VwGH vom 23.02.2006, 2005/16/0245
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2005/16/0246
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerden 1. des KH und
2. des WH, beide in Bad Leonfelden und vertreten durch Dr. Dominikus Schweiger, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Huemerstraße 1/Kaplanhofstraße 2, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , zu 1. Zl. RV/0735-L/04 und zu 2. Zl. RV/0736- L/04, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind zu gleichen Teilen Erben des Vermögens ihres Onkels. Im eidesstättigen Vermögensbekenntnis des Erbenmachthabers an das Bezirksgericht Bad Leonfelden vom war unter den Aktiva beim beweglichen Vermögen im Punkt 6. angeführt:
"Kommanditist der ... GmbH & Co KG ... Vermögenseinlage des Erblassers S 100.000,--, bewertet mit dem vom Finanzamt ... festgestellten Einheitswert dieses Kommanditanteiles von S 2,407.000,--"
In diesem eidesstättigen Vermögensbekenntnis waren die Nachlassaktiva mit S 10,363.751,27, die Nachlasspassiva mit S 3,645.745,80 und der Reinnachlass mit S 6,718.005,47 angegeben.
Der Nachlass wurde den erbserklärten Erben (Beschwerdeführern) je zur Hälfte eingeantwortet.
Mit Schreiben vom legte der Erbenmachthaber dem Bezirksgericht Bad Leonfelden eine berichtigte eidesstättige Vermögenserklärung vor. Im Zuge des Verfahrens zur Bemessung der Erbschaftssteuer habe sich ergeben, dass infolge eines Übermittlungsfehlers dieses eidesstättige Vermögensbekenntnis in Punkt I lit. b Z 6 insoweit irrtümlich abgegeben worden sei, als der in diesem Punkt mit dem Betrag von S 2,407.000,-- bewertete Kommanditanteil des Erblassers an der GmbH & Co KG nicht ein positiver Wert sei, sondern eine Nachlassverbindlichkeit darstelle, sodass sich ein Reinnachlass von nunmehr S 1,904.005,47 ergebe.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Leonfelden vom wurde das berichtigte eidesstättige Vermögensbekenntnis der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde gelegt.
Mit Bescheiden vom schrieb das Finanzamt Urfahr den Beschwerdeführern ausgehend von einem gesamten Reinnachlass von S 5,122.226,-- Erbschaftssteuer in der Höhe von je S 884.535,--
vor. In der Begründung dieser Bescheide wurde auf die mit dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführer anlässlich einer Nachschau verfasste Niederschrift vom verwiesen. In dieser Niederschrift sei der Kommanditanteil mit S 0,-- bewertet gewesen. Der Erblasser sei Kommanditist der GmbH & Co KG gewesen und für ihn sei ein Verrechnungskonto geführt worden, dessen Stand am S 2,892.676,-- betragen habe. Dieser Stand sei fast ausschließlich durch das Verbuchen von Verlusten entstanden. Negative Kapitalanteile eines Kommanditisten, die aus der Verbuchung von Verlusten stammten, könnten nur insoweit in Betracht kommen, als der Kommanditist verpflichtet gewesen wäre, über seine geleistete Kommanditeinlage hinaus am Verlust der Gesellschaft teilzunehmen. Eine solche Verpflichtung zur Verlustübernahme sei zum Todeszeitpunkt nicht vorgelegen. Dem negativen Kapitalkonto des Kommanditisten komme nur die Bedeutung eines Wertberichtigungspostens zu den positiven Konten der übrigen Gesellschafter zu. Es bewirke keine Forderung der Gesellschaft gegen den Kommanditisten und könne daher auch nicht Ausdruck einer Vermögensverminderung sein. Daher sei der Wert des Kommanditanteiles mit Null festzusetzen gewesen.
In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer vor, das negative Betriebsvermögen der KG-Anteile sei in der Höhe von S 2,688.027,-- anzusetzen, weil durch die Annahme der Erbschaft auch die Schulden der KG in deren Höhe anerkannt würden. Es seien auch im Grundbuch die Gebäude, die sich im Sonderbetriebsvermögen der "Gesellschaft" befänden, mit Hypotheken belastet, die im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten der KG stünden.
Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung dieser Bescheide heißt es, der negative Stand des Kapitalkontos sei unstrittig durch Verluste entstanden. Eine gesondert vereinbarte Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten sei nicht vorgelegen, die Einlageverpflichtung des Erblassers sei erfüllt und unzulässige Entnahmen seien nicht getätigt worden. Die Verpflichtung, das negative Kapitalkonto aufzufüllen und somit das Bestehen einer Verbindlichkeit sei aufschiebend bedingt durch das Entstehen von künftigen Gewinnen und folglich gemäß § 6 Abs. 1 BewG nicht zu berücksichtigen. Das negative Kapitalkonto stelle keine echte Vermögensminderung dar, weil ein Anteil am negativen Vermögen der Gesellschaft den Beschwerdeführern nicht zuzurechnen sei. Eine Verbindlichkeit sei im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld nicht gegeben gewesen und könne daher nicht als Nachlasspassivum bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage der Erbschaftssteuer berücksichtigt werden.
Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Nichtbewertung des Kommanditanteiles mit S 0,--, sondern mit dem negativen Teilwert von S 2,688.027,-- verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:
Strittig ist, in welcher Höhe der Kommanditanteil des Erblassers an der GmbH & Co KG in der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer anzusetzen ist.
Die zur Gänze einbezahlte Kommanditeinlage des Erblassers hat S 100.000,--, der Einheitswert des Kommanditanteils S 2,407.000,-- und das negative Kapitalkonto S 2,688.027,-- betragen.
Die Bewertung richtet sich gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des ersten Teils des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zur Bewertung eines Anteils an einer Personengesellschaft im Zusammenhang mit Vorgängen, die dem § 1 Abs. 1 ErbStG unterliegen, die Auffassung, dass für die Bemessung der Steuer nicht der Einheitswert maßgebend ist. Wenn der Erwerbsvorgang einen Anteil an einer Personengesellschaft betrifft, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt, ist dieser Anteil als Bruchteil des Betriebsvermögens der Gesellschaft zu behandeln (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/15/0113, und vom , Zl. 81/15/0002).
Zur Bewertung eines Kommanditanteiles wies der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0369, auf seine Rechtsprechung hin, wonach eine kombinierte Sachwert- und Ertragswertschätzung zu billigen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0134), und eine globale Bewertung des Unternehmens im Gesetz ebenso wenig gedeckt sei wie eine Bewertung nur nach Ertragswerten (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 161/76).
Im hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2000/16/0066 bis 0071, wurde betreffend den Wert eines Kommanditanteils festgehalten, dass sich die Höhe des Betriebsvermögens aus der Summe der einzelnen mit dem Teilwert bewerteten beweglichen Wirtschaftsgüter, zuzüglich der mit dem Einheitswert zu bewertenden Betriebsgrundstücke abzüglich der mit dem Teilwert zu bewerteten Verbindlichkeiten ergebe.
Nach einhelliger handelsrechtlicher Lehre und Rechtsprechung stellt der im Kapitalkonto ausgewiesene, sogenannte Kapitalanteil der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft kein selbständiges Recht dar. Dem Kapitalkontostand kommt vielmehr nur die beschränkte Funktion zu, die Berechnung des Vorzugsgewinns und des Auseinandersetzungsguthabens zu ermöglichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 99/16/0440 bis 0443, samt angeführter Rechtsprechung und Literatur).
Der Kommanditist haftet, soweit er eine Einlage bei der Gesellschaft hält, überhaupt nicht, denn die im Gesellschaftsvermögen vorhandene Einlage ersetzt seine Haftung. Der Erbe eines Kommanditisten haftet nicht persönlich, wenn der ererbte Kommanditanteil im Zeitpunkt des Erbanfalls im Wert unter der Haftsumme liegt, soweit nicht die Einlage rückständig ist (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht2, 1292, 1293, 1311 und 1312).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die Beschwerdeführer nicht zur Zahlung und zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos verpflichtet sind. Gewinne der KG fließen diesen allerdings bis zum Ausgleich ihres negativen Kapitalkontos nicht zu.
Damit haben die Beschwerdeführer durch den Erwerb des Kommanditanteils jedenfalls keine Lasten übernommen oder einen Vermögensverlust erlitten. Sie müssen das negative Kapitalkonto nicht ausgleichen, erzielen aber dann Erträge, wenn das negative Kapitalkonto ausgeglichen wurde. Die von der belangten Behörde vorgenommene Bewertung dieses Kommanditanteils mit Null ist daher nicht rechtswidrig. Eine Bewertung in der Höhe des negativen Kapitalkontos konnte nicht in Betracht kommen, weil die beschwerdeführenden Parteien zum Ausgleich dieses negativen Kapitalkontos nicht verpflichtet waren und demnach ihr Vermögen durch das Bestehen dieses negativen Verrechnungskontos nicht geschmälert war.
Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, die Grundstücke des Erblassers seien mit Hypotheken belastet, die im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten der KG stünden. Es bestehe sohin in diesem Zusammenhang eine Haftung der Liegenschaften bzw. des Nachlasses für Verbindlichkeiten der KG und somit ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Tilgung dieser Verbindlichkeiten.
Die Belastung der Grundstücke mit Hypotheken betraf die Bewertung der ererbten Grundstücke. Die beschwerdeführenden Parteien behaupten insofern keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Die wirtschaftlichen Interessen an der Tilgung der Verbindlichkeiten sind Überlegungen im Zusammenhang mit der Führung der Vermögensverwaltung, die bei der Bewertung des Kommanditanteiles keine Berücksichtigung finden kann.
Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Durch die Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein Entscheidung des Berichters über die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am