VwGH vom 19.06.2013, 2010/16/0219

VwGH vom 19.06.2013, 2010/16/0219

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Mairinger und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des P in H, bei Beschwerdeerhebung vertreten durch Dr. Harald Jesser, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Parkstraße 3/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA7A- 483-882/2010-2, betreffend Antrag auf Nachsicht der Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seinem an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Stadtgemeinde gerichteten Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer um Nachsicht der Getränkeabgabe des Zeitraums September 1998 bis Dezember 1999 in Höhe von EUR 17.294,03 und brachte dabei vor, er sei seit einem unverschuldeten Verkehrsunfall am querschnittsgelähmt. Als Folge dessen habe die Verpächterin der von ihm bis dahin betriebenen Tankstelle das Pachtverhältnis aufgelöst. Dadurch hätten er und seine Familie (Ehefrau und zwei Kinder) die Existenzgrundlage verloren.

Nachdem der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag gestellt hatte, wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde das Nachsichtsansuchen mit Bescheid vom ab.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei zu 100 % als invalid eingestuft. Er habe nach Verkauf seines Wohnhauses weit unter dem Verkehrswert zur Finanzierung einer neuen Wohnung und der notwendigen Aufwendungen im Zusammenhang mit den Unfallfolgen Kredite in Anspruch nehmen müssen. Es sei fraglich, ob diese von ihm überhaupt abgestattet werden könnten. Der Beschwerdeführer legte der Vorstellung medizinische Befunde und Kontoauszüge bei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe keine persönliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung aufgezeigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung der Nachsicht "einer mehr als vor 10 Jahren fällig gewordenen Getränkesteuer" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Fällige Abgabenschuldigkeiten können gemäß der Bestimmung des - im Beschwerdefall bereits anzuwendenden - § 236 Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit der Einhebung einer Abgabe kann eine persönliche oder eine sachliche sein.

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde im Wesentlichen das Vorliegen persönlicher Unbilligkeit, weil er aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes erwerbsunfähig sei und lediglich eine geringe Invaliditätspension sowie zweckgebundenes Pflegegeld beziehe.

Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtwerbers gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht aus persönlichen Gründen nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgaben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Liegenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (vgl. § 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 435/2005 sowie aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0101, mwN).

Dabei sind nicht die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld maßgebend, sondern jene zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/16/0039, sowie die bei Ritz , BAO4, Tz 10 zu § 236 angeführte hg. Rechtsprechung).

Nach ständiger hg. Judikatur ist es in einem Verfahren betreffend Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/13/0189, mwN). Im Nachsichtverfahren trifft den Antragsteller somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht.

Welche konkreten Vermögensgegenstände, deren Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme, im maßgeblichen Zeitpunkt vorhanden gewesen wären, hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde vorgebracht. Er hat auch konkrete Angaben über seine Einkommensverhältnisse unterlassen. Die Beschwerde stützt sich im Wesentlichen auf den gesundheitlichen Zustand des Beschwerdeführers, der jedoch für sich allein noch keine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu begründen vermag.

Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am