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VwGH vom 28.01.2015, 2010/13/0012

VwGH vom 28.01.2015, 2010/13/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der G GmbH in W, vertreten durch Novacount Wirtschaftstreuhand GmbH in 1180 Wien, Vinzenzgasse 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0441-W/09, betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2006 sowie Körperschaftsteuer und Haftung für Kapitalertragsteuer 2004 bis 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt eine Künstleragentur in der Rechtsform einer GmbH.

Im Schlussbericht vom über eine abgabenbehördliche Prüfung des Jahres 2004 und eine Umsatzsteuernachschau für die Zeiträume 2-12/2005 und 2-12/2006 hielt die Prüferin fest, dass seitens der Beschwerdeführerin keine ordnungsgemäße Buchführung erfolgt sei. Es seien lediglich jederzeit veränderbare Exceltabellen ohne weitere Protokollierung geführt worden. Auch habe die Beschwerdeführerin trotz umfangreicher Bargeldbewegungen keine Kassabuchaufzeichnungen geführt, zu denen sie als "§ 5 Gewinnermittler" verpflichtet sei. Die Ausgangsrechnungen seien nicht fortlaufend nummeriert und es gebe auch sonst keine Aufzeichnungen, die die Vollständigkeit der Erlöse dokumentieren würden. Für weitergegebene Honorare (Betriebsausgaben) gebe es keine Ausgabenbelege, sondern lediglich selbst abgefasste Eigenbelege. Die Beschwerdeführerin erstelle zu den von ihr gelegten Rechnungen umfangreiche Berechnungen, Vertragswerke, Kalkulationen, Tourabrechnungen usw. Diese Grundaufzeichnungen seien teilweise nicht aufbewahrt bzw. nicht vorgelegt worden. Soweit sie vorgelegt worden seien, sei ihre Vollständigkeit nicht nachvollziehbar und sei eine Zuordnung zu den einzelnen gebuchten Erlösen nicht möglich. Auch würden die Erlöse teilweise nicht bei Rechnungslegung, sondern erst bei Zahlungseingang gebucht. Dadurch würden offene Forderungen laut Rechnung - in Fällen geringerer Bezahlung - überhaupt nicht erfasst. Die Richtigkeit der "Forderungsabschreibung" sei daher nicht nachvollziehbar. Auch würden Erlöse erst nach Saldierung mit weitergegebenen Honoraren verbucht. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die vorgelegten Aufzeichnungen nicht den Bestimmungen des § 131 BAO entsprächen. Nach § 163 BAO bestehe daher die Vermutung der ordnungsmäßigen Führung nicht mehr. Aufgrund dieser Mängel erfolge eine "griffweise Zuschätzung" zu den Umsätzen in Höhe von 10%. Weiters würden Aufwendungen in Höhe von 94% der Zuschätzung (entsprechend dem Verhältnis der Erlöse zu den direkt zuordenbaren Kosten laut Bilanz 2004) berücksichtigt. Die Zuschätzung stelle zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer und abzüglich der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen eine verdeckte Ausschüttung dar und sei diese den Gesellschaftern entsprechend ihrer Anteile zuzurechnen. Da die Kapitalertragsteuer von der GmbH getragen werde, gelte diese zusätzlich als ausgeschüttet.

Zur Umsatzsteuer wurde im Schlussbericht festgehalten, dass die Beschwerdeführerin dem schriftlichen Vorhalt, zu den von der Prüferin festgestellten Tätigkeitsbereichen Stellung zu nehmen und die einzelnen Umsätze diesen Tätigkeitsbereichen zuzuordnen, nicht nachgekommen sei. Daher würden die Umsätze auf Grund der Aktenlage und der zu Beginn der Betriebsprüfung vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gemachten Erläuterungen (wonach es sich bei den "A"-Verträgen um Vermittlungsleistungen handle, die als "Treuhanderlöse" erfasst worden seien) entsprechend dem in der Bilanz für 2004 ausgewiesenen Verhältnis der Treuhanderlöse zu den Gesamterlösen mit 32% als "Vermittlungserlöse" und mit 68% als "Erlöse als Produzent" (sog. "B"-Verträge) erfasst. Den vorgelegten Unterlagen sei kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin auch als "Veranstalter" im Sinne des § 3a Abs 8 lit. a UStG 1994 tätig geworden sei. Soweit die Beschwerdeführerin als "Produzent" auftrete, kaufe sie die Leistungen (Auftritte der Künstler) auf eigenes Risiko und eigene Rechnung ein und verkaufe sie diese an den Veranstalter weiter. In diesem Fall sei die Beschwerdeführerin als "Eigenhändler" anzusehen, weshalb ihre Leistungen nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 dort steuerbar seien, wo sie ihr Unternehmen betreibe. Da die Beschwerdeführerin ihren Sitz in Österreich habe, seien sämtliche Leistungen als "Produzent"(somit der Verkauf von Künstlerauftritten im In- und Ausland) im Inland steuerbar (20% USt). Soweit die Beschwerdeführerin als "Agent" auftrete und die Künstlerauftritte nur vermittle, seien nach § 3a Abs. 4 iVm Abs. 8 lit. a UStG 1994 nur die Erlöse aus der Vermittlung von Künstlerauftritten im Inland steuerbar. Entsprechend dem Verhältnis der (von der Beschwerdeführerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2004 ausgewiesenen) nicht steuerbaren Umsätze zu den Gesamtumsätzen würden 3% der Erlöse aus Vermittlungsleistungen als im Inland steuerbar angesetzt.

Das Finanzamt erließ in weiterer Folge auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung gestützte Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 sowie Haftungsbescheide für die Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 1- 12/2004, 2-12/2005 und 2-12/2006.

In den dagegen erhobenen Berufungen brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei als "Künstlervermittlerin und Konzertbesorgerin (Organisation und Transport der Künstler zu den Konzerten)" tätig, sodass für Auslandskonzerte keine österreichische Umsatzsteuer anfalle. Auch könne nach Ansicht des Geschäftsführers die Ordnungsmäßigkeit des Rechnungswesens nachgewiesen werden. Daher erscheine die Umsatzzuschätzung nicht gerechtfertigt. Auch die Anwendung des Umsatzsteuersatzes von 20% auf die Zuschätzung sei bei nicht steuerbaren Umsätzen in Höhe von 97% nicht nachvollziehbar. Wenn die Beschwerdeführerin aus Gründen der Transparenz von der geübten Praxis, wonach die Beschwerdeführerin das Auftreten (amerikanischer) Künstler weltweit "vermittle", in Einzelfällen abgegangen sei und dieses Auftreten "verkauft" habe, sei nicht mit einer daraus resultierenden Umsatzsteuerpflicht gerechnet worden. Auch habe das Finanzamt im Rahmen einer UVA-Prüfung im Jahr 1994 festgestellt, dass die Vermittlung von Auftritten von Künstlern für österreichische Veranstalter der österreichischen Umsatzsteuer unterliege, da es sich hier um im Inland ausgeführte sonstige Leistungen handle. Dem Finanzamt sei bewusst gewesen, dass die (ausländischen) Künstler vor allem im Ausland (zu mehr als 92%) auftreten würden. Von einer Umsatzsteuerpflicht dieser Umsätze in Österreich sei damals "keine Rede" gewesen. Auch habe das Finanzamt seit 1992 auf Antrag der Beschwerdeführerin mehr als 100 Freistellungsbescheinigungen nach den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen erteilt. Die Beschwerdeführerin verfüge über ein umfassendes und aussagefähiges Informations-, Management- und Kontroll-System, das sie selbst entwickelt habe und es sei nur natürlich, die in den Datenbanken vorhandenen Informationen auch für eine gewissenhafte Buchhaltung heranzuziehen. Bis 2003 sei zusätzlich ein Buchhaltungsprogramm verwendet worden, das seit dem Jahr 2004 "auf einmal einfach nicht mehr verwendbar" gewesen sei. Ab werde die Beschwerdeführerin ein von der österreichischen Finanzverwaltung akzeptiertes Buchhaltungsprogramm verwenden. Auch sei die Beschwerdeführerin in ihrer Gründlichkeit "weit über das erforderliche Ziel hinausgeschossen", indem sie die Verwaltung der Gelder der Künstler in ihre Buchhaltung einbezogen habe, gleichgültig, ob diese über das Bankkonto der Beschwerdeführerin oder entsprechend den vermittelten Verträgen direkt "cash" von den Veranstaltern an die Künstler ausbezahlt worden seien. Es sei wohl verständlich, dass deshalb nicht alle Belege (der Künstler, deren Management und deren Tourmanagement) vorgelegt werden könnten.

In einer Stellungnahme zur Berufung bekräftigte die Prüferin die Auffassung, wonach es sich bei den Umsätzen der Beschwerdeführerin einerseits um Vermittlungsleistungen, andererseits um Leistungen als Eigenhändler (Ein- und Verkauf von Künstlerauftritten) gehandelt habe. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin könnten jedenfalls keine Besorgungsleistungen vorliegen, da die Risikotragung durch die Beschwerdeführerin erfolge. Auf die im Prüfungsbericht aufgelisteten Buchführungsmängel werde in der Berufung in keiner Weise eingegangen. Auch sei entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht die gesamte Zuschätzung mit 20% versteuert worden, sondern sei dies nur für den im Inland steuerbaren Teil erfolgt. Weiters habe die Prüferin im Berufungsverfahren für fünf Tourneen sämtliche Verträge mit den Veranstaltern und Künstlern sowie die Rechnungen an die Veranstalter bzw. von den Künstlern abverlangt. Wie im Prüfungsverfahren seien von der Beschwerdeführerin erneut nur teilweise Verträge (oft auch nur mit der Unterschrift eines Vertragspartners) und Rechnungen an die Veranstalter vorgelegt worden. Rechnungen der Künstler an die Beschwerdeführerin seien überhaupt nicht vorgelegt worden. Aus den vorgelegten Verträgen mit den Künstlern gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls dem Künstler das vereinbarte Honorar für die vereinbarte Anzahl an Auftritten schulde: "PURCHASER (die Beschwerdeführerin) guarantees that ARTIST will be paid in full regardless of cancellation or other PURCHASER failure to provide for contracted number of ARTIST performances". Verträge oder Vereinbarungen über eine Vermittlungsprovision oder ein Besorgungsentgelt seien weder auf Grund des Vorhalts im Berufungsverfahren noch während der laufenden Prüfung vorgelegt worden. Im Prüfungsverfahren seien lediglich Rechnungen über eine Vermittlungsprovision an den Veranstalter vorgelegt worden. Laut mündlicher Auskunft des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin ergebe sich die Vermittlungsprovision aus der Differenz des durch den Veranstalter bezahlten Betrags für den Künstlerauftritt und der an die Künstler weitergegebenen Gelder einschließlich der von der Beschwerdeführerin getragenen Reisekosten. Bei falscher Kalkulation, Entfall eines Konzerts etc. müsse die Beschwerdeführerin den Verlust tragen. Bei den Tourneeabrechnungen entstünden der Beschwerdeführerin tatsächlich immer wieder Gesamtverluste.

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Betriebsprüfung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Trennung der Umsätze in solche als Produzent, Veranstalter und Vermittler entspreche nicht den Tatsachen. Aus dem beigelegten Vertragsbeispiel sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin "namens der Künstler (auf Rechnung für Dritte = Künstler)" Verträge mit dem zumeist im Ausland tätigen Veranstalter abschließe "(höherer Betrag)". Parallel dazu gebe es einen Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin "(im eigenen Namen)" und dem Künstler "(niedrigerer Betrag)". Die Beschwerdeführerin verpflichte sich weiters "auf Rechnung des Künstlers" für Anreise und Hotel etc. zu sorgen. In diesem Fall könne von einem "Ein- und Verkauf" keine Rede sein, sondern deute dieser Sachverhalt vielmehr auf "Vermittlung und Besorgung" hin. Der einzige Buchführungsmangel liege in der Verwendung von Exceltabellen. Aufgrund der umfangreichen Möglichkeiten der EDV für Kalkulation, Dokumentation und Archivierung sowie der Bankeingänge und Verträge sei die lückenlose Vollständigkeit der Einnahmen dokumentiert. Die Aufwendungen seien durch die Kalkulation und die entsprechenden Belege dokumentiert. Die Tatsache, dass der betriebsfremde Tourneemanager manchmal nicht alle Belege vorlege und die dennoch angefallenen Kosten durch Eigenbelege ergänzt würden, rechtfertige in keinster Weise die Verhängung eines "Säumniszuschlages". Die Trennung der Umsätze in Vermittlungsumsätze und Umsätze als Eigenhändler sei völlig willkürlich und entspreche auch die Aufteilung zwangsläufig nicht den Tatsachen. Die im Berufungsverfahren angeforderten Unterlagen zu den fünf Tourneen seien vorhanden und könnten eingesehen werden. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin "als Abnehmer der Leistung, dem Künstler gegenüber für eigenes Verschulden bei den Besorgungsleistungen" hafte, werde nur lapidar zitiert, aber nicht richtig gewertet. Gerade diese Demonstration der Stärke der eigenen Fähigkeiten des Unternehmens bewirke bei den Künstlern großes Vertrauen und stärke die Bindung an die Beschwerdeführerin.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Nach Wiedergabe der im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Buchführungsmängel vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde nach § 184 Abs. 3 BAO aufgrund der aufgezeigten Buchführungsmängel gegeben sei. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen seien, komme die "griffweise Zuschätzung" in Betracht. Aufgrund der festgestellten Mängel der Buchführung mittels Exceltabellen und Erlössaldierung sei die Schätzung mittels Sicherheitszuschlags eine geeignete Methode zur Korrektur der Besteuerungsgrundlagen, bei denen aufgrund der schwerwiegenden Buchführungsmängel die Annahme, dass sie zu niedrig angesetzt worden seien, gerechtfertigt sei. Die Beschwerdeführerin bestreite die vorgefundenen Buchführungsmängel nicht. Sie habe auch keine konkreten Einwände erhoben, die Zweifel an der Richtigkeit der Höhe der verhängten Sicherheitszuschläge oder der Eignung der Schätzungsmethode aufkommen lassen würden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei daher die Verhängung eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 10% der Umsätze gerechtfertigt.

Zur Umsatzsteuerpflicht der Umsätze der Beschwerdeführerin hielt die belangte Behörde nach Darstellung der rechtlichen Grundlagen fest, maßgeblich sei, welche Leistungsbeziehungen bestünden bzw. welche Leistungen und Gegenleistungen erbracht worden seien. Den für den Prüfungszeitraum vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin ausschließlich Vermittlungsleistungen erbringe, bei denen sie im fremden Namen und auf fremde Rechnung auftrete. Für das Vorliegen von Besorgungsleistungen gebe es keine Anhaltspunkte. Diese seien durch ein Handeln im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung gekennzeichnet, wobei der Besorgende das bloße Besorgen der Leistung schulde, aber nicht das mit der besorgten Leistung verbundene wirtschaftliche Risiko trage. Vielmehr gehe aus dem Großteil der vorgelegten Verträge hervor, dass die Beschwerdeführerin Leistungen (Auftritte der Künstler) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einkaufe und diese Leistungen (Auftritte der Künstler) an die Veranstalter weiterverkaufe. In diesen Fällen sei die Beschwerdeführerin als "Eigenhändler" anzusehen. Sie arbeite auf eigene Rechnung und trage das Risiko, das Geld vom Veranstalter zu erhalten. Hinsichtlich der streitgegenständlichen "B-Verträge" ergebe sich aus den vorgelegten Unterlagen und den Ausführungen im Berufungsverfahren folgendes Bild: Die Beschwerdeführerin schließe als "Produzent" mit einem (ausländischen) Veranstalter einen Vertrag, in dem sie sich diesem gegenüber verpflichte, den Künstler zu bestimmten Terminen an bestimmten Orten zu präsentieren. Weiters schließe die Beschwerdeführerin einen Vertrag mit dem ausländischen Künstler ab, in dem sich dieser verpflichte, zu bestimmten Terminen an bestimmten Orten aufzutreten. Zum Honorar des Künstlers werde in dieser Vereinbarung festgehalten, dass ihm die Beschwerdeführerin das vereinbarte Honorar für die vereinbarte Anzahl an Auftritten schulde. Die Beschwerdeführerin trete als Eigenhändler auf. Sie handle im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Vom Eigenhändler unterscheide sich der "Besorgende (verdeckter Vermittler)" dadurch, dass er für fremde Rechnung arbeite und das mit der besorgten Leistung verbundene Risiko nicht selbst trage. Von einem Eigengeschäft sei daher auszugehen, wenn der Unternehmer das Risiko aus dem vermittelten Geschäft übernehme, das über das Provisionsrisiko hinausgehe. Nach Auffassung der belangten Behörde seien die Leistungen der Beschwerdeführerin, zu denen sie sich beim Abschluss der "B-Verträge" verpflichtet habe, als Leistungen eines Eigenhändlers und nicht als Vermittlungs- oder Besorgungsleistung zu beurteilen. Der Leistungsort bestimme sich daher nach § 3a Abs. 12 UStG 1994 und liege dort, wo der Unternehmer sein Unternehmen betreibe (Firmensitz). Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es sich bei den "A-Verträgen" um Vermittlungsleistungen handle, sei im Rahmen der Betriebsprüfung eine schätzungsweise Aufteilung der Umsätze entsprechend den Zahlen der Gewinn- und Verlustrechung (Verhältnis der Treuhanderlöse zu den Gesamterlösen) erfolgt. Da mangels ordnungsgemäßer Buchführung eine exakte Ermittlung der Aufteilung ausscheide, sei die schätzungsweise Aufteilung nicht als unrichtig zu beurteilen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

1. Zur "griffweisen Zuschätzung":

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist u.a. dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt, oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Berechtigen formelle Mängel zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, steht der Abgabenbehörde die Wahl der Schätzungsmethode grundsätzlich frei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlags eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden, dient. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die griffweise Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen. Solche Sicherheitszuschläge können sich beispielsweise an den Gesamteinnahmen, den Einnahmenverkürzungen oder den Umsätzen orientieren (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 96/15/0050, und vom , 2004/15/0065).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - unter Bezugnahme auf die Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung - aufgezeigten Buchführungsmängel sind zweifellos geeignet, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen. Liegen formelle Fehler der Bücher und Aufzeichnungen vor, die begründetermaßen zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen Anlass geben, bedarf es keines Nachweises, dass die genannten Unterlagen mit den Wirtschaftsabläufen tatsächlich nicht übereinstimmen. In diesem Fall obliegt es dem Abgabepflichtigen die sachliche Richtigkeit seiner formell mangelhaften Aufzeichnungen zu beweisen und damit der ansonsten bestehenden Schätzungsbefugnis entgegenzuwirken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 97/13/0033, und vom , 2006/15/0183).

Das Vorbringen in der Beschwerde ist nicht geeignet, die Schätzungsbefugnis der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie ihre Aufzeichnungen mittels jederzeit abänderbarer Exceltabellen geführt hat. Sie bringt jedoch vor, dass aus den Verträgen die Höhe der Erlöse und Fremdgelder und deren Fälligkeit hervorgehe. Für die Konzerte würden immer Anzahlungen (meist 50%) über die Bank erfolgen und es sei "durch die vollständigen Verträge und die vollständigen Bankauszüge die Vollständigkeit der Einnahmen" gewährleistet. In diesem Zusammenhang genügt schon der Hinweis, dass die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren nicht einmal die Verträge zu den abverlangten fünf Tourneen vollständig vorgelegt hat. Auch bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, keine Kassabuchaufzeichnungen zu führen. Soweit die Beschwerdeführerin die Saldierung der Erlöse mit weitergegebenen Honoraren damit zu rechtfertigen versucht, dass es sich bei diesen Honoraren um Fremdgelder gehandelt habe, übersieht sie, dass bei einem Tätigwerden "im eigenen Namen" die gesamten Erlöse als Betriebseinnahmen zu erfassen sind und es sich bei den weitergegebenen Honoraren (die betriebliche Veranlassung vorausgesetzt) um gesondert zu erfassende Betriebsausgaben handelt. Weitere Einwendungen gegen die Schätzungsmethode oder die Höhe des Sicherheitszuschlags sind dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen.

Damit vermag die Beschwerdeführerin aber keine Umstände aufzuzeigen, die darauf schließen lassen würden, dass die griffweise Zuschätzung in der vorliegenden Größenordnung im Beschwerdefall unsachlich wäre.

Soweit in der Beschwerde ganz allgemein gerügt wird, die Übertragung des aus der Bilanz 2004 abgeleiteten Aufteilungsschlüssels zwischen Vermittlungs- und Eigenleistungen auf die Jahre 2005 und 2006 entspreche "keinesfalls den tatsächlichen Verhältnissen" und sei als "reiner Willkürakt" anzusehen, ist dieses Vorbringen mangels jeglicher näherer Konkretisierung nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

2. Zur Umsatzsteuerpflicht der Leistungen der Beschwerdeführerin:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens erbringt, der Umsatzsteuer.

Ob eine sonstige Leistung in Österreich steuerbar ist, bestimmt sich nach den Leistungsortregeln des § 3a UStG 1994.

§ 3a Abs. 4 UStG 1994 idF vor dem BudgetbegleitG 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, bestimmt, dass im Fall der Besorgung einer sonstigen Leistung durch einen Unternehmer die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden sind. Für die Vermittlungsleistung bestimmt § 3a Abs. 4 leg. cit., dass diese an dem Ort erbracht wird, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

§ 3a Abs. 8 lit. a leg. cit. enthält eine spezielle Leistungsortregelung für künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter. Diese werden am Tätigkeitsort ausgeführt, somit dort, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird.

Nur wenn keine spezielle Leistungsortregelung zur Anwendung gelangt, bestimmt sich der Leistungsort nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 und somit nach dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

§ 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 setzte Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG, ABl. L 145, S. 1 (6. EG-Richtlinie), um, der abweichend von der Grundregel des Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit des Leistenden als Leistungsort für Dienstleistungen) normiert, dass "als Ort der folgenden Dienstleistungen der Ort (gilt), an dem diese Dienstleistungen tatsächlich bewirkt werden: - Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der Künste, des Sports, der Wissenschaften, des Unterrichts, der Unterhaltung oder ähnliche Tätigkeiten, einschließlich derjenigen der Veranstalter solcher Tätigkeiten sowie gegebenenfalls der damit zusammenhängenden Tätigkeiten, (...)".

Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Rechtsansicht vertritt, der "Verkauf" von Künstlerauftritten im Ausland durch die Beschwerdeführerin an einzelne Veranstalter "im eigenen Namen und auf eigene Rechnung" sei nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 in Österreich steuerbar, vermag dem der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen.

Verpflichtet sich die Beschwerdeführerin gegenüber dem Veranstalter, einen bestimmten Künstler zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort "zu präsentieren", ist sie es, die dem Veranstalter den Auftritt des Künstlers und damit die Erbringung einer künstlerischen (oder unterhaltenden) Leistung schuldet. Dass sie die "Gesangsleistung" nicht selbst erbringen kann, sondern sich dazu eines Dritten (des Künstlers) bedienen muss, ändert nichts an dieser Beurteilung (vgl. Ruppe/Achatz , UStG4, Tz 107). Damit bestimmt sich der Leistungsort aber nach der speziellen Leistungsortregelung des § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 und liegt dort, wo die künstlerische (oder unterhaltende) Leistung tatsächlich bewirkt wird (vgl. Ecker in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 3a Abs. 5 Anm. 182, Stadie in Rau/Dürrwächter, dUStG,§ 3a nF Anm. 98 f).

Dieses Ergebnis wird - worauf in der Beschwerde zu Recht hingewiesen wird - auch dem Sinn und Zweck der Leistungsortregelung des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie gerecht, handelt es sich dabei doch, wie der EuGH (vgl. die Urteile vom , C-327/94, Dudda , Rz 22 ff und vom , C-114/05, Gillian Beach Ltd ., Rz 16 ff) unter Berücksichtigung der siebten Begründungserwägung der 6. EG-Richtlinie ausführt, um eine "Sonderregelung für Dienstleistungen (...), die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Waren eingehen". Nach "Auffassung des Gemeinschaftsgesetzgebers soll nämlich, wenn der Leistende seine Dienstleistungen in dem Staat erbringt, in dem derartige Leistungen tatsächlich bewirkt werden, und wenn der Veranstalter die Mehrwertsteuer, mit der der Endverbraucher belastet werden soll, in demselben Staat einnimmt, die Mehrwertsteuer, deren Bemessungsgrundlage alle diese Leistungen sind, deren Kosten in den vom Endverbraucher gezahlten Preis für die Gesamtdienstleistung eingehen, an diesen Staat und nicht an denjenigen Staat entrichtet werden, in dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat".

Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das über den Pauschbetrag nach dieser Verordnung (in dem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist) hinausgehende Kostenbegehren war abzuweisen.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am