VwGH vom 24.10.2019, Ra 2018/15/0114
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des A P in V, vertreten durch die Marsoner + Partner GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 6020 Innsbruck, Andreas Hofer Straße 43, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100614/2018, betreffend Einkommensteuer 2017, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist in Italien ansässig und erzielte im Jahr 2017 in Österreich Einkünfte aus der Vermietung einer Eigentumswohnung und aus der Veräußerung dieser Eigentumswohnung. Der Revisionswerber beantragte im Rahmen der Veranlagung der Einkommensteuer 2017 die Regelbesteuerung betreffend die Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen. Dazu machte er insbesondere realisierte Kursverluste aus einem Fremdwährungskredit einkünftemindernd geltend.
2 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer - im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG 1988) - für das Jahr 2017 fest. Die geltend gemachten Kursverluste wurden dabei nicht berücksichtigt. Das Finanzamt führte dazu begründend aus, anders als Schuldzinsen wiesen Kursverluste, die in Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten anfielen, die für die Anschaffung einer Liegenschaft aufgenommen würden, keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung auf. Kursverluste stellten kein Entgelt für die Nutzung oder Beschaffung des Fremdkapitals dar, sondern dienten der Tilgung des Fremdkapitals. Kursverluste aus Fremdwährungskrediten seien daher keine Werbungskosten und könnten damit bei Berechnung der Immobilienertragsteuer keine Berücksichtigung finden (Hinweis auf , G 138/2014).
3 Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. 4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Das Finanzamt verwies insbesondere darauf, die geltend gemachten Kursverluste könnten weder bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung noch bei der Berechnung der Immobilienertragsteuer abgezogen werden. 5 Der Revisionswerber beantragte die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, ein Werbungskostenabzug für Kursverluste komme nicht in Betracht, da diese - im Gegensatz zu Schuldzinsen - nicht ausdrücklich als abzugsfähige Werbungskosten in der Gruppe der Aufwendungen für Erwerb und Wertminderung von Wirtschaftsgütern genannt würden. Der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf ) habe klargestellt, dass Kursverluste anlässlich der Tilgung eines Fremdwährungsdarlehens nicht als Werbungskosten bei der Ermittlung außerbetrieblicher Einkünfte aus dem fremdfinanzierten Wirtschaftsgut abzugsfähig seien. Auch bei Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen könne nichts anderes gelten. Sämtliche im Rahmen der Tilgung des Darlehens geleisteten Zahlungen - also auch die Abdeckung von errechneten Konvertierungs- bzw. Kursverlusten - fielen in die private Vermögenssphäre des Abgabepflichtigen und seien nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision.
9 Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, die Frage einer Abzugsfähigkeit von Kursverlusten aus Fremdwährungskrediten zur Finanzierung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Fall einer ertragsteuerpflichtigen Veräußerung des finanzierten Mietgebäudes nach § 30, 30a bis 30c EStG 1988 und der Tilgung der Fremdwährungsverbindlichkeit aus dem Veräußerungserlös sei dem Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht vorgelegt worden. Nur eine volle Abzugsfähigkeit sämtlicher Kosten einer Fremdfinanzierung einer Einkunftserzielung nach § 28 EStG 1988 und/oder § 30, 30a bis 30c EStG 1988 entspreche dem objektiven Nettoprinzip. Eine Vermietung von Gebäuden werde im Betriebs- und Privatvermögen gleich besteuert. Seit werde auch die Veräußerung von Mietgebäuden im Betriebsvermögen gleich behandelt wie im Privatvermögen. Wechselkursverluste aus Fremdwährungskrediten zur Finanzierung von Betriebsvermögen (z.B. Mietgebäude im notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen) seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 im Jahr der Tilgung oder eines Wechsels in Euro. Insoweit sei eine Gleichbehandlung geboten.
10 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung eingebracht, auf die der Revisionswerber replizierte.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
13 Gemäß § 98 Abs. 1 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 EStG 1988), wenn das unbewegliche Vermögen im Inland gelegen ist (Z 6); sowie Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 EStG 1988, soweit es sich um inländische Grundstücke handelt (Z 7). Nach § 98 Abs. 4 EStG 1988 sind für Einkünfte u.a. im Sinne des Abs. 1 Z 7 EStG 1988 die § 30a bis 30c EStG 1988 entsprechend anzuwenden.
14 Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 (in der hier anwendbaren Fassung des Steuerreformgesetzes 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015; vgl. § 124b Z 276 EStG 1988) ist als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um die Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abzogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 EStG 1988 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Weiters sind näher aufgezählte Kosten und Minderbeträge zu berücksichtigen.
15 Nach § 20 Abs. 2 EStG 1988 (idF des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) durften u.a. bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit Einkünften, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 "anwendbar" ist, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Diese Bestimmung wurde mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016 dahin abgeändert, dass dieses Abzugsverbot nur gilt, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 EStG 1988 "angewendet wird". Damit sollte erreicht werden, dass - anders als bisher - künftig bei Immobilienveräußerungen der Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption nicht durch § 20 Abs. 2 EStG 1988 ausgeschlossen wird (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum StRefG 2015/2016, 684 BlgNR 25. GP 16).
16 Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Aufwendungen oder Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit abzugsfähig, als dies in den folgenden Bestimmungen ausdrücklich zugelassen ist. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind u. a. auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Nach § 102 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 dürfen bei der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit berücksichtigt werden, als sie mit diesen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
17 Zunächst ist zu bemerken, dass sich bei Finanzierung des Ankaufs einer Liegenschaft im Wege einer Verbindlichkeit in fremder Währung die Anschaffungskosten dieser Liegenschaft durch die Änderung des Wechselkurses der Fremdwährungsschuld nicht ändern (vgl. Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 96; vgl. weiters - zu Wertsicherungsbeträgen für einen gestundeten oder fremdfinanzierten Kaufpreis - , VwSlg. 6117/F).
18 Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Es muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der auf Einnahmenerzielung gerichteten außerbetrieblichen Tätigkeit und den Aufwendungen gegeben sein (vgl. ; vgl. auch , mwN). 19 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich wiederholt mit der Frage der steuerlichen Auswirkungen der Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten befasst. Wird ein Fremdwährungsdarlehen aus betrieblichen Gründen aufgenommen und kommt es in der Folge zu einer Änderung des Wechselkursverhältnisses, so ist das positive oder negative Ergebnis aus der Konvertierung im Rahmen der betrieblichen Einkünfte zu berücksichtigen (vgl. , VwSlg. 8305/F; , 2008/15/0127, VwSlg. 8359/F). Werden Fremdwährungsdarlehen hingegen aus außerbetrieblichen Gründen aufgenommen - etwa im Zusammenhang mit der Finanzierung von Gebäuden, die sodann der Vermietung dienen -, so sind die aus einer Konvertierung der Verbindlichkeit resultierenden Einkünfte als Spekulationseinkünfte zu behandeln. Die Konvertierung in die Heimatwährung ist als Veräußerung des mit der vorangegangenen Konvertierung in Fremdwährung erworbenen Wirtschaftsgutes "Fremdwährungskredit" zu beurteilen. Es handelt sich hiebei um außerhalb der Spekulationsfrist für die Einkommensteuer unbeachtliche Veränderungen des Wertes des Privatvermögens (vgl. , VwSlg. 8366/F; , 2004/13/0083, VwSlg. 8450/F).
20 Der Gesetzgeber hat bei Spekulationsgeschäften (§ 30 EStG 1988 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) eine gewisse Angleichung der Ermittlung der Einkünfte an die Regelung im betrieblichen Bereich herbeigeführt. Das Abflussprinzip (§ 19 Abs. 2 EStG 1988) wurde durch § 30 Abs. 4 EStG 1988 (idF vor BGBl. I Nr. 22/2012; ähnlich nunmehr § 30 Abs. 3 EStG 1988) insoweit durchbrochen, als alle Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen aus der Anschaffung des Spekulationsobjektes und seiner Erhaltung bis zur Veräußerung erwachsen, in einer Art Vermögensvergleich dem Veräußerungserlös gegenübergestellt werden und solcherart der Überschuss bzw. Verlust aus dem Spekulationsgeschäft ermittelt wird (vgl. , mwN). Insbesondere sind demnach im Rahmen der Ermittlung von Einkünften aus Spekulationsgeschäften auch in den Vorjahren angefallene Finanzierungskosten im Jahr der Veräußerung als abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. ; , 93/14/0125, VwSlg. 6838/F), soweit sie nicht bereits früher bei einer anderen Einkunftsquelle - etwa bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - zu berücksichtigen waren und sie auch nicht privaten Wohnzwecken iSd § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zuzuordnen sind (vgl. , VwSlg. 7160/F; vgl. auch , VfSlg. 20.219, Rz 34).
21 Die Einführung der Immobilienertragsbesteuerung mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 diente dazu, Wertänderungen von Grundstücken im betrieblichen Bereich auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und 3 EStG 1988 zu erfassen. Im außerbetrieblichen Bereich entfiel die bisherige Frist von 10 Jahren ab Anschaffung (vgl. 1680 BlgNR 24. GP 7). Betreffend die Frage, ob das Ergebnis aus der Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Einkünften aus der Veräußerung eines Grundstückes steht, hat sich dadurch aber nichts geändert.
22 Wenn auch nunmehr (idF BGBl. I Nr. 118/2015) im Rahmen der Immobilienertragsbesteuerung bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption Werbungskosten - über die in § 30 Abs. 3 EStG 1988 aufgezählten Kosten und Minderbeträge hinaus - zu berücksichtigen sind, so können aber Ergebnisse aus der Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten weiterhin nicht abgezogen werden, da diese in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus der Veräußerung des Grundstückes stehen (vgl. auch u.a., Rz 15 f). Die Ergebnisse aus der Konvertierung sind im außerbetrieblichen Bereich weiterhin als Spekulationseinkünfte zu behandeln. 23 Im vorliegenden Fall ist auch nach dem Vorbringen des Revisionswerbers die Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 31 Abs. 1 EStG 1988) bereits verstrichen. Verluste aus Spekulationsgeschäften sind überdies nicht ausgleichsfähig (§ 31 Abs. 4 EStG 1988). Schließlich unterliegen Einkünfte aus Spekulationsgeschäften nicht der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 98 Abs. 1 EStG 1988).
24 Dass Kursverluste, die im Zusammenhang mit einem Fremdwährungskredit anfallen, der für die Anschaffung einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Liegenschaft aufgenommen wurde, nicht in (unmittelbarem) Zusammenhang mit diesen Einkünften stehen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen (vgl. ). Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht nicht. Der Konvertierungsverlust kann sohin auch nicht in Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten berücksichtigt werden.
25 Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Konvertierung von Fremdwährungsverbindlichkeiten auch nicht zu (negativen) Einkünften aus Kapitalvermögen iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 führt (vgl. ).
26 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018150114.L00 |
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