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VwGH vom 21.12.2010, 2010/15/0175

VwGH vom 21.12.2010, 2010/15/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Senatspräsidenten Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J P in V, vertreten durch MMag.Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , Zl. RV/0163-K/04, betreffend Einkommensteuer 2003, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der in Österreich ansässige Beschwerdeführer stand im Streitjahr 2003 beginnend ab in einem Dienstverhältnis zu einem deutschen Arbeitgeber, wobei als Einsatzort Villach vereinbart war. Vom 5. Mai bis wurde er im Rahmen des Projektes "Verbesserung der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung der Stadt Tetovo - Machbarkeitsstudie" nach Tetovo/Mazedonien entsendet.

Der Beschwerdeführer erklärte für das Jahr 2003 nicht streitgegenständliche Inlandseinkünfte. Die für den Auslandseinsatz in Mazedonien erzielten Einkünfte in Höhe von EUR 29.545,16 behandelte er als "nicht lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit".

Mit Einkommensteuerbescheid vom unterzog das Finanzamt die Auslandseinkünfte hingegen der Einkommensteuer.

Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 komme nicht zum Tragen, weil gegenständlich weder ein inländischer Arbeitgeber noch eine inländische Betriebsstätte eines ausländischen Arbeitgebers vorlägen. Die Beurteilung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit durch die angeführte Bestimmung das dem Gleichheitsgrundsatz inhärente "Sachlichkeitsgebot" verletzt werde, stehe der belangten Behörde nicht zu. Diese habe ihre Entscheidungen auf Grund des Legalitätsprinzips (Art. 18 B-VG) auf Grundlage der geltenden Gesetze und Verordnungen zu treffen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hat deren Behandlung abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluss vom , B 987/05). Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anwendung der Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Für den Verwaltungsgerichtshof war daher § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 präjudiziell. Auf Grund verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Norm in ihrem gemeinschaftsrechtlich modifizierten Inhalt stellte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , A 2010/0011, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die genannte Bestimmung in der im Beschwerdefall zur Anwendung gelangenden Stammfassung als verfassungswidrig aufzuheben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des zitierten Beschlusses verwiesen.

In Entsprechung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 29/10-6 u.a., § 3 Abs. 1 Z 10 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der (im Beschwerdefall einschlägigen) Stammfassung als verfassungswidrig auf. Hiebei sprach er aus, dass frühere Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenständlich ist ausschließlich strittig, ob ein Teil der vom Beschwerdeführer im Streitjahr 2003 erzielten Einkünfte in Anwendung der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 von der belangten Behörde als steuerfrei zu behandeln gewesen wäre.

Der Beschwerdefall bildete einen der Anlassfälle für die verfassungsgerichtliche Aufhebung des nach dem Beschwerdevorbringen vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988.

Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht mit seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist nach ständiger Rechtsprechung daher so vorzugehen, als ob bei dessen Erlassung die aufgehobene Bestimmung nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/17/0401).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Befreiungsbestimmung nicht angewendet. Unabhängig von der Frage, welche Auslegung der genannten Bestimmung vor deren Aufhebung beizulegen gewesen wäre, ergibt sich auf Grund der durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigten Gesetzeslage, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid im Ergebnis nicht mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Anders als im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis des , VfSlg.Nr, 14.870), in dem ein Beschwerdeführer - ungeachtet der Abweisung seiner Beschwerde - insoweit als erfolgreich angesehen wird, als die Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG zur Aufhebung einer im Beschwerdefall präjudiziellen Gesetzesbestimmung geführt hat, kommt es gemäß § 48 Abs. 1 VwGG ausschließlich darauf an, ob der Beschwerdeführer obsiegende Partei ist. Davon kann im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich der vorzunehmenden Abweisung der Beschwerde als unbegründet aber keine Rede sein.

Wien, am