VwGH vom 22.04.2009, 2008/15/0252
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2008/15/0251 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Prof. Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , ABK - 194/08, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Firma der Beschwerdeführerin lautet "ABC Handels GmbH".
Im Revisionsbericht des Magistrates der Stadt Wien vom wird festgehalten, dass die "ABC Freizeit GmbH" in Wien, I-Straße 1, ein Bildschirmgerät der Marke Stacker im Zeitraum Dezember 2007 bis Jänner 2008 gehalten habe, welches nicht zur Vergnügungssteuer angemeldet worden sei.
Mit Bescheid vom 25. Februar "2007" (richtig: 2008) schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin (und auch der S-GmbH als Lokalinhaberin) gemäß § 6 Abs. 1 VGSG 2005 Vergnügungssteuer für das Halten eines Bildschirmgerätes der Type Stacker am Standort Wien, I-Straße 1, für den Zeitraum Dezember 2007 und Jänner 2008 vor.
Mit Eingabe vom wurde gegen diesen Bescheid - unter Nennung seiner Geschäftszahl - Berufung erhoben. Die Eingabe ist auf dem Briefpapier der Beschwerdeführerin erstellt worden, weist also im Kopf die Firma der Beschwerdeführerin ("ABC Handels GmbH") aus. Im Text der Eingabe wird ausgeführt, dass ZZ im Namen der "ABC Freizeit GmbH" Berufung erhebe. Die Eingabe ist von ZZ für die "ABC Freizeit GmbH" unterfertigt. In der Eingabe wird die Nachreichung eines technischen Gutachtens zur Frage der Einstufung des Spielapparates angekündigt, welches in zwei bis vier Wochen fertig gestellt sein werde.
Im Verwaltungsakt findet sich auf dieser Berufungseingabe der Aktenvermerk vom über ein Gespräch mit ZZ, wonach das Gutachten bis nachgereicht werde. Der Aktenvermerk enthält sodann die Anmerkung: "Fristverlängerung aufgr. eines Krankheitsfalles des Gutachters".
Über die Gewährung von Akteneinsicht und die Aushändigung von Kopien sowie die weitere Verlängerung der Frist zur Vorlage des Gutachtens bis zum nahm die Behörde die Niederschrift vom auf. Als Anwesende werden einerseits die Leiterin der Amtshandlung und andererseits PS, Gesellschafter der "ABC Freizeit GmbH" angeführt. Die Niederschrift weist darauf hin, dass für PS eine Vollmacht der "ABC Freizeit GmbH" beigelegt sei.
Im Akt findet sich im Anschluss an diese Niederschrift die Kopie einer auf dem Briefpapier der Beschwerdeführerin (also mit deren Firma im Kopf) erteilten Vollmacht. ZZ erteilt demnach als Geschäftsführer der "ABC Handels GmbH" Vollmacht an PS.
Mit Eingabe vom , die von Rechtsanwalt Dr. F für die Beschwerdeführerin und für die S-GmbH eingereicht worden ist und die Bezeichnung "Ergänzung der Berufung" trägt, wird ausgeführt, der Apparat, für welchen Vergnügungssteuer vorgeschrieben worden sei, sei kein Glücksspielautomat, sondern ein Geschicklichkeitsgerät. Es bestehe somit keine Vergnügungssteuerpflicht, weshalb die Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt werde.
Mit Schreiben vom leitete der Magistrat die Berufung unter ausschließlicher Bezugnahme auf den Firmennamen der Beschwerdeführerin an die Magistratsdirektion weiter; in diesem Schreiben wird ausgeführt, die fristgerecht eingebrachte Berufung werde mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid, der an die "ABC Freizeit GmbH" gerichtet ist (Berufungsbescheid vom ), wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Gemäß § 192 WAO sei zur Einbringung einer Berufung nur derjenige befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Im gegenständlichen Fall sei der Abgabenbescheid an die Beschwerdeführerin ergangen ("ABC Handels GmbH"). Berufung erhoben habe die "ABC Freizeit GmbH", für welche der Bescheid inhaltlich nicht bestimmt gewesen sei. Die sprachliche Fassung der Berufung ("im Namen der ABC Freizeit GmbH") und ihre Fertigung durch ZZ, "ABC Freizeit GmbH", ließen eindeutig erkennen, dass die "ABC Freizeit GmbH" als Berufungswerberin auftrete.
Im Firmenbuch sei die Beschwerdeführerin im Jahr 2004 und die "ABC Freizeit GmbH" am eingetragen worden. Da die "ABC Freizeit GmbH" eine andere Rechtsperson sei als jene, an die der Abgabenbescheid ergangen sei, sei die Berufung mangels Legitimation zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:
Der angefochtene Bescheid ist durch die Zustellung an die "ABC Freizeit GmbH" rechtlich existent geworden.
Die Beschwerdeführerin ist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den ihr nicht zugestellten angefochtenen Bescheid berechtigt, weil dieser Bescheid die Berufung gegen den Vergnügungssteuerbescheid des Magistrates vom nicht ihr zurechnet, wodurch sie in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.
Dem angefochtenen Bescheid ist unzweifelhaft der Bescheidwille zu entnehmen, die Berufung nicht der Beschwerdeführerin, sondern der "ABC Freizeit GmbH" zuzurechnen. Der angefochtene Bescheid enthält solcherart auch die Entscheidung darüber, dass die Berufung nicht von der Beschwerdeführerin erhoben worden ist. Durch diesen Abspruch kann die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzt sein. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit in Ansehung des ihr nicht zugestellten angefochtenen Bescheides ergibt sich daraus, dass die Abgabenvorschreibung gegenüber der Beschwerdeführerin infolge der Zurechnung der Berufung an die "ABC Freizeit GmbH" rechtskräftig geworden ist. Gemäß § 26 Abs. 2 VwGG durfte die Beschwerdeführerin daher Beschwerde erheben (vgl. das hg Erkenntnis vom , 93/11/0153, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 81/11/0119, Slg 11.625/A).
2. Zur Sache:
Bei undeutlichem Inhalt eines Parteienanbringens hat die Behörde die Absicht der Partei zu erforschen. Ist zweifelhaft, wem ein Anbringen zuzurechnen ist, ist die Behörde zu entsprechenden Ermittlungen verpflichtet (siehe zur vergleichbaren Regelung der BAO die bei Ritz, BAO3, § 85 Tz 1 und 2 angeführte hg. Rechtsprechung).
Sowohl bei der Beschwerdeführerin als auch bei der "ABC Freizeit GmbH" ist ZZ Gesellschafter-Geschäftsführer. Auch die weiteren Gesellschafter dieser Gesellschaften stimmen im Wesentlichen überein. Die beiden Gesellschaften haben dieselbe Geschäftsanschrift.
Die Berufung vom weist im Kopf die Firma der Beschwerdeführerin auf, ist sie doch auf deren Geschäftspapier geschrieben. Im Text der Berufung wird ausgeführt, dass Rechtsmittel gegen den mit konkreter Geschäftszahl bezeichneten Bescheid des Magistrates erhoben wird; dieser bekämpfte Bescheid des Magistrates ist an die Beschwerdeführerin gerichtet. Diese Umstände sprechen für die Berufungserhebung durch die Beschwerdeführerin. Andererseits wird im Text der Berufung ausgeführt, dass sie im Namen der "ABC Freizeit GmbH" erhoben wird, und enthält die Eingabe die firmenmäßige Zeichung der "ABC Freizeit GmbH".
Bei dieser Sachlage ist zweifelhaft gewesen, ob die Berufung der Beschwerdeführerin oder der "ABC Freizeit GmbH" zuzurechnen ist. Die Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, diese Zweifel durch entsprechende Erhebungen auszuräumen.
Ob anlässlich des Gespräches mit dem Geschäftsführer ZZ über die Verlängerung der Frist für die Vorlage eines angekündigten Gutachtens - der Aktenvermerk über dieses Gespräch findet sich im Verwaltungsakt - eine solche Klärung stattgefunden hat, lässt sich dem Verwaltungsakt nicht entnehmen. Die mit Schriftsatz vom erfolgte Ergänzung der Berufung ist jedenfalls im Namen der Beschwerdeführerin eingereicht worden. Spätestens damit scheinen beim Magistrat die Zweifel ob der Zurechnung der Berufung ausgeräumt gewesen zu sein, ist doch im Vorlageschreiben an die Magistratsdirektion vom ausschließlich von der Beschwerdeführerin die Rede.
Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde als Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht von einer zweifelsfreien Zurechnung der Berufung vom an die "ABC Freizeit GmbH" ausgehen. Vielmehr wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen klarzustellen, in wessen Namen die Berufung tatsächlich erhoben worden ist.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Irrtümer bei der Unterscheidung zwischen den beiden GmbH auch auf Behördenseite aufgetreten sind. Im Revisionsbericht vom wird die "ABC Freizeit GmbH" als Eigentümerin des Spielapparates angeführt. Die Niederschrift vom bezeichnet PS unter Hinweis auf eine der Behörde vorgelegte Vollmacht als Vertreter der "ABC Freizeit GmbH", wiewohl die der Behörde vorgelegte Vollmacht von der Beschwerdeführerin erteilt worden ist.
Wie oben ausgeführt, entsprach es bei diesem Verfahrensstand nicht dem Gesetz, die Berufung der "ABC Freizeit GmbH" zuzurechnen und zurückzuweisen. Der angefochtene Bescheid ist mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am