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VwGH 05.11.2015, 2013/06/0063

VwGH 05.11.2015, 2013/06/0063

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §34 Abs2;
RS 1
Soweit die Revisionswerber auf die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verweisen, ist zu bemerken, dass mit einem solchen Verweis dem Ergänzungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen wird, sodass nur auf die in der Ergänzung vorgetragenen Gründe einzugehen ist, nicht aber auf die Ausführungen in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde (Hinweis E vom , 2005/05/0253).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/06/0054 E RS 1
Normen
AVG §38;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
RS 2
Die Frage der Rechtmäßigkeit einer baulichen Anlage ist als Vorfrage vor dem Erlassen eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG 1995 zu klären (Hinweis E vom , 2012/06/0011, mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2013/06/0160 E RS 2
Normen
BauG Stmk 1995 §11;
BauG Stmk 1995 §19 Z4;
BauG Stmk 1995 §20 Z3 litc;
BauG Stmk 1995 §21 Abs2 Z5;
RS 3
Der Begriff der Einfriedung ist im Stmk BauG 1995 nicht definiert. Nach der hg. Rechtsprechung muss bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein, die Liegenschaft nach außen abzuschließen (Hinweis E vom , 2001/05/0028, und E vom , 2005/05/0161, mwN). Es liegt eine Einfriedung auch dann vor, wenn sie nicht unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird, sondern es genügt, wenn sie im Nahebereich der Grundgrenze liegt und die Liegenschaft schützend umgibt (Hinweis B vom , Ra 2015/05/0026).
Normen
BauG Stmk 1995 §19 Z4;
BauG Stmk 1995 §20 Z3 litc;
BauG Stmk 1995 §21 Abs2 Z5;
RS 4
Die Steher eines Zaunes sind nach ihrem Zweck und wohl auch technisch untrennbar mit diesem verbunden. Außerdem handelt es sich bei einer Einfriedung schon auf Grund ihrer Funktion bei Beurteilung der Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht grundsätzlich um ein unteilbares Ganzes (Hinweis E vom , 2010/06/0023).
Normen
BauG Stmk 1995 §19 Z4;
LStVwG Stmk 1964 §2;
RS 5
§ 19 Z 4 Stmk BauG 1995 unterscheidet hinsichtlich der Bewilligungspflicht von Einfriedungen ab einer Höhe von mehr als 1,5 m nicht, ob sie Grundstücke gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen abschließen. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem gegenständlichen Weg um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt. Bemerkt wird allerdings, dass gemäß § 2 Stmk LStVwG 1964 auch dem öffentlichen Verkehr gewidmete Flächen öffentliche Verkehrsflächen sind.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag.a Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. der B W und 2. des Dkfm. C W, beide in G, beide vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. 031251/2010/0005, betreffend einen Beseitigungsauftrag (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien sind jeweils Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. 522/102, EZ 2974, KG A, an das südöstlich der R.-weg (Grundstück Nr. 806) grenzt.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom wurde den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 41 Abs. 3 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk BauG 1995) der baubehördliche Auftrag erteilt, die auf ihrem Grundstück errichtete "Einfriedung in Form eines blickdichten Zaunes und einer Schiebetoranlage entlang der südöstlichen Grenze des Grundstückes" binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die bauliche Anlage sei ohne baubehördliche Genehmigung beziehungsweise ohne Baufreistellung errichtet worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab und führte im Wesentlichen begründend aus, mit Bauansuchen vom hätten die beschwerdeführenden Parteien unter anderem um nachträgliche Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Einfriedung auf dem gegenständlichen Grundstück sowie einer Holzterrasse mit blickdichtem Zaun an der Grenze zum R.-weg angesucht. Die Einfriedung bestehe aus einer südwestlich verlaufenden, etwa 8,5 m langen Holzwand, die eine Terrasse gegen den Weg hin begrenze, und daran anschließend einem etwa 9,4 m langen automatischen Schiebetor. Die Höhe der Anlage bewege sich zwischen etwa 1,1 m beim Schiebetor und etwa 1,5 m bei der Holzwand, wobei die dortigen Steher um etwa 30 cm bis 50 cm höher seien.

Nach Durchführung einer Bauverhandlung, in der die beschwerdeführenden Parteien darauf hingewiesen worden seien, dass die projektierte Einfriedung sowie die Terrasse entlang des R.- weges aufgrund dessen Ausweisung im Flächenwidmungsplan als öffentliche Verkehrsfläche nicht konsensfähig seien, sei das Bauansuchen mit Eingabe vom zurückgezogen worden. Dennoch seien weitere Ermittlungen hinsichtlich der Lage der Einfriedung getätigt und das Stadtvermessungsamt befragt worden, welches seiner Stellungnahme vom einen Lageplan mit eingezeichneter Straßenfluchtlinie sowie Lage der Anlage angeschlossen habe. Laut 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 liege die Straßenfluchtlinie etwa 1 m bis 2 m innerhalb des Grundstücks der beschwerdeführenden Parteien und verlaufe annähernd parallel zur Grundstücksgrenze. Die Holzwand liege faktisch beziehungsweise plangemäß vor der Straßenfluchtlinie, das Schiebetor dahinter, beide Anlagenteile innerhalb des Grundstücks der beschwerdeführenden Parteien. Am habe eine behördliche Erhebung vor Ort stattgefunden und sei ein Foto gemacht worden, auf dem die Einfriedungsanlage am Rand zum R.-weg zu sehen sei. Dem Akt seien weiters ein Grundbuchs-, ein Kataster- und ein Flächenwidmungsauszug sowie ein Orthofoto angeschlossen. Offensichtlich, aber nicht aktenkundig, seien dem Sachbearbeiter erster Instanz die Ermittlungsergebnisse des Baubewilligungsverfahrens bekannt gewesen. In weiterer Folge sei den beschwerdeführenden Parteien der erstinstanzliche baubehördliche Beseitigungsauftrag erteilt worden.

Der Teil der Einfriedung im Bereich der Holzwand, die 1,5 m überrage, sei - unabhängig davon, ob der R.-weg eine öffentliche Verkehrsfläche darstelle - jedenfalls gemäß § 19 Z 4 Stmk BauG 1995 bewilligungspflichtig. Eine Bewilligung liege nicht vor.

Die weitere Rechtmäßigkeit des Auftrags hänge davon ab, ob der R.-weg eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des Stmk BauG 1995 darstelle. Wenn dies der Fall sei, sei die gesamte Anlage nach § 20 Z 3 lit. c Stmk BauG 1995 anzeigepflichtig, wobei kein Konsens vorliege.

Der Begriffsinhalt der "öffentlichen Verkehrsfläche" nach dem Stmk BauG 1995 orientiere sich am Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1964 (LStVwG Stmk 1964). Da weder eine Verordnung noch ein Bescheid nach dem LStVwG Stmk 1964 existierten, die den R.-weg explizit als öffentliche Verkehrsfläche auswiesen, sei die Frage als Vorfrage zu beurteilen.

Nach § 2 Abs. 1 LStVwG Stmk 1964 seien nicht nur alle Straßen, die von den zuständigen Stellen bestimmungsgemäß dem öffentlichen Verkehr gewidmet worden seien, öffentliche Straßen, sondern auch solche, die in langjähriger Übung allgemein, ohne Einschränkung und unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen für ein dringendes Verkehrsbedürfnis benützt würden - "(Gemeingebrauch)". Der Behörde lägen mehrere Belege vor, die den langjährigen Gemeingebrauch des R.-weges dokumentierten. Darüber hinaus seien 17 bebaute Liegenschaften über den R.-weg an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen, wobei im Lastenblatt des Grundbuches lediglich neun Dienstbarkeiten für das Gehen und Fahren eingetragen seien. Da davon auszugehen sei, dass auch für die weiteren Bebauungen Baubewilligungen erteilt worden seien, sei auch dort die Frage der rechtlich gesicherten Zufahrt im Sinne des nunmehrigen § 5 Z 6 Stmk BauG 1995 zu klären gewesen und offensichtlich positiv beurteilt worden (Verweis auf zwei näher genannte Bauverfahren). Die Durchführung des Winterdienstes auf dem R.-weg durch die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz sei ein weiteres Indiz für den Gemeingebrauch (wurde näher ausgeführt).

Aus den dargelegten Gründen sei die gesamte Einfriedungsanlage - soweit sie eine Höhe von bis zu 1,5 m aufweise - nach § 20 Z 3 lit. c Stmk BauG 1995 anzeigepflichtig, weil sie das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien gegenüber dem Weggrundstück abgrenze. Auch gingen die Behauptungen der beschwerdeführenden Parteien, wonach die gegenständliche Einfriedung einerseits mit Bescheid vom und andererseits mit Änderungsbewilligung vom bewilligt worden sei, fehl, weil in beiden Lageplänen die plangemäß von jeglicher Bebauung freigehaltene Zone zwischen der eingezeichneten Straßenfluchtlinie und der Grundgrenze sogar als Abtretungsfläche ausgewiesen sei. Die Behauptung der beschwerdeführenden Parteien, es handle sich um Altbestand im Sinne des § 40 Abs. 1 Stmk BauG 1995, entbehre jeglicher Grundlage, weil das Grundstück vor dem oben erwähnten Bauprojekt unbebaut gewesen sei. Da keine Baufreistellung vorliege, sei der Auftrag zu Recht ergangen.

Dagegen erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 220/11-9, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

§ 19 Stmk BauG idF LGBl. Nr. 78/2003 lautet auszugsweise:

"§ 19. Bewilligungspflichtig sind folgende Vorhaben, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt:

...

4. Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils ab einer Höhe von mehr als 1,5 m;

..."

§ 20 Stmk BauG idF LGBl. Nr. 78/2003 lautet auszugsweise:

"§ 20. Anzeigepflichtig sind folgende Vorhaben, soweit sich aus § 21 nichts anderes ergibt:

...

3. Die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von

...

c) Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen sowie Stützmauern, jeweils bis zu einer Höhe von 1,5 m;

..."

§ 21 Stmk BauG idF LGBl. Nr. 78/2003 lautet auszugsweise:

"§ 21. (1) ...

(2) Bewilligungsfrei sind überdies:

...

5. Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke (ausgenommen öffentliche Verkehrsflächen) bis zu einer Höhe von 1,5 m."

§ 40 Stmk BauG idF LGBl. Nr. 59/1995 lautet auszugsweise:

"§ 40. (1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem errichtet wurden.

(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem und errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.

..."

§ 41 Stmk BauG idF LGBl. Nr. 59/1995 lautet auszugsweise:

"§ 41. (1) ...

...

(3) Die Behörde hat hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.

..."

Die beschwerdeführenden Parteien bringen im Wesentlichen vor, auf der Linie des Zaunes habe sich bereits seit Jahrzehnten ein Zaun befunden. Die belangte Behörde habe Willkür walten lassen, weil sie davon ausgehe, dass die nicht aktenkundigen Erhebungsergebnisse - insbesondere der Erhebung vom und die Stellungnahme des Stadtvermessungsamtes vom  - dem Sachbearbeiter erster Instanz bekannt gewesen seien. Dabei sei die Stellungnahme des Stadtvermessungsamtes vom erst nach dem Beseitigungsauftrag erster Instanz vom ergangen und habe sich der erstinstanzliche Bescheid nicht darauf stützen können. Die Stellungnahme des Stadtvermessungsamtes vom liege den beschwerdeführenden Parteien nicht vor. Erst das Ergebnis der Vermessung des R.-weges im Jahr 2012, das Grundlage für die örtliche Erhebung der Bau- und Anlagenbehörde vom und die Mitteilung an die Anrainer des R.-weges vom gewesen sei, sei den beschwerdeführenden Parteien zur Kenntnis gelangt. Im Vermessungsergebnis seien die Straßenfluchtlinien nach dem Flächenwidmungsplan nicht ausgewiesen. Die Vermessung des R.-weges zeige, dass dessen Fläche den Umfang des Grundstückes Nr. 806 in weiten Bereichen überschreite.

Im Jahr 2001, in dem das näher bezeichnete Verfahren betreffend die Errichtung des Gebäudes sowie des Zaunes abgewickelt worden sei, seien noch keine Straßenfluchtlinien festgelegt gewesen. Die Festlegung sei erst durch den Flächenwidmungsplan 2002 erfolgt. Die Baubehörde habe eine Erhöhung des Zaunes auf 1,8 m als möglich und zulässig erachtet und nicht darauf hingewiesen, dass der Flächenwidmungsplan eine solche Zaunlage nicht zulasse.

In einem anderen Bauverfahren, betreffend ein ebenfalls am R.- weg gelegenes Grundstück, seien die Lage und Wirkung der Regulierungslinie nicht geprüft worden, obwohl das Objekt unmittelbar an der Fahrbahn und zumindest an der Regulierungslinie liege und vermutlich sogar über die Regulierungslinie in den Straßenbereich hineinrage.

Die Ausführungen der Behörde, wonach die Straßenfluchtlinie laut dem 3.0 Flächenwidmungsplan 2002 etwa 1 m bis 2 m innerhalb des hier gegenständlichen Grundstücks liege und annähernd parallel zur Grundstücksgrenze verlaufe, seien nicht nachvollziehbar, weil ein Verlauf mit einem Abstand von 1 m bis 2 m zur Grundstücksgrenze keinen Parallelverlauf ergebe. Ein Teil der Verebnungsfläche im Straßenniveau sei Schüttgrund aus dem Baugeschehen.

Die den übrigen Zaunbereich überragenden Zaunsteher könnten nicht als maßgebliche durchschnittliche Höhe des Zaunes herangezogen werden, weil sie als Lichtsäulen geplant und auch als solche zu behandeln seien. Die Höhe der Steher sei für die durchgehende Zaunhöhe irrelevant.

Es stehe der belangten Behörde nicht zu, gemäß § 38 AVG als Vorfrage zu beurteilen, ob der R.-weg eine öffentliche Verkehrsfläche darstelle (wird näher ausgeführt).

Die Auffassung, dass eine Bewilligungspflicht für den Zaun gegeben sei, unabhängig davon, ob der R.-weg eine öffentliche Verkehrsfläche sei oder nicht, würde eine unzulässige und nicht durchsetzbare Eigentumsbeschränkung bedeuten.

Eine Forderung nach Grundabtretung wäre unzulässig, da der Bauplatz bereits vorher verbaut gewesen sei. Auch wenn ein Abbruch erfolge, so bleibe doch ein Teil bestehen. Unabhängig davon, ob der R.-weg im Verebnungsbereich eine öffentliche Verkehrsfläche oder einen Privatweg darstelle, könne eine Enteignung von Flächen wohl nicht durchgesetzt werden, weil einerseits kein Bedarf bestehe und andererseits eine Verbreiterung des Weges infolge der Verbauung nicht realisiert werden könne (wird näher ausgeführt).

Weiters ignoriere die Behörde die vorgelegten und amtsbekannten Beweise und die Gerichtsurteile, die den Weg als Privatstraße qualifizierten (wird näher ausgeführt). Die Ausweisung des R.-Weges in Gelb im Flächenwidmungsplan sei kein Indiz für die Qualifikation als öffentliche Verkehrsfläche.

Die belangte Behörde sei zur Beurteilung der Öffentlichkeit des Weges auf baurechtliche Unterlagen bis zum Jahre 1935 zurückgegangen, wobei sie die im Rahmen eines näher bezeichneten Verfahrens ergangene Feststellung des Straßenamtes, dass der R.- weg eine Privatstraße sei und durch die Errichtung des Schrankens ein Durchzugsverkehr nicht gegeben sei, übersehen habe (wird näher ausgeführt). Die Beschwerde legt im Folgenden mehrere Umstände dar, weshalb der R.-weg keine öffentliche, sondern eine Privatstraße sei.

Der Verfassungsgerichtshof habe die Behandlung der Beschwerde offensichtlich auf Grund der Beurteilung abgelehnt, dass die gelbe Ausweisung der Verkehrsfläche im Flächenwidmungsplan dem Weggrundstück nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Verkehrsfläche verleihen könne. Diese Ansicht sei auch durch den Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0062, zum Ausdruck gebracht worden. Auch durch Ausführungen in einem baurechtlichen Bescheid könne eine Qualifikation einer Straße nicht erfolgen. Die Ausweisung des R.- weges im Flächenwidmungsplan als Verkehrsfläche in einer das Grundstück Nr. 806 überragenden und der tatsächlich für das einspurige Befahren erforderlichen Breite könne keine Eigentumseinschränkung hinsichtlich der Anrainergrundstücke bewirken (wird näher ausgeführt).

Die Feststellung der belangten Behörde, wonach die beschwerdeführenden Parteien im Rahmen der Verhandlung am auf die mangelnde Konsensfähigkeit des Bauvorhabens hingewiesen worden seien, sei unzutreffend. Die beschwerdeführenden Parteien hätten mit Eingabe vom lediglich die Erhöhung des innerhalb der eigenen Grundgrenzen befindlichen, langjährig bestehenden, 1,5 m hohen Zaunes zurückgenommen. Der Zaun mit einer Höhe von 1,5 m sei nicht als konsenswidrig beurteilt worden. Es habe der Zaun in der alten Höhe von 1,5 m bestehen bleiben sollen.

Durch die farbliche Ausweisung des R.-weges im Flächenwidmungsplan seien keine Straßenfluchtlinien festgelegt worden beziehungsweise wäre bei einer solchen Festlegung zu beachten, dass das Grundstück Nr. 806 sehr viel schmäler als die farbliche Ausweisung des Wegbereiches und breiter als der befahrene Bereich sei. Im Bereich der Liegenschaft der beschwerdeführenden Parteien weise der Weg eine Breite von maximal 2,90 m auf. Eine unausgebaute Geländefläche könne nie eine öffentliche Verkehrsfläche im Sinne des LStVwG Stmk 1964 sein, da sie nicht zweckgemäß und mehrjährig gebraucht sein könne.

Im Rahmen der Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof verweisen die beschwerdeführenden Parteien wiederholt auf die Beschwerdeausführungen an den Verfassungsgerichtshof.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien auf die Ausführungen im Rahmen der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof verweisen, ist zu bemerken, dass mit einem solchen Verweis dem Ergänzungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht entsprochen wird, sodass nur auf die in der Ergänzung vorgetragenen Gründe einzugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/06/0054, mwN).

Sämtliche Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien betreffend das Vorgehen der belangten Behörde beziehungsweise der Behörde erster Instanz in anderen Verwaltungsverfahren, die Vermessung des R.-weges und die Grundabtretungen gehen ins Leere, da hier ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit des an die beschwerdeführenden Parteien ergangenen Beseitigungsauftrages verfahrensgegenständlich ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass die Erteilung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG 1995 nur dann in Betracht kommt, wenn die Errichtung eines bestimmten Baues sowohl zum Zeitpunkt der Bauausführung als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des Beseitigungsauftrages bewilligungspflichtig beziehungsweise anzeigepflichtig war beziehungsweise zwar bewilligungsfrei war, aber gegen Bestimmungen des Stmk BauG 1995 verstoßen hat; die Frage der Rechtmäßigkeit einer baulichen Anlage ist als Vorfrage vor dem Erlassen eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk BauG zu klären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/06/0160).

Im Beschwerdefall ist zunächst zu prüfen, ob die gegenständliche bauliche Anlage eine Einfriedung darstellt.

Der Begriff der Einfriedung ist im Stmk BauG 1995 nicht definiert. Nach der hg. Rechtsprechung muss bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein, die Liegenschaft nach außen abzuschließen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/05/0028, und vom , Zl. 2005/05/0161, mwN). Es liegt eine Einfriedung auch dann vor, wenn sie nicht unmittelbar an der Grundgrenze errichtet wird, sondern es genügt, wenn sie im Nahebereich der Grundgrenze liegt und die Liegenschaft schützend umgibt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/05/0026, mwN; vgl. ferner die bei Trippl/Schwarzbeck/Freiberger, Steiermärkisches Baurecht5, S. 169 unter Rz 1 zitierte hg. Judikatur). Wenngleich die belangte Behörde entgegen dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien von einer Errichtung der Einfriedung an der Grundgrenze ausgeht, kann dahingestellt bleiben, ob die bauliche Anlage im gesamten Verlauf tatsächlich genau an der Grundgrenze steht. Die bauliche Anlage wurde nämlich unbestritten im unmittelbaren Nahbereich der Grundgrenze errichtet, weshalb ihr ein das Grundstück schützender Zweck zukommt. Folglich liegt jedenfalls eine Einfriedung vor.

Ausschlagend für die Frage der Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht oder Bewilligungsfreiheit der Einfriedung ist zunächst ihre Höhe.

Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht die Feststellung der belangten Behörde, dass die Zaunsteher um ca. 30 cm bis 50 cm höher als die 1,5 m hohe Holzwand sind. Jedoch wenden sie sich gegen die Einbeziehung der Höhe der Zaunsteher zur Beurteilung der Höhe der baulichen Anlage. Dieses Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien geht ins Leere. Die Steher eines Zaunes sind nach ihrem Zweck und wohl auch technisch untrennbar mit diesem verbunden, und die beschwerdeführenden Parteien behaupten diesbezüglich nichts Gegenteiliges. Außerdem handelt es sich bei einer Einfriedung schon auf Grund ihrer Funktion bei Beurteilung der Bewilligungs- bzw. Anzeigepflicht grundsätzlich um ein unteilbares Ganzes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/06/0023). Somit stellt die gegenständliche bauliche Anlage eine Einfriedung mit einer Höhe von über 1,5 m dar.

Da sowohl § 21 Abs. 2 Z 5 als auch § 20 Z 3 lit. c Stmk BauG 1995 (unter anderem) auf eine Höhe von weniger als 1,5 m abstellen, kann die verfahrensgegenständliche Einfriedung mit einer Höhe von über 1,5 m unter keine der beiden Bestimmungen subsumiert werden.

Somit ist § 19 Z 4 Stmk BauG 1995 einschlägig, wonach die bauliche Anlage bewilligungspflichtig ist. Diese Bestimmung unterscheidet hinsichtlich der Bewilligungspflicht von Einfriedungen ab einer Höhe von mehr als 1,5 m nicht, ob sie Grundstücke gegen Nachbargrundstücke oder öffentliche Verkehrsflächen abschließen. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem R.-weg um eine öffentliche Verkehrsfläche handelt. Bemerkt wird allerdings, dass gemäß § 2 LStVwG Stmk 1964 auch dem öffentlichen Verkehr gewidmete Flächen öffentliche Verkehrsflächen sind.

Das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, wonach die Einfriedung längst genehmigt worden sei beziehungsweise bereits seit Jahrzehnten bestehe, vermag ebenfalls nicht zum Erfolg zu führen: Die behördliche Beweiswürdigung ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterworfen, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen, ohne dass es dem Gerichtshof zukäme, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0311). Ausgehend vom Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass die Einfriedung weder mit dem über die Errichtung des Wohnhauses absprechenden Bescheid vom noch mit dem über nachträgliche Änderungen am Wohnhaus absprechenden Bescheid vom bewilligt worden ist. Die Einfriedung war nämlich - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - nach den im Akt befindlichen Unterlagen weder Gegenstand der Planunterlagen noch der Bescheide. Eine Bewilligung für die gegenständliche bauliche Anlage liegt also nicht vor. Des Weiteren bringen die beschwerdeführenden Parteien nicht vor, dass die hier gegenständliche, aktuell bestehende bauliche Anlage seit 1969 beziehungsweise 1984 bestehe, was für die Annahme eines rechtmäßigen Bestandes gemäß § 40 Stmk BauG 1995 erforderlich wäre, sondern behaupten ohne nähere Begründung schlicht einen Bestand seit Jahrzehnten. Es kann der belangten Behörde somit auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorliegen eines Altbestandes gemäß § 40 Stmk BauG 1995 ausschließt.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
AVG §38;
BauG Stmk 1995 §11;
BauG Stmk 1995 §19 Z4;
BauG Stmk 1995 §20 Z3 litc;
BauG Stmk 1995 §21 Abs2 Z5;
BauG Stmk 1995 §41 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art144 Abs3;
LStVwG Stmk 1964 §2;
VwGG §34 Abs2;
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:2013060063.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAE-80156