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VwGH vom 28.06.2007, 2005/16/0187

VwGH vom 28.06.2007, 2005/16/0187

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der J AG in W, vertreten durch die Exinger GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1013 Wien, Renngasse 1, gegen die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung vom in Angelegenheiten der Getränke- und Speiseeisabgabe 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 letzter Satz VwGG iVm § 203 Stmk. LAO wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Landeshauptstadt Graz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der vorliegenden Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz im Hinblick auf die von der beschwerdeführenden Partei am eingebrachte Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom geltend.

Mit Schreiben vom bzw. gab die J Vertriebs GmbH in 1170 Wien, J Gasse 3 - 7, dem Magistrat der Landeshauptstadt Graz unter Angabe ihrer St.Nr. 01/1213 bekannt, dass ihre Firma mit Generalversammlungsbeschluss vom von J Großhandels GmbH in J Vertriebs GmbH geändert und dies am im Firmenbuch eingetragen worden sei.

Die J Vertriebs GmbH reichte am unter Angabe ihrer St.Nr. 01/1213 eine "Getränkeabgabe-Erklärung für das Jahr 1999" (Gesamtbetrag S 12.577,--) ein und stellte den Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe mit Null sowie auf Rückzahlung der bereits entrichteten Beträge.

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz setzte mit Bescheid vom (GZ: A8a-Ref. 10 St.Nr. 11/01/1213 - 2000) für die beschwerdeführende Partei Getränkeabgabe für das Kalenderjahr 1999 in Höhe von S 12.577,-- (EUR 914,01) fest und lehnte den Antrag auf Rückerstattung der im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgabe ab. Begründend wurde ausgeführt, die beschwerdeführende Partei habe am für den Zeitraum 1. Jänner bis eine berichtigte Jahreserklärung abgegeben, in der sie die Bemessungsgrundlagen für die Getränke- und Speiseeisabgabe bekannt gegeben und den Abgabenbetrag mit Null ausgewiesen habe, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Im Adressfeld dieser Erledigung wurde ausschließlich die J Großhandels GmbH in 1170 Wien, J Gasse 3 - 7, angeführt. Auch auf dem Rückschein wurde die genannte Gesellschaft als Adressatin angeführt.

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen mit Schreiben vom Berufung und wiederholte ihre "bereits früher gestellten Anträge auf Rücküberweisung der zu viel gezahlten Getränkesteuern".

Mit Bescheid vom wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz "die Berufung vom … der J Großhandels GmbH …. gegen den Bescheid vom , GZ: A8a-Ref. 10 St.Nr. 11/01/1213 - 2000" mit der Begründung als verspätet zurück, dass der Bescheid vom betreffend die Getränkeabgabe 1999 am "ordnungsgemäß übernommen" worden und mit Ablauf des in Rechtskraft erwachsen sei. Im Adressfeld des Bescheides sowie des Rückscheines wurde ausschließlich die J Großhandels GmbH vermerkt.

Mit Schriftsatz vom brachte die beschwerdeführende Partei die vorliegende Säumnisbeschwerde ein, in der sie beantragte, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst erkennen.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom , der belangten Behörde zugestellt am , wurde diese aufgefordert, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Die belangte Behörde lege die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Stellungnahme, in welcher sie eine Verletzung der Entscheidungspflicht mit der Begründung verneinte, dass die Abgabepflichtige J Vertriebs GmbH keine Berufung eingebracht habe und die beschwerdeführende Partei zur Erhebung einer Berufung in diesem Verfahren (der J Vertriebs GmbH) nicht berechtigt gewesen sei. Die beschwerdeführende Partei werde vielmehr unter der Steuernummer 1/1205 veranlagt. Im Übrigen sei die Getränkesteuer 1999 für die beschwerdeführende Partei bereits mit Bescheid vom festgesetzt worden.

Die beschwerdeführende Partei erstattete dazu keine Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann gemäß § 27 Abs. 1 VwGG erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die im § 27 VwGG gebrauchte Wendung "in der Sache" bedeutet dabei nicht allein eine meritorische Entscheidung, sondern auch eine Entscheidung rein verfahrensrechtlicher Art, sodass infolge des Entscheidungsanspruches einer Partei (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Zlen. 0934/73 und 1223/73, Slg. N.F. Nr. 9458/A) eine Entscheidungspflicht der Behörde über eine Berufung selbst für den Fall anzuerkennen ist, dass diese Berufung zurückzuweisen wäre.

Im Beschwerdefall wurde von der beschwerdeführenden Partei unbestritten mit Schreiben vom eine Berufung eingebracht.

Gemäß § 70 Abs. 2 Stmk. LAO hat jeder Bescheid in seinem Spruch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu enthalten, an die er ergeht. Nach § 74 Stmk. LAO werden schriftliche Erledigungen durch Zustellung wirksam.

Im Firmenbuch eingetragene Gesellschaften sind mit ihrer Firma zu bezeichnen, eine unrichtige Bezeichnung ist nur dann unbeachtlich, wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/15/0199).

Wenn auch die Firma der beschwerdeführenden Partei, einer Aktiengesellschaft, hinsichtlich des darin enthaltenen Namens einer natürlichen Person mit jenem der J Großhandels GmbH bzw. J Vertriebs GmbH deckungsgleich ist, so handelt es sich doch um zwei von einander verschiedene juristische Personen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der Zurückweisungsbescheid vom nicht an die beschwerdeführende Partei ergangen ist, weil in diesem Bescheid weder über eine Berufung der beschwerdeführenden Partei abgesprochen wurde noch der Bescheid an sie gerichtet ist. Dass die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Berufung durch einen anderen Bescheid erledigt worden wäre, wird von der belangten Behörde nicht vorgebracht und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Damit erweist sich aber die von der beschwerdeführenden Partei am erhobene Berufung als unerledigt und die Säumnisbeschwerde als zulässig.

In weiterer Folge ist die Zulässigkeit der Berufung der beschwerdeführenden Partei zu beurteilen. Es stellt sich dabei die Frage, ob die Erledigung vom gegenüber der beschwerdeführenden Partei ergangen ist. Ihre Firma wird zwar im Spruch und in der Begründung dieses Bescheides genannt, dies steht aber im Widerspruch zu den übrigen Angaben dieses Bescheides, welche sich eindeutig auf die J Großhandels GmbH beziehen.

In einem Fall, in welchem unter Berücksichtigung der Rechtslage und der Begründung des Bescheides eindeutig und offenkundig bloß ein Fehler in der Bezeichnung des Bescheidadressaten, also ein Vergreifen im Ausdruck und damit eine berichtigungsfähige (wenn auch allenfalls noch nicht bescheidmäßig berichtigte) Unrichtigkeit gegeben ist, ist nicht von einem (unzulässigen) Umdeuten, sondern von einem (zulässigen und gebotenen) "Deuten" des bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten zu sprechen. Die Anführung eines unrichtigen Bescheidadressaten steht diesfalls einer derartigen Deutung nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 94/17/0419, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall wurde jeweils im Spruch und in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom namentlich die beschwerdeführende Partei angeführt. Auf den Adressfeldern von Bescheid und Rückschein wird aber ausschließlich die frühere Firma der J Vertriebs GmbH ausgewiesen, deren Steuernummer auch sowohl auf dem Bescheid als auch auf dem Rückschein (als Teil der Aktenzahl) aufscheint. In der Begründung des Bescheides wird überdies auf den der Entscheidung zu Grunde liegenden Antrag vom , der unbestritten von der J Vertriebs GmbH eingebracht wurde, verwiesen (zum Verfahren über die Festsetzung der Getränkesteuer 1999 gegenüber der beschwerdeführenden Partei vgl. den hg. Beschluss vom heutigen Tag, Zl. 2005/16/0186).

Ausgehend davon ist der Spruch des Bescheides vom zweifelsfrei dahingehend zu deuten, dass die Abgabenbehörde die Getränkesteuer gegenüber der J Vertriebs GmbH und nicht gegenüber der beschwerdeführenden Partei festsetzen bzw. über deren Rückzahlungsantrag absprechen wollte.

Daraus ergibt sich aber, dass der Bescheid vom jedenfalls nicht an die beschwerdeführende Partei ergangen ist. Ihre dagegen erhobene Berufung war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am