VwGH vom 10.01.2019, Ra 2018/17/0186
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision der K G in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-769/001-2017, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmünd), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom wurde gegenüber der Revisionswerberin gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 53 Abs. 2 und 3 Glücksspielgesetz (GSpG) die Beschlagnahme von zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten angeordnet.
2 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG), in welcher sie unter anderem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die Beschwerde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision erweist sich bereits hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das LVwG habe im Revisionsfall entgegen näher genannter ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt, als zulässig und begründet.
6 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, stellt die Verletzung der Verhandlungspflicht bzw. des Unmittelbarkeitsgrundsatzes einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze bzw. eine konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften und damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa , mwN).
7 Das LVwG sah trotz entsprechenden Antrages der Revisionswerberin in der erhobenen Beschwerde ohne nähere Begründung von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit § 53 Abs. 2 GSpG bereits mehrmals ausgesprochen, dass die Bestimmungen über die Beschlagnahme im Glücksspielgesetz als Regelungen des Verwaltungsstrafverfahrens zu verstehen sind, weshalb die Vorschriften über das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen des VwGVG (§§ 37 ff VwGVG) zur Anwendung zu gelangen haben. Im Hinblick auf die in Frage stehende Verhandlungspflicht bedeutet dies im vorliegenden Fall, dass § 44 VwGVG anzuwenden war (vgl. , mwN).
9 Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG grundsätzlich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In den Abs. 2 bis 5 leg. cit. finden sich Ausnahmen von der Verhandlungspflicht. So entfällt die Verhandlung nach Abs. 2 leg. cit., wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Beide Voraussetzungen lagen im Revisionsfall nicht vor. Da das LVwG mit Erkenntnis entschieden hat, kam auch ein Absehen von der Verhandlung nach § 44 Abs. 4 VwGVG, das voraussetzt, dass das Verwaltungsgericht einen Beschluss zu fassen hat, nicht in Betracht (vgl. , mwN).
10 Die Revisionswerberin hatte in ihrer Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt. Ein nachfolgender Verzicht wurde nicht festgestellt und ist auch nach der Aktenlage nicht ersichtlich. Aus diesem Grunde konnte das LVwG das Unterbleiben der Verhandlung auch nicht auf § 44 VwGVG Abs. 3 oder Abs. 5 stützen.
11 Indem das LVwG daher im Revisionsfall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen hat, erweist sich das angefochtene Erkenntnis infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als rechtswidrig. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170186.L00 |
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