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VwGH vom 28.10.2009, 2008/15/0214

VwGH vom 28.10.2009, 2008/15/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der E S in S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Keckeis, Dr. Pfeifer, Dr. Fiel, Dr. Scheidbach OEG, 6800 Feldkirch, Drevesstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0468-F/07, betreffend Familienbeihilfe ab , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Mutter und Sachwalterin der 1964 geborenen Susanne T., welche die Voraussetzungen für die Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung erfüllt.

Mit Eingabe vom beantragte Susanne T, dass ab September 2005 ihr persönlich Familienbeihilfe gewährt werde. Im Antrag, der zusätzlich von der Beschwerdeführerin als Sachwalterin unterfertigt ist, wird als Wohnort der Susanne T. die Wohnung Top 1 in F., S- Gasse 10 angeführt, als ihr Dienstgeber das Sozialzentrum F, S- Gasse 10. Aus der Eingabe ergibt sich, dass Susanne T. in Folge einer Hochwasserkatastrophe von der Wohnung der Beschwerdeführerin in die neue Wohnung umgezogen ist.

Zugleich beantragte Susanne T. den Erhöhungsbeitrag zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung.

Den Eingaben ist ein "Beilageblatt zum Selbstantrag eines Kindes § 6 FLAG" beigefügt, aus dem ersichtlich ist, dass die durchschnittlichen monatlichen Lebenskosten von Susanne T. in Höhe von EUR 1.070 im Wesentlichen durch ihr Einkommen von netto EUR 540 und das Pflegegeld gedeckt werden. Die Beschwerdeführerin leistet einen monatlichen Zuschuss von EUR 168.

Den Eingaben ist weiters ein (in einem Unterhaltsstreit verfasstes) Schreiben des Vaters von Susanne T. vom angeschlossen, in welchem u.a. ausgeführt wird:

"Nun ein paar Worte zu der angeblich intensiven und aufwendigen Pflege meiner Tochter.

Susanne geht schon viele Jahre einer geregelten Arbeit nach und das mit dem Fahrrad oder auch schon Mofa, sie kann alleine einen Zug besteigen oder Bus und mit Gleichgesinnten einen Ausflug machen. Sie war letztes Jahr drei Monate ganz alleine im Haus (ihre Mutter war auf Urlaub). Sie kann den Haushalt bewältigen, kleine Gerichte kochen, die Waschmaschine bedienen usw.. In dieser Zeit war ich für sie da, wenn sie mich brauchte. Susanne ist ein sehr liebes, braves und auch sehr intelligentes Mädchen. Nun frage ich mich, was für eine intensive Pflege dieses Mädchen braucht. Sie hilft ja ihrer Mutter im Haushalt."

Als Beilage wurde schließlich auch eine Meldebestätigung vorgelegt, welche den (Haupt)Wohnsitz von Susanne T. in F, S-Gasse 10 ausweist.

Im November 2006 übersandte das Finanzamt Susanne T. ein Formular zur "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe". Dieses Formular wurde von der Beschwerdeführerin dahingehend ausgefüllt, dass sie Anspruchsberechtigte für die Familienbeihilfe sei, weil sie im Wesentlichen den Unterhalt von Susanne T. bestreite. Es liege daher eine überwiegende Kostentragung durch Susanne T. selbst nicht mehr vor. In dieser Eingabe wird als Wohnort das Sozialzentrum in F, S-Gasse 10 angegeben und ergänzend angeführt "wg. Absiedlungsmaßnahme". Diese Eingabe wurde beim Finanzamt am eingereicht. Mit der am eingelangten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin, dass ihr ab Jänner 2007 die Familienbeihilfe (samt Erhöhungsbetrag) für Susanne T. gewährt werde. Auch in dieser Eingabe ist als Wohnort des Kindes das Sozialzentrum in F, S-Gasse 10, angeführt.

Mittels Fax vom wurde eine - von der Beschwerdeführerin verfasste - Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben der Susanne T. im Jahre 2007 nachgereicht. Demnach sind die monatlichen Ausgaben von ca. EUR 1.150 durch den Lohn von Susanne T. (monatlich EUR 579,72 netto) sowie Pflegegeld, Wohnbeihilfe und den Unterhalt des Vaters bestritten worden. Aus diesem Schreiben ergibt sich weiters, dass die Beschwerdeführerin für "Ausstattung, Einrichtung plus Umzug in neue, erste eigene Wohnung" von Susanne T. pauschal EUR 10.000 bezahlt habe. Weiters wird in diesem Schreiben angeführt, der persönliche Beitrag der Beschwerdeführerin als Mutter und Sachwalterin habe in einer wöchentlich durchschnittlich zwei Tage umfassenden Betreuung gegen seelische und körperliche Verwahrlosung mit Erledigung aller lebensnotwendigen Bedürfnisse und Geschäfte bestanden.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass Susanne T. nicht zum Haushalt der Beschwerdeführerin gehöre und sie auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für Susanne T. trage.

In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, Susanne T. gehöre ungeachtet einer Wohnmöglichkeit im Bereich ihres Arbeitsortes nach wie vor zum Haushalt der Beschwerdeführerin. Susanne T. sei seit ihrer Geburt geistig behindert und bedürfe ungeachtet ihres Alters von 42 Jahren lebenslanger Betreuung und Assistenz. Sie könne nicht in einer Weise selbstständig wohnen und leben, wie dies ein gesunder Mensch ihres Alters tun könne. Dass Susanne T. dennoch nicht im Haushalt der Beschwerdeführerin, sondern im Sozialzentrum in F. gemeldet sei, habe folgenden Hintergrund:

Im Zuge einer Überschwemmungskatastrophe habe Susanne T. sofort ausziehen müssen, weil ihr Zimmer unter Wasser gestanden sei. Ihr Arbeitgeber, das Sozialzentrum in F., habe die Notlage erkannt und ihr eine Wohnmöglichkeit angeboten. Die Beschwerdeführerin hätte nicht zugleich aus dem durchnässten Haus ausziehen können. Sie habe vielmehr zuerst eine neue Wohnung suchen müssen. Es sei allerdings eine Tatsache, dass Susanne T. täglich nach der Arbeit bei der Beschwerdeführerin sei, weil sie nach wie vor für sie sorge. Außerdem übernachte Susanne T. mindestens vier Mal pro Woche in der Wohnung der Beschwerdeführerin.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Das Finanzamt habe im Sozialzentrum in F., wo Susanne T. als Küchenhilfe beschäftigt sei und eine Mietwohnung bewohne, einen Lokalaugenschein durchgeführt. Susanne T. habe den Beamten des Finanzamtes, die "in Begleitung der Heimleitung" ihre Wohnung aufsuchen wollten, den Zutritt zur Wohnung verweigert. Aus dem Mietvertrag (vom ) ergebe sich, dass der Mietgegenstand eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Ausmaß von 40 m2 sei, die aus einem Zimmer, Küche, Bad, Flur und Abstellraum bestehe. Die Kücheneinrichtung (Küchenblock) sei von der Vermieterin beigestellt worden. Die Heimleiterin habe auf Befragen bekannt gegeben, dass Susanne T. zwei bis drei Mal pro Woche jeweils acht Stunden Dienst verrichte. Susanne T. habe ein eigenes Postfach und hole regelmäßig, außer in Urlaubszeiten, ihre Post (einschließlich ihres "Zeitungs-Abos") ab. Susanne T. habe in ihrer Wohnung eine Waschmaschine, einen Wäschetrockner und einen Kühlschrank. Sie könne im Sozialzentrum zu Mittag essen, wann immer sie wolle. Bei ca. 10 Arbeitstagen pro Monat mache sie von der Möglichkeit, das Mittagessen einzunehmen, ca. 20 bis 24 Mal pro Monat Gebrauch. Susanne T. sei - so die Heimleiterin - sehr selbstständig und könne insbesondere selbstständig einkaufen.

Das Finanzamt halte fest, dass die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Familienbeihilfe zunächst auf die überwiegende Kostentragung gestützt habe, nunmehr diesen Anspruch aber aus der Haushaltszugehörigkeit von Susanne T. ableite. Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG gehöre zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Unter Haushalt sei eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen. Eine einheitliche Wirtschaftsführung setze im Bezug auf die vorübergehend außerhalb der Wohngemeinschaft lebenden Kinder voraus, dass diese Kinder im Rahmen der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und damit noch der elterlichen Obsorge teilhaftig würden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 1509/58).

Im gegenständlichen Fall sei davon auszugehen, dass Susanne T. in ihrer Mietwohnung bei ihrem Arbeitgeber einen eigenen Haushalt führe. Die Mittel für diese Haushaltsführung stammten von Susanne T. selbst (ausgenommen die Alimente vom Vater); der persönliche Beitrag der Beschwerdeführerin als Mutter und Sachwalterin bestehe darin, dass sie durchschnittlich an zwei Tagen pro Woche die Betreuung gegen seelische und körperliche Verwahrlosung übernehme. In der Berufung sei vorgebracht worden, dass Susanne T. zumindest vier Mal pro Woche bei der Beschwerdeführerin übernachte. Dieses Vorbringen widerspreche teilweise früheren Angaben, sei aber im Beschwerdefall ohnedies nicht relevant, da von einer einheitlichen Wirtschaftsführung für Kinder, die sich außerhalb der elterlichen Wohnung in einer eigenen Mietwohnung aufhielten, nur dann gesprochen werden könne, wenn das Kind im Rahmen der dem elterlichen Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel bedacht werde. Eine einheitliche Wirtschaftsführung, die für die Annahme der Haushaltszugehörigkeit von Susanne T. zum Haushalt der Beschwerdeführerin gehörte, schließe das Finanzamt im Hinblick auf die von Susanne T. getätigten Ausgaben und erzielten Einnahmen, die sich aus den vorgelegten Unterlagen ergäben, aus.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Zur Begründung führte sie aus, fehle das Verständnis für die Besonderheit der Lebensgestaltung von Menschen mit geistiger Behinderung, dann könnten objektive Fakten zu falschen Urteilen führen, weil der angelegte Maßstab nicht stimme. Für behinderte Menschen sei ein selbstständiges Leben und Wohnen nicht in einer Weise möglich, wie es bei gesunden Menschen möglich sei. Menschen mit geistiger Behinderung müssten kleine Schritte in die Selbstständigkeit immer wieder üben und neu erlernen - ein Leben lang. Darum gebe es in der Behindertenarbeit auch therapeutische Konzepte wie teilbetreutes Wohnen. Die Tatsache, dass Susanne T. ein eigenes Zimmer im Sozialzentrum in F. bewohne, bedeute noch lange nicht, dass die Haushaltszugehörigkeit zur Beschwerdeführerin aufgehoben sei. Die Unterstützung und Begleitung sei lebenslänglich notwendig. Hätte Susanne T. nicht die Unterstützung der Beschwerdeführerin, wäre sie nicht in der Lage, auch nur kleine Schritte in Richtung Selbstständigkeit zu setzen. Immer dann, wenn Susanne T. ihr fragiles Erwachsenenleben nicht mehr schaffe, wenn Krisen sie aus der Bahn brächten, sei die Beschwerdeführerin für sie da. Nicht jede Behinderung sei von Außenstehenden sofort mit freiem Auge erkennbar. Möglicherweise hätten die Sachbearbeiter des Finanzamtes die Behinderung von Susanne T. nicht erkennen können. So verweise die Beschwerdeführerin als Beispiel darauf, dass Susanne T. psychisch nicht in der Lage sei, ganz alleine Kleidung einzukaufen. Sie könne den Stress nicht aushalten, da sie zusätzlich zu ihrer geistigen Behinderung auch noch an starkem Asthma leide. Ohne Begleitung der Beschwerdeführerin wäre so etwas Banales wie das Einkaufen von Kleidung nicht möglich.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin weise auch das Beweisverfahren des Finanzamtes Mängel auf. Das Finanzamt stütze sich u.a. auf ein Schreiben des Vaters von Susanne T.. Dieses sei vor etlichen Jahren verfasst worden, um die Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt für Susanne T. abzuwenden. Unter diesem Blickwinkel komme der Stellungnahme des Vaters zur Frage, ob Susanne T. ein selbstständiges Leben führe, eine ganz andere Bedeutung zu. Diesen Hintergrund habe das Finanzamt nicht beachtet. Die Beschwerdeführerin sei auch verwundert über die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Lokalaugenschein im Sozialzentrum in F.. Bei jener Amtshandlung sei Susanne T. von zwei Finanzbeamten angehalten worden, als sie gerade auf dem Weg zum Arzt gewesen sei. Sie habe einen ärztlichen Untersuchungstermin einhalten müssen. Der Überraschungsbesuch von zwei Finanzbeamten habe Susanne T. verunsichert und erschreckt. In diesem Zusammenhang davon zu sprechen, dass Susanne T. den Erhebungsbeamten den Zutritt zu ihrer Wohnung verweigert habe, halte die Beschwerdeführerin für eine "schlimme Entgleisung". In der Berufungsvorentscheidung führe das Finanzamt im Übrigen die Aussagen von Frau A. an, die nicht Heimleiterin, sondern "Bürokraft" sei; für diese Art der Beweiswürdigung fehle der Beschwerdeführerin jedes Verständnis.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt habe in seinem Vorlagebericht ergänzend vorgebracht, die von der Beschwerdeführerin "mündlich beauftragte Helferin der Arbeiterkammer" habe anlässlich eines Telefonates mit dem Sachbearbeiter des Finanzamtes ausdrücklich und eindringlich darum gebeten, die Beschwerdeführerin "wegen deren nervlichen Zustandes nicht persönlich im Zuge eines Lokalaugenscheines zu befragen". Deshalb hätten Bedienstete des Finanzamtes in Begleitung der Heimleitung bei der Tochter einen Lokalaugenschein durchgeführt, um die aktenkundigen Widersprüche aufzuklären bzw. sich ein objektives Bild vom Sachverhalt zu verschaffen. Im Zuge eines Telefonates vom habe die Beschwerdeführerin der belangten Behörde gegenüber vorgebracht, Susanne T. würde trotz der Dienstwohnung im Sozialzentrum in F. bei ihr wohnen. Sie habe für ihre Tochter in ihrer neuen Wohnung ein Zimmer. In der Freizeit sei die Tochter in diesem Zimmer. Bis zur Überschwemmung hätten beide in einem Haus mit zwei Wohnungen gewohnt. Dann sei es zur Überschwemmung gekommen, deswegen seien sie seither getrennt. Die Zuerkennung der Familienbeihilfe sei ihr wegen der Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages wichtig.

Strittig sei im gegenständlichen Fall, ob Susanne T. ab Jänner 2007 dem Haushalt der Beschwerdeführerin angehöre.

Am Beilageblatt zum "Selbstantrag" auf Familienbeihilfe der Susanne T. vom , der von Susanne T. selbst unterschrieben worden sei, sei die Höhe der monatlichen Lebenshaltungskosten und die Finanzierung dieser Kosten dargestellt. Daraus sei ersichtlich, dass Susanne T. die monatlichen Lebenshaltungskosten überwiegend selbst finanziere. Von der Mutter erhalte sie monatlich lediglich EUR 168. Am Formular zur "Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe", welches beim Finanzamt am eingelangt sei, habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass nunmehr keine überwiegende Kostentragung von Susanne T. mehr vorliege; die Beschwerdeführerin bestreite nunmehr im Wesentlichen den Unterhalt.

Die belangte Behörde gelange auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu folgendem Bild:

Nach Einlangen des Abweisungsbescheides des Finanzamtes vom , in welchem das Finanzamt festgestellt habe, dass die Beschwerdeführerin nicht überwiegend die Kosten des Unterhaltes für Susanne T. trage, habe die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom vorgebracht, dass Susanne T. nach wie vor bei ihr haushaltzugehörig sei, da sie wöchentlich vier Mal bei ihr übernachte. Bis da hin sei es nicht strittig gewesen, dass Susanne T. seit September 2005 nicht mehr bei der Beschwerdeführerin wohne. Diese habe selbst angegeben, dass Susanne T. nunmehr ihre erste eigene Wohnung bewohne.

Es sei nachvollziehbar, dass eine geistig behinderte Person einer Betreuung und Assistenz bedarf. Die Angabe der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung und dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wonach Susanne T. derart gravierende Defizite aufweise, dass sie nicht in einer Weise selbstständig wohnen könne wie ein gesunder Mensch ihres Alters, stehe im krassen Widerspruch zu den Ermittlungsergebnissen beim Lokalaugenschein im Sozialzentrum in F., aber auch zu den Angaben des Kindesvaters im Schreiben vom . Nach den Angaben des Kindesvaters habe Susanne T. im Jahre 2004 (während eines Urlaubes der Beschwerdeführerin) drei Monate lang ganz alleine im Hause gewohnt und den Haushalt bewältigt. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, dass sie nach der Überschwemmung nicht gleichzeitig mit ihrer Tochter aus dem Haus habe ausziehen können. Sie habe sich um viele andere Dinge kümmern müssen und sei deshalb froh gewesen, dass Susanne T. eine Bleibe gefunden habe. Nach Ansicht der belangten Behörde lasse dies den Schluss zu, dass Susanne T. die Haushaltsführung in ihrer eigenen Wohnung auch auf Grund ihrer Selbstständigkeit habe bewältigen können. Erst nach dem Ergehen des Abweisungsbescheides vom habe die Beschwerdeführerin angeführt, dass Susanne T. täglich nach der Arbeit zu ihr komme und vier Mal wöchentlich bei ihr nächtige. Diese Aussagen stünden im Widerspruch zu dem Vermerk auf der von der Beschwerdeführerin erstellten Einnahmen-Ausgaben-Zusammenstellung für 2007 (eingereicht am ), wonach eine "zweitägige Betreuung" pro Woche stattgefunden habe. Nach Ansicht der belangten Behörde lasse dies den Schluss zu, dass sich die geänderten Angaben der Beschwerdeführerin erst als Reaktion auf die Nichtgewährung der Familienbeihilfe (und des Alleinerzieherabsetzbetrages) ergeben hätten. Die Angaben des Kindesvaters und der Bediensteten des Sozialzentrums in F., aber auch die Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben ließen den Schluss zu, dass Susanne T. eine gewisse Eigenständigkeit zuzusprechen sei und sie auch in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung einen eigenen Haushalt führe. Die belangte Behörde halte fest, dass die von Bediensteten des Finanzamtes angefertigte Niederschrift vom mit den bereits angeführten Informationen von der "Leiterin" des Sozialzentrums in F. unterschrieben worden sei.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei daher davon auszugehen, dass eine gemeinsame Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von der Beschwerdeführerin und Susanne T. nicht vorliege.

Entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag bewohne Susanne T. nicht nur ein Zimmer, sondern eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Küche, Waschmaschine und wohnlicher Ausstattung. Dies ergebe sich aus den Ermittlungen im Zuge des Lokalaugenscheines und aus dem Mietvertrag.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin zur Berücksichtigung des Schreibens des Kindesvaters werde entgegen gehalten, dass es die Beschwerdeführerin gewesen sei, die diesen Schriftsatz vorgelegt habe. Die Angaben des Kindesvaters stimmten mit jenen der Bediensteten des Sozialzentrums in F. überein.

Es sei dem Finanzamt auch nicht vorzuwerfen, dass es auf Grund der Bitte der von der Beschwerdeführerin "beauftragten Helferin der Arbeiterkammer" einen Lokalaugenschein vorgenommen habe, um aktenkundige Widersprüche aufzuklären und sich ein objektives Bild vom Sachverhalt zu verschaffen. Die belangte Behörde verweise abschließend darauf, dass - trotz der Angaben der Beschwerdeführerin betreffend die (Un)Selbstständigkeit von Susanne T. - diese offensichtlich selbstständig genug gewesen sei, einen ärztlichen Termin wahrzunehmen und den Weg dorthin selbst zu bewältigen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 2 Abs. 2 und § 2 Abs. 5 FLAG legen in einer für den gegenständlichen Fall relevanten Weise den Beihilfenanspruch fest.

Wie sich aus § 2 Abs. 2 FLAG ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar auch davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Einerseits wird gemäß § 7 FLAG für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, andererseits gib es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelung über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/13/0120).

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG näher umschrieben; dem gemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom ).

Im gegenständlichen Fall hat Susanne T. mit Antrag vom für sich die Familienbeihilfe ab September 2005 beantragt und im Antrag angeführt, dass sie nach F. S-Gasse 10, Top 1 übersiedelt sei. Dieser Antrag ist von Susanne T. und von der Beschwerdeführerin als Sachwalterin unterschrieben. Im "Beilageblatt zum Selbstantrag eines Kindes § 6 FLAG" wird angeführt, dass Susanne T. eine "eigene Wohnung in F., S-Gasse 10 Top 1" bewohnt. Ausschließlich an dieser Adresse ist Susanne T. seit gemeldet. Aus dem Antrag ist abzuleiten, dass Susanne T. einen eigenen Haushalt geführt hat.

Bei dieser Verfahrenslage hätte die Beschwerdeführerin, um ab Jänner 2007 wiederum selbst den Anspruch auf Familienbeihilfe für Susanne T. erfolgreich geltend zu machen, deren Zugehörigkeit zum Haushalt der Beschwerdeführerin nachweisen oder glaubhaft machen müssen, zumal die belangte Behörde auf Grund der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung unbedenklich die Feststellung treffen konnte, dass die Beschwerdeführerin nicht überwiegend die Unterhalts"kosten" trägt. Wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen ist, dass ein Nachweis oder eine Glaubhaftmachung nicht erbracht worden ist, kann dies nicht als das Ergebnis unschlüssiger Beweiswürdigung beurteilt werden.

Die Beweiswürdigung ist der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind.

Die belangte Behörde konnte sich im gegenständlichen Fall darauf stützen, dass die Beschwerdeführerin in der von ihr verfassten Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung nur von wöchentlich durchschnittlich zwei Betreuungstagen ausgeht. Sie konnte sich weiters auf die Aussage der Heimleiterin des Sozialzentrums in F. als Auskunftsperson stützen. Dass die Auskunftsperson tatsächlich Heimleiterin gewesen ist und nicht, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, bloß "Büromitarbeiterin", ergibt sich aus dem Verwaltungsakt (Niederschrift vom ). Die belangte Behörde konnte sich aber auch auf das von Susanne T. mit ihrem Antrag vom vorgelegte Schreiben ihres Vaters vom stützen, wonach Susanne T., als sie bei der Beschwerdeführerin wohnhaft war, während deren dreimonatiger Abwesenheit in der Lage war, eigenständig deren Haushalt zu führen. Die Beschwerdeführerin hat zwar in Bezug auf dieses Schreiben im Vorlageantrag eingewendet, es sei in einem Unterhaltsstreit verfasst worden, die inhaltliche Richtigkeit des Schreibens aber nicht konkret bestritten. Das in der Beschwerde unternommene Bestreiten stellt sich daher als eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Schließlich konnte die belangte Behörde auch darauf Bedacht nehmen, dass Susanne T. die Wohnung im Sozialzentrum in F. nicht bloß vorübergehend, sondern auf die Dauer ihres Dienstverhältnisses gemietet hat, eine Beendigung des Mietverhältnisses sohin nicht absehbar ist. Das Beschwerdevorbringen, "die Küche wird im Übrigen von der Tochter nicht genutzt bzw. kann auf Grund der Behinderung der Tochter von ihr auch gar nicht genutzt werden", stellt ebenfalls eine unzulässige Neuerung dar.

Auch wenn Susanne T. auf Grund ihrer Behinderung zweifelsohne der Unterstützung und Hilfe ihrer Mutter bedarf, kann der belangten Behörde nicht erfolgreich entgegen getreten werden, wenn sie - wie für den Zeitraum von September 2005 bis Ende 2006 von Susanne T. in deren (von der Beschwerdeführerin mitunterfertigten) Antrag vom angegeben - auch für die Zeit nach 2006 noch von einem eigenen Haushalt der Susanne T. ausgegangen ist.

Die Beschwerdeführerin ist im Verwaltungsverfahren nicht gehindert gewesen, von sich aus ein weiteres Vorbringen zu erstatten. Es wäre ihr auch offengestanden, die Einvernahme von Zeugen zum Beweisthema der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu beantragen. Dass die belangte Behörde nicht von Amts wegen weitere Ermittlungsschritte gesetzt hat, stellt bei der gegebenen Sachlage keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am