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VwGH vom 23.02.2006, 2005/16/0276

VwGH vom 23.02.2006, 2005/16/0276

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der H OHG in O, vertreten durch Dr. Peter A. Grüner, Wirtschaftsprüfer in 6460 Imst, Pfarrgasse 3a-7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0546-I/03, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die persönlich haftenden Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei, einer OHG, schlossen mit dieser am folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Baurechtsvertrag:

"II.

BAURECHTSBESTELLUNG

Die Baurechtsbesteller bestellen zu Gunsten der

Bauberechtigten an der Liegenschaft in ... mit dem Grundstück

Nr. ... im Ausmaß von 506 m2 ein Baurecht im Sinne des

Baurechtsgesetzes für die Zeit vom Einlangen des Ansuchens um die

Eintragung des Baurechts beim Bezirksgericht ... bis zum .

III.

VERPFLICHTUNGEN DER BAUBERECHTIGTEN

Die Bauberechtigte ist verpflichtet:

a) Auf dem vertragsgegenständlichen Baurechtsgrund insbesondere Dienstnehmerwohnungen entsprechend den vorliegenden Plänen zu errichten, unbeschadet der nach der Tiroler Bauordnung erforderlichen Baubewilligung und das Bauwerk in gutem und bewohnbarem Zustand zu erhalten.

b) Für die Benützung des Baurechtsgrundes einen jährlichen Bauzins von

EUR 1,--

(in Worten Euro eins)

zu entrichten. ...

...

V.

ERLÖSCHEN DES BAURECHTES

Beim Erlöschen des Baurechtes ist das Baurecht an die Baurechtsbesteller lastenfrei rückzuübertragen. Mit dem Erlöschen des Baurechtes haben ausschließlich die Baurechtsbesteller die Wahl, die Rückgabe der Grundflächen im geräumten Zustande zu verlangen oder die Übernahme der Gebäude in ihr Eigentum, wobei für den Fall der Übernahme der Gebäude durch die Baurechtsbesteller diese Übernahme ohne jedes weitere Entgelt erfolgt."

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt Innsbruck der beschwerdeführenden Partei ausgehend vom Wert des Grundstückes in der Höhe von EUR 59.301,-- die Grunderwerbsteuer mit EUR 2.075,54 vor. In der Begründung heißt es, die Steuer sei vom Einheitswert des Grundstückes zu berechnen, weil eine Gegenleistung nicht vorhanden bzw. nicht zu ermitteln sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei ein "monatlicher" Baurechtszins von EUR 1,-- zu entrichten. Dies ergebe eine Bemessungsgrundlage (Wert der Gegenleistung) in Höhe von EUR 623,-- und eine Grunderwerbsteuer von EUR 21,81.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Beschwerdefall sei von einem entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen. Der Sinn und Zweck des Baurechtes sei vorrangig auf die Errichtung eines Gebäudes durch den Bauberechtigten in dessen eigenen Interesse gerichtet, wovon im Beschwerdefall konkret deshalb auszugehen sei, weil das Personalhaus für den von der Beschwerdeführerin geführten Hotelbetrieb benötigt werde. Eine Qualifizierung der Baukosten als Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes sei demnach nicht in Betracht zu ziehen. Als einzige "Gegenleistung" verbleibe der vereinbarte Bauzins in Höhe von jährlich EUR 1,--. Dabei handle es sich aber nicht bloß um eine "unangemessen niedrige", sondern vielmehr um eine gar nicht vorhandene Gegenleistung, weil diesem Betrag ganz offensichtlich kein ernsthafter Gegenleistungscharakter im Verhältnis zum Nutzwert an der Liegenschaft zukomme und somit das Entgelt von EUR 1,-- lediglich symbolischen Charakter habe. Der Erwerb des Baurechtes sei dem Erwerb eines Grundstückes gleichzuhalten, dessen Verkehrswert nach Erfahrungswerten mit einem Vielfachen des Einheitswertes anzusetzen wäre. Dies bedeute, dass der als Entgelt vereinbarte Bauzins von nur EUR 1,-- pro Jahr, insgesamt kapitalisiert sohin EUR 18,--, nicht lediglich in einem krassen Missverhältnis zum erworbenen Baurecht stehe, sondern damit überhaupt nicht in Relation zu bringen sei. Die Grunderwerbsteuer sei daher gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG vom Wert des Grundstückes zu bemessen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Grunderwerbsteuer für diesen Rechtsvorgang verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische

Grundstücke beziehen: Ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz GrEStG Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen.

Den Grundstücken stehen gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG Baurechte gleich.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Die Steuer ist gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Als Wert des Grundstückes ist gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

Der Wert der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist somit die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, damit er das Grundstück erhält (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil Grunderwerbsteuergesetz, Rz 4 und 6 zu § 5, mit der dort angeführten hg. Rechtsprechung).

Aus dem im § 4 Abs. 1 GrEStG aufgestellten Besteuerungsgrundsatz, dass die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist, ergibt sich, dass auch bei Vorliegen einer geringen Gegenleistung die Steuer von dem Wert der Gegenleistung und nicht vom höheren Wert des Grundstücks zu berechnen ist. Liegt die Gegenleistung jedoch unter dem Wert des Grundstückes im Sinne des § 6 Abs. 1 GrEStG, so wird man grundsätzlich eine gemischte Schenkung annehmen müssen. Diesfalls ist von der Gegenleistung Grunderwerbsteuer, von der Differenz zum (gegebenenfalls dreifachen) Einheitswert hingegen Schenkungssteuer zu bezahlen (Arnold/Arnold Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 19 zu § 4).

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen (Fellner, aaO, Rz 5 zu § 5, mit angeführter hg. Rechtsprechung).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0334, entschieden, die wirtschaftliche Betrachtungsweise schließe die Annahme aus, dass die Gegenleistung für den Erwerb von Grundstücken mit einem Einheitswert von ca. S 4 Mio. nur S 1,-- betrage.

Auch im Beschwerdefall war, wie die belangte Behörde feststellte, der Bauzins von EUR 1 im Jahr, der nicht unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zustande kam, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) keine Gegenleistung. Von einer nur geringen Gegenleistung, die als Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer heranzuziehen wäre, kann dann nicht mehr gesprochen werden, wenn der vereinbarte Bauzins nur symbolischen Charakter hat. Dies ist bei einem Bauzins von EUR 1 im Jahr für ein Grundstück mit einem Einheitswert von EUR 19.767,01, auf dem von der Bauberechtigten "insbesondere Dienstnehmerwohnungen" errichtet werden sollen, der Fall.

In der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Finanzsenat gab die beschwerdeführende Partei als Motiv für den Abschluss des Baurechtsvertrages zwischen den persönlich haftenden Gesellschaftern der OHG mit der OHG an, dieser sei damit die Möglichkeit gegeben worden, einen Wohnbauförderungsantrag stellen zu können. Eine Schenkungs- und Bereicherungsabsicht sei durch die Vereinbarung des Bauzinses von lediglich EUR 1,-- im Jahr nicht gegeben gewesen.

Danach waren finanzielle und somit wirtschaftliche Überlegungen für den Abschluss des Baurechtsvertrages ausschlaggebend. Der Bauzins von EUR 1,-- im Jahr war bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Gegenleistung im Sinne des § 4 GrEStG. Da im Beschwerdefall eine Gegenleistung überhaupt nicht vorhanden und zu ermitteln war, hatte die belangte Behörde gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG das Dreifache des Einheitswertes als Bemessungsgrundlage für die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer heranzuziehen.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am