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VwGH vom 25.09.2012, 2010/17/0114

VwGH vom 25.09.2012, 2010/17/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dr. H gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-04-78- 2, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheiten Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B, vertreten durch Dax Partner Rechtsanwälte GmbH in 7540 Güssing, Badstraße 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Abgabenbescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 10, 11, 12 und 13 Burgenländisches Kanalabgabegesetz 1984 sowie § 15 Abs. 3 Z 5 FAG 1997 in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom eine jährliche Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von S 4.234,45 (inklusive 10 % MwSt) vor.

1.2. Mit Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurden in der Kanalbenützungsgebührenverordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde die Geldbeträge von Schilling auf Euro umgestellt.

1.3. In der Folge ergingen am , und Erledigungen der mitbeteiligten Marktgemeinde an den Beschwerdeführer, die als "Lastschriftsanzeige/Bescheid" und "2. Vorschreibung 2009" bzw. "3. Vorschreibung 2009" und

"4. Vorschreibung 2009" bezeichnet waren und für eine bestimmte Adresse in der mitbeteiligten Gemeinde neben anderen Abgaben jeweils betragsgleich einerseits Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von EUR 69,39 sowie Umsatzsteuer in der Höhe von EUR 6,94, gesamt EUR 76,33, andererseits eine "Behandlungsabgabe" in der Höhe von EUR 5,-- zuzüglich 50 Cent, auswiesen und in der letzten Zeile die Formulierung enthielten: "ergibt Vorschreibung: 106,81" (in der Erledigung vom 1. Juli) bzw. "88,73" und "84,83" (in den Erledigungen vom 1. September und vom ).

Die Vorschreibungen enthalten im Kopf die Bezeichnung der mitbeteiligten Gemeinde aber keinen Hinweis darauf, von welchem Organ sie ausgingen, und außer zahlenmäßigen Angaben zu den einzelnen Abgaben, die teilweise den Berechnungsvorgang erkennen lassen, keine nähere Begründung.

1.4. Der Beschwerdeführer erhob jeweils Berufung gegen diese Schreiben.

1.5. Mit zwei Bescheiden des Gemeinderats der mitbeteiligten Marktgemeinde vom (betreffend die "2. Vorschreibung" und die "3. Vorschreibung") und einem Bescheid vom (betreffend die "4. Vorschreibung") wurden die Berufungen jeweils als unzulässig zurückgewiesen und "die angefochtene Zahlungsvorschreibung des Bürgermeisters als Abgabenbehörde I. Instanz vollinhaltlich bestätigt".

1.6. Nach dem vorgelegten Verwaltungsakt erhob der Beschwerdeführer jedenfalls gegen den Bescheid vom Vorstellung.

1.7. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde (nur) diese Vorstellung gegen den Bescheid vom abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass mit Verordnung vom der Gemeinderat die in der Verordnung vom genannten Geldbeträge an den Euro angepasst habe. Inhaltlich decke sich die Verordnung vom zur Gänze mit der Verordnung vom .

In Buchungsmitteilungen (Lastschriftanzeigen) der mitbeteiligten Marktgemeinde vom , und seien jeweils EUR 76,33 als Kanalbenützungsgebühr ausgewiesen worden. Mit zwei Bescheiden vom und einem Bescheid vom seien die dagegen erhobenen Berufungen als unzulässig zurückgewiesen und die angefochtenen Zahlungsvorschreibungen des Bürgermeisters vollinhaltlich bestätigt worden. Die Vorstellung (gegen den Bescheid vom ) sei rechtzeitig eingebracht worden; sie sei zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach Wiedergabe des § 11 Abs. 4 und 5 Bgld. Kanalabgabegesetz (KAbG), LGBl. Nr. 41/1984 in der geltenden Fassung, wird ausgeführt, dass der Bescheid, mit dem die Kanalbenützungsgebühr festgesetzt werde, nach § 11 Abs. 5 KAbG Dauerwirkung habe. Da die Benützungsgebühr bis zu einer allfälligen Änderung dauernd festgesetzt sei, genüge eine einfache Zahlungsaufforderung. Erst bei einer Änderung der Kanalbenützungsgebühr in Form einer Erhöhung oder Herabsetzung sei wieder ein neuer Bescheid zu erlassen, der seinerseits wieder Dauerwirkung besitze. Die mitbeteiligte Marktgemeinde habe in ihrer Abgabenverordnung in zulässiger Weise andere Fälligkeitstermine festgesetzt. Mit Bescheid vom habe der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Jahresbetrag der Kanalbenützungsgebühr für das Objekt D festgesetzt. Diese entschiedene Verwaltungssache sei nach wie vor gegeben. Der maßgebliche Sachverhalt für die Erledigung der Verwaltungssache habe sich seit 1998 nicht verändert. Mit der Verordnung im Jahre 2008 sei lediglich eine Anpassung der Schillingbeträge an den Euro erfolgt. Der Bescheid vom entfalte daher immer noch Dauerwirkung.

Die Buchungsmitteilungen (Lastschriftanzeigen) vom , und hätten keinen Bescheidcharakter. Die dagegen erhobenen Berufungen seien daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

1.8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

1.9. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet, die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und wie die belangte Behörde den Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde gestellt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid, ungeachtet des Umstandes, dass er in der Begründung auch auf die Vorschreibungen vom und vom Bezug nimmt, nur über die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom abspricht. Die Beschwerde nimmt daher folgerichtig auch nur auf die Vorschreibung vom und die darauf bezügliche Berufungsentscheidung vom Bezug.

Eine Erledigung von Vorstellungen (sofern solche erhoben worden sein sollten) gegen die beiden Bescheide vom ist im vorgelegten Akt nicht enthalten.

2.2. Für die Erlassung von Bescheiden in Verfahren betreffend die Vorschreibung von Abgaben auf Grund des freien Beschlussrechts der Gemeinden war im Jahre 2009 noch die Burgenländische Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 17/2007 (in der Folge: Bgld. LAO), anzuwenden. Form und Inhalt von Erledigungen waren in den §§ 69 ff Bgld. LAO geregelt. Gemäß § 73 Abs. 1 Bgld. LAO mussten alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden konnte, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet war, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimme und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweise.

§ 73 Abs. 3 Bgld. LAO lautete:

"(3) Ausfertigungen, die mittels einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage hergestellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch das in Betracht kommende Organ der Abgabenbehörde, um deren Erledigung es sich handelt, genehmigt."

2.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen auch Bescheide, die in einem Abgabenverfahren ergehen (ebenso wie Bescheide im Verfahren nach AVG) bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, damit ein Bescheid wirksam entsteht. Zu diesen Anforderungen zählt neben der Erkennbarkeit des Bescheidadressaten und dem normativen Abspruch insbesondere die Erkennbarkeit der bescheiderlassenden Behörde (vgl. Stoll, BAO, Band I, 959).

Aus den dem Beschwerdeführer zugestellten Erledigungen der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. Juli, 1. September und , die als "Lastschriftsanzeige/Bescheid" bezeichnet waren, ergibt sich nicht, welche Behörde die Erledigung erlassen hat. Die Annahme, dass diese Erledigungen Bescheide darstellen, scheidet daher schon aus diesem Grund aus.

2.4. Im Beschwerdefall führt auch die hg. Rechtsprechung, dass bei Zweifeln über den normativen Charakter einer Erledigung die Bezeichnung als Bescheid entscheide (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0311, sowie die Nachweise bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO,§ 93 E 14 ff), zu keinem anderen Ergebnis, weil gerade die Bezeichnung als "Lastschriftanzeige/Bescheid" nicht eindeutig erkennen lässt, ob ein Bescheid vorliegen soll oder nicht. Eine Lastschriftanzeige ist kein Bescheid (vgl. die Hinweise auf die Rechtsprechung bei Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO,§ 92 E 41). Die Angabe "Lastschriftanzeige/Bescheid" ist somit widersprüchlich und liefert keinen Anhaltspunkt für die Rechtsform der Erledigung.

2.5. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die genannten Erledigungen unzulässig waren und daher vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zu Recht zurückgewiesen wurden.

2.6. Der darüber hinaus mit dem Berufungsbescheid des Gemeinderats erfolgten Bestätigung der Zahlungsvorschreibung des Bürgermeisters als Abgabenbehörde I. Instanz kommt kein normativer Gehalt zu. Dem Beschwerdeführer standen gegen die von der Abgabenbehörde vorgenommene Lastschriftanzeige die nach der Bgld. LAO offen stehenden Rechtsbehelfe zur Verfügung.

2.7. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.8. Da die Schriftsätze der Parteien und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal dem in der vorliegenden Abgabensache auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen steht.

2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am