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VwGH 13.11.2018, Ra 2018/17/0172

VwGH 13.11.2018, Ra 2018/17/0172

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
VStG §31 Abs2;
RS 1
Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde.
Norm
VStG §31 Abs2 Z4;
RS 2
Hinsichtlich des Beginns und des Endes der Fristenhemmung iSd § 31 Abs 2 Z 4 VStG sind einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Beschwerde bzw. Revision beim VwGH und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde und nicht an den Beschwerdeführer bzw. Revisionswerber maßgebend (vgl. E VS , 86/02/0171, VwSlg. 12570 A/1987; E , 88/09/0017).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ro 2014/02/0074 E RS 1 (hier Beschwerdeführer im RS-Text nicht erwähnt)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der D M in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , LVwG-S-756/004-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom wurden über die Revisionswerberin wegen zweier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) näher bezeichnete Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

2 Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG).

3 Mit Erkenntnis des LVwG vom wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Revisionswerberin ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerber außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom wurde das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im Übrigen wurde die Revision zurückgewiesen.

5 Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Erkenntnis des LVwG vom der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die für den Fall der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafen festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von zweimal 200 Stunden auf zweimal einen Tag herabgesetzt wurden. Die Strafsanktionsnorm laute § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG. Kosten des Beschwerdeverfahrens seien nicht aufzuerlegen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

6 Dieses Erkenntnis wurde dem Inhalt der vorgelegten Verfahrensakten zufolge der belangten Behörde vor dem LVwG sowie dem Rechtsvertreter der Revisionswerberin jeweils am zugestellt.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Die Revisionswerberin führt in der Zulässigkeitsbegründung der Revision unter anderem aus, das angefochtene Erkenntnis stehe in Widerspruch zu (näher genannten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Erlassung eines Straferkenntnisses nach Ablauf der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist und damit nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung unzulässig sei und ein dennoch erlassenes Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet sei. Die Frist des § 31 Abs. 2 VStG sei nur dann gewahrt, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten erlassen worden sei, was hier nicht der Fall sei: Die der Revisionswerberin zur Last gelegte Tat umfasse den ; selbst unter Berücksichtigung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof (vom etwa bis ) sei Strafbarkeitsverjährung eingetreten, weil das Erkenntnis des LVwG erst am zugestellt worden sei.

9 Die Revision ist aus diesen in der Zulässigkeitsbegründung angeführten Gründen zulässig und berechtigt:

10 Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

11 Gemäß § 31 Abs. 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet (Z 4 leg. cit.).

12 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn die Rechtsmittelentscheidung innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde. Hinsichtlich des Beginns und des Endes der Fristenhemmung nach § 31 Abs. 2 Z 4 VStG sind einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde und nicht an die revisionswerbende Partei maßgebend (, mwH).

13 Im Revisionsfall umfasst das strafbare Verhalten der Revisionswerberin, das der Bestrafung zu Grunde gelegt wurde, den . Die dreijährige Frist für die Verjährung der Strafbarkeit endete somit gemäß § 31 Abs. 2 VStG am .

14 Nach der Aktenlage im Verfahren Ra 2018/17/0081 (erster Rechtsgang) langte die Revision der Revisionswerberin gegen das Erkenntnis des LVwG vom am beim LVwG und am beim Verwaltungsgerichtshof ein. Das aufhebende Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0081, wurde dem LVwG am zugestellt.

15 Der Ablauf der Verjährungsfrist am wurde demnach gemäß § 31 Abs. 2 Z 4 VStG während der Zeit des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ( bis ) gehemmt.

16 Nach Wegfall der Hemmung am begann die verbleibende Frist (20. März bis , somit 19 Tage) am wieder zu laufen. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung endete demnach am (vgl. zur Berechnung der Fristen VwSlg. 12.570 A/1987).

17 Das nunmehr angefochtene Erkenntnis des LVwG vom wurde der Aktenlage des LVwG folgend den Parteien am zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Strafbarkeit der der Revisionswerberin angelasteten Übertretungen jedoch bereits verjährt.

18 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VStG §31 Abs2 Z4;
VStG §31 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170172.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-79308