VwGH vom 16.03.2016, 2013/05/0095

VwGH vom 16.03.2016, 2013/05/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätinnen Dr. Pollak sowie Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Beschwerde der Marktgemeinde R, vertreten durch die Rechtsanwälte Denkmayer Partner OG in 4950 Altheim, Stadtplatz 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014454/11-2012-Hc/Wm, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: H A in D), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Marktgemeinde hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde erteilte mit Bescheid vom der damaligen Grundstückseigentümerin und Bauwerberin T. K. die Baubewilligung für den "Neubau einer Pension" auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. 379/14, KG. R. In der Niederschrift über die baubehördliche Verhandlung am wird im Befund ausgeführt, dass als erster Bauabschnitt ein zweigeschossiger Mitteltrakt mit 16 Fremdenzimmern und als zweiter Bauabschnitt zwei Flügelbauten mit einem Hallenbad und weiteren fünf Fremdenzimmern vorgesehen seien. Nach dem der angeführten Bewilligung zugrundeliegenden Einreichplan sind in dem dreigeschossigen Gebäude (Keller-, Erd- und Obergeschoss) neun Fremdenzimmer mit zwei Betten bzw. einem Bett (insgesamt 16 Betten) und einem Duschraum samt WC oder einem eigenen WC-Raum vorgesehen.

Im Rahmen einer bau- und feuerpolizeilichen Überprüfung des Gebäudes am wurde festgestellt, dass das Gebäude derzeit nicht benützt werde und zukünftig als "Asylantenwohnheim" genützt werden solle.

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde untersagte mit Bescheid vom dem Mitbeteiligten gemäß § 40 Abs. 8 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG 1994) in Verbindung mit § 22 Abs. 1 ROG 1994 und § 49 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) die Verwendung des Gebäudes auf dem angeführten Grundstück zum Zweck der Unterbringung von Asylwerbern. Das Grundstück sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Wohngebiet ausgewiesen. Die geplante Eröffnung einer Unterkunft für Asylwerber in diesem Gebäude verstoße gegen diese Flächenwidmung, da dabei kein dauernder Wohnbedarf im Sinne dieser Widmungsregelung vorliege. Die Asylwerber hätten abhängig von der Dauer und dem Ergebnis des laufenden Asylverfahrens nur einen zeitlich befristeten und nicht vorhersehbaren Aufenthaltsstatus. Es gehe daher nur um die Deckung des zeitweiligen Wohnbedarfes, nämlich für die Dauer des Asylverfahrens. Darüber hinaus handle es sich bei einer solchen Einrichtung faktisch um eine Betreuungseinrichtung, da der Betreuung der künftigen Bewohner durch die Caritas eine zentrale Bedeutung zukomme.

Der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom ab. Er teilte die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde.

Die belangte Behörde hob den Berufungsbescheid auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Untersagung einer bloß beabsichtigten Nutzung eines Gebäudes gemäß § 40 Abs. 8 ROG 1994 unzulässig sei.

In der Folge wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Berufung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom neuerlich als unbegründet ab. Begründend wurde zunächst festgehalten, seitens der Gemeindeverwaltung sei mitgeteilt worden, dass sich seit Personen mit dem Status Asylwerber im verfahrensgegenständlichen Objekt befänden. Weiters wurde ausgeführt, dass der Betrieb eines Asylwerberheimes mit der Widmung Wohngebiet nicht vereinbar sei. Auch der Umstand, dass das verfahrensgegenständliche Gebäude im Jahr 1974 baurechtlich als "Pension mit 21 Fremdenzimmern" bewilligt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, da diese Bewilligung die Unterbringung von Fremden zu touristischen Zwecken betreffe. Die Unterbringung von Asylwerbern in dem Gebäude stelle eine nicht konsensgemäße Nutzung dar. Es trete der Betreuungsaspekt nicht in den Hintergrund, da es Asylwerbern auf Grund des kurzen Aufenthaltes in Österreich an jeglicher Integration fehle. Sie seien nicht berechtigt, einem Beschäftigungsverhältnis nachzugehen, sodass es ein maßgeblicher Aspekt der Betreuung sei, die Asylwerber zu unterstützen, die deutsche Sprache zu erlernen, gewisse infrastrukturelle Notwendigkeiten kennenzulernen etc.

Auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der ein Schülerheim als Wohngebäude anzusehen sei, könne im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, da dem Betreuungsaspekt bei der Unterbringung von Asylwerbern eine maßgebliche Bedeutung (wie etwa bei einem Pflegeheim) zukomme. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Quartiergeber für diese Leistung lediglich 1,16 EUR erhalten solle, während für die "Unterbringung und Verpflegung" täglich ca. 17 EUR pro Person zur Verfügung stünden. Nach dem vorgelegten Mietvertrag betrage der monatliche Hauptmietzins 2.205 EUR, also 88,20 EUR Nettomiete pro Person (2,94 EUR pro Person täglich). Wenn 18 EUR pro Person täglich zur Verfügung stünden, machten die Mietkosten und damit die Deckung des Wohnbedürfnisses rund 16% aus. Der Deckung des Wohnbedürfnisses komme somit deutlich weniger Bedeutung zu.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten hob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den zuletzt angeführten Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde zurück. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, wenn das fragliche Gebäude als Pension mit Fremdenzimmern und damit zur Beherbergung von Personen rechtskräftig bewilligt worden sei, dürfe dem Landesgesetzgeber unter Bedachtnahme auf systematische, historisch-teleologische sowie verfassungsrechtliche Erwägungen nicht unterstellt werden, er habe mit § 40 Abs. 8 ROG 1994 eine Ermächtigung zur Durchbrechung rechtskräftiger Baubewilligungsbescheide erteilen wollen. In der Baubewilligung aus dem Jahr 1974 sei nicht festgelegt und wäre dies wohl auch rechtswidrig, welche Personengruppen in dieser Pension untergebracht werden dürften und welche nicht. Es wäre auch gleichheitswidrig, bestimmten Personengruppen, wie z.B. Touristen, den Aufenthalt zu gewähren, während man andere Personengruppen (wie Asylwerber) von der Unterbringung ausschließe.

Es sei auch nicht von einer Widmungswidrigkeit zur vorliegenden Wohngebietswidmung bei Unterbringung von Asylwerbern in diesem Gebäude im Sinn des § 40 Abs. 8 ROG 1994 auszugehen:

Zum einen sei für die Qualifikation als Wohngebäude maßgeblich, ob ein Gebäude ausschließlich oder zumindest vorwiegend für Wohnzwecke bestimmt sei. Die Asylwerber sollten in dem Gebäude in Wohnungen zum Zwecke des Wohnens untergebracht werden. Sie sollten auch "betreut" werden, wobei dieser Aspekt deutlich in den Hintergrund trete. Vorrangige Aufgabe der Betreuungsorganisation werde es sein, die Personen so rasch wie möglich zu einer selbständigen Lebens- und Haushaltsführung in Österreich anzuleiten und auch insgesamt die Leistung "Information, Beratung und soziale Betreuung" zu gewährleisten. Der Quartiergeber erhalte derzeit für diese Leistung lediglich ca. EUR 1,16 täglich pro Person, während für die Leistung "Unterbringung/Verpflegung" täglich ca. EUR 17 pro Person zur Verfügung stünden. Für die Reinigung der benutzten Räumlichkeiten, das Waschen und Versorgen ihrer Bettwäsche/Bekleidung und sonstige Haushaltsführung hätten die Bewohner selbst zu sorgen

Der Argumentation der Berufungsbehörde, dass nur 16 % des den Asylwerbern zur Verfügung gestellten Betrages zur Deckung des Wohnbedürfnisses herangezogen werde und daher der Deckung des Wohnbedürfnisses im Falle eines Asylwerbers entscheidend weniger Bedeutung zukomme als sonstige Aufwendungen, hielt die belangte Behörde auf der Grundlage einer Stellungnahme der Abteilung Soziales des Amtes der Oö. Landesregierung vom entgegen, dass vom täglichen Entgelt von EUR 17 für einen Asylwerber 30 % für die Verpflegung, 40 % für das Wohnen, 20 % für die "Betreuung" und 10 % für Steuern und innerbetriebliche Leistungen aufgewendet würden. Diese Zahlen und Fakten seien von der Berufungsbehörde in ihrer Stellungnahme vom nicht einmal ansatzweise entkräftet worden, es sei nur allgemein vorgebracht worden, dass gerade Asylwerber einer entsprechenden Betreuung, Einführung in die Infrastruktur und Einführung in die rechtlichen, sozialen und gesellschaftlichen Umstände ihres neues Lebensumfeldes bedürften. Es sei daher davon auszugehen, dass in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude für ca. 23 bis 25 Bewohner lediglich eine Angestellte (ca. 75 bis 80 % der Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche) zur Verfügung stehe. Dass dabei der Betreuungsaufwand gegenüber dem Wohnzweck überwiegen solle, könne daher nicht vertreten werden.

Weiters verlange die Widmung Wohngebiet in § 22 Abs. 1 erster Satz ROG 1994 das Vorliegen eines "dauernden Wohnbedarfs". Hier werde dem Mitbeteiligten gefolgt, der unter Berufung auf Literatur (Hinweis auf Janko , Raumordnungsrechtliche Aspekte der Errichtung von Betreuungseinrichtungen für hilfsbedürftige Asylwerber, bbl 2005, 9 ff) auf den "einzigen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen" einer Person abstelle, sodass dieser Mittelpunkt geeignet sei, den Status eines Hauptwohnsitzes im Sinn des Art. 6 Abs. 3 B-VG zu erlangen. Auch der Verwaltungsgerichtshof gehe in seiner Rechtsprechung davon aus, dass ein dauernder Wohnbedarf dann nicht gegeben sei, wenn der Wohnungseigentümer an einem anderen Wohnsitz ständig wohnhaft sei und die weitere Wohnung als Nebenwohnsitz verwendet werde. Dies verdeutliche umso mehr, dass beim dauernden Wohnbedarf nicht nur auf eine zeitliche Komponente abgestellt werden könne, sondern die Intensität des Wohnbedarfes bzw. qualitative statt quantitative Kriterien ausschlaggebend seien. Es könne nicht nur auf die Nutzungsdauer, sondern auch auf die tatsächlich beabsichtigte Verwendung ankommen.

Bei den im verfahrensgegenständlichen Gebäude wohnenden Asylwerbern sei dieses für die Dauer ihres Aufenthaltes der einzige Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen. Sie hätten nach dem Meldegesetz dort ihren Hauptwohnsitz anzumelden und die Kinder müssten dort ihrer Schulpflicht nachkommen, diese Personen müssten sich in diesem Quartier in ihren unmittelbaren Wohnbereichen "häuslich" einrichten. Sie müssten auch für die Reinigung der benutzten Räumlichkeiten, das Waschen und Versorgen ihrer Bettwäsche und Bekleidung und für die sonstige Haushaltsführung selbst sorgen. Bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände dieser Personen sei vom Vorliegen eines "dauernden Wohnbedarfes" dieser Personen in diesem Gebäude auszugehen. Es liege somit keine Widmungswidrigkeit der Nutzung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes zur Wohngebietswidmung gemäß § 22 Abs. 1 ROG 1994 vor.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, sind auf das vorliegende, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 66/1994 in der Fassung LGBl. Nr. 36/2008, lauten auszugsweise:

" § 24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

...

3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden oder sonstigen Bauten gemäß Z. 2, wenn hiedurch eine Beeinträchtigung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten ist, oder wenn hiedurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;

...

§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

...

(4) Stellt die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung fest, oder wurde die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben oder für nichtig erklärt, gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß.

(5) Unter baulichen Anlagen im Sinn der Abs. 1 bis 4 sind sämtliche bewilligungspflichtige Bauvorhaben (§ 24) zu verstehen.

...

§ 50

Benützung baulicher Anlagen

(1) Bauliche Anlagen dürfen nur entsprechend den für sie geltenden baurechtlichen Vorschriften benützt werden. ...

(2) Darüber hinaus dürfen bauliche Anlagen, für die eine Baubewilligung erteilt wurde, nur entsprechend dieser Bewilligung sowie entsprechend den Auflagen und Bedingungen dieser Bewilligung benützt werden.

...

(4) Erlangt die Baubehörde Kenntnis, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend Abs. 2 benützt wird, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die dem Abs. 2 widersprechende Benützung zu untersagen. Dies gilt nicht für Änderungen, die keiner Bewilligung nach § 24 Abs. 1 Z. 3 bedürfen.

..."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 (§ 22 Abs. 1 in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des im Beschwerdefall maßgeblichen Flächenwidmungsplanes Nr. 3 geltenden Fassung LGBl. Nr. 90/2001 und § 40 Abs. 8 in der Fassung LGBl. Nr. 73/2011) lauten:

" § 22

Widmungen im Bauland

(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder

erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; ... ."

" § 40

Schlussbestimmungen

...

(8) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist -

dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. § 57 Abs. 1 Z 11 und Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 gelten.

..."

Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 51/2012 hat die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde unter anderem vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu führen.

Das Beschwerderecht nach Art. 119a Abs. 9 B-VG stellt ein Beschwerderecht wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung dar und ist daher als Parteibeschwerde zu betrachten. Mit Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof kann eine Rechtsverletzung von der Gemeinde releviert werden, wenn die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides überhaupt nicht hätte erfolgen dürfen, aber auch dann, wenn der Gemeindebehörde mit dem Vorstellungsbescheid eine Rechtsansicht überbunden wird, die eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes bewirkt. Der Bescheid der Vorstellungsbehörde ist daher wegen der Bindungswirkung aufgrund einer Beschwerde der Gemeinde schon dann aufzuheben, wenn sich auch nur ein den Spruch tragender Aufhebungsgrund im vorstehenden Sinne als rechtswidrig erweist. Die Bindung sowohl der Gemeinde als auch der anderen Parteien des Verfahrens erstreckt sich nach der hg. Judikatur ausschließlich auf die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides, nicht jedoch auf jene Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, die in Wahrheit zu einer Abweisung der Vorstellung hätten führen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0297, mwN).

Die belangte Behörde stützte ihre Ansicht, wonach die Untersagung nach § 40 Abs. 8 ROG 1994 zu Unrecht erfolgt sei, zunächst darauf, dass auf Grund der Baubewilligung aus dem Jahr 1974 ein baurechtlicher Konsens hinsichtlich der Unterbringung bzw. Beherbergung von Personen in diesem Gebäude vorliege und § 40 Abs. 8 ROG 1994 nicht zur Durchbrechung rechtskräftiger Bewilligungsbescheide ermächtige.

Die beschwerdeführende Marktgemeinde führt dazu aus, dass jeder Nutzung eine gewisse Motivation immanent sei. Gegenständlich sei unzweifelhaft die Nutzung im Rahmen einer touristischen Belebung der beschwerdeführenden Markgemeinde Grundlage für das Führen als Pension mit Fremdenzimmern gewesen. Im Jahr 1974 habe es keinen Bedarf an Asylwerberheimen gegeben, sodass auf eine derartige Nutzung damals logischerweise nicht habe abgestellt werden können. Eine Widmung bedürfe stets auch einer inhaltlichen Interpretation, ansonsten könne das gegenständliche Objekt beispielsweise auch als Krankenhaus geführt werden. Es könne nicht allein auf die Möglichkeit der Unterbringung von Personen abgestellt werden, sondern auf die entsprechende Nutzung des Gebäudes im Wohngebiet. Dass bei einer Nutzung des Gebäudes zur Unterbringung von Touristen eine andere Motivation im Vordergrund stehe als bei einer Nutzung des Gebäudes zur Unterbringung von Asylwerbern, bedürfe keiner näheren Erörterung.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass mit Bescheid vom die Bewilligung zum Neubau einer Pension erteilt wurde. Wie sich aus dem anlässlich der am durchgeführten mündlichen Verhandlung erstatteten Befund des bautechnischen Amtssachverständigen ergibt, waren als erster Bauabschnitt ein zweigeschoßiger Mitteltrakt mit 16 Fremdenzimmern und als zweiter Bauabschnitt zwei Flügelbauten mit einem Hallenbad und weiteren fünf Fremdenzimmern geplant.

Die zum Neubau einer Pension erteilte Baubewilligung aus dem Jahr 1974 umfasst unzweifelhaft die baurechtliche Bewilligung zur Verwendung des gegenständlichen Gebäudes zur Beherbergung von Fremden, was von der beschwerdeführenden Marktgemeinde auch nicht in Abrede gestellt wird.

Nach der hg. Judikatur ist der Begriff der Fremdenbeherbergung dahin zu verstehen, dass es sich hierbei um eine Tätigkeit handelt, bei der das aus dem Zusammenwirken aller Umstände sich ergebende Erscheinungsbild ein Verhalten erkennen lässt, das, wenn auch in beschränkter Form, eine laufende Obsorge im Sinn einer Betreuung des Gastes verrät (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/05/0331, mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ist jedenfalls in raumordnungsrechtlicher und baurechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass es sich bei der in Rede stehenden Nutzung des gegenständlichen Gebäudes um eine Beherbergung von Fremden handelt, wobei dort auch gewisse Betreuungsleistungen erfolgen.

Von welcher Motivation das Bauansuchen der damaligen Bauwerberin getragen war, ist für die Beurteilung nicht entscheidend, weshalb auch der Frage, ob für sie die touristische Belebung der beschwerdeführenden Marktgemeinde im Vordergrund gestanden hat, keine Bedeutung zukommt.

Liegt aber überhaupt keine - nach § 50 Abs. 4 BO zu verfolgende - bewilligungs- oder anzeigepflichtige Abweichung vom Baukonsens und auch keine - allenfalls einen auf § 40 Abs. 8 ROG 1994 gestützten Auftrag rechtfertigende (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0188) - bewilligungs- und anzeigefreie Abweichung von der erteilten Baubewilligung vor, sondern entspricht die Nutzung des betreffenden Gebäudes nach wie vor der erteilten rechtskräftigen Baubewilligung, dann kann die (weiterhin) konsensgemäße Nutzung des Gebäudes nicht im Wege des § 40 Abs. 8 ROG 1994 untersagt werden. Eine andere Interpretation dieser Bestimmung würde letztlich dazu führen, dass hinsichtlich eines konsensgemäßen Gebäudes allein auf Grund einer raumplanerischen Maßnahme ein Auftrag nach § 40 Abs. 8 ROG 1994 zulässig wäre. Hätte der Landesgesetzgeber mit der Novelle LGBl. Nr. 83/1997, mit welcher die in Rede stehende Bestimmung in das ROG 1994 Eingang gefunden hat, einen derart weitreichenden Eingriff in die Rechtskraft von Bescheiden vorsehen wollen, hätte er dies, schon im Hinblick auf die Rechtssicherheit, im Gesetzestext ausdrücklich normieren müssen und wäre zu erwarten gewesen, dass er die für eine solche Maßnahme sprechenden Beweggründe in den Erläuterungen offenlegt. In den Materialien (vgl. dazu den in Neuhofer , Oberösterreichisches Baurecht6 I 962 abgedruckten Ausschussbericht), welche diese Bestimmung mit keinem Wort erwähnen, findet sich hingegen kein Anhaltspunkt für die Annahme, der Landesgesetzgeber hätte mit der Bestimmung des § 40 Abs. 8 ROG 1994 die Möglichkeit zur Durchbrechung der Rechtskraft von Bescheiden schaffen wollen.

Da die gegenständliche Verwendung des im Beschwerdefall in Rede stehenden Gebäudes nach wie vor dem Baukonsens aus dem Jahr 1974 entspricht, erweist sich der auf § 40 Abs. 8 ROG 1994 gestützte Auftrag als unzulässig. Die belangte Behörde hat diesen Auftrag daher zu Recht behoben. Da § 40 Abs. 8 ROG 1994 wegen der weiterhin unveränderten konsensgemäßen Verwendung des gegenständlichen Gebäudes nicht zur Anwendung gelangt, ist auch nicht mehr von Bedeutung, ob im Sinn des zweiten tragenden Aufhebungsgrundes diese Verwendung der (nunmehrigen) Widmung entspricht oder nicht, weshalb auf das dazu erstattete Beschwerdevorbringen nicht einzugehen war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am