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VwGH vom 28.10.2010, 2010/15/0055

VwGH vom 28.10.2010, 2010/15/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der T in G, vertreten durch Dr. Roland Weinrauch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zelinkagasse 14/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2979- W/09, betreffend Einkommensteuer 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der von der Beschwerdeführerin an Frau S aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs im Jahr 2006 gezahlte Betrag von 16.667 EUR im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2006 bei der Beschwerdeführerin als Sonderausgaben zu berücksichtigen ist.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid übertrug die Mutter der Beschwerdeführerin (Frau B) mit Schenkungsvertrag vom das Eigentum an ihrer Liegenschaft in W an ihre Enkelkinder. Sie behielt sich bis zur ihrem Tod das Fruchtgenussrecht vor und bestimmte, dass das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft nach ihrem Tod auf ihre drei Kinder (die Beschwerdeführerin und deren zwei Geschwister) "übergehen" solle. Frau B sei am verstorben. Ab diesem Zeitpunkt seien die Beschwerdeführerin und ihre beiden Geschwister Fruchtgenussberechtigte an der Liegenschaft gewesen und hätten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Liegenschaft bezogen, welche seither gemäß § 188 BAO vom Finanzamt festgestellt und den Beteiligten zugewiesen worden seien (so auch für das Jahr 2006 mit Bescheid vom ). Im Jänner 2006 habe Frau S (die Tochter einer verstorbenen Tochter der Frau B) Klage bei Gericht gegen die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister eingebracht. Sie habe als Abgeltung dafür, dass die drei Beklagten von Frau B mittels Schenkung im Jahr 1994 als Fruchtgenussberechtigte eingesetzt worden seien, einen Betrag von 260.000 EUR gefordert. Frau S sei im Schenkungsvertrag vom von Frau B nicht bedacht worden, sei aber im Verlassenschaftsverfahren nach Frau B pflichtteilsberechtigt gewesen. Die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister hätten Frau S im Gerichtsverfahren vorgeschlagen, sich an den laufenden Fruchtgenusserträgnissen zukünftig zu beteiligen, doch sei aufgrund des Ablebensrisikos des Bruders der Beschwerdeführerin und der mangelnden Zustimmung von Frau S zum Vorschlag der Beklagten das Gerichtsverfahren mit Vergleich vom beendet worden. Mit diesem Vergleich hätten sich die Beschwerdeführerin und ihre Geschwister verpflichtet, an Frau S 100.000 EUR in mehreren Raten zu zahlen. Der letzte Satz des Vergleiches habe gelautet: "Damit sind die Pflichtteilsansprüche der Klägerin verglichen." In Erfüllung des Vergleiches habe die Beschwerdeführerin im Jahr 2006 einen Betrag von 16.667 EUR an Frau S bezahlt und mache diesen Betrag als Sonderausgaben geltend.

Im Einkommensteuerbescheid vom wurden für die Beschwerdeführerin an Sonderausgaben nur der Pauschalbetrag von 60 EUR anstelle des von ihr geltend gemachten Betrages von

16.667 EUR angesetzt. Begründend führte das Finanzamt aus, die Beschwerdeführerin habe im Jahr 2006 16.666,67 EUR an Frau S geleistet (in den Jahren 2007, 2008 und 2009 jeweils 5.555,56 EUR). Diese Zahlungen basierten auf einem Vergleich vom beim Landesgericht A, wobei mit diesen Zahlungen die Pflichtteilsansprüche der Klägerin (Frau S) abgegolten worden seien. Kosten im Zusammenhang mit einem Erbanfall würden in erster Linie einen nicht der Einkommensteuer unterliegenden Vermögenszuwachs betreffen. Dies gelte insbesondere auch für die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen und Vermächtnissen, die Kosten der Abwehr solcher Ansprüche oder deren Verzinsung. Da diese Zahlungen mit Pflichtteilsansprüchen in Verbindung stünden, könnten sie nicht einkommensteuerlich geltend gemacht werden.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, am habe Frau S eine Klage beim Gericht A eingebracht, mit der die Anrechnung der Schenkung (Fruchtgenuss), die Berechnung des Wertes des Fruchtgenusses und nach Vorliegen der Bewertung die Herausgabe des achten Teiles desselben gefordert worden seien. In der Verhandlung vom sei es zu einem Vergleich gekommen. Die Richterin habe im Zuge der Verhandlung den Parteien den Rat gegeben, auf einen jahrelangen Rechtsstreit, dessen Ausgang ungewiss sei, zu verzichten, und Frau S am Fruchtgenuss zu beteiligen. Frau S sei aber nicht mit einem Anteil am laufenden Fruchtgenuss einverstanden gewesen, weshalb man sich auf die Zahlung eines Betrages von insgesamt 100.000 EUR (19.000 EUR binnen 14 Tagen, 31.000 EUR bis zum , der Restbetrag von 50.000 EUR in drei Raten zu je 16.667 EUR bis zum , sowie ) geeinigt habe. In den Vergleich sei der Satz aufgenommen worden, dass damit sämtliche Pflichtteilsansprüche verglichen seien. Mit der Zahlung sei kein gesetzlicher Pflichtteil erfüllt, sondern ein Anteil an einem bestehenden Fruchtgenussrecht eingeräumt worden. Es sei nicht künftig bestehendes, nicht der Einkommensteuer unterliegendes Privatvermögen gesichert worden, sondern es seien in der Zukunft liegende Erträgnisse verglichen worden. Das betroffene Privatvermögen gehöre anderen Personen (Enkel). Es handle sich auch um keine Kosten der Abwehr geltend gemachter Pflichtteilsansprüche oder Kosten der Verzinsung von Pflichtteilsansprüchen. Der letzte Satz des Vergleiches habe nur der Absicherung der Rechtsposition der drei Kinder im Verlassenschaftsverfahren gedient. Die geleisteten Zahlungen seien bei der Empfängerin als wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z 1 EStG zu versteuern und bei der Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG absetzbar.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, die als Sonderausgaben geltend gemachten Geldleistungen hätten die Funktion, Pflichtteilsansprüche der Frau S abzugelten; daher könnten die Zahlungen nicht einkommensteuerlich geltend gemacht werden. Frau S sei keine Fruchtgenussberechtigte. Das im Verlassenschaftsverfahren erstellte Bewertungsgutachten habe den Wert des Fruchtgenusses mit ca. 800.000 EUR beziffert, sodass der Betrag von 100.000 EUR etwa einem Achtel, also dem Pflichtteilsanspruch eines Kindes entsprochen habe. Die Zahlungen der Beschwerdeführerin an Frau S könnten nicht als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und führte aus, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien demjenigen zuzurechnen, der zur Nutzung der Vermögenswerte berechtigt sei; bei Einräumung eines Fruchtgenussrechtes seien die Einkünfte dem Fruchtgenussberechtigten zuzurechnen. Die von der Beschwerdeführerin an Frau S geleistete Zahlung falle weder unter den Begriff der Rente noch unter jenen der dauernden Last, da die Leistung von drei Raten von Anfang an durch den gerichtlichen Vergleich bestimmt gewesen sei. Es sei keine Unbestimmtheit der Laufzeit gegeben gewesen, auch habe sich der Zeitraum der Leistungen nicht über mindestens zehn Jahre erstreckt. Diese Zahlungen seien auch nicht als Werbungskosten zu beurteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet ein, es sei kein gesetzlicher "Pflichtanteil" erfüllt worden, sondern Frau S sei ein Anteil an einem bestehenden Fruchtgenussrecht eingeräumt worden. Dieser Behauptung stehen aber die Feststellungen und das Beschwerdevorbringen entgegen. Demnach hätten zwar die im Gerichtsverfahren Beklagten (so auch die Beschwerdeführerin) der Klägerin (Frau S) einen Anteil am Fruchtgenuss einräumen wollen. Damit sei aber Frau S nicht einverstanden gewesen, sodass man sich auf die Zahlung eines Betrages von 100.000 EUR (in Raten) geeinigt habe. Somit wurde aber von vornherein kein Anteil an einem bestehenden Fruchtgenussrecht (im Sinne einer Beteiligung an einer Einkunftsquelle) eingeräumt.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

Renten sind regelmäßig wiederkehrende, auf einem einheitlichen Verpflichtungsgrund beruhende Leistungen, deren Dauer vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses, vor allem dem Tod einer Person abhängt. Sonstige dauernde Lasten sind rentenähnliche, von einem gewissen Unsicherheitsmoment abhängige Leistungsverpflichtungen, die während eines längeren Zeitraums, mindestens aber zehn Jahre bestehen und deren Zeitdauer nicht absolut fixiert wird (vgl. Doralt/Renner, EStG10, § 18 Tz 27 f; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0052).

Mit dem Vergleich vom hatte sich unter anderem die Beschwerdeführerin dazu verpflichtet, an Frau S einen Betrag von 100.000 EUR in Raten zu bezahlen. Insoweit liegen daher weder Renten vor (die Dauer der Leistungen hängt nicht vom Eintritt eines ungewissen Ereignisses ab), noch liegen sonstige dauernde Lasten vor (kein Unsicherheitsmoment, Leistungszeitraum von nur etwa vier Jahren). Es liegen demnach keine Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 vor.

In der Beschwerde wird zu Recht (vgl. etwa VwSlg. 5.082 F/1977) nicht geltend gemacht, die Zahlungen seien als Werbungskosten zu berücksichtigen. Auf diese Frage ist hier aber schon deswegen nicht einzugehen, weil Werbungskosten (einschließlich allfälliger Sonderwerbungskosten) bereits im Feststellungsverfahren (§ 188 BAO) zu prüfen gewesen wären (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0019).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am