VwGH vom 29.04.2019, Ra 2018/16/0055

VwGH vom 29.04.2019, Ra 2018/16/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Stadtrates der Stadtgemeinde Bischofshofen, vertreten durch Dr. Thomas Bründl, Rechtsanwalt in 5204 Straßwalchen, Mondseer Straße 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. 405- 13/194/1/5-2018, betreffend Interessentenbeitrag nach dem Salzburger Interessentenbeiträgegesetz (mitbeteiligte Partei: G F in H, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwält e GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der revisionswerbenden Partei auf Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Bischofshofen gegenüber der Mitbeteiligten einen Interessentenbeitrag nach dem Salzburger Interessentenbeiträgegeset z in näher angeführter Höhe fest.

2 Die Mitbeteiligte erhob dagegen mit Schriftsatz vom eine als Beschwerde bezeichnete Berufung. 3 Der Stadtrat der Stadtgemeinde Bischofshofen entschied mit Bescheid vom über die Berufung mit folgendem Spruch:

"1. Die Berufung von (Mitbeteiligte), vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH, wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der Spruch des Bescheides der Abgabenbehörde I. Instanz vom , Zl: M 802/6453/2016, wird wie folgt abgeändert:

Durch den Bürgermeister der Stadtgemeinde Bischofshofen als

Abgabenbehörde I. Instanz wird (Mitbeteiligte) als Eigentümerin

der Liegenschaft XXX mit dem Grundstück Nr. YYY der KG B, ein

Interessentenbeitrag in der Höhe von ... vorgeschrieben.

3. Gemäß § 210 Bundesabgabenordnung - BAO ist der

Interessentenbeitrag in Höhe von ... mit Ablauf eines Monats nach

Bekanntgabe dieses Bescheides fällig."

4 Die Mitbeteiligte erhob mit Schriftsatz vom

Beschwerde gegen diesen Bescheid des Stadtrates.

5 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg entschied mit

Erkenntnis vom über diese Beschwerde mit folgendem

Spruch:

"I. Der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde

Bischofshofen vom wird behoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an

den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig."

6 Das Verwaltungsgericht begründete diese Entscheidung damit,

der Stadtrat der Stadtgemeinde Bischofshofen sei nicht befugt, im Namen des Bürgermeisters als Behörde erster Instanz eine Abgabe festzusetzen und einzuheben. Der Stadtrat habe eine Änderung des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides gewollt. Diese Entscheidung könne er nur in seinem Namen (des Stadtrates) treffen. Die Entscheidung des Stadtrates trete an die Stelle der Entscheidung des Bürgermeisters. Somit habe der Stadtrat eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm als Berufungsbehörde nicht zustehe. Die Berufungsentscheidung des Stadtrates sei somit zu beheben gewesen, über die der Stadtrat neuerlich zu entscheiden haben werde.

7 Mit Bescheid vom entschied der Stadtrat der Stadtgemeinde Bischofshofen (neuerlich) über die Berufung der Mitbeteiligten mit folgendem Spruch:

"1. Die Berufung von (Mitbeteiligten), vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH, wird als unbegründet abgewiesen.

2. (Mitbeteiligte) als Eigentümerin der Liegenschaft XXX mit dem Grundstück YYY der KG B, ein Interessentenbeitrag in der Höhe

von ... vorgeschrieben.

3. Gemäß § 210 Bundesabgabenordnung - BAO ist der Interessentenbeitrag in Höhe von ... mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheides fällig."

8 Die Mitbeteiligte erhob mit Schriftsatz vom dagegen Beschwerde.

9 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg entschied mit dem angefochtenen Erkenntnis wie folgt:

"I. Gemäß § 279 Abs 1 BAO wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig."

10 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg habe mit dem Erkenntnis vom den damals vor ihm bekämpften Bescheid des Stadtrates vom "im Ergebnis: ersatzlos" aufgehoben. Der Spruch dieses Erkenntnisses lasse - möge er für die Aufhebung auch keine Rechtsgrundlage anführen - an seinem Inhalt keine Zweifel offen, weshalb eine Auslegung des Spruches nach dessen Begründung nicht in Betracht komme. Eine ersatzlose Behebung habe zur Folge, dass über den Verfahrensgegenstand nicht mehr neuerlich entschieden werden dürfe.

11 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die Mitbeteiligte brachte mit Schriftsatz vom eine Revisionsbeantwortung ein.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Der revisionswerbende Stadtrat begründet die Zulässigkeit seiner Revision ersichtlich damit, das Verwaltungsgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach eine ersatzlose Aufhebung eines bekämpften Bescheides nicht in Frage komme, wenn dadurch ein der Entscheidung zugrunde liegender Antrag - im Revisionsfall die von der Mitbeteiligten erhobene Berufung - unerledigt bliebe. 17 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

18 § 279 BAO lautet:

"§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst."

19 Eine ersatzlose Aufhebung (meritorische Entscheidung) darf nur dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa , mwN). Im Revisionsfall war eine ersatzlose Aufhebung des Bescheides des revisionswerbenden Stadtrates vom jedoch ausgeschlossen, weil damit - wie der Stadtrat in der Revision zutreffend anführt - die von der Mitbeteiligten erhobene Berufung unerledigt bliebe. 20 Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom - welches vom revisionswerbenden Stadtrat nicht bekämpft wurde und dessen Richtigkeit im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen ist - ist daher dahingehend zu verstehen, dass es den Stadtrat für unzuständig gehalten habe, im Namen des Bürgermeisters eine Abgabe festzusetzen, und deshalb im Ergebnis keine ersatzlose Aufhebung ausgesprochen hat. Nach der tragenden Begründung jenes Erkenntnisses sollte der Stadtrat in einer der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes entsprechenden Art und Weise über die Berufung der Mitbeteiligten zu entscheiden haben.

21 Dem ist der Stadtrat - durch § 279 Abs. 3 BAO an diese Ansicht gebunden - mit dem Bescheid vom nachgekommen, indem er den strittigen Interessentenbeitrag nunmehr nicht "im Namen der Bürgermeisters" im Instanzenzug festgesetzt hat.

22 Das angefochtene Erkenntnis geht demgegenüber davon aus, dass nach der Aufhebung des Bescheides des Stadtrates vom nicht neuerlich in der Sache habe entschieden werden dürfen, und hält damit dem vor ihm bekämpften Bescheid des Stadtrates vom das Hindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen.

23 Solcherart steht das angefochtene Erkenntnis zur angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Widerspruch, weil es zur Folge hätte, dass über die Berufung der Mitbeteiligten nicht mehr abgesprochen werden könnte. 24 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 25 Der Antrag des revisionswerbenden Stadtrates auf Aufwandersatz war abzuweisen, weil der revisionswerbende Stadtrat und dessen Rechtsträger in den Fällen u.a. des Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG, auf welche Bestimmung sich die Revision des Stadtrates stützt, gemäß § 47 Abs. 4 VwGG keinen Anspruch auf Aufwandersatz haben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018160055.L00

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