichen Fall wurde ein 31,7 m hoher, laut Einreichplan etwa 16 m ausladender zweiteiliger Turm aus Stahlbeton als Tragemast einer Richtfunksendestation für die Übermittlung von Breitbandinternet angezeigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese massive Bauweise für den gegebenen Zweck erforderlich gewesen wäre. Die gegenständliche bauliche Anlage kann somit nicht unter § 20 Z 3 lit. e Stmk. BauG subsumiert werden. Vielmehr stellt eine Baufreistellung für einen bestehenden und mangels vorliegender Baubewilligung zu beseitigenden Aussichtsturm mit den oben genannten Ausmaßen als Antennen- und Funkanlagentragmasten eine missbräuchliche Ausweitung des § 20 Z 3 lit. e Stmk. BauG betreffend anzeigepflichtige Vorhaben dar.

Es ist somit davon auszugehen, dass für die gegenständliche bauliche Anlage weder eine Baufreistellung noch eine Baubewilligung vorliegt.

Eine Nutzungsänderung setzt jedoch einen rechtmäßigen Bestand voraus. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weshalb der mit Schriftsatz vom geänderte Antrag der mitbeteiligten Gemeinde auf Nutzungsänderung von "Tragemast für die Errichtung einer Richtfunksendestation" auf "Aussichtsturm" abzuweisen gewesen wäre.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am