VwGH vom 15.09.2011, 2008/15/0294
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J B in S, vertreten durch Dr. Stefan Brandacher, Rechtsanwalt in 6130 Schwaz, Andreas-Hofer-Straße 3/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0068-I/06, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wertfortschreibung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Für die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Ausmaß von ca. 261 ha war zum ein Einheitswert in Höhe von 26.000 S festgestellt worden. Der Berechnung des Einheitswertes waren fortwirtschaftlich genutzte Flächen von ca. 45 ha (bewertet unter Ansatz eines Hektarsatzes von 300 S mit 13.433 S), Alpen von ca. 130 ha (bewertet mit 12.997 S) und unproduktive Flächen von ca. 86 ha (bewertet mit null S) zugrunde gelegt worden.
Mit Feststellungsbescheid zum nahm das Finanzamt eine Zurechnungsfortschreibung an den Beschwerdeführer vor, wobei der Einheitswert nunmehr in Euro, und zwar mit 1.889,49 EUR, ausgewiesen wurde.
Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer einen Wertfortschreibungsantrag, der sich gegen die Heranziehung eines Hektarsatzes in Höhe von 300 S richtet. Zur Begründung wird ausgeführt, die gesamte Waldfläche liege über
1.800 m Seehöhe und sei Schutzwald ohne Ertrag. Für die Einheitswertermittlung seien die natürlichen und wirtschaftlichen Erträge maßgebend. Es gebe bei diesen Waldparzellen keine Wirtschaftlichkeit.
Das Finanzamt wies den Wertfortschreibungsantrag ab. Der Hektarsatz für schlechten Schutzwald sei mit Kundmachung des Bundesministers für Finanzen zum rechtsverbindlich mit 300 S (ca. 21,8 EUR) festgesetzt worden.
In der gegen den Abweisungsbescheid erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf die Ertraglosigkeit des Schutzwaldes. Aufgrund der Steilheit des Geländes (80 bis 85 %-ige Hangneigungen) sei selbst die Bringung von Brennholz unwirtschaftlich. Es sei daher angebracht, "diese unwirtschaftliche Waldfläche mit Null zu bewerten oder zumindest in Höhe der Alpflächen (100 S/ha)".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Mit Kundmachung des Bundesministers für Finanzen vom , veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom , seien die Hektarsätze für Schutzwälder rechtsverbindlich festgestellt worden. Für schlechten Schutzwald ergebe sich dabei ein Hektarsatz von 300 S.
Bei den streitgegenständlichen Grundflächen handle es sich um einen Schutzwald im Sinn des § 21 Forstgesetz 1975. Der Ertragswert hiefür ergebe sich als Produkt der einzelnen Waldflächen (44,7782 ha) mit dem für schlechten Schutzwald vorgesehenen Hektarsatz von 300 S.
Der Beschwerdeführer stehe auf dem Standpunkt, dass es sich bei dem in einer Seehöhe von 1.800 m bis 2.000 m gelegenen Schutzwald mit Hangneigung von 80 bis 85 % um einen so genannten "Schutzwald außer Ertrag" handle, der aufgrund seiner schwer begehbaren Lage und der Bestände auf dürftigen Standorten mit sehr geringen Wuchsleistungen praktisch nicht bewirtschaftet werden könne.
Mit diesem Vorbringen übersehe der Beschwerdeführer, dass das Finanzamt der schlechten Beschaffenheit des Schutzwaldes bereits dadurch Rechnung getragen habe, dass es von den in der Kundmachung vom enthaltenen Hektarsätzen den niedrigsten, nämlich den Satz für schlechten Schutzwald (300 S = 21,8019 EUR) herangezogen habe. Gegen diesen Hektarsatz könnten aufgrund der Bindungswirkung der auf Stufe einer Rechtsverordnung stehenden Kundmachung keine Einwendungen erhoben werden.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 2107/07, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Zur Begründung wird im Beschluss u.a. ausgeführt, die Beschwerde könne einen Widerspruch zwischen der anzuwendenden Verordnung und ihrer gesetzlichen Grundlage nicht aufzeigen. Der Verordnungsgeber dürfe nämlich davon ausgehen, dass auch sogenannter schlechter Schutzwald bei einer Durchschnittsbetrachtung noch bestimmte (geringfügige) Nutzungen erlaube. Der dafür gewählte Hektarsatz erscheine nicht unangemessen hoch. Als "unproduktiv" anzusehende Flächen seien bei der Bewertung des forstwirtschaftlichen Vermögens ohnedies auszuscheiden (§ 39 Abs. 3 iVm § 46 Abs. 6 BewG).
Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer vor, gemäß § 46 Abs. 3 BewG könne das Bundesministerium für Finanzen feststellen, mit welchem Hektarsatz u.a. Schutzwälder anzusetzen seien. Gemäß Abs. 4 seien bei der Festsetzung der Hektarsätze die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der natürlichen Ertragsbedingungen, der äußeren Verkehrslage und des Holzbestandes zugrunde zu legen. Hinsichtlich der übrigen Umstände und der inneren Verkehrslage seien regelmäßige Verhältnisse zu unterstellen. Gemäß Abs. 5 sei der auf diese Weise ermittelte Ertragswert durch Abschläge zu vermindern, wenn die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich von den regelmäßigen Verhältnissen abwichen. Im gegenständlichen Fall sei aus der Bewirtschaftung der ca. 44,7782 Hektar forstwirtschaftlichen Fläche, welche mit einem Einheitswert-Teilbetrag von ca. 976 EUR bewertet werde, faktisch kein Ertrag zu erzielen. Dies ergebe sich aus der Seehöhe (bis zu 2000 Meter) und der Hangneigung von 80 bis 85%. Mangels wegmäßiger Erschließung scheide eine gewinnbringende Nutzung aus. Außerdem wäre eine Nutzung des gegenständlichen Schutzwaldes auch deshalb völlig unrentabel, "da der gegenständliche Schutzwald eine vernachlässigbare Wuchsleistung aufweist". Es handle sich damit um einen "Schutzwald außer Ertrag". Weiters seien auch keine Betriebsmittel zur Bewirtschaftung dieses Schutzwaldes vorhanden. Somit hätte die belangte Behörde den ermittelten Ertragswert entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen vermindern müssen, da die regelmäßigen, bei der Feststellung des Hektarsatzes unterstellten Verhältnisse wesentlich zum Nachteil des Beschwerdeführers abwichen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen über diese vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eingewendeten Umstände (Fehlen einer wegmäßigen Erschließung, Hanglage, Fehlen von Betriebsmitteln), die darauf schließen ließen, dass aus dem gegenständlichen Schutzwald faktisch kein Ertrag zu erwirtschaften sei, zu treffen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 3 BewG wird der Ertragswert forstwirtschaftlicher Betriebe aus dem Ertragswert entsprechender Nachhaltsbetriebe mit regelmäßigem Altersklassenverhältnis abgeleitet. Zu diesem Zweck kann das Bundesministerium für Finanzen mit rechtsverbindlicher Kraft feststellen,
1. von welchem Wert für die Flächeneinheit (Hektar) eines Nachhaltsbetriebes mit regelmäßigem Altersklassenverhältnis auszugehen ist (Hektarsatz). Der Hektarsatz ist getrennt nach den verschiedenen in Betracht kommenden Holzarten, Standortsklassen und erzielbaren Holzpreisen festzustellen;
2. mit welchem Hundertsatz des nach Z 1 festgestellten Hektarsatzes die einzelnen Altersklassen anzusetzen sind;
3. mit welchem Hektarsatz Mittelwald-, Niederwald- und Auwaldbetriebe, Schutz- und Bannwälder und sonstige in der Bewirtschaftung eingeschränkte Wälder oder derartige Flächen innerhalb anderer Betriebe, Wälder mit nicht mehr als zehn Hektar Flächenausmaß sowie Forstbetriebe mit mehr als zehn Hektar bis hundert Hektar Flächenausmaß anzusetzen sind;
4. mit welchem Hektarsatz einzelne Betriebe als Bewertungsstützpunkte anzusetzen sind.
Die Feststellungen des Bundesministers für Finanzen erhalten durch ihre Kundmachung im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" für die Hauptfeststellung der Einheitswerte und für alle Fortschreibungen und Nachfeststellungen bis zur nächsten Hauptfeststellung rechtsverbindliche Kraft (§ 44 zweiter Satz BewG).
Nach § 46 Abs. 4 BewG sind bei der Feststellung der Hektarsätze die tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der natürlichen Ertragsbedingungen, der äußeren Verkehrslage und des Holzbestandes zugrunde zu legen. Hinsichtlich der übrigen Umstände und der inneren Verkehrslage sind regelmäßige Verhältnisse zu unterstellen.
Gemäß § 46 Abs. 5 BewG ist der ermittelte Ertragswert durch einen Abschlag zu vermindern oder durch einen Zuschlag zu erhöhen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse der im Abs. 4 zweiter bis vierter Satz leg. cit. bezeichneten Ertragsbedingungen von den regelmäßigen Verhältnissen, die bei der Feststellung der Hektarsätze unterstellt worden sind, wesentlich abweichen und außerdem die Abweichung zu einer wesentlichen Minderung oder Steigerung der Ertragsfähigkeit führt.
Mit Kundmachung Zl. 08 1610/2-IV/8/88 vom , veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom - Entscheidungen des Bundesministers für Finanzen bezüglich der Bewertungsgrundlagen für das forstwirtschaftliche Vermögen zum Teil II (Forstbetriebe mit mehr als zehn Hektar bis 100 Hektar Flächenausmaß) - wurden gemäß § 44 iVm § 46 Abs. 2 BewG für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des forstwirtschaftlichen Vermögens zum in Anlage 32 "Hektarsätze für Schutzwälder und Energieholzflächen" in folgender Höhe festgesetzt:
besserer Schutzwald: 800 S
mittlerer Schutzwald: 500 S
schlechter Schutzwald: 300 S Energieholzflächen (§ 1 Abs. 5 Forstgesetz 1975): 700 S.
§ 20b BewG lautet:
"Die in § 20a zum vorgesehene Hauptfeststellung der Einheitswerte für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und der Betriebsgrundstücke gemäß § 60 Abs. 1 Z 2 gilt zum als durchgeführt. Dabei sind die Wertverhältnisse vom sowie die gemäß Abschnitt II Artikel I des BGBl. Nr. 649/1987 festgesetzten Hektarsätze für die Betriebszahl 100 maßgebend. Die im Zusammenhang mit der Hauptfeststellung zum ergangenen Kundmachungen sind weiterhin rechtsverbindlich. Die zur Hauptfeststellung zum festgestellten Einheitswerte gelten, soweit nicht die Voraussetzungen für die Durchführung von Fortschreibungen oder Nachfeststellungen gemäß §§ 21 und 22 gegeben sind, weiter. Dies gilt sinngemäß auch für die Wohnungswerte gemäß § 33."
Die genannte "Entscheidung des Bundesministers für Finanzen" stellt eine Verordnung dar (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2000/14/0120, und vom , 89/15/0134). Für Hochwald sieht die Verordnung in Z 2 iZm der Anlage 30 Differenzierungen hinsichtlich der Seehöhe, der Geländeneigung und der Bedingungen für den Forstwegebau vor. Für Schutzwald normiert sie hingegen - offenkundig im Hinblick auf die ohnedies geringfügigen Beträge - nur eine pauschale Einstufung in besser, mittel und schlecht. Wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluss vom , B 2107/07, ausgesprochen hat, durfte der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass auch schlechter Schutzwald noch "bestimmte (geringfügige) Nutzungen erlaubt und der Hektarsatz (ca. 21,8 EUR als 18-facher Jahres-Reinertrag, vgl. §§ 32 und 46 BewG) nicht als unangemessen hoch einzustufen ist.
Das Beschwerdevorbringen, wonach im gegenständlichen Fall Schutzwald vorliege, der durch die besondere Höhenlage und Hangneigung gekennzeichnet sei und für den keine Betriebsmittel vorhanden seien, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid ohnedies den niedrigsten Hektarsatz, der für Schutzwald vorgesehen ist, zugrunde gelegt. Solcherart hat die belangte Behörde auch nicht Verfahrensvorschriften verletzt, indem sie keine weitergehenden Ermittlungen über Seehöhe, Hangneigung und Betriebsmittel angestellt hat.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am