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VwGH vom 24.09.2014, 2010/13/0082

VwGH vom 24.09.2014, 2010/13/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Vereins "S" in K, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3391-W/09, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Spendenbegünstigungsbescheids gemäß § 4a Z 3 und 4 EStG 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein stellte am den Antrag auf Erteilung eines Spendenbegünstigungsbescheids und Aufnahme in die vom Finanzamt 1/23 zu führende Liste spendenbegünstigter Organisationen. Dem Antrag waren u.a. ein Bericht des Wirtschaftsprüfers über die Prüfung der Voraussetzungen des § 4a Z 4 lit. a EStG 1988, eine aktuelle Fassung der Vereinsstatuten sowie die Statuten der Vorgängerorganisation angeschlossen.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag des beschwerdeführenden Vereins mangels Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse des § 4a Z 3 und 4 EStG 1988 ab. Der im § 2 der Vereinsstatuten festgelegte Zweck entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Erteilung eines Spendenbegünstigungsbescheids, verfolge der Verein doch danach nicht im Wesentlichen begünstigte mildtätige, sondern kirchliche Zwecke. Auch sehe die Auflösungsbestimmung nicht vor, dass das Restvermögen ausschließlich für Zwecke im Sinne des § 4a Z 3 EStG 1988 erhalten bleiben müsse.

Gegen diesen Bescheid erhob der beschwerdeführende Verein am Berufung und brachte vor, der in der Rechtsgrundlage angeführte Vereinszweck erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen im Hinblick auf die geforderte Mildtätigkeit. Insbesondere aus den im § 3 der Statuten aufgezählten Mitteln zur Erreichung des Vereinszwecks (Hilfe für körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen, Hilfe für sonst hilfsbedürftige Menschen, Führen von Heimen und Häusern der Diakonie, Entwicklungszusammenarbeit etc.) folge, dass sich die im Vereinszweck festgeschriebene kirchliche Tätigkeit ausschließlich auf den Aspekt einer mildtätigen Tätigkeit und die Verkündung des Glaubens durch diese mildtätige Tätigkeit beziehe. Im § 2 der Statuten werde der Zusammenhang einer ernst gemeinten Nachfolge Jesu Christi und die damit verbundene Verkündung des Glaubens an Jesus Christus durch diakonisches und damit mildtätiges Handeln festgeschrieben. Unter dem Begriff der Diakonie seien nämlich "alle Aspekte des Dienstes am Menschen" zu verstehen und zwar "im Sinne einer fürsorgenden Unterstützung bedürftiger Menschen gemäß dem Amt eines Diakons". Die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen aus christlicher Nächstenliebe sei mildtätig im Sinne des § 37 BAO und lasse sich nicht von einer kirchlichen Tätigkeit im Sinne des § 38 BAO als wesentliche Aufgabe einer Kirche trennen. Ein echtes diakonisches Handeln stelle steuerlich daher eine Tätigkeit mit mildtätigem und kirchlichem Zweck im Sinne der §§ 37 und 38 BAO dar. Da § 4a Z 4 lit. a EStG 1988 für die Aufnahme einer Körperschaft in die Liste der begünstigten Spendenempfänger lediglich voraussetze, dass die Körperschaft ausschließlich Zwecke nach §§ 34 ff BAO verfolge, sei eine Körperschaft auch dann eintragungsfähig, wenn sie in ihrer Satzung neben mildtätigen auch gemeinnützige oder kirchliche Zwecke anführe. Die tatsächliche Tätigkeit der Körperschaft müsse aber im Wesentlichen auf begünstigte Zwecke im Sinne des § 4a Z 3 EStG 1988 gerichtet sein. Auch eine Auflösungsbestimmung erfülle die gesetzlichen Vorgaben, wenn darin die Verwendung eines allfälligen Restvermögens für mildtätige, kirchliche oder gemeinnützige Zwecke vorgesehen sei. Im Übrigen sehe die Auflösungsbestimmung in der Satzung des beschwerdeführenden Vereins ohnehin die Übertragung des Restvermögens auf den Verein D vor, der die Mittel im Sinne eines diakonischen Dienstes und damit für mildtätige Zwecke zu verwenden hätte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Um die durch den Gesetzgeber gewünschte Fokussierung auf die in § 4a Z 3 EStG 1988 genannten begünstigten Zwecke zu erreichen, müsse in der Rechtsgrundlage konkret einer dieser Zwecke als Hauptzweck angeführt sein. Da der beschwerdeführende Verein vorbringe, einen mildtätigen Zweck zu verfolgen, müssten die Statuten den in § 4a Z 3 EStG 1988 begünstigten Zweck (Mildtätigkeit im Sinne des § 37 BAO) als Hauptzweck enthalten. Die Betätigung müsse, entsprechend den allgemeinen Anforderungen der §§ 34 ff BAO, genau umschrieben und die Merkmale der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit müssten in der Rechtsgrundlage verankert sein, um die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Spendenbegünstigung zu erfüllen. Ein zusätzlicher - nach der Verfassung der Evangelischen Kirche in den Vereinsstatuten erforderlicher - Verweis auf die biblische Grundlage der diakonischen und damit kirchlichen Tätigkeit sei grundsätzlich nicht als begünstigungsschädlich zu beurteilen. Im § 2 der Statuten, der den Zweck des beschwerdeführenden Vereins festlege, werde von der Verkündung des Evangeliums, der Unterstützung missionarischen und diakonischen Lebens sowie der Ermöglichung diakonischer Arbeit in christlichen Gemeinden als Zweck des Vereins gesprochen, ohne konkret einen mildtätigen Zweck im Sinne eines Hauptzwecks anzusprechen. Auch wenn grundsätzlich die Rechtsgrundlage der Körperschaft den allgemeinen Vorschriften der §§ 34 ff BAO zu entsprechen habe, dürfe nicht übersehen werden, dass nach der abgabenrechtlichen Begünstigungsvorschrift kirchliche und gemeinnützige Zwecke nicht spendenbegünstigt seien. Den Statuten sei kein ausschließlich und unmittelbar auf Mildtätigkeit ausgerichteter Vereinszweck zu entnehmen. Vielmehr sei im § 2 der Statuten nur "von Unterstützung bzw. Ermöglichung der diakonischen Arbeit in den christlichen Kirchen" die Rede. Dass der beschwerdeführende Verein selbst im Wesentlichen, somit zumindest mit 75% der Gesamtressourcen, diakonische Arbeit und damit gegebenenfalls eine mildtätige Betätigung ausübe, sei den Statuten nicht zu entnehmen. Auch dem allgemeinen, im § 41 Abs. 1 BAO zum Ausdruck kommenden Grundsatz der formellen Satzungsmäßigkeit werde in diesem Zusammenhang nicht entsprochen. Da § 4a Z 4 lit. a EStG 1988 auf §§ 34 ff BAO verweise, müsse auch die Bestimmung des § 41 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 39 BAO zum Tragen kommen, wonach die Rechtsgrundlage eine Vermögensbindung für den Fall der Auflösung des Vereins vorzusehen habe. Eine Übertragung des Vermögens nach Auflösung des beschwerdeführenden Vereins auf den Verein D stelle nicht sicher, dass das Vermögen den spendenbegünstigten Bereich nicht verlasse.

In der Beschwerde erachtet sich der beschwerdeführende Verein, der nach seinem Vorbringen zwei Tagesheimstätten (Behindertenwerkstätten) betreibt, in seinem Recht, "gemäß § 4 a Zif 3 a und Zif 4 a EStG 1988 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2009, BGBl I 2009/26, einen Spendenbegünstigungsbescheid für mildtätige, Entwicklungs- und Katastrophenhilfe-Einrichtungen erteilt zu erhalten und in die Liste begünstigter Spendenempfänger gemäß § 4 a Zif 4 EStG 1988 aufgenommen zu werden, verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Mit dem Steuerreformgesetz 2009, BGBl. I Nr. 26/2009, wurde die Regelung des § 4a EStG 1988 neu eingeführt. Die Z 1 und die Z 2 des § 4a EStG 1988 (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2011) übernahmen den bis dahin bestehenden Inhalt der Z 5 und der Z 6 des § 4 Abs. 4 EStG 1988 (Abzugsfähigkeit von Spenden für Wissenschaft, Forschung, Erwachsenenbildung auf Hochschulniveau, Universitäten, Kunsthochschulen, Denkmalschutz, Museen, Behindertensport). Mit der Z 3 und der Z 4 des § 4a EStG 1988 wurde der Betriebsausgabenabzug von Spenden für mildtätige Zwecke sowie für Zwecke der Entwicklungs- und der Katastrophenhilfe gesetzlich festgelegt. Während § 4a Z 3 lit. a EStG 1988 die Abzugsfähigkeit von Spenden regelt, die an "operative Körperschaften" geleistet werden, normiert § 4a Z 3 lit. b EStG 1988 den Betriebsausgabenabzug für Spenden an so genannte "spendensammelnde Körperschaften".

§ 4a Z 3 EStG 1988 sieht sowohl in Bezug auf die operativen Körperschaften als auch in Bezug auf die spendensammelnden Körperschaften - als eine der Voraussetzungen für die Abziehbarkeit der Spenden als Betriebsausgaben - vor, dass die Körperschaft im Zeitpunkt der Zuwendung der Spende "in der dafür vorgesehenen Liste des Finanzamtes Wien 1/23" eingetragen ist.

§ 4a Z 4 leg. cit. legt die näheren Voraussetzungen fest, unter denen die Aufnahme operativer Körperschaften (lit. a) und spendensammelnder Körperschaften (lit. b) in die Liste der begünstigten Spendenempfänger erfolgt. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen ist von einem Wirtschaftsprüfer jährlich im Rahmen einer den Anforderungen der §§ 268 ff UGB entsprechenden Prüfung des Rechnungs- oder Jahresabschlusses zu bestätigen (§ 4a Z 4 EStG 1988).

Zu den Voraussetzungen für die Aufnahme einer operativen Körperschaft in die Liste der begünstigten Spendenempfänger zählt nach dem 1. Teilstrich des § 4a Z 4 lit. a EStG 1988, dass die Körperschaft ausschließlich Zwecken nach Maßgabe der §§ 34 ff BAO dienen muss. Durch das Anlegen der Maßstäbe der §§ 34 ff BAO auf die Spendenorganisation soll die Förderung eigennütziger Zwecke ausgeschlossen werden (vgl. RV 54 BlgNR 24. GP 9). Während der Gesetzgeber bei der Regelung der Voraussetzungen für operative Körperschaften (§ 4a Z 4 lit. a EStG 1988) auf die §§ 34 ff BAO verweisen konnte, mussten bei den spendensammelnden Körperschaften (§ 4a Z 4 lit. b EStG 1988) "eigene, den Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen im Wesentlichen entsprechende, Regeln aufgestellt werden", da solche Körperschaften "mangels ausschließlicher und unmittelbarer Förderung eines begünstigten Zweckes" nicht die in §§ 34 ff BAO normierten Voraussetzungen erfüllen können (vgl. RV 54 BlgNR 24. GP 11). Voraussetzung für die Eintragung einer operativen Körperschaft in die Liste der begünstigten Spendenempfänger ist daher zunächst, dass die Empfängerkörperschaft die in den §§ 34 ff BAO festgelegten allgemeinen Voraussetzungen für die Erlangung einer Abgabenbegünstigung erfüllt.

Als weitere Voraussetzung für die Aufnahme einer operativen Körperschaft in die Liste der begünstigten Spendenempfänger bestimmt § 4a Z 4 lit. a zweiter Teilstrich EStG 1988 im Sinne einer tätigkeitsbezogenen Einengung, dass die Körperschaft (oder deren Vorgängerorganisation) im Wesentlichen unmittelbar spendenbegünstigten Zwecken gemäß Z 3 leg. cit. (mildtätige Zwecke, Entwicklungs- und Katastrophenhilfe) dienen muss, und zwar ununterbrochen seit mindestens drei Jahren. Damit soll, so die RV 54 BlgNR 24. GP 10, eine Einschränkung auf solche Empfängerkörperschaften erreicht werden, die sich im Wesentlichen (zumindest 75% der Gesamtressourcen) auf mildtätigem Gebiet, in der Bekämpfung von Armut und Not in Entwicklungsländern oder in der Hilfestellung in Katastrophenfällen betätigen. Durch das Erfordernis eines zumindest dreijährigen Zeitraums soll eine gewisse Kontinuität der Betätigung sichergestellt werden.

Voraussetzung für die Eintragung einer operativen Körperschaft in die Liste der begünstigten Spendenempfänger ist auch die Prüfung dieser und noch weiterer Voraussetzungen des § 4a Z 4 lit. a EStG 1988 durch einen Wirtschaftsprüfer.

Die im zweiten Teilstrich des § 4a Z 4 lit. a EStG 1988 normierte tätigkeitsbezogene Einengung stellt eine für sich zu betrachtende Zusatzvoraussetzung dar, die nur die tatsächliche Geschäftsführung betrifft und nicht in den Statuten (auch nicht im Sinne einer von der belangten Behörde offensichtlich so gesehenen formellen Satzungsmäßigkeit) etwa als "Hauptzweck" verankert sein muss.

Zwar folgt aus dem ersten Teilstrich des § 4a Z 4 lit. a EStG 1988 auch, dass die Satzung eine Auflösungsbestimmung zu enthalten hat, die den Anforderungen der §§ 34 ff BAO entspricht. Dass diese die Verwendung eines allfälligen Restvermögens (ausschließlich) für spendenbegünstigte Zwecke im Sinne des § 4a Z 3 EStG 1988 vorsehen müsste, lässt sich dem Gesetz aber ebenfalls nicht entnehmen.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandsersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren findet darin keine Deckung, weil der Pauschalsatz für den Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am