VwGH vom 18.05.2009, 2005/17/0083

VwGH vom 18.05.2009, 2005/17/0083

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2005/17/0084 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des B C in W, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Reisnerstraße 61, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/46/494/2004, betreffend Übertretung des Börsegesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (in der Folge: FMA) vom wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen, er habe als ehemaliges Vorstandsmitglied und damit als nach § 9 Abs. 1 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der

L AG, einer Emittentin von Wertpapieren, die von bis zum (vom Handel ausgesetzt ab ) zum amtlichen Handel an der Wiener Börse zugelassen gewesen sei, zu verantworten, dass dieses Unternehmen mit Sitz in X, es unterlassen habe, neue, in ihrem Tätigkeitsbereich eingetretene Tatsachen, die wegen ihrer Auswirkung auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- und Ertragslage geeignet seien, den Kurs der Aktien erheblich zu beeinflussen, unverzüglich dem Börseunternehmen und der FMA gemäß § 82 Abs. 7 Börsegesetz (in der Folge: BörseG) mitzuteilen sowie gemäß § 82 Abs. 6 BörseG gehörig zu veröffentlichen, nämlich

1. bis spätestens gemäß § 82 Abs. 7 BörseG zu melden beziehungsweise gemäß § 82 Abs. 6 BörseG gehörig zu veröffentlichen, dass für die L AG ein zusätzlicher Liquiditätsbedarf von rund EUR 20 Millionen errechnet gewesen sei, ohne dessen Bereitstellung zum damaligen Zeitpunkt nicht von einer positiven Fortführungsprognose für das Unternehmen ausgegangen werden habe können und somit der Anschlusskonkurs gedroht habe.

2. bis spätestens gemäß § 82 Abs. 7 BörseG zu melden beziehungsweise gemäß § 82 Abs. 6 BörseG gehörig zu veröffentlichen, dass es zu einer Reduktion der Warenbezüge auf Grund der Bedienung von Lieferantenverbindlichkeiten gekommen sei, die auf Grund des negativen Einflusses auf den Umsatz zu einer weiteren Verschlechterung der Liquiditätssituation führen habe müssen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer zu Punkt 1 und 2 gemäß §§ 16, 19, 22 und 44a VStG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Z 6a und Abs. 4 BörseG Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 132 Stunden) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Sachverständigen für Geld- und Währungsfragen, Börsen- und Bankenwesen sowie Vermögensberatung ein und hielt zwei mündliche Verhandlungen ab.

Unter Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides bestätigte die belangte Behörde Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA mit der Maßgabe, dass in der Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses der FMA der letzte Halbsatz des ersten Satzes laute: "unverzüglich a) dem Börseunternehmen und b) der FMA gemäß § 82 Abs. 7 BörseG mitzuteilen sowie c) gemäß § 82 Abs. 6 BörseG zu veröffentlichen."

An Stelle einer einzigen Geldstrafe von EUR 3.000,-- verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer zu Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA drei Geldstrafen von jeweils EUR 300,-- und im Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafen statt einer Ersatzfreiheitsstrafe von 132 Stunden drei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 24 Stunden.

Die Übertretungsnorm zu Punkt 1 a) und b) laute "§ 82 Abs. 7 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Z 6a BörseG, BGBl. Nr. 555/1990 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001".

Die Übertretungsnorm zu Punkt 1 c) laute: "§ 82 Abs. 6 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Z 6a BörseG, BGBl. Nr. 555/1990 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001".

Die Strafsanktionsnorm laute jeweils "§ 48 Abs. 1 Einleitungssatz BörseG, BGBl. Nr. 555/1990 in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2001".

Unter Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses der FMA statt und stellte zu Punkt 2 des Straferkenntnisses der FMA das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer seit Mitglied des Vorstands der Emittentin, zuständig für Finanzen und gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen zur Außenvertretung des Unternehmens berufen gewesen sei. Zur Tatzeit sei der Beschwerdeführer daher Vorstandsmitglied und somit zur Außenvertretung der L AG berufen gewesen. Die Erstattung börserechtlicher Meldungen und Veröffentlichungen falle im Rahmen der internen Aufgabenverteilung im Vorstand nicht in den Aufgabenbereich des Beschwerdeführers. Dies sei im gesamten Verfahren ebenso unbestritten geblieben wie der gleichfalls als erwiesen festgestellte Umstand, dass die L AG Emittent von Wertpapieren (L Aktien) gewesen sei, die zur Tatzeit an der Wiener Börse zum amtlichen Handel zugelassen gewesen seien. Unbestritten sei weiters geblieben, dass sich die L AG zur Tatzeit im Ausgleich befunden habe und am über das Unternehmen der Konkurs eröffnet worden sei.

Ob zur Tatzeit die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Widerruf der Zulassung der L Aktien an der Wiener Börse gemäß § 64 Abs. 5 BörseG gegeben gewesen seien, wie dies in dem vom Beschwerdeführer zu seiner Entlastung vorgelegten Rechtsgutachten von Frau Prof. K dargelegt werde, brauche im Beschwerdefall nicht geprüft zu werden, zumal ein Widerruf der Zulassung zur Tatzeit unbestrittener Maßen nicht erfolgt sei (der Widerruf sei erst am erfolgt) und als Tatbestandsmerkmal für die dem Beschwerdeführer gegenständlich zur Last gelegten Übertretungen von § 82 Abs. 6 und 7 BörseG die unbestritten gebliebene Tatsache der aufrechten Zulassung der L Aktie zur Tatzeit und nicht das vom Beschwerdeführer bestrittene Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen verankert sei. Wie bereits die FMA zutreffend festgehalten habe, würde die Anknüpfung an fehlende Zulassungsvoraussetzungen den Zielen von § 82 Abs. 6 und 7 BörseG, nämlich der Insiderprävention und dem Anlegerschutz, zuwiderlaufen.

Rechtlich folge daraus, dass die L AG zur Tatzeit verpflichtet gewesen sei, bei Vorliegen der in § 82 Abs. 6 BörseG genannten Voraussetzungen Meldungen an die FMA und die Wiener Börse nach § 82 Abs. 7 BörseG zu erstatten und die entsprechende Veröffentlichung nach § 82 Abs. 6 BörseG vorzunehmen.

Zu den im Spruch des Straferkenntnisses der FMA genannten Zeitpunkten ( und ) seien seitens der L AG weder Veröffentlichungen noch Meldungen gemäß § 82 Abs. 6 und 7 BörseG vorgenommen worden. Erst am habe die L AG, nachdem bereits am im Nachrichtenmagazin "Format" und am in der Tageszeitung "Die Presse" über einen "Finanzierungsbedarf bei den Banken von rund 20 Millionen Euro" beziehungsweise über eine "dramatische Liquiditätskrise" der L AG berichtet worden sei, in einer der FMA ad-hoc übermittelten Presseaussendung bekannt gegeben, dass "mit den Banken zur Zeit intensiv mehrere Lösungsmöglichkeiten für die Zwischenfinanzierung des notwendigen Mittelbedarfs diskutiert werde". Diese bereits im erstinstanzlichen Verfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen seien unbestritten geblieben.

Hingegen sei bestritten worden, dass zu den Tatzeitpunkten überhaupt melde- beziehungsweise veröffentlichungspflichtige "neue Tatsachen" im Sinne von § 82 Abs. 6 und 7 BörseG vorgelegen wären. Dies sei aus den im Folgenden dargelegten Gründen zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu bejahen, zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides dagegen zu verneinen.

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass entsprechend den Ausführungen von Herrn S in der mündlichen Verhandlung am als erwiesen festgestellt werde, dass im Ausgleichsverfahren zwischen der L AG und den Banken vereinbart worden sei, dass die Banken der L AG mit Krediten über ca. 400 Millionen ATS die Finanzierung sichern würden. Zusätzliche 300 Millionen ATS, die zum saisonbedingt erforderlichen Gesamtfinanzierungsbedarf von ca. 700 Millionen ATS fehlten, sollten über Lieferantenkredite aufgebracht werden. Im Frühjahr 2002 wäre für das zu erwartende Herbstgeschäft (Schulbeginn) die Gewährung von Lieferantenkrediten notwendig gewesen. Diese habe der Beschwerdeführer im Großen und Ganzen bereits unter Dach und Fach gehabt, als es in der Aufsichtsratssitzung vom zum Ausscheiden des Beschwerdeführers aus dem Vorstand mit Wirkung vom gekommen sei. Dadurch verunsichert hätten die Lieferanten vor Zahlung der Ausgleichsrate durch die L AG im Juni 2002 keine Kredite mehr gewährt. Durch diesen Ausfall von Lieferantenkrediten hätte die L AG einen Betrag von ca. 10 Millionen Euro (ca. 140 Millionen ATS) bis 20 Millionen Euro (ca. 270 Millionen ATS) über Bankkredite aufbringen müssen, um das Herbst- und Weihnachtsgeschäft 2002 sicherzustellen.

Auf Grund der im Akt einliegenden Protokolle der Aufsichtsratssitzungen vom und vom stellte die belangte Behörde zudem fest, dass das im Auftrag des Vorstandes von Herrn B, dem Leiter des Bereichs Controlling, errechnete Szenario nach Ausfall der Lieferantenkredite in der 10. Sitzung des Aufsichtsrates vom in Anwesenheit des Beschwerdeführers dem Aufsichtsrat vorgestellt worden sei und in dieser Aufsichtsratssitzung seitens des Vorstands von einem "Liquiditätsbedarf von zusätzlich rund 20 Millionen Euro (mit Spitzen im Juni und August 2002)" berichtet und festgestellt worden sei, dass über die Zurverfügungstellung dieser "zusätzlich für den Fortbestand des Unternehmens erforderlichen Mittel" bis schriftlich seitens der Konsortialbank zu entscheiden sei.

Rechtlich folge daraus, dass dem Beschwerdeführer als Vorstandsmitglied spätestens am (Tag der 10. Aufsichtsratssitzung) bekannt gewesen sei, dass die in Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses umschriebene Tatsache, in concreto ein zusätzlich errechneter Liquiditätsbedarf von rund 20 Millionen, ohne dessen Bereitstellung nicht von einer positiven Fortführungsprognose für das Unternehmen ausgegangen werden habe können, vorgelegen sei.

Unbeschadet des Umstandes, dass der Gesamtfinanzierungsbedarf der L AG sich nicht verändert hätte, sei durch den Ausfall der Lieferantenkredite zwar kein zusätzlicher Finanzierungs-, sehr wohl aber ein zusätzlicher Liquiditätsbedarf entstanden, sodass entgegen den Ausführungen in der Berufung sehr wohl von einer "neuen Tatsache" im Sinne von § 82 Abs. 6 BörseG auszugehen sei.

Neu sei eine Tatsache dann, wenn sie weder vom Unternehmen im Rahmen seiner Informationspolitik beziehungsweise Regelpublizität veröffentlicht worden sei, noch sonst den am Kapitalmarkt Interessierten bekannt gewesen sei. Bis zum Zeitpunkt des ersten Medienberichts am sei die Tatsache dem Anlegerpublikum nicht bekannt und daher auch nicht öffentlich gewesen. Der Hinweis in der Hauptversammlung vom , dass "im heurigen Geschäftsjahr zur Finanzierung des durch das Umsatzwachstum steigenden Working Capitals aber auch wieder Lieferantenkredite erforderlich seien" und dass L das "Vertrauen der Lieferanten wieder gewinnen müsse, damit die zukünftige Finanzierung des Unternehmens auch weiterhin gesichert sei", genüge weder hinsichtlich des Empfängerkreises noch in Bezug auf seinen Konkretisierungsgrad einer Veröffentlichung. Die Feststellung für ein in der Sanierungsphase befindliches Unternehmen, dass man das Vertrauen der Lieferanten gewinnen müsse, sei nicht dazu geeignet, den Emittenten im Fall der drohenden Insolvenz mangels Liquidität von seiner Pflicht zur Ad-hoc-Publizität zu befreien. Der Aktionärsbrief für die ersten drei Quartale habe für das dritte Quartal von einer auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen sowie erfolgreichen Kostenmanagements erfreulichen Ertragsentwicklung, von einem erfreulichen Weihnachtsgeschäft und einer Verbesserung der Ertragskraft berichtet. Die Feststellungen, dass ein negatives EBITDA und ein negatives EBIT erwirtschaftet worden seien, würden für einen Sanierungsfall, wie es L gewesen sei, noch nicht ausreichend auf die Tatsache schließen lassen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Liquiditätsplanung ein unerwarteter, ziffernmäßig relativ genau bestimmbarer Zusatzbedarf erforderlich werde. Auch aus der Informationspolitik des Unternehmens habe ein aktiver Beobachter des Kapitalmarkts somit keinerlei Rückschluss auf die im Unternehmen eingetretenen Tatsachen gewinnen können. Folglich sei das in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides umschriebene Ereignis vom als "neue Tatsache" im Sinne von § 82 Abs. 6 BörseG zu werten.

Dass diese neue Tatsache im Tätigkeitsbereich der L AG eingetreten sei, sei im gesamten Verfahren unbestritten geblieben. Dass sie Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage haben hätte können und dass dies dem Vorstand zur Tatzeit bekannt gewesen sei, ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der Vorstand selbst schon am davon ausgegangen sei, dass die Zurverfügungstellung der zusätzlichen Mittel von rund 20 Millionen Euro für den Fortbestand des Unternehmens erforderlich sein würde. Dass der Vorstand mit dieser Einschätzung richtig gelegen sei, zeige die tatsächliche weitere wirtschaftliche Entwicklung der L AG, die infolge der letztendlich ausgebliebenen Bereitschaft der Banken, zusätzliche Kredite zu gewähren, am Konkurs anmelden habe müssen. Massivere Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage eines Unternehmens als den drohenden Konkurs könnten einer neuen Tatsache im Sinne von § 82 Abs. 6 und 7 BörseG nicht zukommen, sodass vor dem Hintergrund, dass der Vorstand des Unternehmens selbst diese Gefahr bereits erkannt und den Aufsichtsrat davon unterrichtet gehabt hätte, das vom Beschwerdeführer in der fortgesetzten Verhandlung beantragte Sachverständigengutachten zu dieser Frage nicht eingeholt werden habe müssen.

Wie der Beschwerdeführer im Verfahren zu Recht betont habe, sei zur Tatzeit noch nicht festgestanden, dass die Banken den zusätzlichen Liquiditätsbedarf von rund 20 Millionen Euro nicht durch die Zurverfügungstellung von Krediten decken würden. Tatsächlich sei dies erst unmittelbar vor der Konkurseröffnung im Juni 2002 festgestanden. Auf der anderen Seite bleibe jedoch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auch keinerlei verbindliche Zusagen oder Garantien seitens der Banken vorweisen habe können, um den zusätzlichen Liquiditätsbedarf der L AG durch Kredite zu decken. Es werde daher als erwiesen festgestellt, dass es zur Tatzeit noch offen gewesen sei, ob die Banken die entsprechenden Kredite gewähren und damit den Fortbestand des Unternehmens sichern würden, dass es aber nicht (mehr) im Ingerenzbereich des Unternehmens gelegen sei, die durch die Liquiditätslücke entstandene existentielle Bedrohung des Unternehmens abzuwenden, sondern die L AG dazu auf die Mitwirkung und den "Good Will" der Banken angewiesen gewesen sei.

Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, inwiefern die unter Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides (Punkt 1 des Bescheides der FMA) angesprochene neue Tatsache geeignet gewesen sei, wegen ihrer Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage des Unternehmens (möglicher Konkurs im Fall des Ausbleibens der notwendig gewordenen Bankkredite) den Kurs der L Aktie erheblich zu beeinflussen.

Bei der Beurteilung der erheblichen Kursbeeinflussung sei von einer ex ante Betrachtung auszugehen und nicht davon, wie sich der Kurs der Aktie dann tatsächlich entwickelt habe. Die Information müsse aus der Sicht eines Investors ein wesentliches Element einer Kauf- oder Verkaufsentscheidung sein. Die Erheblichkeit werde danach beurteilt, ob die allgemeine Kenntnis der neuen Tatsache geeignet sei, den Kurs des Wertpapiers erheblich zu beeinflussen und ob es sich daher für Insider unter Berücksichtigung der Marktrisiken und Kosten lohnen würde, Insidertransaktionen durchzuführen. Die Erheblichkeitsschwelle sei je nach Wertpapier sowie nach dem bisherigen Kursverhalten unterschiedlich zu beurteilen. Zur Aufbereitung der fachlichen Grundlagen, die für die Klärung der sich solcherart stellenden Fragen erforderlich seien, sei ein Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen auf den Gebieten Geld- und Währungsfragen, Börsen- und Bankwesen sowie Vermögensberatung, Mag. F, eingeholt worden.

Auf Grund dieses im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen und im Zusammenhang mit den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom schlüssigen Gutachtens, dem der Beschwerdeführer nicht auf vergleichbarem fachlichen Niveau (etwa durch Beisteuerung eines Gegengutachtens) entgegengetreten sei, werde als erwiesen festgestellt, dass die Anlegerstruktur im maßgeblichen Zeitraum (April 2002) in Ermangelung entsprechend zugänglicher Unterlagen nicht mehr vollinhaltlich nachvollzogen werden könne. Die belangte Behörde gehe auf Grund der diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen davon aus, dass nach der Anfang März erfolgten Kapitalherabsetzung die meisten privaten Anleger (Kleinanleger) ausgeschieden seien, sodass als Marktteilnehmer in erster Linie nur noch Spekulanten übrig geblieben seien. Bei den von diesen "Spekulanten" durchgeführten Transaktionen habe es sich primär um Nostro-Bestellungen der Banken gehandelt. Gerade in diesem Publikumskreis hätte nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen eine ad hoc Meldung betreffend die in Rede stehenden Tatsachen den Kurs selbst über das ohnedies bereits ohne irgendwelche Meldungen vorhandene starke Schwankungsausmaß hinaus beeinflussen können. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass der Umsatz mit der L Aktie sehr niedrig und daher sehr anfällig für Geschäfte einzelner Anleger gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei von einem zwar vergleichsweise kleinen, jedoch immer noch existenten Markt für den Handel mit der L Aktie auszugehen.

Vor dem Hintergrund der vom Sachverständigen geschilderten Anlegerstruktur und der von ihm skizzierten Kursbildung und - entwicklung im Tatzeitraum erweise sich die Tatsache einer die Fortführung des Unternehmens bedrohenden Liquiditätslücke, wobei die Bedrohung des Unternehmensbestandes nur noch durch Hilfe von außen (Gewährung zusätzlicher Bankkredite), nicht jedoch durch unternehmensinterne Maßnahmen abgewendet werden habe können, als geeignet, Kauf- beziehungsweise Verkaufsentscheidungen von Anlegern und potentiellen Investoren zu beeinflussen. Die Kenntnis dieser Tatsachen hätte zweifelsfrei einen wirtschaftlichen Vorteil geboten und Anreiz gegeben, diese Informationen zu verwerten. Die in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides (Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA) angesprochene neue Tatsache hätte daher bei einer ex-ante Betrachtung unter Berücksichtigung historischer Marktdaten die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung gehabt.

Eine Ad-hoc Meldung habe - wie bereits die FMA treffend festgestellt habe - unverzüglich nach Bekanntwerden der neuen Tatsache zu erfolgen. Unverzüglich bedeute zwar in diesem Fall nach sorgfältiger Prüfung, aber ohne schuldhaftes Zögern. Im gegenständlichen Fall wäre der Vorstand der L AG daher verpflichtet gewesen, noch am nicht nur den Aufsichtsrat, sondern auch die FMA, das Börseunternehmen und mittels entsprechender Veröffentlichung die Anleger von den in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides (Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA) relevierten neuen Tatsachen zu unterrichten. Der FMA könne daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie den als Tatzeitpunkt gewählt habe.

Vor diesem Hintergrund sei der objektive Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als verwirklicht anzusehen.

Zur subjektiven Tatseite sei auszuführen, dass es sich bei Übertretungen der §§ 82 Abs. 6 und 82 Abs. 7 BörseG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Z 6a BörseG um Ungehorsamsdelikte im Sinne von § 5 Abs. 1 VStG handle, da zu den Tatbestandselementen weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr zähle. Bei einem Ungehorsamsdelikt werde Fahrlässigkeit widerleglich vermutet, sodass es am Beschuldigten liege, glaubhaft zu machen, dass ihn kein Verschulden treffe. Eine solche Glaubhaftmachung sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

Was den Umstand betreffe, dass die Erstattung von Ad-hoc-Meldungen in den Kompetenzbereich des Vorstandsmitgliedes Mag. S und nicht in jenen des Beschwerdeführers gefallen sei, könne dem auf der Tatsachenebene nicht entgegengetreten werden. Wie ein vom Beschwerdeführer bereitgestelltes Organigramm der Unternehmensorganisation zum zeige, sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer für die Einhaltung der Adhoc-Publizitätsverpflichtungen geschäftsordnungsmäßig nicht zuständig gewesen sei. Dieser Umstand könne ihn jedoch von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht entlasten.

Der Beschwerdeführer sei im Tatzeitraum Mitglied des Vorstandes der L AG, somit das zur Vertretung nach außen befugte Organ der Gesellschaft, gewesen. Der Umstand allein, dass intern nach der Geschäftsverteilung im Vorstand ausschließlich Mag. S für Ad-hoc-Meldungen zuständig gewesen sei, könne den Beschwerdeführer von seiner Schuld nicht entlasten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes werde die Verantwortlichkeit der Organe durch die bloße innerbetriebliche Ressortabgrenzung nicht beseitigt. Wie der Verwaltungsgerichtshof betone, verblieben auch dem geschäftsintern nicht zuständigen Vorstandsmitglied "Auswahl, Kontroll- und Interventionspflichten zur Wahrung der Rechtsordnung auch in jenen Bereichen, die zum Tätigkeitsbereich eines anderen Vorstandsmitgliedes gehörten". Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren nicht glaubhaft gemacht, dass beziehungsweise in welcher Weise er seinen Auswahl-, Kontroll- und Interventionspflichten nachgekommen sei, insbesondere habe er nicht vorgebracht, dass er, obwohl er an der Aufsichtratssitzung vom teilgenommen habe, bei seinem Vorstandskollegen Mag. S auf die Erstattung der gesetzlich geforderten Meldungen und Veröffentlichungen gedrängt hätte.

Dass durch die Veröffentlichung der unter Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides (Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA) genannten Tatsachen das Unternehmen allenfalls nachhaltig Schaden erleiden hätte können, könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen, sehe doch § 82 Abs. 6 BörseG für diesen Fall einen Antrag auf Befreiung von der Veröffentlichung vor und sei ein solcher Antrag im Beschwerdefall nicht gestellt worden. Vor dem Hintergrund der glaubwürdigen Zeugenaussage des Rechtsanwaltes Dr. Sch, der als einer von mehreren Rechtsberatern der im Ausgleich befindlichen L AG tätig gewesen sei, werde in diesem Zusammenhang als erwiesen festgestellt, dass im Vorstand zur Tatzeit nicht an eine börserechtliche Ad-hoc-Meldung gedacht worden sei.

Dass die Rechtsfrage, welche neuen Tatsachen melde- und veröffentlichungspflichtig nach § 82 Abs. 6 und 7 BörseG seien, mitunter schwierig zu lösen sei und gegenständlich auch den im Verfahren beigezogenen Sachverständigen vor erhebliche Probleme gestellt habe, könne den Beschwerdeführer gleichfalls nicht exkulpieren, hatte er sich doch als Vorstandsmitglied eines börsenotierten Unternehmens das entsprechende Rechts- und Fachwissen anzueignen und sei es seine Aufgabe gewesen, auch schwierige Entscheidungen für das Unternehmen zu treffen und letztendlich rechtlich zu verantworten. Dass auch Rechtsanwalt Dr. Sch zur Tatzeit keine Notwendigkeit für eine börserechtliche Ad-hoc-Meldung gesehen habe, könne den Beschwerdeführer ebenfalls nicht entlasten, wäre es doch an ihm und nicht an seinen Beratern gelegen, für die Einhaltung der börserechtlichen Verpflichtungen Sorge zu tragen. Dass der Beschwerdeführer an die zuständige Behörde herangetreten wäre und sich dort gezielt über die börserechtlichen Veröffentlichungs- und Meldepflichten erkundigt hätte, sei im gesamten Verfahren nicht vorgebracht worden.

Durch die Unterlassung a) der nach § 82 Abs. 6 BörseG erforderlichen Veröffentlichung, b) der nach § 82 Abs. 7 BörseG zu erstattenden Meldung an die FMA und c) der gleichfalls nach § 82 Abs. 7 BörseG zu erstattenden Meldung an das Börseunternehmen habe der Beschwerdeführer nicht - wie dies die erstinstanzliche Behörde angenommen habe - eine, sondern vielmehr drei Verwaltungsübertretungen begangen. Dies ergebe sich schon daraus, dass jeder der genannten Unterlassungen ein eigner Unrechtsgehalt zukomme und das Unterlassen einer der drei genannten rechtlichen Verpflichtungen nicht zugleich auch die Unterlassung einer anderen dieser Pflichten bedinge. Jede Unterlassung sei somit für sich allein betrachtet bereits deliktisch.

Vor diesem Hintergrund sei der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde in Anwendung von § 66 Abs. 4 AVG insofern abzuändern, als über den Beschwerdeführer an Stelle einer nunmehr drei Geldstrafen zu verhängen gewesen seien. Dies habe, zumal der objektive Unrechtsgehalt der solcherart zu sanktionierenden Verwaltungsübertretungen durchaus gleichwertig sei, im Wege einer Dreiteilung der erstinstanzlich verhängten Strafe zu erfolgen.

Diese drei Strafen seien im Beschwerdefall deutlich herabgesetzt worden, weil im Berufungsverfahren hervorgekommen sei, dass es der Beschwerdeführer, dessen Ausscheiden aus dem Vorstand in der Aufsichtsratssitzung vom mit Wirkung bereits beschlossen worden sei, in der Hand gehabt hätte, ebenso wie sein Kollege Dr. K bereits am aus dem Vorstand auszuscheiden, sich jedoch aus Loyalität zum Unternehmen und zum Zweck der geordneten Übergabe seiner Vorstandsfunktion bereit erklärt habe, noch bis - wenn auch nur bei tageweiser Beschäftigung - im Vorstand zu verbleiben. Vor diesem Hintergrund erweise sich das den Beschwerdeführer treffende Verschulden am Unterbleiben der gegenständlich inkriminierten börserechtlichen Veröffentlichungen und Meldungen als deutlich geringer als jenes seiner Vorstandskollegen.

Im Beschwerdefall sei bei der Festsetzung der Strafen zu berücksichtigen, dass die Unterlassung der Veröffentlichung und Meldung der in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides (Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA) genannten Tatsache genügt habe, wesentliche öffentliche Interessen, so unter anderem die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts und das Informationsinteresse der Anleger zu beeinträchtigen. Deshalb sei der objektive Unrechtsgehalt der Unterlassungen selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass zur Tatzeit im Wesentlichen nur noch spekulativ veranlagte Marktteilnehmer L Aktien gehalten hätten, als schwerwiegend zu werten.

Als mildernd sei bereits erstinstanzlich die verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt worden (§ 34 Abs. 1 Z 2 StGB). Im Berufungsverfahren seien keine weiteren Milderungsgründe hervorgekommen.

Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass im Berufungsverfahren hervorgekommen sei, dass die von der FMA als gesondert meldepflichtige Tatsache gewertete Reduzierung von Warenbezügen eine unmittelbare Folge der unter Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses der FMA relevierten Liquiditätskrise gewesen sei. Es erweise sich somit in höchstem Maß als fraglich, ob diese neue Tatsache unter der Annahme, es wäre ordnungsgemäß zur börserechtlichen Meldung gekommen, überhaupt einen eigenständigen Informationsgehalt für die Anleger gehabt hätte und daher geeignet gewesen wäre, eine (zusätzliche) wesentliche Kursbeeinflussung zu bewirken. Dies habe der Sachverständige in seinem Gutachten deutlich verneint und zudem betont, dass die kumulative börserechtliche Meldung der unter Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses der FMA relevierten Tatsache (Reduktion der Warenbezüge) den Markt mit Informationen überfrachtet hätte.

Vor diesem Hintergrund könne nicht mit der für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die unter Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses der FMA umschriebene Tatsache eine solche gewesen sei, die wegen ihrer Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage geeignet gewesen sei, den Kurs der L Aktie erheblich zu beeinflussen. Das Straferkenntnis der FMA sei daher in seinem Spruchpunkt 2 zu beheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, begehrte hiefür Kostenersatz, und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen und über die Abänderung des Börsesensale-Gesetzes 1949 und der Börsegesetz-Novelle 1903 (Börsegesetz 1989 - BörseG), BGBl. Nr. 555/1989 idF BGBl. I Nr. 97/2001, lauten auszugsweise:

"Strafbestimmungen

§ 48. (1) Wer

...

6a. als Emittent seine Verpflichtung zur Veröffentlichung oder Meldung gemäß § 82 Abs. 4 und 6 bis 9, gemäß der auf Grund des § 82 Abs. 9 erlassenen Verordnung oder gemäß § 83 Abs. 4 nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt oder seine Verpflichtungen gemäß § 82 Abs. 5 verletzt,

...

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20 000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

...

(4) Verwaltungsstrafen gemäß Abs. 1 und 2 sowie gemäß § 44 Abs. 1 werden von der FMA verhängt. Das VStG ist anzuwenden. Das Börseunternehmen ist verpflichtet, der FMA die ihm bekannt gewordenen, maßgeblichen Sachverhalte unaufgefordert, vollständig und unverzüglich bekanntzugeben.

...

Allgemeine Pflichten der Emittenten

§ 82 ...

(6) Jeder Emittent von Wertpapieren, die zum amtlichen Handel oder geregelten Freiverkehr zugelassen sind, hat unverzüglich eine neue Tatsache zu veröffentlichen, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten ist, wenn sie wegen ihrer Auswirkung auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage geeignet ist, den Kurs der Wertpapiere erheblich zu beeinflussen, oder im Fall von Schuldverschreibungen die Fähigkeit des Emittenten beeinträchtigen kann, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die FMA kann den Emittenten auf Antrag von der Veröffentlichungspflicht befreien, wenn dadurch die Schädigung berechtigter Interessen des Emittenten verhindert werden kann. In diesem Fall hat der Emittent zu bescheinigen, dass Anleger durch die Befreiung nicht geschädigt werden.

(7) Jeder Emittent von Wertpapieren, die zum amtlichen Handel oder geregelten Freiverkehr zugelassen sind, hat die nach Abs. 6 zu veröffentlichenden Tatsachen vor der Veröffentlichung der FMA und dem Börseunternehmen mitzuteilen. Die FMA ist ermächtigt, durch Verordnung die Art der Übermittlung zu regeln, wobei im Interesse der raschen Informationsübermittlung unter Berücksichtigung des jeweiligen Standes der Technik bestimmte Kommunikationstechniken vorgeschrieben werden können."

Der Beschwerdeführer macht in inhaltlicher Hinsicht geltend, dass es im Beschwerdefall an dem von den maßgeblichen Bestimmungen vorgegebenen Schutzobjekt fehle. § 82 Abs. 6 BörseG diene dem Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. Einerseits seien zum Tatzeitpunkt die Zulassungsvoraussetzungen für den amtlichen Handel mit der L Aktie nicht mehr gegeben gewesen, andererseits seien nach den Feststellungen der belangten Behörde zu dem Tatzeitpunkt als relevantes Anlegerpublikum nur noch Spekulanten übrig geblieben, wobei Spekulationsabsichten nicht vom Schutzzweck des § 82 Abs. 6 BörseG umfasst seien. Es habe auch kein funktionsfähiger Markt mehr bestanden. Die belangte Behörde hätte sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ab welchem Zeitpunkt sich das Fehlen des zusätzlichen Liquiditätsbedarfs hinreichend abschätzbar auf die Vermögens- oder Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf der L AG ausgewirkt habe. Die belangte Behörde habe die Frage der Kursrelevanz der von ihr angenommenen neuen Tatsache rechtlich falsch gelöst.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, dass hinsichtlich des unter Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA umschriebenen Umstandes Publizitätspflicht gemäß § 82 Abs. 6 BörseG gegeben war.

Aus den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ergibt sich zunächst, dass die gegenständlichen Aktien zum Tatzeitpunkt zum Handel an der Wiener Börse zugelassen waren. Die Feststellung der belangten Behörde, wonach die gegenständlichen Aktien auch noch zum Tatzeitpunkt gehandelt wurden und insofern ein Markt bestand, können sich auf das eingeholte Sachverständigengutachten stützen. Ob die Zulassungsvoraussetzungen für die gegenständlichen Aktien zum Tatzeitpunkt vorlagen oder nicht, ist daher insofern irrelevant, als die Aktien zum Tatzeitpunkt tatsächlich zugelassen waren und allein dies - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - im Hinblick auf § 82 Abs. 6 und 7 BörseG ausschlaggebend ist. Die Ausführungen des Beschwerdeführers betreffend das angebliche Fehlen der Zulassungsvoraussetzungen für die gegenständlichen Aktien gehen schon aus diesem Grund ins Leere.

Die belangte Behörde konnte zu Recht davon ausgehen, dass es sich bei dem unter Punkt 1 des Straferkenntnisses der FMA umschriebenen Umstand um eine neue Tatsache im Sinn von § 82 Abs. 6 BörseG handelte.

Der Ausfall der Lieferantenkredite im Zusammenhang mit dem daraus resultierenden zusätzlichen Liquiditätsbedarf in der Höhe von EUR 20 Millionen ist eine Tatsache, die im Tätigkeitsbereich der Emittentin aufgetreten ist. Es handelte sich dabei - wie die belangte Behörde ausführlich darlegte - um eine Tatsache, die Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf, die Vermögens- oder Ertragslage der Emittentin haben konnte. Nach den nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde bedeutete der Eintritt der gegenständlichen Tatsache, dass ohne Bereitstellung der zusätzlichen EUR 20 Millionen seitens der Banken der Konkurs der Emittentin drohte (und in der Folge auch tatsächlich mangels Bereitstellung der erforderlichen Mittel durch die Banken eingetreten ist). Es kann gerade vor dem Hintergrund des drohenden Konkursszenarios und der im angefochtenen Bescheid skizzierten allgemein angespannten wirtschaftlichen Situation der Emittentin nicht die Rede davon sein, dass die gegenständliche Tatsache aus Sicht einer zum Tatzeitpunkt zu erstellenden ex-ante Prognose nicht dazu geeignet gewesen sei, Auswirkungen auf die Vermögens- oder Ertragslage oder den Geschäftsverlauf der Emittentin zu haben.

Zum Schutzzweck der Norm ist auszuführen, dass die Meldungen im Rahmen der sogenannten Ad-hoc Publizität eine wichtige Informationsquelle bei der Insiderüberwachung darstellen (vgl. dazu die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. Nr. 753/1996, GP XX RV 369, 109). Die Ad-hoc Publizität diente auch in der Fassung nach § 82 Abs. 6 Börsegesetz unter anderem dazu, die Verwertbarkeit von Insiderinformationen zu verhindern beziehungsweise die Gefahr des Missbrauches solcher Informationen zu vermeiden (Altendorfer/Kalss/Oppitz in:

Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts, Wien 1998, 109 (139), und Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, Band I, 2005, § 20 Rn 6, "seit je her"). Somit stellt die Ad-hoc Publizität ein wichtiges Element zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte dar. Ihre besondere Bedeutung kann - insbesondere vor dem Hintergrund einer besonders sensiblen Situation, in der der Fortbestand der Emittentin gefährdet war - nicht dadurch geschmälert werden, dass möglicherweise im Beschwerdefall zum Tatzeitpunkt nur mehr oder hauptsächlich nur mehr Spekulanten mit der gegenständlichen Aktie handelten. Auch für den Fall, dass im Hinblick auf die in Rede stehenden Wertpapiere nur noch spekulative Geschäfte abgeschlossen wurden, war im Lichte der § 82 Abs. 6 und 7 BörseG immanenten Teleologie die für den Schutz des Kapitalmarkts wesentliche Verpflichtung zur Ad-hoc Publizität von der Emittentin einzuhalten.

Hinsichtlich des Zeitpunktes des Eintritts der Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität ist festzuhalten, dass es sich - wie die belangte Behörde feststellte - um einen Umstand handelte, der außerhalb des Einflussbereiches der Emittentin lag.

Es war somit ein in der Literatur als "kognitive Tatsache" bezeichnetes Ereignis eingetreten. Als "kognitive Tatsachen" werden in der Literatur (vgl. beispielsweise Winkler/Vaclavek, Ad-hoc-Publizität/ Beteiligungspublizität/Insiderproblematik bei Beteiligungsveräußerungen, RdW 5/2004, 258 ff) Tatsachen qualifiziert, die - wie z.B. der plötzliche Verlust der Hälfte des Stammkapitals - ohne Handlung eines Gesellschaftsorgans zu Stande kommen. Die "kognitiven Tatsachen" werden von jenen Vorgängen unterschieden, über die die zuständigen Gesellschaftsorgane entscheiden (und daher bis zu dieser Entscheidung nicht publiziert werden müssen). Diese werden als "voluntative Tatsachen" bezeichnet. Hinsichtlich der kognitiven Tatsachen ist bei Vorliegen der weiteren vom Gesetz vorgesehenen Kriterien davon auszugehen, dass ab Eintritt der kognitiven Tatsache die Verpflichtung zur umgehenden Veröffentlichung besteht. Der Umstand, dass ein zusätzlicher Liquiditätsbedarf in der Größenordnung von EUR 20 Millionen bestand, dessen Deckung nur noch über die Banken zu bewerkstelligen war, stellte eine neue außerhalb des Ingerenzbereiches der Emittentin gelegene Tatsache dar. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass spätestens ab dem mit Information des Aufsichtsrates über den zusätzlichen Liquiditätsbedarf die Verpflichtung der Emittentin zur Veröffentlichung gemäß § 82 Abs. 6 und 7 BörseG bestand. Maßgebliche überwiegende Geheimhaltungsinteressen oder -verpflichtungen gegenüber der Emittentin beziehungsweise gegenüber dem Aufsichtsrat (vgl. § 84 Abs. 1 AktG) vermag der Beschwerdeführer nicht darzustellen. Einerseits hat die belangte Behörde als Tatzeitpunkt jenen Zeitpunkt herangezogen, zu dem der Aufsichtsrat vom Vorstand bereits informiert war. Eine Entscheidung des Aufsichtsrates war im Zusammenhang mit dem Eintritt der neuen Tatsache nicht abzuwarten (vgl. zur Frage des Zeitpunktes der Veröffentlichungspflicht auch Altendorfer/Kalss/Oppitz in:

Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts, Wien 1998, 144). Andererseits wäre - wie die belangte Behörde richtigerweise ausführte - , wenn die Schädigung berechtigter Interessen des Emittenten dadurch verhindert werden hätte können, seitens des Beschwerdeführers bei der FMA gemäß § 82 Abs. 6 letzter Satz BörseG um eine entsprechende Befreiung einzukommen gewesen.

Es kann der belangten Behörde auf der Grundlage des von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluss kam, dass die gegenständliche Tatsache geeignet war, den Kurs der L Aktien erheblich zu beeinflussen. Nach dem Gutachten ist davon auszugehen, dass es sich bei dem vorliegenden Ereignis um eine wichtige Information für Aktionäre und Interessenten handelte. Aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussagen des Sachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ergibt sich auch, dass gerade in dem gegenständlichen Publikumskreis eine Ad-hoc-Meldung betreffend die gegenständliche Tatsache den Kurs über das ohnedies bereits ohne Meldungen vorhandene starke Schwankungsausmaß hinaus beeinflussen hätte können. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass nach den Aussagen des Sachverständigen der Umsatz mit der L Aktie sehr niedrig und daher sehr anfällig für Geschäfte einzelner Anleger gewesen sei. Es kann der belangten Behörde im Lichte dieser besonders heiklen Situation und vor dem Hintergrund der der Ad-hoc-Publizität zukommenden Schutzfunktion für den Kapitalmarkt nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Sinne einer Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis gelangte, dass selbst, wenn konkrete Aussagen über die zu erwartende tatsächliche Kursentwicklung im Falle einer Adhoc-Meldung betreffend die gegenständliche Tatsache nicht getroffen werden können, die in Rede stehende Tatsache grundsätzlich im Rahmen einer ex-ante Betrachtung dazu geeignet gewesen ist, den Kurs der L Aktien erheblich zu beeinflussen.

Die in der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere wurde der maßgebliche Sachverhalt von der belangten Behörde hinreichend und nachvollziehbar ermittelt. Die in dem Schreiben vom der Beschwerdevertreter aufgelisteten Fragen an den Sachverständigen zielten zu einem gewissen Teil auf die Beantwortung von Rechtsfragen. Die von der belangten Behörde vom Sachverständigen eingeforderten Aussagen zu konkreten Fragen waren ausreichend, den für die Bestrafung erforderlichen Sachverhalt ausreichend zu erheben. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Erwägungen und Beurteilungen auf der Basis des Sachverständigengutachtens sind in sich schlüssig und finden in den vorliegenden Verwaltungsakten Deckung.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere auf deren § 3 Abs. 2.

Wien, am